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Edelmetalle Aktuell

11.02.2011  |  Wolfgang Wrzesniok-Roßbach (Heraeus)

Gold

Der Goldpreis verlor nach der Abfassung unseres letzten Berichts noch einmal deutlich an Wert und sank dabei innerhalb von Stunden auf nur noch 1.308 $ je Unze. Dies war der tiefste Stand seit Ende September. Verantwortlich für den Rückgang waren positive Wirtschaftsdaten aus den USA, die darauf schließen ließen, dass es der US-Industrie im 4. Quartal wieder deutlich besser ging, wenn auch nicht ganz auf dem Niveau, das von Analysten erwartet worden war.

Eine Erholung der US-Wirtschaft und damit verbunden auf längere Sicht höhere Dollar-Zinsen sind aus der Sicht institutioneller Anleger in den USA Gift für den Goldpreis, da das Metall in einer solchen Situation seine Rolle als Krisenmetall nicht ausspielen kann. Die Skepsis dieser Anlegergruppe zeigt sich auch am deutlichen Rückgang der Bestände bei den Gold-ETFs. Die Anlagen im bedeutendsten aller ETFs, dem SPDR Gold Trust waren nach der Abfassung unseres letzten Berichts auf “nur“ noch 1.224 Tonnen gesunken. Dies waren fast hundert Tonnen weniger als der Höchststand im Juni letzten Jahres und die niedrigsten Bestände seit acht Monaten. Auch handelte es sich bei den Verkäufen im Januar um die höchsten monatlichen Abgaben seit April 2008 und das zweitgrößte Minus innerhalb von vier Wochen seit der Auflegung dieses Fonds überhaupt. In den letzten zehn Tagen haben sich die Bestände dann zwar wieder leicht erholt, über 1.230 Tonnen konnten sie dabei aber nicht klettern.

Private Anleger nicht nur in den USA, sondern auch in Asien und Europa haben hinsichtlich der aktuellen Lage auf den Wirtschafts– und Finanzmärkten offensichtlich eine etwas andere Sichtweise als die institutionellen Marktteilnehmer. Sie stehen weiter massiv auf der Käuferseite, sei es aus Angst vor Inflation oder wegen befürchteter Verwerfungen auf den internationalen Währungsmärkten. Allerdings setzen diese Käufer nicht auf börsengehandelte Produkte wie ETFs oder Zertifikate, sondern auf den direkten Zugriff auf das physische Metall. Entsprechend hält die Nachfrage nach Investmentbarren z.B. in Deutschland unvermindert an. So gut wie alles, was in diesem Jahr bisher an Barren produziert werden konnte, wurde vom Markt unmittelbar aufgesogen. Und das, obwohl die Produktion inzwischen wieder an sechs Tagen in der Woche in einem Dreischichtbetrieb läuft. Gefragt sind in Deutschland vor allem die größeren Barren mit einem Gewicht von einer Unze an aufwärts. Davon, dass der Goldpreis durch die starke physische Nachfrage am Ende nicht nur gegen Dollars wieder stieg, sondern auch auf Euro-Basis teils wieder über 1.000 € je Unze notierte, haben sich die Anleger hierzulande nicht abschrecken lassen.

Über ein ähnliches Umfeld berichten auch unsere Kollegen aus Hongkong. Dort sind vor allem Kilo-Barren gefragt, aber auch kleinere Stückelungen. Die Aufgelder für Investmentbarren in Asien haben in den letzten Tagen den höchsten Stand seit 2004 erreicht.

Wie immer in solchen Momenten ist es wohl wichtig, darauf hinzuweisen, dass gestiegene Aufgelder und längere Wartezeiten bei der Lieferung von bestellten Investmentbarren kein Zeichen einer allgemeinen Knappheit von Gold sind. Das Nadelöhr sind derzeit einmal mehr die Produktionskapazitäten für diese Art Barren. Gold in Rohform, sei es in Form von Granalien oder auch Standardbarren ist weiterhin mehr als ausreichend verfügbar.

Der Absatz in die Schmuckindustrie in Asien - traditionell wichtiger, wenn nicht wichtigster Absatzmarkt für Gold - sieht derzeit übrigens nicht allzu positiv aus. Das Ende des chinesischen Neujahrsfestes hinterlässt nach Meinung unserer Kollegen in Asien hier offensichtlich seine Spuren, die zumindest im Moment aber durch die immense Investmentnachfrage kaschiert werden können.

Der oben schon erwähnte Wiederanstieg des Goldpreises aufgrund der physischen Nachfrage brachte in den letzten Tagen dann wieder Kurse von über 1.360 $ je Unze. Neben Gründen wie Inflationsangst und allgemeinen Zweifeln über die weiteren Währungsentwicklungen haben dabei sicher auch die Unruhen in diversen arabischen Ländern in Verbindung mit dem höheren Ölpreis einen Beitrag geleistet.

Langfristig betrachtet notiert das Metall trotz des anfänglichen Rückschlags Ende Januar ohnehin auf einem immer noch sehr hohen Niveau. Und dieses scheint nun endgültig auch auf die Neuproduktion beim Gold durchzuschlagen: Nachdem die Ausbringung ja schon in den letzten beiden Jahren leicht gestiegen war, häuften sich in dieser Woche die Meldungen über weitere geplante Produktionssteigerungen.

So wurde aus Brasilien berichtet, dass die Regierung langfristig auf eine Verdreifachung der Goldproduktion hinarbeiten wolle. Newmont, größter Goldproduzent der Welt, möchte dagegen die Ausbringung in seinen afrikanischen Minen bis 2015 auf 1,2 Mio. Unzen verdoppeln. In Russland soll die Produktion nach einem kleinen Rückgang um 1,4% im letzten Jahr jetzt ebenfalls wieder ansteigen.

Und auch im weltweit größten Produzentenland - China - steigt die Ausbringung: Wie die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua mitteilte, wurden im Jahr 2010 rund 341 Tonnen Gold produziert, dies war ein Plus von fast 9% im Vergleich zum Vorjahr. Trotz der Steigerung reichte diese Menge aber nicht aus, den lokalen Goldhunger zu befriedigen und die Importe nach China versechsfachten sich alleine in den ersten 10 Monaten des letzten Jahres auf 210 Tonnen.





Silber

Der Silberpreis setzte seinen Abwärtstrend anfangs zwar noch fort, konnte aber schon am Tag nach der Abfassung unseres letzten Berichts eine vorläufige Trendwende vollziehen. Bis gestern legte er im Kielwasser des Goldpreisanstiegs dann kontinuierlich zu und erreichte am Ende sogar wieder Notierungen von deutlich über 30 $ je Unze. Am Ende kam es zu leichten Gewinnmitnahmen, trotzdem liegt der Preis aktuell noch immer über der psychologisch wichtigen 30er-Marke.

Die unabhängig von den Tagesschwankungen insgesamt hohen Silberpreise der letzten Wochen haben offensichtlich den einen oder anderen Produzenten veranlasst, Terminabsicherungsgeschäfte vorzunehmen. Jedenfalls halten sich entsprechende Gerüchte hartnäckig am Markt und Verkaufsbeträge von über 100 Mio. Unzen (und damit rund 15% einer Weltjahresproduktion) werden in diesem Zusammenhang von Beobachtern kolportiert. Eine Überraschung wäre ein solches Verhalten der Produzenten nicht. Der Silberpreis ist in den letzten Monaten dramatisch angestiegen und gerade für jene Produzenten, bei denen das Silber nur ein Beiprodukt ist - und deshalb mit keinen oder nur marginalen Kosten zu Buche schlägt - sollten die aktuellen Kurse auch langfristig mehr als attraktive Verkaufskurse sein.

Ein Resultat dieser vermutlichen Vorabverkäufe sind wohl auch die gestiegenen Zinsen für Silber, die dazu führen, dass Silberkäufe auf Termin auf Dollar-Basis derzeit keine oder höchstens nur geringe Aufschläge haben.

Was den Nachfrageboom bei den Investmentbarren angeht, ist dieser auch beim Silber zu beobachten. Die Produzenten können aktuell mit der Nachfrage ebenfalls kaum Schritt halten und es kommt bei einzelnen Barrengrößen weiter zu Wartezeiten.

Im Gegensatz dazu ist wie beim Gold das Engagement der Investoren in ETFs rückläufig. Alleine in der letzten Woche fielen die Bestände um fast 3 Mio. Unzen. Der bedeutendste Silber-ETF, i-Shares Silver Trust, ist zwischenzeitlich auf 10.370 Tonnen und damit auf den niedrigsten Stand seit November gefallen.

Dieser Rückgang wurde aber - anders als beim Gold - durch Käufe an der New Yorker Terminbörse mehr als kompensiert. Hier nahmen letzte Woche die Bestände um mehr als 6 Mio. Unzen zu.


Platin

Das Platin folgte in den letzten beiden Wochen im Großen und Ganzen den Vorgaben von Gold und Silber. Dies führte zu einem anfänglichen Rückschlag, der dem Metall beinahe ein neues Jahrestief bescherte und eine anschließende, deutliche Erholung. Diese brachte das Platin wieder in Richtung der Marke von 1.900 $ und damit sogar auf den höchsten Stand der letzten zweieinhalb Jahre.

Anders als beim Gold und teilweise auch beim Silber war der Anstieg zumindest zu einem Teil den unterschiedlichen Investorengruppen geschuldet. So gab es kleinere positive Veränderungen bei den ETF-Positionen (aber immerhin einen neuen Höchststand) und auch eine geringe Zunahme bei den Pluspositionen an den internationalen Terminbörsen. Investmentbarren sind dagegen durch das relativ hohe Aufgeld und die für sie zu erhebende Mehrwertsteuer kein besonders populäres Produkt.

Trotz der zunehmenden Autoverkaufszahlen in praktisch allen Märkten ist übrigens die industrielle Nachfrage eher kein Grund für den Preisanstieg gewesen. So handelt Platinschwamm derzeit mit einem Abschlag von rund 3 $ je Unze, was zeigt, dass mehr als ausreichend Material zur Verfügung steht.

Der vergangene Monat brachte aber erste Hinweise darauf, dass diese Situation möglicherweise nicht das ganze Jahr über anhalten wird. So gab es eine Reihe von Meldungen über die Verkäufe der Autoindustrie im Januar. Und die ersten Zahlen sahen nicht allzu schlecht aus: In Deutschland wurden letzten Monat 211.000 PKWs neu zugelassen, das waren fast 17 Prozent mehr als vor einem Jahr. Interessant war, dass der Dieselanteil wieder bei 48 Prozent gelegen hatte und sich damit langsam dem Niveau von vor der Wirtschafts– und Finanzkrise nähert. In eine ähnliche Richtung marschierte auch der natürlich viel kleinere österreichische Markt. Hier lag der Dieselanteil im Januar sogar bei fast 60 Prozent und damit ein ganzes Drittel höher als im Vergleichsmonat 2010. Eine neue Rekordmarke bei den Autoverkäufen gab es außerdem in Indien; mit immerhin 184.000 Neuzulassungen lagen die PKW-Verkäufe hier auf einem neuen Allzeithoch.

Und auch die Amerikaner haben sich von deutlich höheren Spritpreisen und teils meterhohem Schnee nicht von Autokäufen abhalten lassen. 820.000 verkaufte PKWs und SUVs bedeuten gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 17 Prozent. Allerdings wurde damit das Vorkrisenniveau noch immer deutlich verfehlt: Im Januar 2008 konnten die Autohersteller in den Staaten noch 1 Mio. Autos absetzen.

Für die nächsten Wochen erwarten wir beim Platin ein Fortdauern des eher nach oben gerichteten Preistrends. Dabei dürfte sich das Metall zunächst in einem Band zwischen 1.810 $ und 1.920 $ je Unze bewegen. Falls die untere Marke nicht wie erwartet halten sollte, würde der Tiefstkurs der vorletzten Woche die nächste Zielmarke bilden. Spätestens hier sollten industrielle Verbraucher dann aber darüber nachdenken, einen Teil ihres zukünftigen Bedarf mit Hilfe von Termingeschäften einzudecken.





Palladium

Das oft im Schatten seiner bekannteren Schwestermetalle stehende Palladium legte in den letzten beiden Wochen weiter deutlich zu. Rückschläge, die - wenn sie überhaupt auftauchen - nicht aus eigenem Antrieb geschehen, sondern weil die anderen Metalle die Richtung mal wieder vorgeben, fallen dieser Tage eher verhalten aus.

Am Ende erreichte das weiße Metall gestern Morgen einen Preis von fast 840 $ je Unze und damit den höchsten Stand der letzten zehn Jahre!

Für den Anstieg sind eine Vielzahl von fundamentalen Gründen verantwortlich, die an dieser stelle ja schon des Öfteren beschrieben wurden: Hohe Autoverkaufszahlen in diversen Märkten, die Benzinmotoren bevorzugen und rückläufige staatliche Verkäufe aus Russland sind da unserer Ansicht nach nur die beiden Hauptgründe.

Diese Situation bleibt natürlich auch Spekulanten und Investoren nicht verborgen, und so wundert es nicht, dass sowohl die ETF-Bestände steigen, als auch dass sich die offenen Pluspositionen an den Terminbörsen wieder nach oben entwickelten.

Auf der industriellen Seite unterstreicht der Aufschlag auf den Londoner Preis in Höhe von 3 Dollars für Schwamm, dass das Metall derzeit gesucht ist.

Ob die Preisentwicklung ungebremst weitergehen kann, bleibt abzuwarten, sicher wird es auch mal zu Rückschlägen durch Gewinnmitnahmen kommen. Diese sollten von industriellen Verbrauchern aber auf jeden Fall für das Aufstocken ihrer Vorräte genutzt werden.


Rhodium, Ruthenium, Iridium

Die “kleinen“ Platinmetalle haben sich wieder einmal unterschiedlich entwickelt. Nichts scheint derzeit das Iridium stoppen zu können, das inzwischen bei 900 $ je Unze und damit längst auf einem neuen Allzeithoch notiert. Nachfrage kommt im Prinzip von allen Seiten und aktuell scheint das Angebot nicht auszureichen, um einen weiteren Preisanstieg verhindern zu können. Erste Prognosen sprechen bereits von vierstelligen Preisen; eine echte Überraschung wäre dies angesichts der aktuellen Lage nicht.

Etwas mehr Nachfrage gibt es auch beim Ruthenium, allerdings steht hier noch immer ausreichend Material zur Verfügung, so dass sich der Preis bisher nicht von der Marke von 180 $ je Unze wegbewegt hat.

Trotz guter Autoabsatzzahlen liegt das Rhodium weiter bei 2.500 $ je Unze und tritt damit auf der Stelle. Hier dürfte eine Rolle spielen, dass Autohersteller in den letzten beiden Jahren größere Vorräte zu günstigen Preisen eingekauft haben und von daher im Moment ein Teil der Nachfrage schlichtweg fehlt.


© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH





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