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Naturkautschuk: Preise kommen nicht auf die Beine

23.07.2014  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)

Die Preise für Naturkautschuk liegen auf mehrjährigen Tiefständen. Zwar wird die globale Produktion 2014 wohl nur geringfügig steigen. Nach bereits drei Jahren mit Marktüberschüssen soll dennoch auch im Jahr 2014 wieder das Angebot die Nachfrage übersteigen. Auch für die kommenden Jahre wird zwar eine Verringerung der Überschüsse, aber kein Ende der üppigen Versorgung prognostiziert. Damit dürfte den Kautschukpreisen in absehbarer Zeit eine merkliche Erholung schwerfallen.

Der Preis für Naturkautschuk an der Börse in Singapur hat sich in den letzten drei Monaten bei etwa 170 US-Cents je Kilogramm stabilisiert. Dem war ein jahrelanger kräftiger Preisrückgang vorausgegangen. Alleine seit Anfang 2013 betrug das Minus 45% - Preise von über 450 US-Cents je Kilogramm wie in 2010/11 scheinen Lichtjahre entfernt. Lediglich in der zweiten Junihälfte konnte sich der Preis kurzzeitig leicht nach oben absetzen. Dies war zum einen einer Preisspitze bei Rohöl im Gefolge steigender geopolitischer Spannungen geschuldet.

Zum anderen geschah es auch im Vorgriff auf positive chinesische Zahlen zur Produktion im Verarbeitenden Gewerbe. Als später allerdings die Chinese Association of Automobile Manufacturers CAAM für Juni einen Rückgang in den Autoverkaufszahlen gegenüber Mai meldete, war die Luft auch schon wieder draußen. Allerdings weisen die Autoverkaufszahlen generell eine starke Saisonkomponente auf (Grafik 4).

Eine wesentliche Komponenten des monatelangen Preisrückgangs bei Kautschuk waren die hohen Lagerbestände, die in China aufgebaut wurden. China steht für 35% der weltweiten Nachfrage nach Kautschuk. Etwa 70% des Kautschuks gehen in die Reifenproduktion.

Die Lagerbestände in den von der Shanghai Futures Exchange registrierten Lagerhäusern waren bis Ende Januar auf 208 Tsd. Tonnen gestiegen, was dem höchsten Niveau seit Oktober 2004 entsprach (Grafik 2).

Der kräftige Lageraufbau in China war auf sehr robuste chinesische Importe in den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres zurückzuführen. Der Importsog am Jahresende erklärt sich neben dem gesunkenen Preisniveau mit der vorübergehenden Aussetzung der Exportsteuer im weltgrößten Naturkautschuk-Produzentenland Thailand. Im Dezember erreichten die chinesischen Kautschukimporte mit 350 Tsd. Tonnen ein Rekordniveau. (Grafik 3).

Tatsächlich waren ein Großteil davon vorweggenommene Käufe, denn in den letzten Monaten war Chinas Nachfrage am Weltmarkt wieder schwächer. Mit den hohen Importen zum Jahresende hatte China aber seine Versorgung auch für die Zeit sicher gestellt, in der ab Ende Januar saisonbedingt die Gewinnung von Kautschuksaft in den Produzentenländern für einige Wochen deutlich niedriger war. Entsprechend sind die hohen Lagerbestände Chinas in den letzten Wochen wieder etwas abgeschmolzen.

Auch in den Lagerhäusern im Hafen von Qingdao sanken die Bestände, die im Mai einen Spitzenwert erreicht hatten, im Juni um 10%. Unterstützt wurde dies allerdings auch durch Meldungen über Betrügereien mit Finanzgeschäften, in denen Rohstoffe als Sicherheit gegeben wurden, und die nun in geringerem Maße getätigt werden.

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Das leichte Abschwellen der Lagerbestände kann aber eben nicht als Zeichen eines sich anspannenden Marktes interpretiert werden. Zwar werden die Prognosen zum Angebot an Naturkautschuk und zur Marktbilanz zuweilen kräftig in wechselnde Richtungen verändert. So hatten im Frühjahr wichtige Marktbeobachter wie die International Rubber Study Group IRSG und das Analysehaus The Rubber Economist ihre Überschussprognosen für 2014 kräftig angehoben, nachdem vor allem in Thailand die Produktion höher eingeschätzt wurde.

Im Sommer wurden dann die Überschussschätzungen wieder nach unten korrigiert, nachdem die anhaltende Preisschwäche die Ernte weniger attraktiv macht. Es bleibt aber dabei: Knappheit lässt sich nirgendwo erkennen. Vielmehr hat auch gerade aktuell wieder die IRSG in ihrem halbjährlich erscheinenden Prognosebericht für all ihre Szenarien festgestellt, dass auch in den kommenden Jahren eine positive Angebotsentwicklung in der Lage sein dürfte, die steigende Nachfrage zu befriedigen.

The Rubber Economist erwartet, dass nach einem Überschuss in 2013 von 644 Tsd. Tonnen auch 2014 mit einem Überschuss von 514 Tsd. Tonnen schließen dürfte. Für die Folgejahre 2015 und 2016 wird dann jeweils ein Überschuss von noch immer 328 bzw. 202 Tsd. Tonnen prognostiziert.

Das Kautschukangebot aus dem weltgrößten Produzentenland Thailand ist anders als zwischenzeitlich - nicht nur wegen der politischen Konflikte - befürchtet im Jahr 2013 gestiegen. Mit 4,17 Mio. Tonnen wurde ein neuer Rekord verbucht, nicht zuletzt aufgrund einer deutlich größeren Fläche, auf welcher erntereife Gummibäume stehen. Damit stellt das Land weiterhin alleine gut ein Drittel der weltweiten Kautschukproduktion, deren Umfang die IRSG für 2013 mit 12,04 Mio. Tonnen angibt.

In 2014 dürfte das Angebot aus Thailand eher enttäuschen und das weltweite Angebotswachstum nur marginal sein. Aber dennoch sollte ein neuer globaler Produktionsrekord von 12,1 Mio. Tonnen erreicht werden. Die erwarteten sinkenden Überschüsse sind weitgehend Folge einer stärker steigenden Nachfrage: Das globale Nachfragewachstum wird von der IRSG für 2014 und 2015 auf jeweils etwa 4,5% geschätzt. 2013 war die Nachfrage nach Naturkautschuk um weniger als 3% gestiegen.





Dass in den USA und im Euroraum nun die Wirtschaftstätigkeit anzieht, sind gute Nachrichten für die Kautschuknachfrage. So überraschten etwa in den USA die Zahlen zu den Autoverkäufen im Juni mit annualisiert fast 17 Mio. Fahrzeugen - und damit dem höchsten Niveau seit 8 Jahren - den Markt positiv.

Ein niedrigerer Angebotsüberschuss im Jahr 2014 und der Ausblick auf eine Fortsetzung dieses Trends in den Folgejahren dürfte dem stark gefallenen Kautschukpreis nur begrenzt Unterstützung geben. Deutliches Erholungspotenzial für den Preis sehen wir angesichts der reichlichen Versorgung des Marktes nicht, zumal nach Angaben der IRSG auch die Produktion von synthetischem Kautschuk im vierten Quartal 2013 - aktuellere Daten liegen nicht vor - neue Rekordstände erklommen hat und die Kapazitäten weiter ausgebaut werden.

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Auf einen Blick

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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