Gold: Bullenfalle auszuschließen?
11.03.2024 | Björn Heidkamp (Kagels Trading)
Der abgebildete Chart zeigt die historische Kursentwicklung des Gold Futures von 1988 bis heute, bei Kursen von 2.185,50 USD/Unze. Ein Notierungsstab bildet die Kursschwankungen des Gold Futures für ein Quartal ab.
Gold mit langfristigem Kaufsignal
Aus der langfristigen Perspektive des Quartalscharts hat der Gold Future ein starkes Kaufsignal generiert: Nachdem der Gold Future seit August 2020 in einer großen neutralen Seitwärtsbewegung zwischen den Unterstützungen bei 1.684 und 1.673 und den Widerständen um 2.063 und 2.079 "gefangen" war, ist den Bullen der Ausbruch aus dieser Zone gelungen. Mit einem vorläufigen Bewegungshoch bei 2.203 hat das gelbe Edelmetall neue Bestmarken in den Chart schreiben können. Der o.a. viel zitierte analytisch kaum zu überschätzende Bereich erhöhter Abgabebereitschaft wurde klar überschritten.
Somit wurde im Gold ein neuer langfristiger Aufwärtstrend etabliert.
Trendbestätigende Konsolidierung nach oben aufgelöst
Wie schon mehrmals in den letzten Analysen erwähnt, haben Seitwärtsbewegungen, wie die des Goldes innerhalb der letzten 3,5 Jahren, einen trendbestätigenden Charakter. Die Wahrscheinlichkeit für einen Ausbruch in Trendrichtung ist größer als ein Trendwechsel. In der Mehrzahl der Fälle wird eine derartige Konsolidierung, so wie aktuell im Gold, in Richtung des vorherigen Aufwärtstrend nach oben aufgelöst. Solch ein Signal spricht meist für sich selbst und dafür, dass sich die einmal etablierte Kursbewegung auch in der näheren Zukunft noch eine Weile durchsetzen wird.
Eine weitere Regel der technischen Analyse lautet: Je länger eine Korrektur angedauert hat, je länger ein Markt unterhalb eines bestimmten Widerstandsniveaus gehandelt wurde, desto größer ist seine Chance, sobald der Ausbruch gelungen ist.
Neue Allzeithochs
Viele von vergleichbaren Beispielen in der Vergangenheit lassen nur einen Schluss zu: Allzeithochs zählen zu den zuverlässigsten und besten Bestätigungen des mittel- und langfristigen Aufwärtstrends. Nichts bestätigt einen Aufwärtstrend besser als die Bereitschaft der Investoren, Preise zu bezahlen, die zuvor noch nie erzielt wurden. Neue, noch niemals zuvor erzielte Bestmarken sind grundsätzlich Ausdruck innerer Stärke und Zuversicht der Investoren. Fast immer, wenn es einem Chart gelingt, die extreme Abgabeneigung rund um ein solch kritisches Niveau komplett abzubauen, darf mit einer langfristigen Trendwende gerechnet werden. In 8 von 10 Fällen werden weitere Zugewinne folgen.
Aus Widerstand wird Unterstützung
Anleger und Investoren haben mehr als drei Jahre zugeschaut, wie Gold ein ums andere Mal vom Niveau zwischen 2.000 bis 2.080 nach unten abprallte und ein Fest für die Bären zu werden drohte. Immer wieder war die Abgabebereitschaft um diesen markanten und gut sichtbaren Widerstand extrem hoch. Ist diese Abgabebereitschaft abgearbeitet und der Widerstand überschritten, dann wird ein Kaufsignal generiert und der Markt stürmt nach oben. Viele Anleger wurden auf dem falschen Fuß erwischt und werden versuchen bei einem "Pull back" an dem Ausbruchspunkt ihre Bestände aufzustocken. Genau deshalb wird der ehemalige starke Widerstand eine ebenso starke Unterstützung.
Risiko Bullenfalle
Allgemein besteht nach derartigen bullischen Ausbrüchen auch immer das Restrisiko einer Bullenfalle (man denke an das Pendant der Bärenfalle im Gold aus September 2022 und die entsprechende Aufwärtsbewegung als Folge). Betrachtet man die Kriterien dieses Ausbruches, wie beispielsweise Umsatz, Dynamik, neue Bestmarken, etc. dürfte die Eintrittswahrscheinlichkeit für eine Bullenfalle derzeit etwa zwischen 25 und 30 Prozent liegen und somit auf einem mehr als akzeptablen Niveau bei einem Geschäft mit der Zukunft.
Kurszielprojektion
Eine weitere der Standardrege in der technischen Analyse besagt, dass nach dem Ausbruch aus einer Konsolidierungsformation ein Anstieg erwartet werden darf, der etwa dem Abstand zwischen dem Hoch und dem Tief der Seitwärtsbewegung entspricht. Speziell für den Gold Future bedeutet dies, dass der Abstand zwischen dem Hoch der Seitwärtsbewegung bei etwa 2.080 und dem Tief der Seitwärtsbewegung bei etwa 1670 den alten Hochs hinzuzufügen ist. Als erste Richtlinie für das langfristige Aufwärtspotential sind dem Goldchart demnach durchaus Kurse zwischen 2.400 und 2.500 zuzutrauen.
Mittelfristiger Aufwärtstrend überhitzt
Seit Ende November hat der Gold Future 12 Wochen in Folge innerhalb des eingezeichneten Messstabes auf dem Wochenchart geschlossen. Mit einem Schlusskurs außerhalb dieses Expansionsbars am 01. März wurde der Ausbruch nach oben eingeleitet. Aus der Perspektive des mittelfristigen Wochencharts befindet sich Gold nun wieder in einem klaren Aufwärtstrend.
Mit einem Kursanstieg von über 10 Prozent seit 14. Februar hat die Dynamik der letzten Bewegung den Trend aus technischer Sicht etwas überreizt. Die starke Zunahme der Volatilität der letzten zwei Wochen ist jedoch nicht unbedingt untypisch bei derartigen Ausbrüchen. Mittels o.a. Kurszielprojektion wurde schon das erste Kursziel zwischen 2.190 und 2.200 einkassiert. Die ersten früher investieren, kurzfristigen Spekulanten sind jetzt bereit aufgelaufene Gewinne zu realisieren oder ihre Gewinnrealisierungsstops dem Marktniveau anzupassen. Dadurch kann es jederzeit zu einem Pull Back in Richtung der alten Widerstände und jetzigen neuen Unterstützungen um 2.050 kommen, ohne den neuen mittelfristigen Aufwärtstrend zu gefährden.
Fazit:
Aus der Perspektive des langfristigen Quartalscharts befindet sich der Gold Future wieder in einem etablierten Aufwärtstrend. Die seit August 2020 bestehende großen neutralen Seitwärtsbewegung zwischen den Unterstützungen um 1.673 und den Widerständen um 2.079 wurde nach oben aufgelöst. Damit wurde ein langfristiges Kaufsignal generiert. Ausgelöst durch dieses Signal hat der Gold Future am Freitag eine neue Bestmarke bei aktuell 2.203 erreichen können. Rein charttechnisch hat ein Markt auf neuen Höchstständen keine Widerstände mehr („uncharted territory“).
In der Regel gilt: Je stärker die Qualität der jeweiligen überbotenen Widerstände, desto größer das Aufwärtspotential. Dadurch eröffnet sich weiteres langfristiges Aufwärtspotential mit einem Etappenziel in Richtung 2.400 bis 2.500 (siehe Kurszielprojektion).
Auch aus der mittelfristigen Sichtweise des Wochencharts hat das Chartbild auf Kauf gedreht. Lediglich das verbrauchte Momentum der starken Aufwärtsbewegung der letzten Wochen lockt die ersten Spekulanten zu Gewinnmitnahmen (insbesondere in Verbindung mit einem möglichen Aufwärtsgap am Montag auf dem Wochenchart). Dadurch steigt das kurzfristige Rückschlagspotential. Ein Pull Back auf die alten Widerstände und neuen Unterstützungen ist jederzeit möglich, ohne den neuen Aufwärtstrend zu gefährden. Erst Kurse unter 1.990 trüben das mittelfristig positive Chartbild wieder etwas ein.
Aus der langfristigen Perspektive ist die Verteidigung der Marke um das Oktobertief von 1.800 zur Aufrechterhaltung der positiven Ambitionen elementar.
© Björn Heidkamp
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