Edelmetalle Aktuell
20.12.2010 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach (Heraeus)
Gold
Vorwärts immer, rückwärts nimmer. Ganz so einfach wie in diesem Zitat eines von der Geschichte längst weggefegten Politikers ist die Welt nach den Erfahrungen der letzten beiden Wochen dann auch für das Gold nicht. Davon allerdings, dass einen die momentane Situation des gelben Metalls an die Spätphase der DDR erinnern würde, kann auf der anderen Seite aber auch keine Rede sein: Immerhin hatte es das Metall zu Beginn des Berichtszeitraumes einmal mehr geschafft, ein neues Allzeithoch zu erreichen. Die Ursachen für diesen Erfolg sind dieselben gewesen, die schon in den letzten Monaten und Jahren immer wieder für neue Rekordpreise sorgten: Zu viel Liquidität auf den Finanzmärkten; die andauernden Probleme mancher Banken; die Schuldenkrise in etlichen Ländern; niedrige Kapitalmarktzinsen; aber natürlich auch hausgemachte Dinge wie ein gesunkenes Goldangebot von Zentralbanken; Rückkäufe von alten Terminsicherungsgeschäften durch Minen und der hohe, aber eben jenseits seines Zenits liegende Anfall an Altgold bilden die Rezeptsammlung für die sich seit Jahren positiv entwickelnden Goldnotierungen.
Trotzdem, manchmal geht es bei aller Euphorie auch mal rückwärts und so liegt der Goldpreis heute Nachmittag nicht nur 60 $ unter dem am 7. Dezember erreichten Höchstkurs, sondern auch sogar 10 $ unter dem Kursniveau zum Zeitpunkt der Abfassung unseres letzten Berichts.
Bevor es zu dieser Abkühlung kam, hatte der Goldpreis kurzzeitig bei 1.431 $ je Unze notiert. Einen Rekord gab es dabei aber nicht nur gegen Dollar, sondern auch gegen viele andere Währungen wie Yen, britische Pfund und Euro. In der heimischen Währung stellen die aktuellen Preise das jahrzehntelang gültige Hoch von 1980 weit in den Schatten. Das vor der momentanen Haussephase höchste jemals festgestellte Frankfurter Goldfixing (sowas gab‘s mal!) hatte am 21.1.1980 bei 46.530 DM für ein Kilo gelegen; die 34.688 Euro (67.844 DM) am 7. Dezember dieses Jahres lagen naturgemäß weit darüber.
Ein paar wenige Meldungen gab es in den letzten 14 Tagen auch aus dem Zentralbankcamp. So verkündete die EZB, dass eine Mitgliedsbank eine knappe Tonne Gold verkauft habe. Die Iren in i(h)rer Finanznot waren es wohl nicht: Sie haben insgesamt nur noch 6 Tonnen Gold auf der hohen Kante und belegen damit Platz 75 in der Weltrangliste, etliche Plätze hinter Ländern wie El Salvador und den Niederländischen Antillen.
Das World Gold Council teilte übrigens Anfang Dezember mit, dass im Rahmen des Goldabkommens der europäischen Zentralbanken in dem seit September laufenden Verkaufsjahr insgesamt erst 20,4 Tonnen Gold verkauft worden seien. Und davon sei der größte Teil (19,4 Tonnen) auch noch vom Internationalen Währungsfonds gekommen, der gar kein Unterzeichner des ursprünglichen Zentralbankabkommens ist, sondern nur einen Teil seiner Verkaufsquoten übernommen hat. Die Abgaben des IWF gehen derzeit stetig zurück, auch weil von den ursprünglich zum Verkauf stehenden 403,3 Tonnen nur noch rund 30 Tonnen übrig sind. Derzeit deutet alles darauf hin, dass die weltweiten Zentralbanken in diesem Jahr trotz der IWF-Abgaben zum ersten Mal seit Jahrzehnten per Saldo wieder auf die Käuferseite gewechselt sind. Für den Goldmarkt ist dieser Umstand sicher ein besonderer Meilenstein.
Nicht nur Zentralbanken kaufen, auch der indische Markt zeigt gegenüber dem Vorjahr trotz hoher Preise Erholungstendenzen: Im November importierte das Land 34 Tonnen Gold und damit 10 Prozent mehr als 2009. Für die Monate von Januar bis November errechnen Marktbeobachter für Indien Goldimporte in Höhe von 310,3 Tonnen. Damit dürften bis zum Jahresende - wenn auch nur knapp - die Einfuhrmengen des Vorjahres übertroffen werden. Verglichen mit den Rekordmarken vergangener Jahre (2007: 759 Tonnen und 2008 immerhin noch 420 Tonnen) liegen die Importe der einstigen Gold-Supermacht aber noch immer auf einem ziemlich niedrigen Niveau.
Viel mehr Gold als in den letzten Jahren wird in diesem Jahr wohl nach China importiert werden. Schätzungen gehen derzeit von weit über 200 Tonnen aus, das ist viermal mehr als 2009. Dies ist besonders bemerkenswert, da China im Gegensatz zu Indien ja auch noch ein bedeutender Goldproduzent ist und der lokale Gesamtabsatz deshalb umso höher liegt.
Ob dies in Zukunft so bleibt, muss abgewartet werden: Wie das Handelsblatt berichtete, sei nämlich für das kommende Jahr in China eine restriktivere Geldpolitik vorgesehen.
Dies hätte das oberste Kontrollorgan des chinesischen Staates mitgeteilt. Ökonomen werten das als Ankündigung von Zinserhöhungen durch die Zentralbank. Die gleiche Maßnahme fordern auch schon IWF-Forscher zur Bekämpfung der lokalen Immobilienblase. Höhere Zinsen und der damit aufgenommene Kampf gegen inflationäre Tendenzen könnte bedeuten, dass im nächsten Jahr das Geld für Goldkäufe in China nicht mehr so locker sitzt.
Als Anfang 2009 in China die weltweite Wirtschaftskrise akut wurde, so die Analyse des Handelsblatts weiter, hätte die Regierung das Land zunächst noch mit Liquidität überschwemmt. Es sei Peking damit gelungen, die Krise auf eine kleinere Wachstumsdelle zu beschränken. China gelte nun zwar als Retter des weltweiten Wachstums - doch zu einem hohen Preis. Ein Konjunkturprogramm in Höhe von 450 Milliarden Euro wurde flankiert von Zinssenkungen und Vergabe von Bankkrediten in Höhe von inzwischen zwei Billionen Euro. Von Anfang an hätten Ökonomen gewarnt, dass so viel billiges Geld auch in falsche Kanäle fließen könnte. Auf der Suche nach guter Rendite sei deshalb viel Kapital auf dem Immobilienmarkt gelandet und einiges davon dürfte auch in Rohstoffspekulationen, darunter in Goldkäufe geflossen sein.
Ein möglicher Rückgang der Goldkäufe in China ficht die Investoren in Deutschland bisher nicht an. Sie haben, was Münzen und Barren betrifft, kurz vor Weihnachten die Regale der Banken und Edelmetallhändler erst einmal leer gekauft. Da Produktion und Auslieferungen nun durch die Weihnachtsfeiertage etwas langsamer laufen, dürfte es für neue Kaufinteressenten erst einmal zu Wartezeiten kommen. Diese werden im neuen Jahr dann aber sicher rasch abgebaut sein.
Silber
Das Silber entwickelte sich weitgehend parallel zum Gold, wie üblich aber wieder mit in der Regel größeren prozentualen Ausschlägen.
Begonnen hatte das Metall im Berichtszeitraum mit 27,54 $ je Unze. In den ersten Tagen des neuen Monats konnte es deutlich zulegen und sprang am 6. Dezember erstmals seit 1980 wieder über die $30-Marke. Dieser Höhenflug endete erst bei 30,68 $ je Unze. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Metall innerhalb von nur vier Monaten 70 Prozent (!) an Wert gewonnen. Zwar gab es in diesem Zeitraum vier größere Rückschläge (den letzten davon dann in den vergangenen zehn Tagen), bisher ging es nach einem solchen aber immer wieder aufwärts. Ob dies jetzt auch zum Jahresende hin wieder so kommt, muss allerdings abgewartet werden. Wir wären nicht überrascht, wenn das Metall zusammen mit dem Gold erst einmal eine Verschnaufpause einlegen würde, weil sich u.a. institutionelle Investoren einen Teil ihrer exorbitanten Gewinne sichern wollten.
Preise unterhalb der Marke von 28 $ in der nächsten Woche wären deshalb für uns keine Überraschung, für industrielle Verbraucher aber wenigstens eine Kaufgelegenheit.
Im neuen Jahr, wenn die Anleger ihre Portfolien wieder neu ordnen, könnte eine eventuelle Schwächephase schon wieder vorbei sein. Richtig kritisch würde es nämlich nur werden, wenn der Silberpreis auch noch durch die Marke von 25 $ fiele. Erst in einem solchen Fall müsste sich der Markt wohl vom Aufwärtstrend der letzten Monate erst einmal verabschieden.
Platin
Der aufgrund der Sorgen um die irischen Finanzen steigende Goldpreis sorgte Anfang des Monats auch bei den Platinmetallen für ein freundliches Umfeld.
Das Platin legte dabei immerhin von 1.660 $ auf über 1.730 $ zu. Seinen Höchstkurs für den Berichtszeitraum erreichte es dabei schon am 6. Dezember.
Für die sich daran anschließenden Verluste war dann ebenfalls der Goldpreis verantwortlich. Dieser sank innerhalb von zwei Tagen deutlich und riss das Platin mit nach unten. Schon am 8. Dezember notierte das weiße Metall wieder unter 1.670 $ je Unze. Auf diesem Niveau stabilisierte es sich dann für den Rest des Berichtszeitraums. Ein Versuch, die Notierung wieder über die Marke von 1.700 $ zu bringen, scheiterte zu Beginn dieser Woche.
Das Platin befindet sich aktuell charttechnisch in einer kritischen Phase, wobei es nicht ganz klar ist, ob es aus der aktuellen Formation nach oben oder nach unten ausbrechen wird. In jedem Fall muss wohl trotz der anstehenden Feiertage mit einer weiter hohen Volatilität gerechnet werden, vom Gefühl her wären wir nicht überrascht, wenn der Kurs des Platins erst einmal die untere Seite testen würde.
Erste Kursziele wären in einem solchen Fall die Marken von 1.650 $ und 1.625 $ je Unze, sollte letztere nicht halten, wären auch deutlich weniger als 1.600 $ je Unze möglich.
Industrielle Endverbraucher sollten in der momentanen Ausgangslage darüber nachdenken, wie sie einen eventuellen Kurseinbruch in den nächsten Wochen für sich nutzen könnten. Wir empfehlen dazu Kauforders unterhalb des aktuellen Marktniveaus zu platzieren und sich daraus eventuell ergebende Käufe anschließend in Termingeschäfte umzuwandeln. Diese brächten dann für den Bedarf 2011 oder zumindest Teile davon Planungssicherheit. Und ein wichtiges Charakteristikum eines Termingeschäfts ist, dass das Metall erst bezahlt werden muss, wenn das es irgendwann im nächsten Jahr fällig wird und das Metall dann auch gebraucht wird. Auf diese Weise bindet das Unternehmen nicht vorzeitig Kapital und hat trotzdem den Preis schon gesichert.
Mögliche Niveaus beim Platin für Kauforders wären Preise von 1.625 $, 1.600 $ und 1.490 $ je Unze. Und wem die 1.490 $ aktuell zu ambitioniert erscheinen, sei daran erinnert, dass der Platinpreis noch im Oktober auf diesem Niveau notiert hat.
Die Investoren teilen ganz offensichtlich unsere Bedenken (oder Hoffnungen; dies aus Sicht der industriellen Endverbraucher) hinsichtlich der weiteren Kursentwicklung nicht und sind im Moment noch auf weiter steigende Kurse ausgerichtet. So gab es in den letzten beiden Wochen sowohl bei den ETFs, wie auch bei den Börsenpositionen und zuletzt sogar im physischen Bereich bei Barren Kaufinteresse.
Von der Minenseite gab es in der Vorweihnachtszeit kaum Neuigkeiten, einzig aus Zimbabwe, dem schlafenden Riesen unter den Platinproduktionsländern wurde berichtet, dass die Produktion in diesem Jahr um 20% auf 8,5 Tonnen steigen werde. Verglichen mit Südafrika oder Russland sind dies aber immer noch sehr kleine Zahlen und daran wird sich bis zu einem echten Regierungswechsel in dem Land auch nicht viel ändern.
Palladium
Ein weiteres deutliches Plus gab es zu Beginn des Berichtszeitraumes für das Palladium. Dieses Metall, das von Juli bis Ende November ohnehin schon über 65% auf 700 $ zugelegt hatte, gewann zu Beginn dieses Monat innerhalb von nur drei Tagen weitere 70 $ an Wert hinzu. Damit markierte es ein neues 9 1/2-Jahreshoch. Wie immer in den letzten Monaten war es vermutlich eine Mischung aus rückläufigem Angebot (wir rechnen mit deutlich geringeren Verkäufen aus russischen Staatsbeständen) und steigender Nachfrage sowohl von Investoren, als auch industriellen Adressen. Zu letzteren gehört vor allem die Autoindustrie und hierzu wurden in den letzten Tagen die neuesten Autoverkaufszahlen aus den verschiedenen Weltregionen gemeldet. In Europa gab es ein Minus in Höhe von 6,5%, für das Gesamtjahr liegt der Markt jetzt 5,1% im Minus. Nur die EU betrachtet, war das Minus sogar noch höher und die Verkäufe im November seit dem Jahr 2000 mit der Ausnahme von 2008 nie so schlecht wie in diesem Jahr.
In China gab es im Gegensatz zu Europa wieder einmal ein kräftiges Plus, hier stiegen die Verkäufe im letzten Monat im Vergleich zum Vorjahr um 27% auf 1,7 Mio. Autos (davon 1,4 Mio. PKWs). Die Dynamik lässt aber auch im Reich der Mitte nach, im Verlauf des bisherigen Gesamtjahres hatte das Plus zum Vorjahr bis jetzt noch bei 34% gelegen. Ein deutliches Plus gab es nicht nur in China, sondern auch in den USA. Hier wurden im November immerhin 17% mehr Autos als vor einem Jahr verkauft.
Was die Auswirkungen der Autoverkäufe auf die Platinmetalle angeht, profitiert das Palladium (in China und den USA werden mehr Benzinmotoren nachgefragt) sicher stärker als da Platin, das seine Hochburg im Dieselsegment des schwächelnden europäischen Marktes hat.
Trotz des insgesamt positiven Umfelds halten wir aber insbesondere den letzten Anstieg des Palladiumpreises für völlig übertrieben und glauben, dass die aktuelle Konsolidierungsphase erst einmal in deutlich schwächere Preise mündet. So ist nicht auszuschließen, dass Spekulanten und Investoren noch vor dem Jahresende Teile ihrer Bestände verkaufen, um so ihre Bilanzen aufzubessern.
Notierungen von unter 700 $, unter Umständen sogar unter 650 $ je Unze wären deshalb keine Überraschung und selbst dann wäre der mittelfristige Aufwärtstrend aber noch immer intakt.
Sollten die Notierungen rund um die Feiertage tatsächlich deutlich fallen, sollten industrielle Endverbraucher - wie bei Platin auch - darüber nachdenken, Teile ihres zukünftigen Verbrauchs mit Hilfe von Termingeschäften preislich zu sichern.
Rhodium, Ruthenium, Iridium
Bei nur geringem industriellem Interesse waren die Investoren in den letzten beiden Wochen weitgehend unter sich und ließen den Rhodiumpreis beiderseits der Marke von 2.300 $ schwanken. Kurzfristig ist hier keine Änderung in Sicht.
Beim Iridium gibt es wieder verstärkte industrielle Nachfrage und der Preis ist leicht auf 770 $ gestiegen. Wir können nicht ausschließen, dass sich diese Entwicklung weiter fortsetzt.
Bei Ruthenium gab es ebenfalls etwas mehr Nachfrage, allerdings ohne, dass dies bisher Auswirkungen auf den Preis gehabt hätte. Dieser liegt weiter bei 180 $ je Unze.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
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