Oil Markets Monthly


Mehr Regulierung auf dem Ölmarkt?
Im Juli vergangenen Jahres erreichten die Ölpreise Höchststände von an die 150 USD/Barrel. Anschließend standen die Treiber dieser Preisentwicklung zur Diskussion. Zum einen wurden die fundamentalen Bedingungen als Begründung angeführt. So wuchs die Ölnachfrage mit hohen Steigerungsraten, und auch die kommenden Jahre ließen eine weiter zunehmende Ölnachfrage erwarten, was Angebotsängste schürte. Doch dies allein kann den Preisschub von den zu Jahresbeginn 2006 eingenommenen Ölpreisniveaus von etwas über 50 USD/Barrel bis auf an die 150 USD/Barrel im Juli 2008, also innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes, nicht vollständig erklären.
Entsprechend wurden die hohen Ölpreise ebenfalls auf den zunehmenden Einfluss von Finanzinvestoren zurückgeführt. Der Rohstoffmarkt insgesamt, doch insbesondere der Ölmarkt, ist für Anleger als Asset-Klasse im Zuge der gestiegenen Preise und der Erwartung weiter kletternder Notierungen immer attraktiver geworden, womit sie ihr Engagement erhöhten und die Ölpreise zusätzlich in die Höhe trieben.
Bisher ist der zunehmende Einfluss der Finanzinvestoren auf dem Ölmarkt nicht kritisch hinterfragt worden – zumindest nicht von offizieller Stelle. Doch nun hat die US-Aufsichtsbehörde CFTC (Commodity Futures Trading Commission) umgeschwenkt und bestätigt, dass Spekulanten zu dem Ölpreisanstieg im vergangenen Jahr beigetragen haben. Dementsprechend hat sie nun eine Diskussion in Gang gesetzt, ob der Ölmarkt einer stärkeren Regulierung unterzogen werden sollte, um zukünftig den Einfluss von Spekulanten auf die Ölpreise zu begrenzen.
Derzeit sieht es so aus, dass die CFTC zwar Positionen von Finanzinvestoren auf bestimmte Agrarprodukte limitiert, doch für Energierohstoffe setzen die entsprechenden Börsen Positionsobergrenzen oder Rechenschaftsniveaus fest. Beispielsweise bestimmt die New York Mercantile Exchange (Nymex), dass Ölhändler für einen Monatskontrakt maximal 10.000 Netto-Future-Positionen und für alle Monatskontrakte zusammen maximal 20.000 Netto-Future-Positionen halten können.
In den letzten drei Handelstagen vor dem Auslaufen eines Kontraktes sind nur noch 3.000 Kontrakte erlaubt. Dabei handelt es sich bei den beiden erst genannten Beschränkungen tatsächlich nur um Rechenschaftsniveaus; Spekulanten können diese Niveaus überschreiten, müssen dann aber mit einer Überprüfung ihrer Positionen von Seiten der Börse rechnen. Unter Umständen kann die Börse auch veranlassen, dass die Positionen eingefroren oder reduziert werden. Insgesamt sind die Rechenschaftsniveaus aber nicht als harte Positionsbeschränkungen zu begreifen. An dieser Stelle möchte die CFTC ansetzen und tatsächlich eine Obergrenze für die Anzahl der gehaltenen Kontrakte einführen.
Die Implementierung von Positionsbeschränkungen bei Future-Kontrakten hätte erheblichen Einfluss auf den Ölmarkt. Wir könnten uns vorstellen, dass die Ölpreise, insbesondere der Preis für die amerikanische Sorte WTI, darunter leiden könnten, so dass der mittelfristig zu erwartende Ölpreisanstieg verlangsamt ablaufen dürfte. So setzen die meisten Anleger auf steigende Preise am Ölmarkt und sind entsprechend long positioniert. Wenn nun die Anzahl der Kontrakte reduziert werden muss, trifft dies überproportional die Long-Positionierungen, was für niedrigere Ölpreise spricht.
Allerdings gibt es auch Stimmen, die aufgrund der Positionsbeschränkungen und damit einhergehender geringerer Liquidität von steigenden Ölpreisen ausgehen. Als kritisch anzusehen sind u.E. die weiteren Folgen der angedachten Handelslimits. Diese würden nur für die US-Handelsplätze gelten, so dass Anleger sich beispielsweise stärker an der Intercontinental Exchange (ICE) in London engagieren könnten, um auf diese Weise die Positionsobergrenzen zu umgehen. Denn derzeit machen die Europäer noch keine Anstalten, ebenfalls den Einfluss von Finanzinvestoren einschränken zu wollen. Dies würde dazu führen, dass WTI mit einem deutlichen Abschlag zum Nordseeöl Brent notieren würde. Darüber hinaus könnte eine stärkere Regulierung Anleger veranlassen, nicht mehr am Handel der Börsen teilzunehmen, sondern vermehrt Over-the-Counter-Geschäfte zu tätigen.
Bleibt die OPEC in Wartestellung?
Allmählich rückt das OPEC-Treffen am 9. September in Wien näher. Damit stellt sich wieder einmal die Frage, ob die OPEC eine Änderung ihres Fördermengenziels beschließen könnte. Wir gehen davon aus, dass das Kartell ihre angestrebte Fördermenge unverändert bei 24,85 Mio. bpd belässt. Dafür sprechen die in der letzten Zeit gestiegenen Ölpreise; eine Entwicklung, mit der die OPEC recht zufrieden sein sollte. Zwar deuten die hohen Rohöllagerbestände darauf hin, dass auf dem Ölmarkt weiterhin ein hoher Angebotsüberschuss besteht, doch solange das Kartell die derzeitigen Preise realisieren kann, wird es wohl kaum seine Fördermenge zurückfahren.
Darüber hinaus hat die OPEC schon jetzt enorme Probleme, ihre bisherigen Produktionskürzungen in Höhe von 4,2 Mio. bpd vollständig umzusetzen. Denn mit den höheren Ölpreisen sinkt der Anreiz, die Förderung entsprechend zu reduzieren, so dass die Förderdisziplin der OPEC in den letzten Monaten abgenommen hat. Im April, als sich die Ölpreise noch um die 50 USD/Barrel bewegten, konnte die Organisation eine Umsetzung ihrer Fördermengenreduzierungen zu 76% ausweisen. Nachdem diese Quote im Juni schon auf 66% gefallen war, gelang es der OPEC im Juli wieder eine Disziplin von 69% zu erreichen.
Länder wie Angola oder der Iran setzen dabei ihre Produktionskürzungen momentan so gut wie gar nicht um - angesichts der gestiegenen Ölpreise versuchen sie auf diese Weise, ihren Haushalt zu finanzieren. Dagegen implementieren die Vereinigten Arabischen Emirate oder Kuwait die Kürzungen komplett. Da schon die Umsetzung der bisherigen Fördermengenkürzungen Schwierigkeiten bereitet, dürften weitere Reduzierungen - zumindest wenn der Ölpreis auf den aktuellen Niveaus verharrt - nicht auf der Tagesordnung stehen.
© Sintje Diek
Economics & Research
Quelle: HSH Nordbank AG
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