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Kaum Spielraum für höhere Aluminiumpreise

13.04.2015  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)

Wegen des hohen Angebots aus China ist der globale Aluminiummarkt von Überkapazitäten und einer Überversorgung gekennzeichnet. Daran wird sich wohl in den kommenden Monaten nichts ändern, selbst wenn die Produktion außerhalb Chinas wegen hoher Kosten gedrosselt werden sollte. Wir sehen daher kaum Aufwärtspotenzial für die Aluminiumpreise. Die physischen Prämien dürften weiter sinken.

Der Aluminiumpreis handelt seit Anfang März zumeist unter der Marke von 1.800 USD je Tonne in einem relativ engen Seitwärtsband. Zwar wurde die Abwärtsbewegung, die den Preis vorübergehend auf ein Jahrestief von 1.745 USD abrutschen ließ, zumindest vorerst gestoppt, deutlich Boden gut gemacht hat der Preis aber seitdem nicht (Grafik 1). Merklich steigenden Aluminiumpreisen stehen unseres Erachtens die anhaltend hohen Produktionsraten entgegen.

Gemäß Daten des International Aluminium Institute (IAI) wurden auf globaler Ebene im letzten Jahr rekordhohe 53,1 Mio. Tonnen Aluminium produziert. Dies waren 4,9% mehr als im Vorjahr. Hauptverantwortlich dafür war eine um 9,1% auf 23,9 Mio. Tonnen gestiegene Produktion in China. Das Land stand damit für 45% der weltweiten Aluminiumproduktion.

Außerhalb Chinas wurde die Produktion um 1,6% ausgeweitet. Zur Ausweitung der Produktion haben die rekordhohen Prämien (s.u.) wohl ebenso beigetragen wie der Verfall der Ölpreise, der die Kosten der Schmelzen reduzierte. Denn die Energiekosten machen rund 40% der gesamten Produktionskosten von Aluminium aus.

Der Trend der stetig steigenden Produktion hat sich bislang auch in diesem Jahr fortgesetzt. Während zwar außerhalb Chinas eine Reihe von Aluminiumschmelzen geschlossen wurden, da sie nicht mehr profitabel betrieben werden konnten, wurden und werden in China im großen Stil neue Kapazitäten an den Markt gebracht.

Das staatliche chinesische Research-Institut Antaike schätzte im Januar, dass die Schmelzkapazitäten im Land 2015 im Vorjahresvergleich um gut 14% auf 40 Mio. Tonnen pro Jahr ausgeweitet werden - vor allem in den westlichen Regionen des Landes, wo die Produktionskosten vergleichsweise niedrig sind. Dies hat entsprechende Auswirkungen auf die Produktion, die um knapp 11% auf 31 Mio. Tonnen steigen soll. Antaike geht dabei von einer höheren Produktionsbasis aus.

Da China deutlich über dem eigenen Bedarf produziert, exportiert das Land mittlerweile große Mengen Aluminium und Aluminiumprodukte. Gemäß Daten der Zollbehörde waren es im letzten Jahr schon 4,3 Mio. Tonnen - ein Rekordwert. Und auch im Durchschnitt der ersten beiden Monate des laufenden Jahres wurden bereits wieder gut 428 Tsd. Tonnen ausgeführt, 79% mehr als im Vorjahr (Grafik 2).

Angesichts der steigenden Produktion im Land wird sich an den hohen Exporten Chinas in den kommenden Monaten wohl nichts ändern. China trägt damit maßgeblich zur Angebotsausweitung am globalen Aluminiummarkt bei und sorgt dafür, dass dieser überversorgt bleibt.

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Die globale Nachfrage dürfte wohl auch in diesem Jahr um bis zu 7% zunehmen - dies erwarten zumindest führende Aluminiumproduzenten wie Alcoa oder Rusal. Bereits im letzten Jahr legte die Nachfrage gemäß Daten des World Bureau of Metal Statistics um 7,2% zu. Wachstumstreiber sind vor allem die Autoindustrie und die Luftfahrtbranche, aber auch der Bausektor und die Verpackungsindustrie tragen hierzu bei.

Ein Indiz für eine robuste Nachfrage können fallende Lagerbestände sein. Die LMEAluminiumvorräte werden auch tatsächlich seit gut einem Jahr nahezu kontinuierlich abgebaut - und zwar um 28% bzw. 1,5 Mio. Tonnen. Mit 3,9 Mio. Tonnen liegen sie auf dem tiefsten Stand seit fast sechs Jahren. Die noch relativ hohe Anzahl der gekündigten Lagerscheine von 2 Mio. Tonnen deutet darauf hin, dass sich der Lagerabbau zunächst fortsetzt.

Hierbei handelt es sich unseres Erachtens aber nicht nur um reale Nachfrage, sondern auch um die Verlängerung bzw. Fortführung von Finanztransaktionen, die Material binden.

Nicht einmal die Hälfte der LME-Aluminiumvorräte steht dem Markt aktuell zur Verfügung. Die SHFE-Bestände wurden in den letzten Wochen zwar wieder aufgebaut und liegen derzeit auf einem 5-Monatshoch. Mit 230 Tsd. Tonnen sind sie aber noch recht niedrig. Dies zeigt jedoch nur die halbe Wahrheit. Denn die Gesamtbestände in China liegen gemäß dem chinesischen Datenanbieter SMM erstmals seit Anfang Juni 2014 wieder über 1 Mio. Tonnen.

Und in Japan wurden in drei wichtigen Häfen des Landes Ende Februar mit über 453 Tsd. Tonnen rekordhohe Aluminiumvorräte registriert, wie das Handelshaus Marubeni berichtete. Dies entspricht 22% des gesamten letztjährigen Aluminiumverbrauchs Japans. Industriekreisen zufolge ist ein Niveau von 200-250 Tsd. Tonnen normal. Die Lagerhausbetreiber suchen mittlerweile nach Möglichkeiten, die Lagerkapazitäten zu erweitern.





Die hohen Vorräte hatten auch Auswirkungen auf die Prämienverhandlungen in Japan. So haben sich die Konsumenten und Produzenten für das zweite Quartal 2015 auf physische Prämien von 380 USD je Tonne geeinigt. Dies sind knapp 11% weniger als im ersten Quartal und ist zugleich der erste Rückgang der Prämien seit sechs Quartalen. Deutlich stärker als in Japan fällt der Rückgang der Prämien in anderen Regionen/Ländern aus.

Daten von Metal Bulletin zufolge sind in Europa die physischen Prämien bereits seit Mitte November im Sinkflug. Damals musste ein Aufschlag von 427 USD je Tonne auf den LME-Preis gezahlt werden, aktuell beträgt dieser noch 245 USD je Tonne. In den USA liegen die Prämien derzeit bei 413 USD je Tonne; im Rekordhoch Anfang Februar waren es noch 532 USD je Tonne (Grafik 3).

Wir gehen davon aus, dass die Prämien weiter sinken werden. Hierzu trägt das reichliche Angebot am Weltmarkt ebenso bei wie die Erwartung steigender Zinsen in den USA sowie die Lagerhausreform der LME.

Die LME hat zum 1. Februar neue Lagerhaltungsregeln eingeführt, die zu einer schnelleren Auslieferung von Material aus den LME-Lagerhäusern beitragen sollen (vor allem die sog. Loadin/Load-out-Regel). Mittlerweile ist ein weiterer Konsultationsprozess mit den Marktteilnehmern im Gange, die Regeln noch zu verschärfen. Diese sollen zum 1. Juni 2015 greifen.

Ende Oktober schließlich soll an der LME ein "Prämien-Kontrakt" für Aluminium eingeführt werden. Sollten die physischen Prämien bis dahin allerdings weiter deutlich zurückgekommen sein, könnte das Interesse an diesem Kontrakt verhalten sein.

Grundsätzlich demonstriert die LME mit ihren jüngsten Handlungen und Vorschlägen aus unserer Sicht Entschlossenheit, die Probleme der teilweise fehlenden Transparenz bei der Preisfindung und langer Wartezeiten zur Auslieferung von Material proaktiv anzugehen.

Unseres Erachtens dürfte dies zu einem besseren Zugang zu den LME-Lagerhäusern und zu einer Reduktion der physischen Prämien bei Aluminium führen.

Wir sehen aus fundamentaler Sicht für den Aluminiumpreis kaum Spielraum nach oben. China wird wohl wegen der staatlich subventionierten Produktion (niedrige Strompreise) auch zukünftig große Mengen Aluminium exportieren und somit maßgeblich zur guten Versorgungslage am Markt beitragen.

Die aktuelle Datenlage würde unseres Erachtens sogar niedrigere Preise rechtfertigen. Da wir aber davon ausgehen, dass die anderen Metallpreise anziehen, dürfte dies nicht spurlos an Aluminium vorbeigehen. Wir erwarten daher zum Jahresende weiter einen Aluminiumpreis von 1.825 USD je Tonne.

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Auf einen Blick

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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