Zink: Marktausblick 2012
02.04.2012 | Sven Streitmayer (LBBW)
Zink 2011: Rote Laterne für das Legierungsmetall
Der globale Zinkmarkt verzeichnete im vergangenen Jahr erwartungsge-mäß den fünften Angebotsüberschuss in Folge. Gepaart mit den historisch hohen Lagerbeständen und einem unterdurchschnittlichen Nachfragewachstum verfügt Zink (bis heute) über die schwächsten fundamentalen Rahmenbedingungen aller börsengehandelten Industriemetalle. Ungeachtet dessen präsentierten sich die Preise des zur Galvanisierung von Stahl und anderen Werkstoffen eingesetzten Metalls im ersten Halbjahr 2011 noch vergleichsweise robust. Erst mit der im weiteren Jahresverlauf einsetzenden Verschlechterung des allgemeinen Makroufelds gerieten auch die Zinknotierungen an LME und Co. unter Druck. Per Jahresultimo 2011 markierte LME-Zink einen Preisrückgang von 25% ggü. dem Vorjahr auf rund 1.800 USD/t und war damit gemein-sam mit Zinn das Schlusslicht des Basismetallsektors.
Physische Marktlage 2012 nahezu unverändert
Vor dem Hintergrund der wieder etwas freundlicheren Konjunkturerwartungen, haussierenden Aktienmärkten und rückläufigen Krisenindikatoren haben sich die Notierungen von Zink in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres ein Stück weit erholt und pendeln derzeit um die Marke von 2.000 USD/t. Die physische Angebots-Nachfrage-Situation stellt sich 2012 aber dennoch nahezu unverändert dar. Sowohl die Entwick-lung der Börsenlager von Zink, die sich inzwischen in der Nähe ihrer Rekordstände befinden, als auch die Konstellation am Terminmarkt bestätigen dieses Bild. In der Terminkurve von Zink spiegelt sich die anhaltende Überversorgung in einer relativ ausgeprägten und hartnäckigen Contango-Situation wider.
LME-Zink auf aktuellem Niveau dennoch günstig
Gemessen am relativen Preisgefüge gegenüber den übrigen NE-Metallen, der eigenen Kurshistorie, wie auch im regionalen Vergleich mit dem chinesischen Markt erscheint LME-Zink auf dem aktuellen Niveau aber trotz der schwachen Fundamentals günstig bewertet.
Globale Zinknachfrage verliert deutlich an Fahrt
Auf der Nachfrageseite erwies sich der Zinkmarkt zuletzt weit weniger dynamisch als gemeinhin erwartet. Angesichts der exorbitanten Wachstumsraten des Vorjahrs (2010: +15%) war eine Abschwächung an sich zwar keine Überraschung. Mit einem Plus von nur 1,2% auf knapp 13 Mio. t blieb der weltweite Zinkverbrauch 2011 gemäß der Zahlen der International Lead and Zinc Study Group (ILZSG) aber deutlich unterhalb der Konsensprognosen.
Ursächlich hierfür ist in erster Linie die Abkühlung im Stahlsektor, dem mit Abstand wichtigsten Nachfrager von Zink. So drosselten die weltweiten Stahlhütten in der zweiten Jahreshälfte 2011 ihre monatliche Produktion in der Spitze um 15 Mio. t bzw. 11%. Mit Blick auf die Branchen der Endverwendung von Zink bietet sich momentan indes ein gemischtes Bild. Während die Bereiche Automotive und Hausgeräte 2012 auf weltweiter Ebene einen positiven Wachstumsbeitrag liefern sollten, dürfte der Nachfrageimpuls aus dem Baugewerbe u.E. bestenfalls neutral ausfallen.
China und USA als Wachstumstreiber im Jahr 2012
Als größter Produzent, Verbraucher und Importeur von raffiniertem Zink ist das Reich der Mitte naturgemäß der primäre Markttreiber. Im vergangenen Jahr hat die geldpolitisch induzierte Wachstumsabschwächung im Verbund mit den staatlichen Eingriffen in den Immobiliensektor auch an der Zinknachfrage der Volksrepublik seine Spuren hinterlassen. Zwar verzeichneten die Netto-Einfuhren von raffiniertem Zink mit 0,45 Mio. t noch einen leichten Zuwachs. Auf Basis der verfügbaren Daten zur heimischen Produktion (+0,8%), dem Handelssaldo (+3,6%) und der Lagerveränderung (+17%) hat der rechnerische Zink-Bedarf Chinas jedoch auf dem Vorjahresniveau von rund 5,6 Mio. t stagniert.
Für das laufende Jahr erwarten wir indessen eine moderate Steigerung der chinesischen Nachfrage, resultierend aus der Erholung der Stahlproduktion und dem Abbau von Lagerbeständen. Zu den Nachfragetreibern zählen wir auch die USA bzw. die dortige Belebung des Verarbeitenden Gewerbes. Auf globaler Ebene rechnen wir für 2012 mit einem Wachstum des Zink-verbrauchs von 3% auf knapp 13,1 Mio. t.
Minenförderung überrascht mit erneuter Steigerung
Die Angebotsseite des Zinkmarktes bietet derzeit in mehrfacher Hinsicht ein gemischtes Bild. Auf Basis der jüngsten ILZSG-Statistik legte die Minenförderung von Zink 2011 abermals um überraschend starke 6% zu und wider-legte damit die zahlreichen Auguren, die bereits für das vergangene Jahr mit der Wende in der Produktion von Erzen und Konzentrat gerechnet hatten. Ganz anders die Situation auf Raffinerieebene: Hier schmolz das Angebots-wachstum von den historischen 14% in 2010 auf nur noch 2% (13,1 Mio. t) im vergangenen Jahr ab. Der Rückgang ist u.E. Ausdruck der schwachen Nachfrage und des Margendrucks bei den Zinkhütten.
Ende des Angebotsbooms in Sichtweite
Wenngleich die Daten bislang noch keine klare Trendwende erkennen las-sen, sind die Zeiten ungebremster Angebotsexpansion am Zinkmarkt u.E. vorbei. Ein starker Hinweis hierauf ist die Tatsache, dass der Ausbau der Hüttenkapazität in China zuletzt völlig unerwartet zum Stillstand gekommen ist.
So lag auch die Raffinerieproduktion der Volksrepublik 2011 bei rund 5,6 Mio. t und damit nahezu auf Vorjahreshöhe. Im Zeitraum 2004 bis 2010 war der Zinkoutput Chinas noch jährlich um durchschnittlich 13% gestiegen. Neben den bekannten Problemen der alternden Minenstruktur - nach wie vor steht mittelfristig eine ganze Reihe namhafter Minenschließungen nur wenigen Neuprojekten oder Erweiterungsinvestitionen gegenüber - dürfte das Angebotswachstum auch durch das, gemessen an den Grenzkosten (ca. 1.900 USD/t) niedrige Preisniveau gebremst werden. Dementsprechend gehen wir für 2012 von einem erneut relativ schwachen Wachstum der globalen Raffinrieproduktion i.H.v. etwa 2% auf 13,3 Mio. t aus.
Rekordhohe Lagerbestände reflektieren Überschuss
Die Lagersituation von Zink spiegelt die Jahre lange Überversorgung mustergültig wider. Allein die börsenregistrierten Bestände von LME und Shanghai Futures Exchange (SHFE) sind seit 2007 von unter 100 Tsd. t auf aktuell rund 1,3 Mio. t um das 14fache angewachsen. Dies entspricht etwa 10% der weltweiten Jahresnachfrage von Zink und ist nach Aluminium der höchste Lagerüberhang aller großen NE-Metalle. Ähnlich wie bei dem Leichtmetall ist die tatsächliche Verfügbarkeit der Börsenbestände von Zink gleichwohl weit niedriger als dies die Lagerstatistik vermuten lässt. Ursächlich hierfür ist der hohe Anteil des in Finanzierungsdeals (so genannten Cash and Carry-Transaktionen) gebundenen Materials sowie die starke regionale Konzentration der Bestände auf die USA (54%) und Asien (42%).
Fazit
Der Zinkmarkt befindet sich unserer Einschätzung nach am Beginn einer längeren Umbruchphase. Im laufenden Jahr wird die fundamentale Angebots-Nachfrage-Situation abermals von einem erneuten Marktüberschuss und den erdrückend hohen Lagerbeständen geprägt sein, was das Preispotenzial kurzfristig nach oben begrenzt. Nach unten ist der preisliche Spielraum infolge der Nähe zu den Produktionskosten jedoch ebenfalls gering. In den Folgejahren ist aufgrund des nachlassenden Angebotswachstums indes mit klar rückläufigen Überschüssen und trendmäßig steigenden Notierungen zu rechnen. Im Jahresmittel 2012 erwarten wir LME-Zink Cash bei 2.190 USD/t und somit in etwa auf Vorjahresniveau.
© Sven Streitmayer
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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