Europäische Ölaktien im Blickpunkt
01.04.2008 | Redaktion
Uneinheitliche Ergebnisausweise in Q4/2007
Die Berichterstattung zum vierten Quartal fiel bezüglich der von uns analysierten Unternehmen sehr unterschiedlich aus. Während die Ergebniszahlen von ENI, OMV und Repsol weitestgehend im Rahmen der Markterwartungen lagen, konnten Royal Dutch Shell und BP diese nicht erfüllen. Einen durchweg überzeugenden und über den Erwartungen liegenden Quartalsausweis hat die französische Total vorgelegt.
Downstreamgeschäft belastet
Bis auf Total berichteten alle Ölkonzerne von einem schwächer als erwartet ausgefallenen Ergebnis im Downstreamgeschäft, der Verarbeitung des Rohöls und dem Verkauf der Ölprodukte. Hintergrund für die vergleichsweise schwache Entwicklung waren Raffineriestillstände, rückkläufige Raffineriemargen auf dem USMarktsowie niedrigere Petrochemie- und Marketingmargen.
Upstreamgeschäft profitiert von hohem Ölpreis
Im Explorations- und Fördergeschäft, dem so genannten Upstreamgeschäft, profitierten die Unternehmen von den gestiegenen Rohölnotierungen. So lag der durchschnittliche Preis für die Nordseeölsorte Brent im vierten Quartal 2007 um 48,4% über dem Vorjahresniveau. Ein insgesamt erkennbarer Aufwärtstrend ließ sich im vierten Quartal bei den Produktionszahlen feststellen.
Ausblick - Vorteil Upstream
Da wir weiterhin von einer Fortsetztung vergleichsweise hoher Ölpreisnotierungen ausgehen, sollte sich das Upstreamgeschäft der Konzerne trotz unverändert hoher Kostenbelastungen weiterhin gut entwickeln. Neben der Preiskomponente sprechen auch erwartete Produktionssteigerungen dafür, dass das Fördergeschäft in naher Zukunft eine bessere Ertragsentwicklung aufweist als das Downstreamgeschäft. In diesem erwarten wir unveränderten Margendruck durch hohe Preise auf der Beschaffungsseite und negative Auswirkungen auf der Nachfrageseite in Folge konjunktureller Abschwächungen, insbesondere in den Vereinigten Staaten. Die Erfolgsperspektiven im Upstreamgeschäft eines Ölkonzerns sind im wesentlichen abhängig von der Attraktivität des Projektportfolios hinsichtlich seiner Nachhaltigkeit, der regionalen Diversifizierung sowie des erwarteten Produktionswachstums. Darüber hinaus entscheiden die Produktionskosten bzw. die Rentabilität und die Fähigkeit, die Jahresproduktion durch neue Reserven zu ersetzen, über die Wettbewerbsposition im Upstreamgeschäft.
Gemessen an diesen Kriterien sehen wir BP und Total mit Wettbewerbsvorteilen gegenüber den Konkurrenten. Die spanische Repsol schneidet bei einer ausschließlichen Betrachtung des Upstreamgeschäftes dagegen vergleichsweise schwach ab.
Vergleichsweise niedrige Bewertung
Historisch gesehen sind die Ölkonzerne derzeit unserer Meinung nach vergleichsweise niedrig bewertet. Trotz konjunktureller Unwägbarkeiten sehen wir bei den Konsensgewinnschätzungen kurzfristig eher Anpassungsbedarf nach oben, da die Schätzungen durchschnittlich auf Ölpreisprognosen basieren dürften, die mehr oder weniger deutlich unter dem derzeitigen Niveau liegen. Somit wäre weiteres positives Bewertungspotenzial vorhanden.
Hohe Dividendenrendite
Ein günstiges Chance-Risiko-Verhältnis ergibt sich bei den Energie-Aktien aus den umfangreichen Aktienrückkäufen der Unternehmen und den vergleichsweise hohen Dividendenrenditen. Im vergangenen Jahr erreichten die Aktienrückkäufe der von uns analysierten Konzerne einen Gesamtwert von rund 11 Mrd. €. Die Dividenden wurden um durchschnittlich 16% erhöht. Die hohen Cash-Zuflüsse dürften auch im laufenden Jahr für eine Fortsetzung der investorenfreundlichen Politik führen, wobei sich gemäß den Unternehmensaussagen die Gewichtung von Aktienrückkäufen hin zu Dividenden-ausschüttungen verschieben sollte.
BP bleibt unser Top-Pick
Zusammenfassend sprechen die insgesamt vergleichsweise günstigen Ertragsperspektiven, die relativ niedrige Bewertung sowie die hohen Ausschüttungen für ein Investment im Ölsektor. Insbesondere im derzeitigen Marktumfeld erscheint ein Engagement in diesem eher defensiven Sektor attraktiv. Bei der Aktienauswahl würden wir derzeit auf Titel setzen, die ein vergleichsweise starkes Upstreamgeschäft aufweisen. Unser Top-Pick unter den Energiewerten bleibt BP. Auch wenn die Jahreszahlen eher enttäuschten, sehen wir für das Unternehmen sehr gute Perspektiven. Diese sollten aus dem Anlauf großer Förderprojekte, der Wiederinbetriebnahme von US-Raffinerien sowie dem zunehmenden Augenmerk auf unkonventionelle Vorkommen resultieren. Begleitet werden die operativen Aktivitäten von strukturellen Veränderungen im Konzern, die zu effizienteren Prozessen und kürzeren Entscheidungswegen führen sollten. Als Alternative zum Kauf von Einzeltiteln bietet sich für ein Investment der Branchen-ETF DJ Stoxx 600 Oil & Gas (DE0006344765) an.
© Achim Wittmann,
LBBW Investment Research
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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