Tiberius Rohstoff-Research: Marktkommentar März 2009
10.04.2009 | Redaktion
Performancerückblick: Tauwetter
Nach acht negativen Monaten in Folge konnten die Rohstoffmärkte im März 2009 erstmals wieder ein Plus ausweisen. Noch Anfang März erreichten die Aktienmärkte neue Tiefpunkte - der S&P 500 Index bei 666 Punkten, der DAX 30 Index knapp unterhalb von 3600 Punkten. Hingegen hielten bei den Rohstoffen die Februartiefs, worauf in der zweiten Monatshälfte eine dynamische Aufwärtsbewegung in allen Märkten für Sachwerte (Rohstoffe, Aktien) folgte. Dadurch schloss der S&P 500 den Monat mit +8,5% ab, der DAX 30 mit 6,3%. Mit diesen Gewinnen konnten die Rohstoffmärkte nicht ganz Schritt halten. Am Monatsende stand für den Dow Jones AIG Commodity Index (DJAIG) ein Plus von 3,6% zu Buche. Da vor allem konjunktursensitive Rohstoffe im März eine überdurchschnittliche Performance aufwiesen, fielen die Gewinne beim Goldman Sachs Commodity Index (GSCI) und dem Rogers International Commodity Index (RICI) mit +4,5% bzw. +5,0% noch etwas höher aus.
Der wichtigste Auslöser für den Stimmungsumschwung an den Märkten war der Beschluss der US-Notenbank am 18. März. Darin kündigte der Fed-Präsident Ben Bernanke an, dass die Notenbank insgesamt 1.000 Mrd. USD Anleihen, darunter 300 Mrd. lang laufende US-Staatsanleihen, kaufen wolle. Noch im September 2008 lag die US-Zentralbankgeldmenge bei 840 Mrd. USD, nach der Umsetzung dieses geldpolitischen Schrittes dürfte sie bei mindestens 2.500 Mrd. USD liegen, was knapp 30% des BIP entspräche. Die langfristigen Folgen dieses geldpolitischen Experiments sind kaum absehbar. Klar scheint, dass bei einer Erholung der Konjunktur die extremen Geldspritzen ein enorm hohes Inflationspotenzial bergen. Dementsprechend positiv haben die Rohstoffe Mitte März auf die Rede Bernankes reagiert.
Im März zählten vor allem die konjunktursensitiven Rohstoffsektoren Energie und Industriemetalle zu den Gewinnern. Wie wir im letzten Marktkommentar vermutet hatten, fielen die Edelmetalle in einem freundlichen Kapitalmarktumfeld relativ hinter den anderen Sektoren zurück. Anfang April durchbrach Gold schließlich seine wichtige Unterstützung bei etwa 900 USD je Unze. Die gleichzeitige USD-Stärke führte dazu, dass Gold in Euro noch stärkere Verluste verbuchen musste und bis in die Region von 650 € je Unze fiel.
Eine Sonderrolle nimmt seit Ende März der Getreidesektor ein. Die Veröffentlichung des Prospective Plantings Berichts des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) am 31. März führte dazu, dass die Marktteilnehmer ihre Schätzungen für die Gesamt-Anbaufläche von Weizen, Mais und Sojabohnen nach unten revidieren mussten. Außerdem kam es zu Verschiebungen zwischen den Getreidesorten, die gerade bei Sojabohnen zu einem deutlichen Preisanstieg führten. Auf die Einzelheiten dieses Berichts gehen wir im Teil “Marktausblick und Positionierung“ ausführlich ein.
Performance der aktiven Rohstoff-Fonds
Der vergangene Monat brachte für unsere aktiv verwalteten Fonds gemischte Ergebnisse. Unter den long only Fonds erzielten die Dollar-Fonds Commodity Alpha OP (+0,81%) und Tiberius Active Commodity OP (+0,96%) eine Outperformance gegenüber ihren Vergleichsindizes. Der in Euro quotierte Tiberius Commodity Alpha Euro OP musste eine Underperformance von -1,1% hinnehmen. Dieser Performanceunterschied lässt sich teilweise auf die Beimischung von Nicht-USD-Währungen zurückführen, die bei den beiden USD-Fonds einen Mehrertrag von ca. 45 Basispunkten gegenüber dem Vergleichsindex erbrachten.
In der Performanceattribution je Rohstoff zeigten alle long only Fonds vergleichbare Ergebnisse. Einen positiven relativen Performancebeitrag konnten alle Fonds bei Rohöl generieren, das durchschnittlich noch leicht untergewichtet war. Hier konnte im Tiberius Commodity Alpha Euro OP die höchste Überrendite generiert werden, indem der statt des in der Benchmark vertretenen Mai-Kontrakts der besser performende April-Kontrakt selektiert wurde. Anfang April wurden die Rohölpositionen teilweise bis auf Benchmark angehoben, da wir eine deutliche Verbesserung der Modellergebnisse (insbesondere Terminkurvenmodell, s.u.) antizipieren.
Bei Erdgas wurde in Übereinstimmung mit den Modellergebnissen ebenfalls in allen Fonds eine Short-Position relativ zum Vergleichsindex eingenommen, die sich mit einer Outperformance von ca. 0,3% in allen Fonds bezahlt gemacht hat. Der fundamentale Ausblick für Erdgas ist nach wie vor negativ, so dass wir weiter untergewichtet bleiben.
Verpasst haben die Fonds ein wenig die Rallye bei Kupfer, die bei negativen Makro-Daten vor allem von Short Covering getrieben wurde. In den beiden Commodity Alpha Fonds, die gegen den DJAIG gebenchmarkt sind, fiel das Minus etwas höher aus, da Kupfer ein höheres Gewicht im Vergleichsindex hat.
Ins Auge fallen für den Monat März noch die relativen Performancebeiträge bei Sojabohnen und Zucker. Bei beiden Rohstoffen liefert unsere Modellwelt sehr starke Kaufsignale. Wie unten ausgeführt wird sehen wir - im Gegensatz zu den Markterwartungen - bei Sojabohnen keinen großen Zuwachs an US-Ackerfläche mehr. Zudem befindet sich der Sojabohnenmarkt in Backwardation. Dementsprechend stark waren wir bei Sojabohnen übergewichtet, was sich am letzten Tag im März und an den ersten Apriltagen
Bei unserem long/short Fonds Tiberius Absolute Return Commodity OP ergab sich im März eine Seitwärtsbewegung. Der Monat schloss mit -0,23% nahezu unverändert. Im vergangenen Monat waren keine klaren Relative Stärke - Trends zu beobachten. Oft wurden Performancebewegungen, die sich an einem Tag ergeben hatten, am nächsten Tag wieder komplett revidiert. Unserer Ansicht nach kennzeichnen derartig widersprüchliche Tagesbewegungen generelle Trendwechsel an den Finanzmärkten. Sehr viele Rohstoffcharts zeigen volatile Bodenbildungen.
Die relativen Verlierer des Jahres 2008 – die Industrierohstoffe aus den Bereichen Energie und Metalle – performten in der zweiten Märzhälfte überwiegend positiv, während die Edelmetalle, die das Rohstofffeld in den ersten Wochen des Jahres 2009 anführten, allmählich an Dynamik verloren. Wir hatten sowohl mit Rohöl als auch mit einzelnen Industriemetallen Spread Trades gegen Edelmetalle versucht. Unserer Meinung nach waren die vorwiegend industriell genutzten Weißmetalle Silber, Platin und Palladium gegenüber den zurückgebliebenen Basismetallen Nickel und Zinn überbewertet. Beide Basismetalle konnten aber im März keine positive Performance generieren, so dass wir aus beiden Pair Trades (Nickel gegen Platin und Zinn gegen Silber) mit Verlusten von insgesamt -1% ausgestoppt wurden.
Dieser negative Performancebeitrag wurde nahezu komplett ausgeglichen durch den Pair Trade Öl long gegen Silber short, der nach der extremen Outperformance der Edelmetalle gegenüber Energierohstoffen Anfang März eingegangen wurde. Bei dieser Position wurden die Gewinne mitgenommen. Ebenfalls erfolgreich waren im März unsere strategischen Spread Trades Baumwolle long gegen Aluminium short, Kaffee long gegen Lean Hogs short und Sojabohnen long gegen Erdgas short, an denen wir aufgrund der erwarteten Marktsalden und der von uns erwarteten Roll Yield - Entwicklung auch im April weiter festhalten. In den ersten Apriltagen ergab sich aus diesen Spread-Positionen bereits ein Performancebeitrag von knapp einem Prozent. Im März konnten im Spread - Portfolio 0,24% gewonnen werden.
Bei den taktischen Outright-Trades ergaben sich im März keine großen Performanceausschläge. Negativ wirkte sich eine kurzfristige Öl long Position aus, die aber durch den Performancebeitrag der gleichzeitig gehaltenen Erdgas short Position praktisch ausgeglichen wurde. Bei den Agrarrohstoffen und Basismetallen ergaben sich kleinere negative Beiträge, so dass das taktische Outright-Portfolio den Monat mit einem Minus von 0,48% abschloss.
Marktausblick und Positionierung
Makro-Perspektive
Die internationalen Finanzmärkte präsentierten in den letzten Wochen eine einheitliche Reaktion auf die Ankündigung der US-Finanzpolitik, eine noch expansivere Richtung einzuschlagen. Angetrieben wurden die Märkte für Risikoanlagen von der Aussicht, dass die amerikanische Notenbank weitere 1.000 Mrd. USD durch den direkten Kauf von Anleihen in Umlauf bringen will. Die internationalen Aktienmärkte stehen kurz vor dem Abschluss einer Bodenbildung, die in eine liquiditätsgetriebene Rallye einmünden sollte.
Da die mahnenden und vorsichtigen Stimmen immer noch überwiegen, gehen wir davon aus, dass sehr viele Marktteilnehmer bei Aktien drastisch unterinvestiert sind und unabhängig von den makroökonomischen Daten bei weiteren Kursgewinnen prozyklisch in die Märkte „gezwungen“ werden. Aber auch die Makro-Daten sind, wie wir in den letzten Marktkommentaren bereits ausgeführt haben, so weit gefallen, dass zumindest eine technische Reaktion nach den extrem schwachen letzten beiden Quartalen überfällig scheint. Daher halten wir an unserem Dax-Kursziel von 5.400 Punkten zum Jahresende fest, wobei der Löwenanteil der Aufwärtsbewegung im zweiten Quartal stattfinden sollte.
Das Segment, das die Bodenbildungen bereits hinter sich hat, sind die Währungsmärkte. In den letzten 18 Monaten hat sich der Euro-Yen Wechselkurs als zuverlässiges Barometer für die Risikoneigung spekulativer Marktteilnehmer erwiesen. Der Carry Trade von den praktisch nicht verzinsten Yen Anlagen zu höher rentierlichen Risikoanlageklassen erlebte den zarten Beginn einer Neuauflage. Der letzte Tankan-Report der japanischen Notenbank offenbarte nur zu deutlich, dass die japanischen Exportunternehmen mit den Ende 2008 markierten Wechselkursen von 90 Yen je US-Dollar bzw. 115 Yen je Euro nicht wettbewerbsfähig sind.
Der Alleingang der Schweizer Notenbank bei den Interventionen zur Schwächung des Schweizer Frankens erwischte viele spekulative Marktteilnehmer, die sich long Yen und short Euro positioniert hatten auf dem falschen Fuß, da nun klar war, dass Aktionen zur Schwächung des Yen nicht zwingenderweise international abgestimmt werden müssen. Die Folge war ein steiler Anstieg der Euro-Yen Cross-Rate von 115 auf 135 Yen je Euro, bei der die wichtige technische Marke von 128 Yen/€ ohne nennenswerte Widerstände gefallen ist. Wir sehen hier als Kursziel nach wie vor die Marke von 155 Yen je Euro. Technisch ebenfalls abgeschlossen ist die Bodenbildung beim Dollar-Yen-Wechselkurs, der in den letzten Tagen die psychologische Marke von 100 Yen je Dollar hinter sich lassen konnte. Kursziel ist hier aus unserer Sicht wenigstens das Niveau von 110 Yen je US-Dollar.
Es ist wenig verwunderlich, dass die Rohstoffmärkte in einem derartigen Kapitalmarktumfeld ebenfalls klare Ansätze einer Bodenbildung zeigten. Aus unserer Sicht deuten die Märkte für Rohöl, Benzin, Kupfer, Aluminium, Zink, Platin, Palladium, Mais, Sojabohnen, Weizen, Baumwolle und Kaffee einen Trendwechsel an. Einzelne Märkte, insbesondere die Basismetalle, scheinen der realwirtschaftlichen Entwicklung kurzfristig weit vorausgelaufen. Wir haben mehrfach betont, dass die Rohstoffe anders als die internationalen Aktienmärkte üblicherweise kein Frühindikator der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sind, sondern allenfalls als Gleichlaufindikator der Konjunktur zu werten sind. Insofern würde es uns wenig überraschen, wenn einzelne Märkte, namentlich die Metalle Kupfer und Aluminium sowie die Weißmetalle Silber, Platin und Palladium noch einmal empfindlich zurückfallen, auch wenn die Aktienmärkte ihren Aufwärtstrend fortsetzen sollten.
Die Bewegungen bei den Metallen waren auch teilweise durch Investorengelder getrieben. Die von der amerikanischen Futures-Behörde CFTC als spekulativ eingruppierten Marktteilnehmer (Non Commercials) haben in den letzten Monaten im Rohstoffbereich wieder eine Netto-Long-Position von 20 Mrd. USD aufgebaut, die zu drei Vierteln auf die Edelmetalle, vor allem Gold, entfällt. Hingegen wurde bei Kupfer eine Short-Position von 300.000 Tonnen eingenommen, deren Auflösung jetzt den starken Aufwärtstrend des Metalls begründete. Wir gehen davon aus, dass die Short Covering Rallyes bei den Basismetallen auslaufen. Gleichzeitig erwarten wir, dass die Kapitalzuflüsse in die Anlageklasse Rohstoffe anhalten. Nur werden sich diese nicht mehr ausschließlich auf Gold konzentrieren, wenn die Marktteilnehmer erkennen, dass andere, fundamental wesentlich attraktivere Rohstoffe stark ansteigen müssten, um die Inflationsraten zu erzeugen, gegen die sich viele Marktteilnehmer durch den Erwerb von Gold bereits abgesichert haben. Als Kandidaten gelten aus unserer Sicht Rohöl, Getreide und die Soft Commodities.
Energie
Der Ausblick für Rohöl stellt sich heute etwas fragwürdiger dar als noch Mitte März diesen Jahres. Bis dahin hatte sich der Ölmarkt weitgehend an das von uns in den letzten Marktkommentaren gezeichnete Bild einer Bodenbildung, die durch einen sukzessiven Abbau des hohen Contango am Markt geprägt ist, gehalten. Die Preisdifferenz zwischen dem auslaufenden Nearby und dem Second Nearby Kontrakt bei Rohöl der Marke West Texas Intermediate (WTI) lief von -6 USD Anfang Februar bis auf knapp -0,5 USD Mitte März zusammen. Der April-Kontrakt bestätigte den Meinungsumschwung am Ölmarkt mit einem starken Abgang bei rund 51 USD am 20. März 2009. Seither haben sich die Terminkurven bei Rohöl jedoch wieder deutlich verschlechtert.
Der Preisabschlag des Nearby-Kontrakts (Mai 2009) zum Second Nearby (Juni 2009) beläuft sich aktuell wieder auf annähernd 3 USD. Gleichzeitig wird US Rohöl der Marke WTI im Spotmarkt erneut mit einem Abschlag von mehr als 2 USD je Barrel zum Nordseeöl der Marke Brent gehandelt. Die Entwicklung der US-Lagerbestände rechtfertigt den erneuten Schwächeanfall des Ölmarktes nicht. Am Erfüllungsort für WTI - Cushing, Oklahoma - gingen die Lagerbestände zuletzt leicht zurück und in den restlichen Lokationen fiel der Lageraufbau nicht höher aus als saisonal üblich. Insofern stellt sich die Frage was der Terminmarkt weiß, was sich aus den offiziellen US-Lagerbeständen
Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die Zunahme des Contango nicht wie üblicherweise einen überversorgten Markt indiziert, sondern dass sich der globale Ölmarkt trotz des extremen Nachfrageeinbruchs in den vergangenen beiden Quartalen an der Schwelle zum Defizit oder bereits im Defizit befindet. Dafür spricht, dass die Lagerbestände in Europa gemäß den Daten von EuroOil im ersten Quartal 2009 sogar leicht zurückgegangen sind und mittlerweile leicht unter dem saisonalen Durchschnitt notieren.
Ein ähnliches Bild zeichnen die Daten der Joint Oil Data Initiative (JODI). Im Januar 2009 ergab sich in Japan und in vielen europäischen Staaten ein leichter Lagerrückgang. Entsprechend besser haben sich der Kassapreis und die Terminkurve von Brent in Relation zu WTI gehalten. Wir sind der Überzeugung, dass die Verschlechterung der WTI-Terminkurve ein lokales US-Thema ist. Möglicherweise werden Lagerbestände, die in Ermangelung freier Kapazitäten noch im Januar auf Schiffe ausgelagert und am Terminmarkt gehedget wurden, wieder in Reported Stocks zurücktransferiert, wodurch die Terminkurve und die offiziellen US-Lagerbestände kurzfristig verzerrt werden. In den nächsten Wochen sollten sich aber auch in den USA die Folgen der drastischen Output-Kürzungen der OPEC bemerkbar machen. Wir erwarten nach wie vor eine Drehung der Öl-Terminkurve von Contango auf Backwardation im zweiten Quartal 2009.
Auf der Produktnachfrageseite gibt es immer noch wenig Hoffnung. Der Benzinverbrauch hat sich zuletzt über 9 mb/d stabilisiert. In den kommenden Monaten ist aufgrund der Driving Season mit einem steigenden Verbrauch zu rechnen, der aber unterhalb des Entwicklungspfads des vergangenen Jahres verlaufen dürfte. Die Lagerbestände sind entgegen dem saisonal üblichen Verlauf in den letzten Wochen angestiegen und befinden sich mittlerweile auf einem leicht überdurchschnittlichen Niveau. In den kommenden Monaten ist von einer steigenden Kapazitätsauslastung der Raffinerien und einer steigenden Benzinproduktion auszugehen. Knappheit dürfte dann vorwiegend bei Rohöl (s.o.) entstehen. Dementsprechend sehen wir beim aktuellen Spot Crack Spread von knapp 11 USD je Barrel wenig bis kein Potenzial mehr nach oben. Attraktiv schätzen wir jedoch die länger laufenden Benzin-Crack Spreads ein, da die Benzin-Terminkurve einen wesentlich geringeren Contango aufweist als die von US-Rohöl.
Überteuert sehen wir hingegen die Crack Spreads von Heizöl. Die gesamte Heizöl Crack Spread Terminkurve ist oberhalb der Benzin Crack Spread Terminkurve gepreist. Insbesondere für die Sommermonate der Jahre 2009, 2010 und 2011 ist dies ungewöhnlich, da die Benzin-Kontrakte aufgrund der Driving Season und des verminderten Heizbedarfs im Sommer üblicherweise mit einem Aufschlag zu Heizöl quotiert sind. Historisch schoss der Benzin Crack Spread in den Sommermonaten oft weit über den von Heizöl hinaus. Die fundamentale Entwicklung der letzten Wochen kann eine Prämie der Heizölpreise zu Benzin ebenfalls nicht erklären. Die Wachstumsraten der Destillatenachfrage fielen in den letzten Wochen tief in den negativen Bereich. Die Destillate-Lagerbestände sind entgegen dem üblichen Wintertrend zuletzt auf rund 145 mb, das sind rund 35 mb mehr als der saisonale 5-Jahres-Durchschnitt, angestiegen. Wir halten daher an unserer Empfehlung fest, US-Benzin zu Lasten von US-Heizöl weiter überzugewichten.
Bei Erdgas können wir an dieser Stelle nur noch einmal die negativen Aussagen der vorangegangenen Marktkommentare wiederholen. Gegen den Rohstoff sprechen die im Vergleich zu anderen Rohstoffen verzögerte Angebotsreaktion, die extrem hohen zu erwartenden Roll-Verluste, die weiter zunehmenden Überschusslagerbestände in Relation zur saisonalen Norm, der Beginn der Injection Season und der Nachfrageeinbruch bei industriellen Anwendungen. Die einzige Hoffnung sehen wir im relativen Preisverhältnis zu alternativen Energieträgern.
Von einer Ölpreisrallye dürfte der Erdgaspreis nur wenig nach oben gezogen werden, da die Fundamentaldaten beider Märkte sich stark unterscheiden und Erdgas gegenüber Rohöl und Rohölprodukten nach deren Preisverfall längst nicht so attraktiv bewertet ist wie noch im Frühjahr 2008. Hingegen nähert sich der Erdgaspreis von oben allmählich dem Kohlepreis an. Für einzelne Kraftwerke lohnt der Umstieg von Kohle auf Erdgas bereits und Erdgas könnte in begrenztem Umfang von ca. 1 bcf/d Nachfrage hinzugewinnen. Jedoch ist auch der Kohlepreis aufgrund der dortigen Überschusssituation weiterhin stark unter Druck, so dass sich die Substitution beider Rohstoffe auch in einem fallenden Preisumfeld abspielen könnte.
Metalle
Die Industriemetalle sind inzwischen derjenige Sektor im Dow Jones AIG, der seit Jahresanfang die beste Performance aufweist. Diese Entwicklung vollzieht sich in einem konjunkturellen Umfeld, in dem die meisten Frühindikatoren immer noch stark negative Signale abgeben. Positiv zu vermerken ist, dass die Aktienmärkte nun endgültig in der Bodenbildungsphase angekommen scheinen. Darüber hinaus haben sich die Einkaufsmanagerindizes in den USA und China stabilisiert. So konnte der amerikanische Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe (ISM Manufacturing) drei aufeinanderfolgende Anstiege verzeichnen. Allerdings steht er im März 2009 immer noch auf dem sehr niedrigen Niveau von 36,3 Punkten (erst ein Wert über 50 signalisiert eine Expansion der Wirtschaft).
Das chinesische Pendant steht mit 52,4 Punkten bereits über der 50 Punkte-Schwelle, wobei insbesondere die Unterkomponente “Eingegangene Aufträge“ mit 54,6 Punkten noch höher steht. Und nicht zuletzt konnte sich der deutsche IFO-Geschäftsklimaindex auf einem Niveau um 82 Punkte einpendeln. Unterstützend wirkten auch in diesem Monat Berichte, das chinesische Amt für strategische Reserven (SRB) kaufe weiter Metalle von lokalen Produzenten und im Falle von Kupfer auch im Ausland. Die anhaltend hohen lokalen Preise in China begünstigen daher den Import verschiedener Metalle ins Reich der Mitte.
Im Gegensatz dazu stehen andere von uns beobachtete Konjunkturindikatoren: Die wöchentlich veröffentlichten Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA halten sich hartnäckig jenseits der 600,000 und markierten zuletzt mit 669,000 sogar ein neues zyklisches Hoch. Darüber hinaus war der japanische Tankan-Bericht schlechter als erwartet ausgefallen. Auch der Frachtratenindex “Baltic Dry“, der als guter Gleichlaufindikator gilt, fiel im März wieder ab.
Alles in allem sehen wir die derzeitige Rallye angetrieben durch die Auflösung von Short-Positionen und einer verbesserten Stimmungslage an den Aktienmärkten. Da die Metallmärkte trotz bereits erfolgter Produktionskürzungen sich noch in einer Überschusssituation befinden und ein Lageraufbau stattfindet, glauben wir nicht, dass die Outperformance gegenüber den anderen Indexmitgliedern von Dauer sein wird und erwarten zumindest aus relativer Sicht einen Rücksetzer.
Was die Edelmetalle angeht, glauben wir, dass ihr Status als “Sicherer Hafen“ in den nächsten Monaten nicht mehr so stark gefragt sein wird, da wir von einem Rückgang der Aktienmarktvolatilitäten ausgehen. Insofern scheint uns der Zeitpunkt gekommen, wo die Edelmetalle wieder mehr als Rohstoffe beurteilt werden müssen. Der physische Goldmarkt hat sich von einem Defizit- in einen Überschussmarkt gewandelt.
Im Jahr 2001 überstieg der industrielle Verbrauch (vorwiegend aus der Schmuckherstellung) mit etwa 3700 Tonnen das Goldangebot aus Minenproduktion und recycletem Altgold um mehrere hundert Tonnen. Diese Angebotslücke wurde überwiegend durch Goldausleihungen und Goldverkäufe von Zentralbanken geschlossen. In den nach 2001 folgenden Jahren resultierten nur noch Überschüsse, die 2008 aufgrund der wegbrechenden Schmucknachfrage vermutlich 27% der Jahresnachfrage betrugen. Damit weist Gold heute eine erheblich schlechtere Bilanz auf als die Industriemetalle, die in den vergangenen 5 Jahren ebenso wie viele Energie- und Agrarrohstoffe Marktdefizite auswiesen. Auch im Lagerbestandsvergleich schneiden die Edelmetalle sehr schlecht ab.
Laut Statistiken des Internationalen Währungsfonds (IWF) und Gold Fields Mineral Services (GFMS) beträgt das gesamte von Notenbanken und Privatinvestoren gehaltene Anlagegold über 2000% der jährlichen Industrienachfrage. Dieser Lagerpuffer liegt bei den Industriemetallen wesentlich niedriger, mit Werten um 10%.
Wir halten es aufgrund der vergleichsweise unattraktiven fundamentalen Ausgangslage für relativ wahrscheinlich, dass viele Investoren, die sich gegen Inflation absichern wollen, die attraktiv bewerteten Rohstoffe aus den Bereichen Energie und Agrarrohstoffe entdecken. In den letzten 25 Jahren haben sich Rohöl und Rohölprodukte als der beste Hedge gegen einen Anstieg der Inflationsraten bewiesen.
Agrarrohstoffe
Nachdem das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) bereits Ende Februar die ersten Einschätzungen zur Verteilung der US-Anbaufläche im Marketingjahr 2009/10 im Rahmen des Agricultural Outlook Forums 2009 bekannt gegeben hatte, wurde von den Marktteilnehmern der Ende März veröffentlichte Prospective Plantings Bericht mit Spannung erwartet. Diesem liegt eine Befragung von ca. 86.000 US-Farmern zugrunde, die in den ersten beiden Märzwochen durchgeführt wird. Die Mehrheit der Analysten ging von einer Abnahme der Maisanbaufläche und einer erheblichen Zunahme der Anbaufläche von Sojabohnen aus – und wurde prompt auf dem falschen Fuß erwischt. Bei Mais wurde die Anbaufläche im Vergleich zum Vorjahr lediglich um eine Million Acres auf 85 Millionen Acres gesenkt.
Als Gründe wurden die gefallenen Maispreise und schwer kalkulierbare Inputkosten genannt. Falls realisiert, wäre dies dennoch die drittgrößte in den USA angebaute Maisfläche seit 1949, nachdem in den vergangenen beiden Jahren Rekordwerte erzielt wurden. Die gesamte Weizenfläche mit 58,6 Millionen Acres traf die Analystenschätzungen relativ genau. Hingegen sorgte die deutlich geringere als erwartete Anbaufläche von Sojabohnen in Höhe von 76 Millionen Acres für Überraschung. Diese liegt zwar nur leicht - um 0,3 Millionen Acres – über dem Vorjahr, wäre aber dennoch die größte bisher angebaute Fläche in den USA.
Der Prospective Plantings Bericht wirkte auf Sojabohnen preistreibend, die nun zusätzlich zur Dürre in Südamerika und zu den Auseinandersetzungen zwischen argentinischen Bauern und der Regierung hinsichtlich der Höhe der Exportzölle Unterstützung finden. Zu den positiven Faktoren für Sojabohnen zählen auch geringe Lagerbestände in den USA und anhaltend hohe Importe aus China. Uneinheitlicher ist hingegen das Bild bei Mais. Im Vergleich zum Vorjahr deutlich höhere on farm stocks, also Lagerbestände, die noch nicht verkauft wurden, sollten die Preisentwicklung teilweise belasten, auch wenn die erzielten US-Exporte in den vergangenen Wochen deutliche Steigerungen erzielen konnten, nachdem sie zuvor enttäuscht hatten.
Durch den Preisanstieg bei Benzin wäre kurzfristig eine höhere Beimischung von Ethanol nicht unwahrscheinlich. Allerdings gewannen auch die Maisnotierungen hinzu, sodass Ethanolproduzenten aktuell relativ nahe an der Gewinnschwelle produzieren dürften. Sollten sich allerdings die vorgebrachten Bestrebungen in den USA durchsetzen, die Beimischungsrate von Ethanol zu Benzin (Blend Rate) von aktuell limitierten 10% auf 15% oder zunächst 12-13% zu erhöhen, dürfte dies entsprechend positive Auswirkungen auf den Preisverlauf von Mais haben.
Kurzfristig sollte der gesamte Getreidebereich allerdings durch die Tatsache unterstützt werden, dass der Prospective Plantings Bericht eine Abnahme der Anbauflächen im Vergleich zum Vorjahr enthält. Diese Annahme enthielten bereits die Einschätzungen des USDA Agricultural Outlook Forums 2009 im Februar. Wie bereits im letzten Marktkommentar erläutert, halten wir diese Annahme für wenig plausibel. Unserer Ansicht nach könnte lediglich die Unentschlossenheit, welche Anbauart bevorzugt wird, diese Annahme ermöglichen. Denn die erzielbaren Preisnotierungen der Anbaugüter liegen immer noch deutlich über den Notierungen der Vorjahre, wenn auch nicht mehr in den äußerst lukrativen Regionen des vergangenen Frühjahrs. Deutlich geringere Inputkosten, vor allem bei Treibstoff und seit Herbst 2008 rückläufige Düngerpreise liefern keine Anreize, Flächen aus dem Produktionsprozess heraus zu nehmen.
Wie bereits in unserem Kapitalmarktausblick und in den letzten Marktkommentaren ausgeführt, schätzen wir den Anbau von Mais profitabler als den von Sojabohnen ein und nahmen deshalb eine konträre Meinung zur der Erwartung steigender Sojabohnen- und fallender Maisanbaufläche ein. Wir rechnen bis Ende Juni aufgrund der aktuell vorliegenden Daten mit einer weiteren Zunahme der Maisanbaufläche gegenüber Sojabohnen. Die folgende Grafik verdeutlicht, dass in den letzten Jahren die Maisanbaufläche im Ende Juni veröffentlichten Acreage Report des USDA nochmals teilweise deutlich über den ursprünglichen Einschätzungen per Ende März lagen. Entsprechend umgekehrt stellt sich die Situation bei Sojabohnen dar. Wir erwarten, dass beide Anbauvarianten bis dahin stark um Ackerfläche konkurrieren werden und gehen deshalb von einer relativen Outperformance des Getreidesektors im Verhältnis zu den anderen Rohstoffsektoren aus.
Zwar werden in den nächsten Wochen und Monaten aufgrund der im Vergleich zum Vorjahr geringeren Gesamtanbaufläche die jeweils herrschenden Wetterbedingungen und Einschätzungen der heranwachsenden Ernten zunehmend im Fokus stehen. Aufgrund der Erfahrungen des letzten Jahres schätzen wir allerdings die aktuelle Belastung durch schlechtes Wetter als nicht nachhaltig ein. Katastrophale Anbaubedingungen im letzten Jahr konnten durch einen unermüdlichen Arbeitseinsatz der Bauern, die mit modernstem Gerät ausgestattet sind, letztendlich doch noch wett gemacht werden.
Nachdem bei Baumwolle bereits die Erwartung des USDA Agricultural Outlook Forums 2009 mit 8,5 Mio. Acres um 0,4 Mio. Acres über der geschätzten Anbaufläche des National Cotton Councils lag, enthielt der Prospective Plantings Bericht mit 8,81 Mio. Acres Ende März eine nochmals höhere Anbaufläche. Wir lagen mit unserer Einschätzung im Bereich des National Cotton Councils, da wir die Bereitwilligkeit der Bauern zum Anbau von Baumwolle aufgrund der damit verbundenen hohen Inputkosten und des größeren Arbeitsaufwands in Relation zu anderen Anbauvarianten unter den gegebenen niedrigen Preisnotierungen als gering einstuften. Eine Realisierung der vom USDA erwarteten Höhe der Baumwollanbaufläche halten wir nur dann für möglich, falls die Trockenheit der Bodenverhältnisse in den Hauptanbauregionen weiterhin anhalten sollte.
Die Verwerfung des Anbaus rentablerer alternativer Anbauvarianten und eine Rückkehr zum Baumwollanbau wären dann aufgrund der Witterungsbedingungen möglich, da diese eine negativere Auswirkung auf die Anbausubstitute hätten.
© Tiberius Rohstoff-Research
Stuttgart, den 08.04.2009