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El Niño: Das Wetter spielt verrückt

26.11.2015 | 11:57 Uhr | Weinberg, Eugen, Commerzbank AG
Laut der US-Energiebehörde EIA wurden im Jahr 1997 noch 26% der US-Erdgasproduktion im Golf von Mexiko gefördert. Bis 2014 fiel dieser Anteil um fünf Prozentpunkte auf 21% zurück. Auch die US-Ölproduktion im Golf von Mexiko nahm ab dem Jahr 2003 ab. Lag diese 2003 noch bei 27% bezifferte sie sich im 2014 nur noch auf einen Anteil von 16% der gesamten US-Ölproduktion. Dadurch ist die US-Öl- und Gasproduktion nicht mehr so anfällig gegenüber Hurrikans (Grafik 8).

Während eines El Niño sind die Auswirkungen allerdings deutlich geringer, da die Anzahl der Hurrikans oder Tropenstürme für gewöhnlich niedriger ist. So geht die US-Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA in diesen Jahren von nur 6 bis 11 Stürmen im Atlantischen Becken aus. Aus diesen könnten 3 bis 6 Hurrikans entstehen, wovon nur 0 bis 2 in eine starke Kategorie fallen.

Kurz vor Ende der Hurrikansaison (Juni bis November) hat sich diese Einschätzung bestätigt. Denn sie fiel bislang äußerst ruhig aus und hatte somit keinen Einfluss auf die Öl- und Gasproduktion. Das könnte sich allerdings im nächsten Jahr wieder ändern. Denn nach El Niño besteht das Risiko einer höheren Hurrikanaktivität. Aufgrund der durch El Niño milderen Wintertemperaturen in den USA geht zudem der Verbrauch von Erdgas zu Heizzwecken zurück.

Die US-Erdgasvorräte liegen kurz vor Beginn der Heizsaison bereits auf einem Rekordniveau, was die Erdgaspreise zuletzt stark unter Druck gesetzt hat.

Kohle: Die Kohleproduktion ist zwar nicht direkt von El Niño betroffen, allerdings steigt der Energiebedarf ausgelöst durch den erhöhten Einsatz von Klimaanlagen in Ländern wie Indonesien und Indien deutlich an. Auch Kohlelieferungen aus Vietnam an Länder wie China und Japan können gewisse Unregelmäßigkeiten aufweisen, was das Volumen der Kohlelieferungen angeht. Dies kann zu erhöhten Kohlepreisen am Ende des Jahres führen.


Industriemetalle

Kupfer: Vor der Küste Chiles, dem wichtigsten Kupferproduzenten der Welt, bilden sich durch die Erwärmung der Meeresoberfläche und dem damit verbundenen Tiefdruckgebiet Wolken und es kommt zu kräftigen Regenfällen. Dadurch ausgelöst kann der Abbau und Transport von Kupfer verzögert bzw. gestört werden.

Denkbar sind auch Erdrutsche oder Überschwemmungen, die die Minenproduktion kurzfristig unmöglich machen und die Angebotsseite belasten. Solche Angebotsausfälle können dem Kupferpreis Auftrieb geben. In Indonesien, wo sich mit Grasberg die zweitgrößte Kupfermine der Welt befindet, regnet es dagegen während El Niño für gewöhnlich weniger als üblich. Entsprechend ist hier nicht mit Beeinträchtigungen zu rechnen.



Nickel, Zinn & Bauxit: Normalerweise sinkt die Produktion in Indonesien, den Philippinen und Malaysia zwischen Dezember und Januar aufgrund starker Regenfälle. Ein geringer ausfallender Monsun, ausgelöst durch El Niño, kann zu einer höheren Produktion führen als saisonüblich. Denn aufgrund von geringeren Regenfällen sind der Abbau und der Transport der Erze unproblematischer. Das höhere Angebot könnte auf den Preisen lasten.


El Niño 2015/16

Wurde im Juni noch von einem mittelstarken El Niño ausgegangen, verdichten sich die Anzeichen, dass das Wetterphänomen deutlich stärker ausfallen könnte als zunächst angenommen. Die Schätzungen der australischen Wetterbehörde gehen mittlerweile von einem starken El Niño aus. Laut US-Wetterdienst MDA bewegt sich die Anomalie momentan gleichauf mit der von 1997/98.

Das Wetterphänomen könnte zudem laut der weltweiten Wetterbehörden und der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) bis in das Jahr 2016 andauern. Dies bestätigt auch eine aktuelle Einschätzung von MDA. Demnach haben sich die Oberflächentemperaturen im Pazifik weiter erhöht. Sollte sich die Oberflächentemperatur nicht abkühlen, könnte El Niño bis in den Frühling 2016 andauern und weltweit Ernten und Produktionen beeinträchtigen. Erste Auswirkungen von El Niño sind bereits jetzt festzustellen.

Laut indischer Wetterbehörden lagen die diesjährigen Niederschläge während der Monsunzeit zwischen Juni und September 14% unter dem 50-Jahresdurchschnitt. Auch der Southern Oscillation Index (SOI) zeigt ein ähnliches Bild. Dieser Index ist ein statistisch berechnetes Maß, welches allgemein den Luftmassenaustausch zwischen dem Indischen Ozean und dem Pazifik beschreibt.

Ebenso gilt der SOI als Indikator für die relative Stärke und Schwäche der Passatwinde über dem Pazifischen Ozean. Der SOI verzeichnet einen stetigen Abfall, was in Verbindung mit ungewöhnlich hohen Temperaturen im tropischen Pazifik steht und damit ein guter Indikator für das Eintreten von El Niño ist (Grafik 9).


Fazit: Erhöhte Unsicherheit, aber kein Krisenautomatismus

Innerhalb der durch Wetterunsicherheiten gekennzeichneten Angebotssituation bei den oben erwähnten Rohstoffen spielen spezielle Wetterphänomene wie El Niño die Rolle eines Verstärkers. Dass dies durchaus Krisen verschärfen oder eine angespannte Situation zu einer Krise ausweiten kann, hat nicht zuletzt die Saison 2010/11 gezeigt. Auch beim Anstieg der Agrarrohstoffpreise im Jahr 2007/08 spielte das Klimaphänomen El Niño eine Rolle, weil Ernteerträge gemindert wurden und somit zu den folgeschweren Missernten in Australien und den USA beitrugen.

Der Zusammenhang zwischen El Niño und den Ernteerträgen ist aber nicht eindeutig. Erhöhte Regenfälle können je nach Region und Zeitraum positive Auswirkungen auf die Erträge haben, während sie in anderen Regionen und einige Wochen früher oder später den Wachstumsverlauf der Pflanzen negativ beeinflussen. Wie sich der wiedererstarkende El Niño letztlich auswirken wird, bleibt abzuwarten.

Es besteht zumindest die Hoffnung, dass sich bei einem moderaten Verlauf dieses Phänomens über die kommenden Monate die negativen Auswirkungen für die Produktion der Rohstoffsektoren in Grenzen halten werden und es nicht zu einer Wiederholung der Entwicklungen von 1997/98 kommt. Zudem sind die Lager der meisten Agrarrohstoffe aufgrund von sehr guten Ernten der letzten Jahre gut gefüllt und bilden daher im Falle eines starken El Niño einen Puffer.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die Umkehrung von El Niño zu La Niña, wie sie vom Wetterdienst MDA für möglich gehalten wird. Für die Auswirkungen von La Niña verweisen wir auf unseren Rohstoffe kompakt Agrar (Die Rückkehr von La Niña und mögliche Folgen) vom 20. Oktober 2011. Eine Umkehrung könnte stärkere Ertragseinbußen und damit Preisreaktionen zur Folge haben.


© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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