China schockgefrostet: Energiehunger und die Aluminiumproduktion liegen auf Eis, Inflation bei Nahrungsmitteln
12.02.2008 | GoldSeiten
Der diesjährige Winter in China ist so hart wie seit 50 Jahren nicht mehr. Schneestürme und Schneemassen könnten noch bis Ende der Woche anhalten. Aus wirtschaftlicher Sicht schaden die zum Teil katastrophalen Wetterbedingungen der nationalen Ökonomie. Lehman Brothers spricht sogar von einer Krise. Ihnen zufolge wird der harte Winter durchaus einschneidende Auswirkungen auf den Energiesektor, die Aluminiumproduktion und die chinesische Lebensmittelpreise haben. Gerade die Schwerindustrie und das Transportsystem seien stark betroffen. Letztendlich, so kalkulieren Lehman Brothers, könnte sich das BIP Chinas im ersten Quartal 2008 merklich abschwächen.
Die harten Wetterbedingungen haben zu einer stark erhöhten Nachfrage nach Kohle geführt, die im ganzen Land jetzt zu Kohleknappheit führe. Die chinesische Nachfrage könnte also durch Exporteinschränkungen wettgemacht werden, in einer Zeit, in der Kohle ohnehin nicht im Überfluss vorhanden sei, schaut man auf die Produktionsprobleme in Australien und Südafrika. Durch die starken Einschränkungen im Transportsystem könne oft die vorhandene Kohle nicht an die Orte gelangen, an denen sie gebraucht werde. Immer wieder konnten nur 25% der normalen Menge an Kohle per Bahn transportiert werden. Chinas Energieproduktion ist jedoch, so Lehman Brothers, zu 70% von Kohle abhängig. Offiziellen Angaben zufolge sollen die Lagerbestände für Kohle im Januar schon auf 21 Mio. t gefallen sein - ein Minus von 50%. Ende des Monats mussten 7% der nationalen Energieproduktion aufgrund von Brennstoffmangel stillgelegt werden. Einerseits steige die Nachfrage nach Kohle, andererseits verhinderten die blockierten Transport und Reisewege ein hohes Verkehrsaufkommen, was wiederum zu einer nachlassenden Nachfrage nach Benzin, Diesel und Flugzeugbenzin führe. Lehman Brothers rechnen dahingehend mit einem Nachfrageminus von bis 20% für Januar/Februar.
Auch der Aluminiumsektor - als extrem energieabhängiger Sektor - sei stark betroffen. China produziere ein Drittel des weltweit hergestellten Aluminiums (2007: Weltproduktion 38 Mio. t – davon China 12,6 Mio. t). In Folge des harten und anhaltenden Wintereinbruchs und des damit einhergehenden Energie- und Transportnotstands mussten schon 12% der Aluminiumkapazitäten stillgelegt werden. Dies könnte sich, so Lehman Brothers, deutlich in der Bilanz für 2008 niederschlagen. Sie rechnen, dass 1,6 Mio. t Aluminium betroffen sein könnten, die Prognosen für die im Jahr 2008 zu erzielenden Überschüsse würden sich nach ihrer Rechnung von 150 kt auf nur 38 kt verringern.
Nicht zuletzt werden sich die derzeitigen klimatischen Bedingungen die chinesische Agrarindustrie auswirken. Das Agrarministerium berichtet von enormen Getreideverlusten. Ganze 10% des bewirtschafteten Landes ständen in diesem Jahr nicht zur Ernte zur Verfügung. Geschätzte 16 Mio. Nutztiere seien während der Kältewelle ums Leben gekommen. Dies könnte zu einer landesweiten Knappheit an Gemüse und Fleisch führen, was wiederum den Effekt einer stärkeren Inflation bei den Nahrungsmittelpreisen haben würde. Der chinesische Warenkorb (1/3 davon Nahrungsmittel) verteuerte sich im Dezember ohnehin schon um ganze 6,5%. Alles in allen kalkulieren Lehman Brothers mit einer möglichen Abschwächung des chinesischen BIPs in Q1 um 1-2 Prozentpunkte - die ursprünglichen Prognosen lagen bei 7% Wachstum.