Edelmetalle Aktuell
09.06.2010 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach (Heraeus)
Gold
Mit der (wahrscheinlich wohl nur) gefühlten Beruhigung der Schuldenkrise in Südeuropa hatte der Elan der Goldkäufer zu Beginn unseres Berichtszeitraums vorübergehend etwas nachgelassen. Das gelbe Metall wurde so in die Lage versetzt, vor dem vergangenen Wochenende die im letzten Bericht erwähnte, erste charttechnische Unterstützung bei 1.200 $ zu testen. Allerdings reichte es nicht für ein nachhaltiges Durchstoßen dieser psychologisch wichtigen Marke und noch vor dem Wochenende kehrten die Käufer wieder zurück. Bis heute Mittag stieg der Preis dann - nicht zuletzt verursacht durch den andauernden Verfall des Euros - auf 1.251,25 $ an. Damit erreichte er einmal mehr ein neues Allzeithoch.
Eine Folge des festen Goldpreises in US-Dollar und des nach dem Wochenende unter die Marke von 1,20 gefallenen Euro/USD-Kurses war außerdem ein erneut sehr fester Goldpreis in der Euro-Zone. Hierzulande erreichte das gelbe Metall deshalb ebenfalls ein neues Allzeithoch in Höhe von €1.150,55; dies waren über 30 Euro mehr als beim bisherigen Hoch, das Mitte Mai erreicht worden war.
Die Anleger in Deutschland haben sich weder von dem sich an das erste Hoch Mitte Mai anschließenden deutlichen Rückschlag, noch von dem seitdem erfolgten massiven Wiederanstieg der Notierung von ihrer Kauflaune abbringen lassen. Die Nachfrage nach Goldbarren ist zwar aktuell nicht mehr so hoch wie noch in den Vorwochen, aber sie liegt im Moment sicher immer noch weit über dem langjährigen Durchschnitt.
Die auf Hochtouren laufende Barrenproduktion hat unterdessen dazu geführt, dass es bei Heraeus bei gegossenen Goldbarren aktuell keine Wartezeiten mehr gibt. Bei den geprägten Barren sind derzeit nur die kleinen Stückelungen bis 20g völlig vergriffen, die größeren Varianten (1oz, 50g und 100g) sind dagegen schon in wenigen Tagen wieder verfügbar.
Barren sind im Moment nicht die einzigen Anlageprodukte, die bei Investoren populär sind. So wurden zuletzt bei den ETFs erneut erhebliche Zuflüsse verzeichnet. Insgesamt stiegen deren Bestände letzte Woche um über 21 Tonnen an. Die Gesamtvorräte in dieser Produktform liegen jetzt bei 1.970 Tonnen und damit auf einem neuen Höchststand. Mit dem stetigen Ansteigen dieser Positionen nimmt natürlich auch die Gefahr eines Rückschlags zu, wenn die Anleger eines Tages aus welchen Gründen auch immer Kasse machen wollen oder sogar müssen. Noch ist eine solche Entwicklung nicht absehbar; gleichwohl sollten aber die ETF-Bestände im Auge behalten werden. Ganz sicher wäre der Goldmarkt nicht in der Lage, kurzfristig auch nur 10% der Positionen zu verdauen, ohne dass der Goldpreis dadurch massiv einbrechen würde.
Kurzfristig spricht aber erst einmal wenig für eine Abgabewelle und eine Menge für ein Andauern der Nachfrage nach physischem Investmentmetall. Für die Hersteller von Münzen und Barren würde dies eine weiter hohe Auslastung bedeuten, selbst wenn die Spitzenwerte der vergangenen drei Monate vielleicht nicht so schnell wieder erreicht werden.
Was den Absatz an Goldmünzen angeht, gab es in den letzten Tagen einige Meldungen seitens der staatlichen Münzprägeanstalten zu ihren Verkaufsvolumina. So teilte die U.S. Mint mit, dass sie im Mai 190.000 1-Unzen-Eagle-Münzen verkauft habe, dies sei der höchste Monatswert seit 1999 gewesen. Andere Größen als die 1-Unzen-Stücke habe man 2010 bisher noch gar nicht angeboten, so ein Sprecher der Münze. Seit 1986, dem Jahr der Auflegung der Eagle-Münze seien überhaupt in nur fünf Monaten mehr Münzen verkauft worden als im Mai dieses Jahres.
Ähnlich positiv ist der Krügerrand-Absatz für die südafrikanische Rand Refinery verlaufen. Hier sei die Produktion im Mai vor allem durch die hohe Nachfrage aus Deutschland auf 30.000 Unzen pro Woche angehoben worden. Dies war ein Plus von 50% im Vergleich zur vorherigen wöchentlichen Menge und das höchste Produktionsniveau der letzten 25 Jahre. Seit 1967, dem Jahr der Einführung des Krügerrands habe die Rand Refinery 47 Mio. Münzen verkauft, so eine Sprecherin des Unternehmens.
Bestärkt gefühlt haben werden sich die Goldkäufer der letzten Wochen nicht nur durch die wachsenden Unsicherheiten bezüglich der Staatsfinanzen zahlreicher Länder, sondern auch von fundamentalen Meldungen: So gab es in den letzten Tagen aus einer Reihe von Produktionsländern negative Nachrichten hinsichtlich der Entwicklung der Goldförderung. Mitgeteilt wurde z.B., dass die Ausbringung in Südafrika in den ersten drei Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorquartal um 15% auf nur noch 44t gefallen sei. Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres lag das Minus immerhin noch bei 12%.
Auch Russland meldete eine rückläufige Goldproduktion: Hier lag die Neuförderung in den ersten vier Monaten des Jahres im Vergleich zu 2009 um knapp11,4% niedriger bei 32t. Um gleich 21% ist im April im Vergleich zum Vorjahr auch die Ausbringung in Peru gesunken. Sie lag im vorletzten Monat aber immer noch bei 12,3t.
Das einzige Land, das in den jüngst vorgelegten Bilanzen ein (erneutes) Plus ausweisen konnte, war China. Hier stieg die Produktion im April auf fast 29t an, für die ersten vier Monate des Jahres gab es dadurch ein Plus in Höhe von 5,6% auf zusammen 99 Tonnen.
Auf der Zentralbankseite setzt der IWF seine Abgaben derweil planmäßig fort. Im April verkaufte der Währungsfonds dabei 14,4t Gold im freien Markt (nach 5,6t im Februar und 18,5t im März). Von den insgesamt zum Verkauf stehenden 191,3t ist damit mehr als ein Fünftel geräuschlos auf den Markt untergebracht worden.
Auf der anderen Seite des IWF steht möglicherweise die iranische Notenbank. Hier gab es in der letzten Woche - von offizieller Seite allerdings nicht bestätigte - Berichte, nach denen Teile der Euro-Devisenreserven in Dollar und Gold getauscht werden sollten. Dabei, so die Berichte aus Teheran, handele es sich immerhin um einen Betrag von 45 Mrd. Euros.
Silber
Die plötzliche Flucht der Anleger aus vermeintlich unsichereren Anlagen sorgte dafür, dass der Silberpreis in der letzten Woche zeitweise massiv einbrach. Plötzlich schien das weiße Metall nicht mehr das "Gold des kleinen Mannes" zu sein, sondern einfach nur ein weitere risikoreiche Rohstoffanlage, die dann zudem noch besonders unter einer möglichen Rezession zu leiden hätte. Innerhalb von nur 48 Stunden stürzte der Wert des Silbers dann von 18,40 $ auf nur noch 17,16 $ ab.
Es dauerte danach aber auch diesmal wieder nicht lange, bis sich die Anleger eines Besseren belehren ließen: In der Folge stieg die Notierung genauso schnell an, wie sie vorher gefallen war. Dabei hat sicher auch der unverändert sehr feste Goldpreis geholfen. Aktuell steht das Silber schon wieder bei 18,32 $ je Unze und damit sogar knapp über dem Niveau vom 27. Mai, dem Tag der Veröffentlichung unseres letzten Berichts.
Die offenen Positionen an der Börse in New York und bei den ETFs haben in der letzten Woche um fast 2 Mio. Unzen abgenommen, auch dies ein Zeichen für die vorübergehenden Zweifel der Anleger.
In den nächsten Tagen wird das Silber nicht noch einmal so ein Eigenleben entwickeln, sondern sich eher wieder an die Vorgaben von Gold halten. Rückschläge mag es deshalb geben, eine generelles Ende der positiven Ausrichtung nicht.
Das englische Researchhaus GFMS hat in der vorletzten Woche die letzte seiner alljährlichen Edelmetallstudien vorgelegt, diesmal zum Silber.
Platin
Das Platin konnte in den letzten zwölf Tagen nicht wirklich glänzen. Zwar stieg es zunächst von 1.535 $ auf rund 1.570 $ je Unze an, anschließend folgte jedoch für über eine Woche eine deutliche Beruhigung mit einer extrem kleinen Handelspanne rund um die Marke von 1.550 $ je Unze. Diese verließ das Metall dann vor dem vergangenen Wochenende, wobei es nach unten ausbrach. Es war wohl eine Gemisch aus industrieller Kaufzurückhaltung und vorsichtiger agierenden Investoren, welches für den Kursrutsch sorgte. Am Ende stabilisierte sich die Notierung erst unter der Marke von 1.490 $ je Unze, bevor sie dann in den letzten Stunden wieder zulegen konnte.
Für die Anleger scheinen derzeit trotz gut gefüllter Auftragsbücher in vielen Unternehmen die Zweifel hinsichtlich der weiteren Wirtschaftsentwicklung vor dem Hintergrund der andauernden Schuldenkrise in Europa zu wachsen (und in den USA sieht es in dieser Hinsicht ja auch nicht besser aus). Dies könnte eine Ursache dafür gewesen sein, dass sich in der letzten Woche Inhaber von ETF-Positionen von Teilen ihrer Positionen verabschiedet haben. Beim Platin fielen die Bestände dabei um 5% auf 1 Mio. Unzen (ca. 31t).
Die oben genannten Zweifel werden auch genährt durch die jüngsten Zulassungszahlen von den internationalen Automobilmärkten. Hier sah die Bilanz im Mai eher gemischt aus. Ein Plus von immerhin 19% wurde aus den USA berichtet und für das Gesamtjahr liegen die Vorhersagen jetzt bei 11,8 Mio. Neuzulassungen, deutlich mehr, als Analysten zuletzt vorhergesagt hatten. Aber auch die neue Hochrechnung liegt noch Lichtjahre entfernt von den Zahlen, die vor dem Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise im Sommer 2008 erreicht worden. So gesehen sieht es zwar besser, aber gleichzeitig alles andere als gut aus.
Vor diesem Hintergrund gewinnt die Verlangsamung des Wachstums auf dem chinesischen Automarkt aus unserer Sicht eine zunehmende Bedeutung. Im Reich der Mitte fiel die Steigerungsrate bei den Neuzulassungen im Mai auf 23%, dies war der niedrigste Wert der letzten 13 Monate. Im Vergleich zum Vormonat gingen die Verkäufe sogar um fast 6% zurück. Und auch im Juni, so wurden Marktbeobachter in der Presse zitiert, werde es wohl nicht besser aussehen. 2009 hatte das Marktwachstum in China noch bei 46% und die absolute Verkaufszahl am Ende bei 13,6 Mio. Fahrzeugen gelegen.
Eindeutig negative Signale gab dann im Mai aus einer Reihe von anderen bedeutenden Märkten: So wurden im letzten Monat in Deutschland im Vergleich zum Vorjahresmonat 34% weniger Autos verkauft, in Italien 14%, in Brasilien 10% und in England 10%.
Palladium
Auch beim Palladium nahmen in der letzten Woche die ETF-Positionen ab, hier betrug das Minus - es war das erste in drei Wochen - aber nur 9.000 Unzen. Die Gesamtbestände liegen noch immer bei sehr hohen 1,765 Mio. Unzen (55t). Allerdings nahmen in der letzten Woche beim Palladium, anders als beim Platin, die spekulativen Positionen an den Terminbörsen Nymex und TOCOM noch zu, so dass die Bestände in den Händen von Anlegern und Spekulanten netto sogar zunahmen und zwar um 37.000 Unzen.
Der Palladiumpreis, der anfangs noch leicht zugelegt hatte, fiel vor dem vergangenen Wochenende trotz dieser Käufe von rund 460 $ je Unze deutlich auf nur noch 415 $ zurück. Zuletzt hatte das Metall am 22. Mai so tief notiert.
In den letzten 24 Stunden konnte das Metall dann aber wieder deutlich Boden gutmachen und marschierte zurück in Richtung der Marke von 450 $ je Unze. Wir bleiben bei unserer Einschätzung, dass die massive Übertreibung beim Preis in den vergangenen Monaten mit dem jüngsten, mehrmaligen Test der 400er-Marke weitgehend abgebaut ist. Industrieunternehmen sollten deshalb jeden weiteren deutlichen Rückgang für ein Eindecken zumindest eines Teils ihres zukünftigen Verbrauchs nutzen.
Norilsk Nickel, der weltgrößte Nickel- und Palladiumproduzent gab in der letzten Woche die Produktionspläne für die nächste Jahre bekannt. Danach soll die Ausbringung für das weiße Metall von derzeit 88t (davon 84t in Russland) auf 100t im Jahr 2013 steigen. Beim Platin wolle man die Förderung von 22t auf 25t anheben. Interessanterweise gab Norilsk auch einen Einblick in die geplante Produktion der "kleinen" Platinmetalle: So hofft man in drei Jahren 3 t Rhodium, 700 kg Ruthenium, 100 kg Iridium und 5 kg Osmium zu produzieren.
Rhodium, Ruthenium, Iridium
Die Kursverluste bei Platin und Palladium in der letzten Woche blieben für das Rhodium nicht ohne Folgen. Dabei waren es überwiegend Gewinnmitnahmen bei eher spekulativen Pluspositionen, die dem teuersten aller Edelmetalle am Ende einen Preisabschlag in Höhe von 150 $ je Unze brachten. Aktuell notiert das Metall bei 2.450 $ und damit so niedrig wie seit Ende März nicht mehr. Wir rechnen einem Bereich zwischen 2.250 $ und dem aktuellen Niveau mit einem Anstieg des industriellen Kaufinteresses, so dass die Notierung erst einmal nicht unter die erstgenannte Marke fallen sollte.
Die Lage beim Iridium hat sich etwas beruhigt und der Preis sich gegenüber unserem letzten Berichtszeitraum nicht verändert. Allerdings stehen die Käufer weiter Gewehr bei Fuß, eine nachhaltige Trendwende lässt sich aus dem Verharren des Preises bei 700 $ - 740 $ deshalb nicht ablesen.
Ruthenium wurde im internationalen Handel ebenfalls wieder leicht zurückgenommen, es liegt aktuell bei 225 $ - 255 $ je Unze
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
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