Edelmetalle Aktuell
10.11.2009 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach (Heraeus)
Gold
Vier außergewöhnliche Wochen mit einer spektakulären Kursentwicklung hat der Goldmarkt seit dem Erscheinungstermin unseres letzten Berichts hinter sich gebracht.
Von zwei kurzen Beruhigungsphasen abgesehen, die jeweils mit einigen Gewinnmitnahmen verbunden waren, kannte der Goldpreis in dieser Zeit nur eine Richtung; er stieg scheinbar unaufhaltsam nach oben.
Am Ende gipfelte die Entwicklung in einem neuerlichen Allzeithoch von 1.110,20 $ je Unze heute morgen, dies waren rund 60 $ mehr als vor einem Monat und 50 $ mehr als das zuvor Anfang Oktober erreichte, bisherige Allzeithoch von 1.061,20 $ je Unze.
Bevor es zu dem jüngsten Rekordkurs kam, gab es bereits in der zweiten und dritten Oktoberwoche einen ersten Anstieg in den Bereich von
1.070 $ je Unze. Er wurde begleitet von einer Schwächephase des US-Dollars, dessen Kurs z.B. gegenüber dem Euro zeitweise auf über 1,5040 und damit auf den höchsten Stand seit Anfang August 2008 stieg. Auch der andere wichtige Indikator für die Goldnotierung, der Ölpreis, legte in dieser Zeit deutlich zu und erreichte am 21. Oktober mit 82 $ je Barrel (Basis WTI) die höchste Notierung seit fast genau einem Jahr.
Bei beiden Indikatoren kam es dann allerdings in der letzten Oktoberwoche zu Kursverlusten, die auch dem gelben Metall wieder einen vorübergehenden Dämpfer verpassten. Dieses fiel binnen einer Woche auf nur noch 1.026 $ je Unze zurück. Allerdings waren die Verluste nicht von langer Dauer und am vergangenen Dienstag erhielt der Goldpreis dann neuen Schub, der ihn innerhalb von wenigen Tagen auf das oben erwähnte Allzeithoch katapultierte.
Dass es dazu kam, lag in erster Linie an einer Meldung aus Indien, die für Furore sorgte. Während ein großer Teil der Edelmetall-Fachwelt aus Anlass der alljährlichen Edelmetallkonferenz der London Bullion Market Association (LBMA) in Edinburgh weilte, gab die indische Zentralbank völlig überraschend bekannt, dass sie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) 200 Tonnen Gold abgekauft habe. Diese Menge ist beinahe die Hälfte der vom IWF zum Verkauf gestellten Goldmenge, mit dessen Erlösen Hilfsprogramme für ärmere Staaten finanziert werden sollen.
Die indische Zentralbank hat für das Gold rund 6,8 Mrd. Dollar bezahlt. Wie die Notenbank mitteilte, handelte es sich um ein abseits des freien Goldmarktes vollzogenes Geschäft, das zwischen dem 19. und 30. Oktober zu marktgerechten Preisen durchgeführt worden sei. Indien besitzt mit jetzt 558 Tonnen die zehntgrößten Goldreserven der Welt. Selbst diese Menge macht allerdings nur einen Anteil von 6,2 % der nationalen Währungsreserven aus. Wie es zu der Transaktion von Seiten des IWF hieß, wurde bei dem erst kürzlich vom Exekutivorgan des Fonds genehmigten Verkauf ein durchschnittlicher Preis von 1.045 US-Dollar pro Unze erzielt.
Mit Spannung wartet die Edelmetallwelt nun auf eine Bekanntgabe, ob auch die zweite Hälfte des vom IWF geplanten Verkaufs schon vollzogen ist. Als möglicher Interessent hierfür wird immer wieder China genannt, wobei es allerdings auch Kommentare gibt, die besagen, dass das Land ggf. Gold im einheimischen Markt von Minen deutlich günstiger kaufen könne. Für den Goldpreis war der frühe Verkauf der Hälfte des IWF-Pakets eine ausgesprochen positive Meldung, zumal er am Markt vorbei getätigt wurde und so den internationalen Marktpreis nicht unter Druck setzen konnte. Entsprechend begeistert reagierte die Finanzwelt und trieb den Goldpreis innerhalb von nur einer Woche auf das oben bereits erwähnte Allzeithoch oberhalb der psychologisch wichtigen Marke von 1.100 $ je Unze.
Rein charttechnisch betrachtet könnte das Metall jetzt erst einmal bei 1.115 $ anstoßen und anschließende Gewinnmitnahmen sind nicht auszuschließen. Eine echte Trendumkehr würde eine solche Entwicklung aber keinesfalls bedeuten und schon Kurse um 1.050 $ wären nach der derzeitigen Lage der Dinge bereits wieder Kaufkurse.
Die russische Regierung gab unterdessen in der vorletzten Woche bekannt, dass sie bis zu 25 Tonnen Gold aus ihrer staatlichen Reserve zur Deckung von Haushaltslöchern verkaufen wolle. Das Metall solle allerdings im Land verkauft werden und möglicherweise auch erst im nächsten Jahr. Eventuell wird es aber auch hier ein Geschäft am Markt vorbei geben, denn die russische Zentralbank baut ihre Goldreserven seit Jahren aus und wäre ein möglicher Käufer für das Regierungsgold.
Die physischen Investments in Form von Barren in Deutschland haben nach einem guten Oktober zuletzt wieder etwas nachgelassen. Dagegen sehen wir aber zumindest in Asien eine gute industrielle Nachfrage. Hierzulande wird das industrielle Geschäft dagegen überwiegend von Abgaben von (Recycling-)Material bestimmt.
Silber
Der Silberpreis konnte nach der Abfassung unseres letzten Berichts nur noch wenig zulegen, mit 18,07 $ je Unze erreichte er aber immerhin den höchsten Stand der letzten 15 Monate. Angesichts der Verluste beim Goldpreis gegen Monatsende gab dann aber auch das weiße Metall nach und fiel innerhalb von drei Tagen um
2 Dollar zurück. Mit der Erholung des Goldpreises seit dem letzten Montag ging dann auch ein Preisanstieg beim Silber einher, allerdings konnte es dabei den Höchstkurs von Mitte Oktober nicht mehr erreichen. Während beim Silber die Nachfrage nach Investmentbarren in den letzten Wochen eher verhalten war, entwickelte sich das industrielle Kaufinteresse weiter positiv. Hier kommt offensichtlich zum Tragen, dass die Lager der industriellen Endverbraucher nach der Kaufzurückhaltung im ersten Halbjahr im Spätsommer weitgehend leergeräumt waren und jetzt angesichts einer konjunkturellen Erholung wieder aufgefüllt werden müssen.
Sollte der Goldpreis jetzt erst einmal fallen, wird sich sicher auch das Silber anschließen; falls dabei die 17,40er $-Marke fällt, läge das nächste Kursziel dann bei 16,70 $ je Unze.
Platin
Im Gegensatz zum Höhenflug beim Gold konnte das Platin in den letzten vier Wochen nur wenig Boden gutmachen. Von den 1.334 $ je Unze am 12. Oktober stieg das Metall zwar zeitweise auf über 1.375 $ an, allerdings notierte es schon zum Monatsende zumindest kurzzeitig wieder knapp unter der Marke von 1.300 $ je Unze. Angesichts der jüngsten Kursgewinne beim Gold stand das Metall dann aber doch nicht abseits und bis zum Ende der vergangenen Woche erreichte es fast wieder das Oktober-Hoch. Aktuell notiert es mit $ 1.350 im oberen Drittel der Handelsspanne des vergangenen Monats.
Die jeweiligen Kursgewinne gingen überwiegend auf das Konto von Spekulanten und Investoren. Die industrielle Nachfrage sowohl im Kassamarkt, wie auch in Form von Terminsicherungsgeschäften war dagegen eher verhalten.
Das Kaufinteresse der Investoren wurde sicher auch von den jüngsten Zahlen zu den Kfz-Neuzulassungen auf den verschiedenen Märkten beflügelt: So scheint der Automarkt in den USA seine Talfahrt gestoppt zu haben. Im Oktober wurden mit 838.000 verkauften Autos auch ohne das ausgelaufene Abwrackprämien-Programm der Regierung ebenso viele Fahrzeuge wie im (allerdings damals schon schwachen) Vergleichsmonat des Vorjahres verkauft. Für das Gesamtjahr ergäben sich damit bei gleichbleibendem Absatz in den letzten zwei Monaten 10,5 Mio. Autoverkäufe. Das ist zwar noch weit entfernt von den 17 Mio. Einheiten Ende der 90er-Jahre, doch erheblich mehr, als noch vor einigen Monaten geschätzt.
In China haben die Autoverkäufe im letzten Monat sogar um mehr als 70% im Vergleich zum Vorjahresmonat zugelegt. 1,23 Mio. neue Autos fanden im Oktober einen neuen Besitzer, wie der chinesische Herstellerverband gestern mitteilte. In den ersten zehn Monaten des Jahres wurden damit in China fast 10,9 Mio. Autos verkauft, ein Plus von fast 40% im Vergleich zum Vorjahr. Der Herstellerverband rechnet jetzt für dieses Jahr mit insgesamt zwölf Millionen verkauften Pkw. Damit wäre China vor den USA der mit Abstand größte Autoabsatzmarkt. Beschleunigt wurde die Entwicklung durch das umfangreiche chinesische Konjunkturprogramm, das die Binnennachfrage zuletzt massiv ankurbelte.
Dem deutschen Automarkt hat die vor zwei Monaten ausgelaufene Abwrackprämie im Oktober nochmals einen kräftigen Schub beschert. Die Zahl der Neuzulassungen stieg hierzulande im Jahresvergleich um 24% auf rund 321.000 Fahrzeuge an, nicht zuletzt, weil die im Sommer auf Basis der Abwrackprämien-Regelung bestellten Autos zum Teil jetzt erst ausgeliefert werden. Erste Wolken sind am Horizont aber schon zu sehen: Die Auftragseingänge aus dem Inland gaben im Oktober um 20% nach, während sie im bisherigen Jahresverlauf durchschnittlich um 18% gestiegen waren.
Insgesamt erreichte der deutsche Automarkt von Januar bis Oktober mit rund 3,31 Mio. Neuzulassungen ein Plus von 26%. Für das Gesamtjahr erwartet der Verband der Automobilindustrie (VDA) dank der staatlichen Finanzspritze deutlich mehr als 3,5 Mio. Autoverkäufe, 2008 waren es nur 3,1 Mio. Verkäufe gewesen.
Während die etablierten ETFs in den letzten Wochen nur geringes Wachstum verzeichnen konnten, gehen die Vorbereitungen für eine Einführung von Platin– und Palladium-ETFs in New York weiter: Der Anbieter ETF Securities hat dazu in der vorletzten Woche bei der Börsenaufsicht in New York die entsprechenden vorläufigen Produktprospekte eingereicht. Wir gehen davon aus, dass die beiden ETFs, wenn sie denn final zum Börsenhandel zugelassen werden, durchaus neue Nachfrage schaffen könnten und so zumindest kurzfristig auf die Notierungen der beiden Metalle einen positiven Einfluss haben dürften.
Palladium
Der Palladiumpreis konnte an die Erfolge der ersten beiden Oktoberwochen (das Metall hatte hier fast 20% zulegen können) nicht anknüpfen und verharrte in den letzten vier Wochen in einer im Prinzip relativ engen Handelsspanne beiderseits der Marke von 325 $ je Unze.
Was die Zurückhaltung vor allem der industriellen Käufer angeht, dürften die großen Kursgewinne in den drei Monaten bis Mitte Oktober eine größere Rolle gespielt haben, als die in der letzten Woche veröffentlichte Meldung, dass der russische Minengigant und weltgrößte Palladiumproduzent Norilsk Nickel seine Prognose für die Palladiumausbringung in diesem Jahr deutlich angehoben hat. Danach plant das Unternehmen für 2009 jetzt eine Gesamtproduktion in Höhe von 2,85 Mio. Unzen und damit rund 160.000 Unzen mehr als bisher. Die Platinausbringung, so die Russen weiter, werde in diesem Jahr bei 668.000 Unzen liegen und damit ebenfalls deutlich über dem bisherigen Zielkorridor von 615.000 - 640.000 Unzen.
Während sich ein Teil der Käufer deutlich zurückgehalten haben, legte die Nachfrage nach ETFs in den letzten Wochen zu und erreichte mit 1,1 Mio. Unzen einen Rekordstand.
Rhodium, Ruthenium, Iridium
Der nach dem beispiellosen Absturz des letzten Jahres bisher zurückgebliebene Rhodiumpreis zeigte in den letzten Wochen ein wenig von seinem Potential. Gute Käufe aus Asien, hinter denen wir eine Kombination aus industrieller Nachfrage aus dem Auto- und Chemiesektor sehen, aber auch spekulative Käufe von dort sorgten für einen deutlichen Kursanstieg auf 1.950 $ - 2.075 $ je Unze. Nachfrage sowohl aus der Industrie, wie auch von Investoren gab es auch beim Ruthenium, ohne dass sich hier der Preis bisher groß verändert hätte. Momentan liegt er bei 80 $ - 100 $ je Unze. Unverändert dagegen das Iridium, das weiter bei 380 $ - 430 $ liegt.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
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