Edelmetalle Aktuell
29.06.2011 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach (Heraeus)
Gold
Nur selten in den letzten Monaten dürfte das Gold in einer ähnlich unsicheren Lage gewesen wie im Moment. Die Ursache dafür ist, dass das Metall aktuell zwischen zwei Polen hin– und hergerissen wird. Auf der einen Seite hat sich an den fundamentalen Problemen der Finanz- und Schuldenkrise mit allen ihren verschiedenen Aspekten nichts geändert und dies ist weiterhin sicher positiv für den Goldpreis.
Negativ Faktoren gibt es aber auch, dies sind zwischenzeitlich immer wieder aufkeimende Hoffnungen auf Fortschritte bei der Lösung der Schuldenkrise in Griechenland; ein gegenüber dem Euro festerer Dollar (was ja eigentlich das Gegenteil von Punkt 1 suggeriert) und ein - wegen wachsender Konjunktursorgen - fallender Ölpreis.
Die so unterschiedlichen Einflussfaktoren dominieren dabei den Goldpreis zu unterschiedlichen Zeiten beinahe nach Belieben. Zu Beginn des Berichtszeitraumes waren es die für den Goldpreis positiven Faktoren, welche die Oberhand gewannen: Angst vor einem Scheiteren der Rettungsbemühungen für Griechenland sorgten für einen kräftigen Wiederanstieg der Notierung auf über 1.555 $ je Unze, damit verfehlt das Metall das bisherige Allzeithoch nur um rund 20 $ je Unze.
An diesen schlossen sich kurz vor dem vergangenen Wochenende dann aber crash-artige Verluste an. Die gewonnene Vertrauensabstimmung der griechischen Regierung im Parlament war dabei eine Ursache für die plötzliche Goldschwäche, die überraschende Freigabe von Ölreserven in Höhe von 60 Millionen Fass durch die Internationale Energieagentur (IEA), die zu einem massiven Einbruch des Ölpreises führte, eine andere.
Auf dem Weg nach unten durchbrach das Gold auf den Charts eine wichtige Unterstützungslinie bei 1.525 $, was weitere Abgaben auslöste. Am Ende hielt auch die Marke von 1.500 $ nicht, erst bei 1.490 $ kam der Einbruch zum stehen.
Dieser für potentielle Käufer deutlich attraktivere Preis in Verbindung mit neuen Unsicherheiten rund um das schuldengeplagte Griechenland führte in den letzten 48 Stunden zumindest in Deutschland zu einem deutlichen Anstieg der Nachfrage nach physischen Gold.
Gekauft werden von Anlegern aktuell vor allem Barren von einer Unze an aufwärts bis zu einem Gewicht von 250 g, sowie bei den Münzen vor allem der Krügerrand. Aus dem starken Interesse an der südafrikanischen Münze schlossen Händler übrigens, dass es sich bei den aktuellen Käufern eher um Neulinge bzw. Wiedereinsteiger in Sachen Goldinvestments handelt, denen aus der Geschichte heraus vor allem diese Münze bekannt ist.
Aktuell ist die Versorgungslage bei den Barren weiterhin gut, sollte sich die Investorennachfrage in der nächsten Zeit aber noch einmal deutlich verstärken - z.B. nach neuen schlechten Nachrichten vom Peleponnes - könnte es sehr schnell auch wieder zu Lieferzeiten kommen.
Nicht ganz taufrisch, aber immer noch aktuell sind Meldungen, nach denen die mexikanische Zentralbank auch im April wieder auf der Käuferseite gestanden hat. Sie erhöhte die schon im März von sechs auf über 100 Tonnen deutlich vergrößerten Reserven im vorletzten Monat um weitere sechs Tonnen. Die davor getätigten Käufe waren die drittgrößten Goldkäufe eines Landes in der vergangenen Dekade gewesen.
Was die weiteren Aussichten angeht, sehen wir trotz des jüngsten Rückschlags keinen Grund die langjährige Goldhausse für beendet zu erklären. Zu unsicher präsentiert sich dazu die aktuelle Lage auf den Weltfinanzmärkten. Größere Rückschläge, die sich im Rahmen der normalen Volatilität der Kurse trotzdem immer wieder ereignen können, sollten deshalb von industriellen Verbrauchern und Investoren gleichermaßen als Einstiegsmöglichkeit gesehen werden. Beim Gold wäre eine solche bei Preisen zwischen 1.440 $ und 1.460 $ gegeben, in diesem Preisband liegt die nächste charttechnische Unterstützungszone.
Silber
Charttechnisch hat auch das Silber in den letzten Tagen einen herben Rückschlag erlitten. Das Metall folgte nach anfänglichen Kursgewinnen dem Gold auf dem Weg nach unten und durchbrach diesmal - anders als beim Mai-Crash - bei 34,70 $ den seit August letzten Jahres andauernden Aufwärtstrend!
Die Notierung fiel danach weiter auf nur noch 33,40 $ zurück, es war der tiefste Kurs seit deutlich über einem Monat. In den letzten Stunden gab es dann zwar wieder eine Erholung, nicht zuletzt, weil der Goldpreis nach seinem vorherigen Einbruch nun wieder mit der 1.500er-Marke flirtete. Mittelfristig ist das weiße Metall aber noch nicht aus dem Schneider und wenn sich Befürchtungen hinsichtlich eines neuerlichen Einbrechens der Weltkonjunktur bewahrheiten sollten, könnte das Silber durchaus noch mehr negative Schlagzeilen produzieren. Das könnte u.U. sogar passieren, wenn das Gold gleichzeitig in seiner Funktion als Krisenmetall wieder in Richtung Allzeithoch klettern sollte. Allerdings ist auch in einem solchen Fall nicht mit einem dramatischen Auseinanderdriften der Kursentwicklung der beiden Metalle zu rechnen: Ein Silberpreis von 20 $ bei einem Goldpreis von 1.600 $ erscheint zum Beispiel aus jetziger Sicht äußerst unwahrscheinlich.
Zwei Faktoren müssen allerdings stets im Auge behalten werden. Dies sind zum einem die Bestände bei den ETFs. Diese haben sich in der vorletzten Woche negativ entwickelt; in den letzten acht Tagen waren sie dann stabil. Massive Abgaben könnten hier das Bild rasch zu Ungunsten des Silbers drehen. Der zweite Punkt ist die industrielle Nachfrage, die in einigen Bereichen in den letzten Wochen im Vergleich zu den ersten Monaten dieses Jahres deutlich rückläufig war. Dazu kommt, dass nun in wichtigen Industrieländern die Sommerferienzeit ansteht, was die Nachfrage aus diesem Bereich zusätzlich hemmen dürfte.
Platin
Das Platin hat in den letzten beiden Wochen deutlich an Glanz verloren. Angst vor einem Rückgang des industriellen Verbrauchs nach schlechten Konjunkturdaten in den USA; zunehmende Ängste hinsichtlich der Nachhaltigkeit des chinesischen Wirtschaftswunders (siehe Links auf Seite 4) und die Angst vor einem Rückgang der Nachfrage in Europa als Folge der Schuldenkrise sorgten seit Mitte des Monats gemeinsam für einen kontinuierlichen Preisrückgang. Dieser brachte gestern mit einem Preis von nur noch 1.660 $ je Unze das - von einem kurzlebigen Einbruch im März auf 1.654 $ abgesehen - tiefste Preisniveau seit November des vergangenen Jahres.
Kurzfristig muss jetzt erst einmal die Marke von 1.650 $ halten. Sollte dies nicht gelingen, läge das nächste Kursziel dann bei 1.620 $ je Unze.
In den letzten Stunden konnte sich der Platinpreis erst einmal wieder etwas Luft verschaffen, dafür ist neben Schnäppchenjägern aus dem Spekulantenlager vor allem industrielle Nachfrage mit verantwortlich gewesen. Dabei handelte es sich allerdings nicht um Eindeckungen eines momentan ansteigenden Bedarfs, sondern um Kurssicherungen in Form von Termingeschäften, die schon jetzt zum Teil den zukünftigen Verbrauch von mehreren Jahren vorwegnehmen.
Noch ist es zu früh, deshalb dem Platin eine dem Rhodium vergleichbare Situation vorherzusagen, aber ganz sicher werden sich die jetzigen Kurssicherungsgeschäfte in Zukunft auch langfristig preisdämpfend auswirken. Der Industrie ist dieser Umstand sicher nicht unrecht, verringert sie damit durch ihr azyklisches Agieren insgesamt die Volatilität auf dem Platinmarkt.
Rhodium versucht ja z.B. seit Monaten ohne Erfolg, die Marke von 2.250 $ nachhaltig zu übersteigen und scheitert nicht zuletzt deshalb regelmäßig, weil vor allem die Autoindustrie nennenswerte Teile ihres zukünftigen Bedarfs in den letzten Jahren kursgesichert hat und aktuell für diese Mengen dann jeweils als Nachfrager ausfällt.
Infolge der vorläufigen Rückkehr des Preises in die Region von 1.700 $ je Unze haben sich industrielle Endverbraucher heute Nachmittag allerdings erst einmal wieder zurückgehalten. Sollte der Preis deshalb einen neuen Anlauf nach unten unternehmen, empfehlen wir, über zusätzliche Kurssicherungsgeschäfte nachzudenken.
Die längerfristig orientierten Investoren standen trotz des Preisverfalls zuletzt eher an der Seitenlinie. Sowohl bei den ETFs, wie auch bei Barren gab es keine große Nachfrage, offensichtlich überwiegt hier im Moment eine gewisse Skepsis bezüglich der Zukunftsaussichten für das weiße Metall.
Palladium
Das Palladium musste am Ende in den vergangenen zwei Wochen ebenfalls deutliche Verluste hinnehmen. Von fast 800 $ je Unze fiel es dabei um über 10 Prozent auf zeitweise weniger als 720 $ zurück. Die Ursachen für den Rückgang sind die gleichen wie bei Platin und zum Teil bei Silber: USA, China, Südeuropa.
Im Gegensatz zu Platin gab es bei Palladium auf dem Weg nach unten in der Mitte der vergangenen Woche wenigstens eine kurzzeitige Gegenreaktion, als Nachrichten über die gewonnene Vertrauensabstimmung der griechischen Regierung kurzzeitig Hoffnung hinsichtlich der Lage auf den Finanzmärkten aufkeimen ließen. Dies katapultierte den Preis vorübergehend noch einmal auf 775 $ je Unze.
Bei dem anschließenden Einbruch des Ölpreises (siehe rechts) kurz vor dem vergangenen Wochenende wurde dann aber auch das Palladium wieder in Sippenhaft genommen und das Metall fiel auf den eingangs schon erwähnten Tiefststand zurück.
Anders als beim Platin hält sich die Industrie mit Absicherungsgeschäften zurück. Wahrscheinlich ist mit Blick auf den langjährigen Durchschnitt auch das jetzt erreichte Preisniveau vielen Endabnehmern immer noch zu hoch. Dass im Moment zusätzlich noch die physische Nachfrage einen Gang zurückgeschaltet hat, hilft nicht gerade und zeigt sich nicht zuletzt an der Normalisierung der Lage bei den Aufschlägen für Palladiumschwamm, die in letzter Zeit wieder gesunken sind.
Rhodium, Ruthenium, Iridium
Der Anfang des Monats neu aufgelegte Rhodium-ETC der Deutschen Bank ist langsam, aber stetig weiter auf Erfolgskurs. In den letzten beiden Wochen hat das Investoreninteresse fast zu einer Verdoppelung der offenen Positionen geführt, die jetzt bei etwas über 8.000 Unzen (ca. 250 kg) liegen. Dies entspricht etwa einer Produktionsmenge von vier Tagen in den südafrikanischen Bergwerken.
Dass dieser Anfangserfolg so reibungslos im Markt platziert wurde, zeigt auch, dass von industriellen Marktteilnehmern geäußerten Befürchtungen dahingehend, dass das Investmentprodukt eine Bedrohung für die Preisstabilität beim Rhodium darstellen könnte, sich erst einmal nicht bewahrheitet haben. Da der Rhodiummarkt aber sehr eng ist, können zukünftige, auch unangenehme Überraschungen sowohl für Investoren, wie auch für industrielle Verbraucher nicht ausgeschlossen werden.
Der Rhodiumpreis hat sich trotz der Nachfrage nach dem ETC sehr ruhig entwickelt; der Preis liegt weiter unter der Marke von 2.000 $ je Unze.
Keine Veränderungen gab es den anderen beiden kleinen Platinmetallen: Ruthenium liegt bei 170 $ - 180 $, Iridium bei 1.025 $ - 1.075 $ je Unze.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
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