Edelmetalle Aktuell
31.08.2009 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach (Heraeus)
Gold
Abgesehen von einem kurzen und schnell wieder revidierten “Ausflug“ nach oben zeigte sich der Goldpreis in den letzten acht Tagen ausgesprochen stabil - um nicht zu sagen langweilig. Von einem Niveau von etwas über 940 $ am letzten Donnerstag aus sprang der Preis dann am letzten Freitag im New Yorker Markt auf 956 $ je Unze. Die Ursache für den Sprung, der ja eigentlich eher ein Hüpfer war, lag in einem vorübergehenden Schwächeanfall des US-Dollars, der nach der Veröffentlichung von positiven Wirtschaftsdaten aus dem Euro-Raum von knapp 1,4220 auf fast 1,44 abschmierte. Nachdem es auf den Devisenmärkten dann in der neuen Woche keine weiteren Verluste für den Dollar gab, fiel der Goldpreis wieder in den Bereich zwischen 940 $ und 950 $ zurück. Erst in der vergangenen Nacht brachte ein deutlich auf über 73 $ je Barrel gestiegener Ölpreis und ein erneut schwächelnder Dollar dem Gold wieder Auftrieb. Im Laufe des Tages stabilisierte sich dieses zunächst knapp über der Marke von 950 $ je Unze und testete dann am Nachmittag in New York sogar die Marke von 960 $ je Unze.
Was die Aussichten angeht, rechnen wir auch weiterhin mit einer großen Abhängigkeit des Goldpreises von den beiden oben schon erwähnten externen Faktoren. Und da zählt im Moment die Wertentwicklung des Dollars wahrscheinlich noch mehr als der Ölpreis. Dessen Barometerfunktion wird nämlich überlagert von aktuell extrem niedrigen Inflationszahlen. Jedenfalls gab das Statistische Bundesamt gestern für Deutschland für den August eine voraussichtliche Inflationsrate von 0,0% bekannt. Die Importpreise, so das Amt schon am Mittwoch, seien im Juli sogar um 22% gefallen. Langfristig kann das mit dem Thema Inflation angesichts der enormen Schuldenausweitung durch die öffentlichen Haushalte natürlich anders aussehen und sicher nicht zuletzt aus diesem Grund sehen wir auch weiterhin eine gute, wenn auch nicht länger überschwängliche Nachfrage für unsere Edelmetallbarren. Lieferfristen gibt es aber im Moment mit Ausnahme einer Barrengattung (250g) nicht und auch diese wird schon in der nächsten Woche wieder verfügbar sein.
Bei den ETFs gab es nach neun Wochen Verkäufen in der letzten Woche eine leichte Trendwende: Anleger erhöhten ihr Engagement in den neun wichtigsten Produkten in diesem Bereich um per saldo 10,5 Tonnen auf jetzt immerhin wieder 1.655 Tonnen. Allerdings haben die offenen Positionen an den Terminbörsen viermal stärker abgenommen als die ETF-Bestände zugelegt haben. Die internationalen Investoren waren deshalb in der letzten Woche insgesamt keine große Stütze für das gelbe Metall.
Auch der physische Verbrauch durch die Industrie leidet derzeit noch immer. Angesichts dessen, dass aus vielen Wirtschaftszweigen bereits über eine Erholung berichtet wird, steht zu vermuten, dass aktuell noch immer Vorräte abgebaut werden, dass es damit aber durchaus eine Chance für eine baldige Erholung der Nachfrage auch aus diesem Bereich geben dürfte.
Was die weiteren Aussichten angeht, dürfte sich am Montag aufgrund des Feiertags in England zunächst nicht allzu viel ereignen. Danach werden sich die Blicke dann wieder in Richtung US-Dollar bewegen. Sollte dieser stärker an Wert verlieren, dürfte das Gold sicher noch einmal zulegen. Dabei müsste es dann aber, um nachhaltig zulegen zu können, die wichtige charttechnische Hürde bei jetzt 964 $ nehmen. Falls dieses gelingt, wäre der Weg in Richtung der Marke von 1.000 $ je Unze frei, wobei wir vorerst nicht mit einem dauerhaften Durchbrechen dieser psychologisch so wichtigen Grenze rechnen. Dazu scheint schlicht und ergreifend das Gesamtumfeld, bestehend aus geringer Schmucknachfrage, niedriger Inflation, bestenfalls stabiler Investmentnachfrage und - damit ursächlich verbunden - deutlich geringeren Ängsten vor einem Finanzmarktkollaps zu wenig förderlich.
Auch die Minengesellschaften, die in früheren Jahren und auch im letzten Quartal immer wieder für eine Sondernachfrage gesorgt haben, werden in Zukunft als (positiver) Einflussfaktor immer unbedeutender werden. Die englische Beratungsfirma GFMS teilte in dieser Woche mit, dass die Minen im zweiten Quartal ihre Terminsicherungsgeschäfte um fast 1 Mio. Unzen reduziert hätten. Dies war zwar fast zehnmal so viel wie im ersten Quartal, aber deutlich weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, als die Produzenten mit einem Abbau dieser Positionen um über 4 Mio. Unzen selbst massiv zu dem Erreichen des Allzeithochs von 1.030 $ je Unze beigetragen hatten. Insgesamt so die Experten von GFMS weiter, hätten die Minen in ihren Büchern jetzt noch Absicherungsgeschäfte in Höhe von 14,73 Mio. Unzen. Dies ist aber keinesfalls gleichzusetzen mit noch anstehenden (und dann ggf. preissteigernden) Käufen, da viele Minen diese Positionen auch einfach auslaufen lassen und diese dann gar keinen unmittelbaren Einfluss auf die Preisentwicklung mehr ausüben.
Silber
Der Silberpreis ließ sich vor dem letzten Wochenende vom Gold anstecken und stieg rasch um etwas über einen viertel Dollar auf 14,25 $ an. Anders als beim Gold setzte sich dieser Trend am Montag aber zunächst fort und ein vorläufiger Höchstkurs von fast 14,50 $ wurde erreicht. Im weiteren Verlauf der Woche kam es dann zwar zu Abgaben, mit dem jüngsten Anstieg des Goldpreises heute konnte aber auch das weiße Metall wieder deutliche Gewinne verbuchen. Es stieg auf fast 14,90 $ an und testete damit sogar kurzzeitig die erste charttechnische Hürde (die zweite liegt darüber dann bei 15,15 $ je Unze). Silber profitiert in der aktuellen Situation nicht nur von den Kursgewinnen beim Gold, sondern als Industriemetall auch von den Aussichten auf eine anhaltende Erholung der Weltwirtschaft. Nicht zuletzt deshalb gelingt es dem Metall prozentual besser abzuschneiden als das Gold. Dies sieht wohl auch ein Großteil der Investoren so und entsprechend stiegen sowohl die offenen Positionen an der New Yorker Terminbörse, wie auch die ETF-Bestände zuletzt deutlich an.
Platin
Der Platinpreis hat sich in den letzten acht Tagen nur in einer relativ kleinen Spanne zwischen 1.220 $ und 1.260 $ bewegt. Insgesamt nahm dabei die Volatilität im Verlauf der Woche tendenziell immer weiter ab.
Bisher noch keine Auswirkungen auf den Platinpreis hat ein schon am Montag begonnener Streik beim weltweit zweitgrößten Platinmetallproduzenten Implats in Südafrika. Dieser begann, nachdem die Mitglieder der Bergarbeiterwerkschaft NUM die ausgehandelte Lohnerhöhung von 10% nicht akzeptierten. Ursprünglich streikten dabei nur die Kumpel in einer Mine, heute Morgen weitete sich der Ausstand dann aber auf eine zweite, die Marula-Mine, aus. Bisher ist in dem Konflikt kein Kompromiss absehbar, die Minengesellschaft hat die Forderung der Bergarbeiter nach einer Lohnerhöhung um 14% als total unakzeptabel zurückgewiesen und droht inzwischen damit, die streikenden Arbeiter zu entlassen.
Implats verweist bei seiner Ablehnung der Lohnforderung auch auf die in dieser Woche veröffentlichten jüngsten Geschäftszahlen. Der Gewinn des Unternehmens ist danach im Geschäftsjahr Juli 2008 - Juni 2009 um 52% gesunken. Verantwortlich gewesen sei dafür ein deutlich gesunkener Platinpreis (erzielt worden seien im Durchschnitt nur noch 1.219 $ statt 1.598 $ im Vorjahr); außerdem seien die Kosten um deutlich gestiegen. Dafür war nicht zuletzt die im genannten Zeitraum um 11% auf 1,7 Mio. Unzen gesunkene Ausbringung verantwortlich. Die Förderung einer Unze Platin kostet Implats inzwischen 1.081 $, dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Platinpreis sich auch auf längere Sicht wohl kaum im dreistelligen Bereich wird festsetzen können.
Implats war in dieser Woche nicht die einzige Platinminengesellschaft, die mit ihren Arbeitern über Kreuz lag. Auch bei Aquarius Platinum kam es zu einem wilden Streik in zwei Minen. Die Gesellschaft entließ daraufhin erst einmal 3.900 ihrer Arbeiter und will nun die Produktion ab Montag mit neu eingestellten Kumpels langsam wieder aufnehmen.
Etwas friedlicher als bei den beiden mehr oder weniger kleinen Lokalkonkurrenten ging es bisher beim weltgrößten Platinmetallproduzenten Anglo Platinum zu. Hier ging zumindest bis heute Morgen die Gewerkschaft davon aus, dass mindestens 70% der Mitglieder dem ausgehandelten Lohnabschluss zustimmen würden und dass ein Streik so vermieden werden könnte. Die letzten Nachrichten weisen aber in die Richtung, dass auch bei Amplats der Lohnkompromiss abgelehnt werden könnte. Sollte es jetzt auch noch zu einem Streik bei Amplats kommen und dieser dann auch eine Woche oder sogar länger andauern, hätte dies auch ohne andere positive Einflussfaktoren bestimmt einen steigenden Platinpreis zur Folge.
Immerhin müssen sich industrielle Endverbraucher von Platinmetallen nur wenig Sorgen hinsichtlich der Stromversorgung in Südafrika machen. Wie der Vorstandsvorsitzende des staatlichen südafrikanischen Stromversorgers Eskom diese Woche mitteilte, sieht er das Risiko von Stromabschaltungen oder erzwungenen Stromzuteilungen in den nächsten zwölf Monaten als sehr gering an.
Eskom produziert rund 95% des südafrikanischen Stroms und will die Kapazität in diesem Jahr durch die Wiederinbetriebnahme eingemotteter Kraftwerke und durch Verbesserungen am existierenden Kraftwerkspark um 20% anheben. Probleme bei Eskom hatten ja im vergangen Jahr zu einer vorübergehenden Schließung u.a. der Platinminen in Südafrika geführt und waren damit maßgeblich verantwortlich dafür, dass die Platinmetallpreise im ersten Quartal 2008 außer Kontrolle geraten waren. Platin lag seinerzeit in der Spitze ja fast doppelt so hoch wie heute, Rhodium sogar sechsmal höher.
Palladium
Der Palladiumpreis zeigte sich in dieser Woche erwartungsgemäß freundlich und erreichte fast die Marke von 290 $ je Unze. Dies war der höchste Stand seit 50 Wochen und fast genau die Hälfte des im März 2008 und damit vor der weltweiten Wirtschaftskrise erreichten langjährigen Höchstkurses.
Unserer auch weiterhin eher positiven Grundstimmung für das Palladium scheinen sich auch immer mehr Investoren anzuschließen: Die Bestände bei dem in England notierten Palladium-ETF von ETF Securities sind jedenfalls Ende letzter Woche auf fast 377.000 Unzen und damit auf ein neues Rekordhoch eklettert. Insgesamt sind in den beiden wichtigen Palladium-ETFs jetzt 931.000 Unzen gebunden, rund 1/8 einer Weltjahresproduktion. Hinzu kommen sogar noch höhere Investorenbestände an den Börsen in Tokio und vor allem New York, die noch einmal 1,33 Mio. Unzen betragen und damit doppelt so hoch liegen wie vor einem Jahr.
Rhodium, Ruthenium, Iridium
Nach dem Anstieg in der ersten Monatshälfte konnte das Rhodium in dieser Woche erst einmal nicht weiter zulegen und verharrte bei 1.650 $ je Unze. Allerdings könnte sich dies angesichts der Streiklage in Südafrika schnell ändern, zumal wir ja auch schon ohne eine solche Verschärfung der Lage die Situation beim Rhodium als eher positiv (im Sinne steigender Preise) ansehen. Im momentanen Umfeld ist aber trotz dieser freundlichen Grundeinstellung nicht zu befürchten, dass die Lage gleich außer Kontrolle gerät. Aktuell gibt es nämlich noch immer Verkaufsinteresse, das zumindest vorerst ausreicht, die vorhandene Nachfrage ohne Probleme zu befriedigen.
Ruthenium hat sich nicht verändert, es liegt bei guten Umsätzen bei 70 $ - 100 $, Iridium notiert unverändert bei 390 $ - 440 $ je Unze.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
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