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Baumwolle: Jetzt wieder in Richtung alter Hochs?

01.08.2008  |  Marc Nitzsche

Zuletzt haben wir mehrfach darauf hingewiesen, dass wir mit unserer Marktmeinung zu einzelnen Rohstoffen in den vergangenen Wochen und Monaten goldrichtig lagen. In der Tat konnten Anleger, die unseren Tradingtipps gefolgt sind, mehr als einmal stattliche Gewinne "einfahren". Deshalb erachten wir es nur für fair zuzugeben, dass unsere Vorhersagen gelegentlich auch nicht eingetroffen sind. Baumwolle sahen wir beispielsweise zu Jahresbeginn als potenziellen "Highflyer". Doch außer einer spekulativen "Blase" im ersten Quartal hat sich bislang noch nicht allzu viel getan. Zur Stunde liegen die Notierungen sogar leicht unter ihren Januar-Ständen. Da mittlerweile eine Vielzahl aktueller Daten vorliegen, wollen wir uns die populäre Naturfaser heute erneut etwas näher ansehen.


Deutlich sinkende Endbestände

Mitte März ging das US-Landwirtschaftsministerium für die am 31. Mai abgelaufenen 2007/08er Saison noch von Endbeständen in Höhe von 8,2 Millionen Ballen aus. Mittlerweile ist die Rede von 10,25 Millionen Ballen. Im Vergleich zu den rekordverdächtigen Vorräten des vorherigen Wirtschaftsjahrs von 9,48 Millionen Ballen bedeutet das nochmals einen Anstieg von gut acht Prozent. Kein Wunder also, dass der Markt nicht wirklich in die Gänge kam. Hoffnung für die "Bullen" gibt aber die laufende Saison. Am 11. Juli reduzierten die amerikanischen Behörden ihre Schätzungen bezüglich der 2008/09er Endbestände von 5,4 auf 5,3 Millionen Ballen, wobei die ersten Vorhersagen im Frühjahr lediglich bei 3,7 Millionen Ballen lagen. Hieraus errechnet sich ein Ending Stock to Use Ratio von 28 Prozent. Dieser Wert liegt nicht nur deutlich unter dem Niveau der letzten beiden Jahre sondern auch im Zehn-Jahres-Vergleich am unteren Ende der Skala.


Anbaufläche leicht unter den Erwartungen

Verantwortlich für den signifikanten Rückgang der Vortragsbestände ist die deutliche Reduzierung der US-Anbaufläche. Hier weichen die jüngsten Zahlen nicht so stark von den früheren Prognosen des Ministeriums ab. Derzeit erwartet man 9,2 Millionen Acres statt 9,5 Millionen Morgen im März. Offenbar haben sich doch mehr Farmer dazu entschlossen, statt der trotz Subventionen nur mäßig rentablen Baumwolle eher gewinnträchtiges Getreide zu pflanzen.


Zustand der Pflanzen nicht optimal

Vor dem Hintergrund der leicht niedrigeren Anbaufläche und des gegenüber dem Vorjahr schlechteren Zustands der Pflanzen ergibt sich eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die gegenwärtige Produktionsschätzung von 14 Millionen Ballen etwas zu hoch angesetzt ist. Immerhin werden gegenwärtig nur 47 Prozent der Baumwoll-Sträucher mit "good to excellent" bewertet. 2007 waren es zum jetzigen Zeitpunkt 54 Prozent. In Texas, wo 51 Prozent der amerikanischen Baumwolle produziert wird, sind nur 32 Prozent der Pflanzen in einer guten bis ausgezeichneten Verfassung.


US-Verbrauch weiter schwach

Weiterhin stark rückläufig präsentiert sich der inländische Verbrauch, da die US-Textilindustrie gegenüber der Konkurrenz aus den Billiglohn-Ländern immer mehr an Boden verliert. Im Gesamtjahr 2007 sank der Bedarf um zwölf Prozent und im laufenden Jahr dürfte es aller Voraussicht nach weiter abwärts gehen. Von dieser Seite aus ist also sicherlich nicht mit positiven Impulsen für die Preise zu rechnen.


Export-Schätzungen möglicherweise zu optimistisch

Etwas zuversichtlicher stimmen da schon die Exportschätzungen: Angesichts des Umstandes, dass amerikanische Baumwolle billiger ist als indische oder pakistanische geht das US-Landwirtschaftsministerium von einem siebenprozentigen Plus bei den Ausfuhren aus. Bis dato sind es jedoch lediglich vier Prozent. In der Vergangenheit hat sich mehr als einmal gezeigt, dass die Exporte von den Experten zu optimistisch gesehen wurden. Gerade China kauft trotz höherer Preise lieber in seinen Nachbarländern als in den vereinigten Staaten. Wir können uns nur schwerlich vorstellen, dass es künftig anders sein wird. Zudem ist der globale Markt gut versorgt. Zwar sollen die weltweiten Lagerbestände von 61 auf 53 Millionen Ballen fallen. Das bedeutet aber immer noch ein Verhältnis zwischen Vorräten und Verbrauch von 42 Prozent. Ein starker Nachfragedruck nach amerikanischer Baumwolle ist von daher nicht sonderlich wahrscheinlich.


Baumwolle im historischen Vergleich nicht billig

Ungeachtet des deutlichen Rückgangs der US-Lagerbestände sehen wir bei Baumwolle unter fundamentalen Aspekten lediglich moderates Aufwärtspotenzial. Schaut man sich die längerfristige Preisentwicklung unter Berücksichtigung des Ending Stock to Use Ratios an, fällt auf, dass Baumwolle selbst in den Jahren 2003 bis 2006, als die Versorgungssituation teilweise erheblich angespannter war als heute, zwischen 50 und 80 US-Cents notierte. So gesehen ist die Naturfaser mit den momentanen Kursen um 70 US-Cents sicherlich gut bezahlt. Für den Fall, dass sich die Ernteschätzungen als zu niedrig erweisen sollten, sind vielleicht Aufschläge von zehn Prozent drin. Mehr jedoch wäre nur zu erwarten, wenn es zu einer historischen Missernte kommt, wobei es hierfür aber derzeit keine Anhaltspunkte gibt.


Technik deutet Trendwende nach oben an

Demnächst steigende Kurse verspricht zudem die Charttechnik: Auch wenn der längerfristige Aufwärtstrend klar gebrochen ist und stattdessen eine Abwärtsbewegung seit Frühjahr vorherrscht, scheint der Markt im Bereich der Unterstützung bei rund 70 US-Cents einen tragfähigen Boden ausgebildet zu haben. Immerhin wurde diese wichtige Marke in den zurückliegenden Wochen mehrfach erfolgreich verteidigt. Mittlerweile hatte der Markt sogar die Kraft, über seinen 18-Tage-Durchschnitt zu steigen, wodurch ein unbestreitbares Kaufsignal generiert wurde. Auch der MACD und sie Stochastik stehen auf "kaufen" und der RSI befindet sich auf einem guten Weg, in den "bullischen" Bereich (über 50) vorzudringen. Wir können uns daher vorstellen, dass der Markt seinen Abwärtstrend in Kürze überwindet, was bei Kursen oberhalb von etwa 74 US-Cents der Fall wäre. Dann stehen die Chancen recht gut, dass es bis zum starken Widerstand bei 78/79 US-Cents aufwärts geht.


© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader







Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de