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Palladium an magischer Marke

21.10.2017  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)

Palladium erreichte erstmals seit Anfang 2001 wieder die Marke von 1.000 USD je Feinunze. Erstmals seit dieser Zeit ist Palladium auch wieder teurer als Platin. Hinter dieser Entwicklung stehen gegensätzliche Trends am Automobilmarkt. Während der Absatz von Dieselfahrzeugen zusehends ins Stocken gerät, boomt die Nachfrage nach Autos mit Benzinmotor. Letzteres begünstigt die Nachfrage nach Palladium, das hauptsächlich in Autokatalysatoren von Benzinmotoren zum Einsatz kommt. Falls Palladium dauerhaft teurer als Platin bleibt, könnten Automobilhersteller versuchen, Palladium durch Platin zu substituieren.

Palladium stieg Mitte Oktober erstmals seit Februar 2001 über die Marke von 1.000 USD je Feinunze. Im Hoch kostete Palladium 1.010 USD. Die Parität zu Platin hatte Palladium schon Ende September erreicht. Mittlerweile notiert der Palladiumpreis über dem Platinpreis (Grafik 1). Palladium profitiert offenbar von einem deutlichen Anteilsgewinn von Benzinfahrzeugen in der Fahrzeugflotte in Europa.

Laut Angaben des Verbands der Europäischen Automobilproduzenten ACEA wurden in Europa schon in der ersten Jahreshälfte mehr Benziner als Diesel-Autos verkauft. Demnach sind die Verkäufe von benzinbetriebenen Autos im Jahresvergleich um fast 10% gestiegen, wohingegen die Absätze von Diesel-Autos um rund 4% zurückgingen. Und der Anteil der Diesel-Autos ist seitdem weiter gesunken. Daten von LMC Automotive zufolge lag er im Juli bei 45,1%, im August bei 42,7% und im September bei 42,5%. Im Juli 2016 lag der entsprechende Anteil noch bei mehr als 50% (Grafik 2).

Offensichtlich hält der Skandal um manipulierte Abgaswerte, die Diskussion über Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge in Innenstädten sowie um eine mögliche Abschaffung des Steuervorteils für Dieselkraftstoff die Käufer vom Erwerb eines neuen Diesel-PKW ab. Dies gilt insbesondere für Deutschland. Hierzulande wurden zwischen Januar und September noch 1,052 Mio. Diesel-Autos verkauft. Das waren 11,5% weniger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Dagegen stieg die Zahl der Neuzulassungen insgesamt im selben Zeitraum laut ACEA um 2,2% auf 2,556 Mio. Autos.

Einen vergleichbaren Absatzrückgang für Dieselautos sowohl absolut als auch prozentual gab es auch in Großbritannien, wobei dort die Brexit-Unsicherheit zusätzlich belastet haben dürfte. Denn in Großbritannien sank auch die Zahl der Neuzulassungen in den ersten neuen Monaten um 3,9%, während sie EU-weit um 3,7% stieg.

ACEA berichtete für September zwar den ersten Rückgang der PKW-Neuzulassungen in der EU seit fünf Monaten, wofür allerdings auch das rekordhohe Niveau im Vorjahresmonat verantwortlich war. Besonders betroffen waren wiederum die Dieselautos. Deren Neuzulassungen fielen in den fünf größten Absatzmärkten Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien um 13,5%, in Deutschland und Großbritannien sogar um mehr als 20%.

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Mit dem im Umkehrschluss steigenden Absatz von Autos mit Benzinmotoren nimmt auch der Bedarf an Palladium zu, das überwiegend in Benzinkatalysatoren zum Einsatz kommt. Da Benzinmotoren die Umwelt allerdings stärker belasten als Dieselmotoren, versucht man dem mit strikteren Abgasvorschriften entgegenzuwirken, die wiederum einen höheren Palladiumbedarf pro Fahrzeug bedeuten.

Der weltgrößte Verarbeiter von Platinmetallen, Johnson Matthey, erwartet daher für die nächsten fünf Jahre in Europa einen Anstieg des Palladiumbedarfs in Benzinkatalysatoren um ungefähr 15%. Der entsprechende Bedarf an Platin in Dieselkatalysatoren soll dagegen im selben Zeitraum um 10-12% fallen. Denn hier wirken sich die neuen Abgasvorschriften eher dämpfend auf den Einsatz von Platin aus.

Von den Autoabsatzmärkten in den USA und in China kommt in diesem Jahr kein Rückenwind. Diese sind stark benzinlastig und somit für Palladium ebenfalls von großer Bedeutung. In den USA lag der Fahrzeugabsatz in den ersten acht Monaten des Jahres 3% unter dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Allerdings waren die Verkäufe zuvor sieben Jahre in Folge gestiegen und hatten im Vorjahr ein Rekordniveau erreicht. Im September stieg die annualisierte Verkaufsrate dank der Neuanschaffungen von Fahrzeugen nach den Hurrikans Harvey und Irma auf ein 12-Jahreshoch.

Doch das seit Jahresbeginn aufgelaufene Minus wird dadurch kaum mehr wettgemacht. In China lag das Verkaufsplus gegenüber dem Vorjahr nach neun Monaten bei knapp 3%. Das ist eine spürbare Verlangsamung nach einem Anstieg von 15% im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Im September wurden zwar die stärksten Monatsabsätze in diesem Jahr erzielt. Das war aber auch auf Sonderfaktoren zurückzuführen, die sich nicht ohne weiteres fortschreiben lassen. Damit die kumulierte Wachstumsrate bis zum Ende des Jahres nicht in den negativen Bereich rutscht, müssten die Verkaufszahlen in den verbleibenden Monaten mindestens so hoch ausfallen wie im September.



Johnson Matthey erwartet bislang für das laufende Jahr bei Palladium das sechste Angebotsdefizit in Folge, das mit 792 Tsd. Unzen zudem recht hoch ausfallen soll. Platin soll dagegen erstmals seit sechs Jahren wieder einen Angebotsüberschuss von 302 Tsd. Unzen aufweisen (Grafik 3). Diese Zahlen könnten angesichts der divergierenden Entwicklungen bei der Nachfrage aus der Automobilindustrie sogar noch größer ausfallen, wenn Johnson Matthey im November aktualisierte Schätzungen veröffentlicht.

Die Preisentwicklung nimmt dies bereits vorweg. Der Palladiumpreis ist seit Jahresbeginn um 45% gestiegen. Platin hat sich dagegen kaum verteuert. Kostete Platin Anfang 2017 noch gut 200 USD je Feinunze mehr als Palladium, so ist es nun 60 USD billiger. Sollte Palladium dauerhaft über Platin notieren, werden die Katalysatorenhersteller wahrscheinlich versuchen, Palladium durch Platin zu ersetzen.

In Dieselmotoren könnte die in den letzten Jahren zu beobachtende Substitution von Platin durch Palladium gestoppt bzw. rückgängig gemacht werden. In Benzinmotoren könnte Palladium zumindest teilweise durch Platin substituiert werden. Dies ist allerdings kein kurzfristiger Prozess und zudem mit hohen Umrüstkosten verbunden. Die Unternehmen müssen daher sicher sein, dass Palladium über einen längeren Zeitraum teurer ist als Platin. Seit der Aufnahme des Börsenhandels von Platin und Palladium im Jahr 1987 war dies bislang nur zwischen Dezember 1999 und September 2001 der Fall. Deutlich teurer war Palladium nur zwischen Februar 2000 und Mai 2001.

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Auf einen Blick

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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