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Milch: Perspektiven nach dem Quotenende

13.05.2015 | 7:00 Uhr | Weinberg, Eugen, Commerzbank AG
Seit dem Wegfall der Milchquote im April 2015 können die Milchproduzenten der EU ihre Produktionsmenge frei wählen, ohne wie in der Vergangenheit Strafzahlungen bei zu hoher Milchmenge fürchten zu müssen.

Innerhalb der EU dürfte die Produktion vor allem in Deutschland, Frankreich und Polen steigen. Bei dem bereits hohen internen Verbrauchsniveau wird die EU ihre Ware noch stärker als bisher an den Weltmärkten unterbringen müssen und dort mit anderen großen Exporteuren wie Neuseeland konkurrieren. Dabei werden der Union besonders bei Käse gute Chancen eingeräumt. Da global die Nachfrage weiter recht robust steigen dürfte, rechnen OECD, FAO und EU-Kommission mittelfristig mit hohen Preisen für Milch und Milchprodukte, auch wenn die Rekordpreise der letzten Jahre wohl kaum mehr erreicht werden dürften.

Seit dem 1. April 2015 gehört die Milchquote in der EU der Vergangenheit an. Sie war vor 31 Jahren eingeführt worden, nachdem in den 70er und frühen 80er Jahren die Milchanlieferungsmengen stark gestiegen waren, sich „Milchseen“ bildeten und "Butterberge" auftürmten. (DLG-Nachrichten 2/15). Um diesen Trend zu stoppen wurde die Produktion auf nationaler und einzelbetrieblicher Ebene quotiert. Bedingt durch technischen Fortschritt und Leistungszuwächse musste die Zahl der Milchkühe über die Zeit entsprechend reduziert werden. In den letzten Jahrzehnten ging dies mit einer kräftigen Abnahme der Zahl der Milchviehbetriebe einher.

Ausscheidende Milchbauern konnten ihre Quote an wachstumswillige Betriebe verkaufen. Ab 2005 wurden die Regelungen für die Quote zunehmend flexibilisiert. Ab 2009 wurde die Quote dann jährlich um 1% erhöht, um die Anpassung an ein absehbares Ende der Quotenpolitik zeitlich zu strecken. Kritikpunkte an der Quotierung gab es viele: Die Entscheidungsfreiheit der Produzenten wird beschnitten, der Marktzugang erschwert und durch notwendige teure Zukäufe von Quotenmengen der Strukturwandel behindert. Nicht zuletzt ist die Quotierung unter dem Gesichtspunkt der volkswirtschaftlichen Wohlfahrt negativ zu beurteilen.



EU ist ein wichtiger Akteur an den globalen Milch- und Milchproduktmärkten

Da die EU eine herausgehobene Stellung an den globalen Märkten für Milch- und Milchprodukte einnimmt, sind politische Änderungen in der EU auch immer für die Weltmärkte von Bedeutung: Das Land mit den mit Abstand meisten Milchkühen ist zwar Indien, gefolgt von der EU und Brasilien. Aufgrund der sehr viel höheren Produktivität ist aber die EU mit einer Milchproduktion von etwa 150 Mio. Tonnen der weltgrößte Produzent. Dabei sind in der EU die Bedingungen der Milchproduktion noch immer sehr heterogen:

Bei den durchschnittlichen Tierbeständen etwa reicht die Spanne von 4 Tieren in Bulgarien zu 130 Tieren in Dänemark. Platz 2 und 3 der weltweiten Milchproduzenten belegen dann Indien mit etwa 140 Mio. Tonnen und die USA mit knapp 100 Mio. Tonnen. Deutlich dahinter liegt das für den Weltmarkt bedeutende Neuseeland, das nur 22 Mio. Tonnen produziert. Während aber etwa in Indien die heimische Milch weitgehend im Land selbst konsumiert wird, verbraucht Neuseeland nur etwa 3% seiner Produktion unmittelbar selbst und hat ein entsprechend hohes Exportpotenzial. So dominiert Neuseeland mit zwei Dritteln der Exporte die Weltmärkte für Butter und Vollmilchpulver und gehört auch bei Käse und Magermilchpulver zu den wichtigen Exportländern.

Zwar wird in der EU 90% der produzierten Milch intern direkt oder in Form von Verarbeitungsprodukten konsumiert, doch gehört die EU dennoch zu den größten Exporteuren an Milchprodukten. Die EU hat bei Frischmilchprodukten einen Selbstversorgungsgrad von 101%, bei Butter von 106%, bei Käse von ca. 107% und bei Vollmilch- und Magermilchpulver von etwa 200%. Die Verarbeitung zu Milchpulver ist ein einfacher Weg, um Milch transportfähig zu machen. Bereits jetzt wird über die Hälfte des Handels mit EU-Milchprodukten in der Form von Milchpulver abgewickelt. Häufig wird dieses in den Empfängerländern auch mit Pflanzenfetten gemischt als Eiweißquelle konsumiert.

Die EU stellt fast die Hälfte des auf dem Weltmarkt gehandelten Käses bereit und ist mit einem Drittel der Menge auch größter Lieferant für Magermilchpulver. Bei Butter und Vollmilchpulver ist die EU nach Neuseeland die Nr. 2 der Exporteure. Weitere wichtige Anbieter an den Märkten für Milchprodukte sind die USA und Australien. Auf der Importseite sind bei Butter Russland, bei Käse Russland und Japan und bei den Milchpulvern China die Hauptabnehmer. 60% der globalen Vollmilchpulverimporte gehen nach China, bei Magermilchpulver sind es 25%, v.a. für Babynahrung.


Milchproduzenten im Preiskarussell

Die Milchquote hat den EU-Produzenten auch keinen Schutz vor starken Preisschwankungen geboten: Nicht nur auf dem Weltmarkt (Grafik 2), sondern auch in der EU schwanken die Preise stark, wie Grafik 1 exemplarisch für Deutschland zeigt. Ein Extremfall war die sogenannte Milchkrise 2009: Nach einem enormen Preisanstieg 2007 und anhaltend hohen Preisen 2008 wurde die Produktion weltweit stark ausgeweitet, was bei der nachlassenden Nachfrage nach Milch und Milchprodukten durch die Weltfinanzkrise zu Überproduktion und Preisverfall führte. Die Bilder von Bauern, die Milch auf die Felder kippten, gingen um die Welt.



2013 kam es dann wieder zu einem starken Preisanstieg. Dessen Gründe lagen zum einen in einer stark steigenden Nachfrage, v.a. aus China. Dort war es zu einem Produktionsausfall gekommen, weil bei hohen Futter- und Arbeitskosten viele Bauern ihre Herden verkleinerten oder aus der Produktion ausschieden. Gleichzeitig war auch in der EU, den USA und in Ozeanien wegen schlechten Wetters und hoher Futterpreise die Produktion gedämpft.

Im Frühjahr 2013 konnten die aus den Preisen für Verarbeitungsprodukte abgeleiteten Milchpreise (Milchwert Kiel) - die allerdings nicht mit dem Auszahlungspreis einer Molkerei an die Erzeuger identisch sind - auf überdurchschnittlich hohe 37 ct je kg steigen und kurzfristig sogar die Marke von 45 ct je kg erreichen (vgl. Grafik 1). Von diesem Niveau fielen sie dann im Verlauf von 2014 auf 25 ct je kg. Denn durch die hohen Preise begünstigt, stieg die Milchproduktion stark - in Deutschland, in der gesamten EU und auf der ganzen Welt (Grafiken 3-5).

Exemplarisch sei die EU genannt, wo die angelieferte Milchmenge 2014 gegenüber dem Vorjahr um 5% zulegte und ein Allzeithoch von fast 148 Mio. Tonnen erreichte. Die gesamte Milchproduktion ist dabei immer noch etwas höher als die Anlieferungen, weil ein Teil der Milch auch auf den Höfen selbst verbraucht oder direkt vermarktet wird.

EU-weit schätzt die EU-Kommission die Überlieferung für 2014/15 auf 6 Mio. Tonnen oder 4,5%. Nach Hochrechnungen der Informationsdienste AMI und ZMB müssen alleine die deutschen Milcherzeuger, die 2014/15 ihre Milchmenge um über 1 Mio. Tonnen ausgedehnten und die Quote um 3,7% überlieferten, wohl mehr als 300 Mio. Euro als sogenannte Superabgabe, also als Strafzahlung für Überlieferung, zahlen. Allerdings wurde in den letzten Jahren immer wieder in vielen Ländern oder der EU insgesamt die Quote auch unterliefert - so etwa 2009/10 auch in Deutschland -, wozu auch die schrittweise Erhöhung der Quote beigetragen hat.

Laut EU-Kommission war 2014 die Magermilchpulverproduktion 23% höher als 2013. Die Butterproduktion stieg um 4%, die Vollmilchpulverproduktion um 5,5%. Vollmilchpulver wird in der EU zu 60% zur Schokoladenproduktion genutzt. Der schwache Euro unterstützt aber auch die Exporte stark. Die Magermilchpulver-Exporte sind 2014 um 60% gegenüber 2013 gestiegen, so dass es trotz der Mehrproduktion nicht zu einem hohen Lageraufbau kam. Auch Käse hat die EU mehr produziert und exportiert, obwohl Russland, das zuvor etwa ein Drittel der Käseexporte der EU abnahm, ab August 2014 wegen seines Importstopps für EU-Molkereiprodukte als Käufer ausfiel.



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