Industriemetalle trotzen dem Konjunkturabschwung
10.03.2008 | Eugen Weinberg
Frei nach Mark Twain könnte man sagen, Gerüchte über den Tod der Rohstoffe sind maßlos übertrieben. Der S&P GSCI Total Returns Index konnte seit Jahresbeginn um 13,3% zulegen. Die öffentliche Aufmerksamkeit hat sich dabei vor allem auf die sogenannten “soft commodities“ und die Edelmetalle gerichtet. Dabei haben die Industriemetalle die beste Performance gezeigt und seit Jahresbeginn 30% zugelegt. Die Kassakurse für Aluminium und Kupfer sind sogar um mehr als 30% gestiegen. Der globale Konjunkturabschwung sollte eigentlich Auswirkungen auf die Preise zeigen. Wir untersuchen daher, warum die Preise für Industriemetalle weiter so hoch sind.
Weiter Engpässe am Markt
Nach den Daten des WBMS (der ergiebigsten Datenquelle, wenn die Daten auch mit Zeitverzug geliefert werden) hat sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Kupfermarkt 2007 deutlich verschlechtert und die Lagerbestände liegen bei rund zwei Wochen Verbrauch. Wenngleich das etwas über dem Level von 2004 und 2005 liegt, ist es deutlich unter dem Durchschnitt der Jahre 1996 bis 2003 (4,4 Wochen). Am Aluminiummarkt bestehen deutlich weniger Engpässe, wobei letztes Jahr ein positives Marktgleichgewicht erzielt wurde. Aber da die Lagerbestände derzeit bei nur vier Wochen Verbrauch liegen, ist auch hier eine deutliche Verknappung gegenüber 2005 bis 2006 zu verzeichnen, als sie bei durchschnittlich sechs Wochen lagen (siehe Grafik 1).
LME Lagerbestände unverändert niedrig
Die LME-Lagerbestände für Industriemetalle lagen deutlich unter denen für 2003 bis 2006. Bei den meisten Metallen haben die Lagerbestände bereits einen Boden gebildet und befinden sich in einem leichten Aufwärtstrend (Grafik 2). Dies gilt mit der Ausnahme von Nickel - hier ist es in den vergangenen 12 Monaten zu einem deutlichen Anstieg gekommen und die Bestände sind nun wieder auf ein zuletzt im Jahr 2000 verzeichnetes Level zurückgekehrt - und Kupfer - hier ist es in den letzten zwei Monaten zu einem erneuten Rückgang gekommen.
Übermäßige Rohstoffspekulationen
Zahlen von der Comex deuten darauf hin, dass bei den spekulativen Kupferpositionen zum zweiten Mal in zwei Jahren Netto-Longpositionen erreicht wurden. Nach den Charts ist es schwer festzustellen, ob ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Umfang der Spekulationen und den Preistrends besteht (Grafik 3). Daher sollten wir uns vor allem mit den Fundamentaldaten als den wichtigsten Einflußfaktoren für die Preise beschäftigen.
Angebotsprobleme
Die steigenden Energiepreise zeigen erhebliche Auswirkungen auf Märkte wie den Aluminiummarkt, da bei der Verhüttung ein hoher Elektrizitätsbedarf entsteht. Zahlen aus China zu Kohle-, Elektrizitäts- und Ölpreisen im Freiverkehr weisen einen deutlichen Anstieg der annualisierten Inflationsraten von rund 1% im Sommer 2007 in den zweistelligen Bereich Ende des Jahres aus. In Anbetacht der Bedeutung Chinas für die Verhüttung von Aluminium sind diese Zahlen ein Beispiel dafür, wie die steigenden Kosten sich auf die Produktion von veredelten Metallen auswirken.
Ähnliche Probleme bestehen auch in Chile, dem weltgrößten Kupferproduzenten (36% der weltweiten Produktion). Klimaschwankungen, die eine Trockenperiode ausgelöst haben, haben die Produktion der Wasserkraftwerke reduziert, was wiederum gravierende Probleme für die Bergbauindustrie geschaffen hat. Dazu kommen eine Reihe von Streiks in wichtigen Minen, auf dem Kupfermarkt bestehen daher ernste Probleme auf der Angebotsseite. Wie auch bei den Edelmetallen, wo die Angst vor einer Angebotsverknappung in Südafrika zu einem massiven Anstieg der Platinpreise geführt hat, scheint eine ähnliche Entwicklung auch bei den Industriemetallen zu beobachten zu sein - wenngleich in geringerem Umfang.
Zusammenfassung: Der Ausblick für Industriemetalle
Trotz der Sorge, dass die Wachstumsverlangsamung in den Industrieländern erhebliche negative Auswirkungen auf die Preise haben könnte, ist das aus unterschiedlichen Gründen bisher nicht der Fall gewesen. Wir sind der Ansicht, dass der anhaltende Abschwung in den USA die Kupfernachfrage abschwächen wird, vor allem wenn es zu Auswirkungen auf China (den weltweit größten Verbraucher) kommt. Aber in Anbetracht der oben genannten Gründe (Verhältnis von Angebot und Nachfrage angespannt, niedrige Lagerbestände und Angebotsprobleme) ist es unseres Erachtens unwahrscheinlich, dass die Preise dieses Jahr deutlich unter 7000 $/Tonne fallen werden. Auch bei Aluminium besteht voraussichtlich weiterhin starke Nachfrage, wobei sich die Preise nach einer kurzen Korrekturphase bei $2900/Tonne etablieren dürften. Bei den anderen Industriemetallen rechnen wir allgemein mit einem leichten Rückgang, vor allem aufgrund der schwächeren Nachfrage.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: ´´Rohstoffe kompakt´´, Commerzbank AG
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