Orangensaft: Gleicht Brasilien das geringere US-Angebot aus?
03.04.2014 | Eugen Weinberg (Commerzbank)
Die Pflanzenkrankheit citrus greening und die Trockenheit in wichtigen Anbaugebieten bestimmt derzeit auch am Markt für gefrorenen konzentrierten Orangensaft die Preisentwicklung. In den USA soll die Produktion an Orangen und Orangensaft empfindlich zurückgehen. Das US-Landwirtschaftsministerium zeigt sich optimistisch, dass dies durch Produktionszuwäche in Brasilien und anderen Ländern mehr als ausgeglichen werden kann. Doch die Dürre in Brasilien und weiter sinkende Prognosen für die US-Orangenernte 2013/14 haben die Preise für gefrorenes Orangensaftkonzentrat wieder auf den Stand vom letzten Frühsommer steigen lassen.
Der Preis für gefrorenen konzentrierten Orangensaft an der Börse in New York hat im März mit gut 150 US-Cents je Pfund wieder den Stand vom Frühsommer 2013 erreicht. Zwischenzeitlich waren die Preise im Oktober auf unter 120 US-Cents je Pfund abgesackt. Seither haben die Preise wieder angezogen. Dies liegtvor allem daran, dass mit der Dürre in Brasilien Zweifel daran aufkamen, dass eine steigende brasilianische Produktion die Ausfälle in den USA wirklich wettmachen kann.
Dass in den USA in der Saison 2013/14 mit einem sinkenden Angebot an Orangen und Orangensaft gerechnet werden muss, hat das US-Landwirtschaftsministerium USDA bereits mehrfach klar gemacht. In den USA konzentriert sich die Orangenproduktion auf nur zwei Staaten: 70% der Orangen stammen aus Florida, alle anderen kommen - bis auf einen zu vernachlässigenden Rest - aus Kalifornien. Die Meldung des USDA, dass in diesem Jahr die Produktion in Florida wohl auf den niedrigsten Stand seit 1990 absinken wird, hat daher den Markt in Unruhe versetzt.
Gegenüber dem Vorjahr soll ein Minus von 15% zu Buche stehen. Hauptgrund ist die von einem Insekt übertragene Krankheit citrus greening,die erhebliche Schäden an den Bäumen angerichtet hat. Die Krankheit verhindert eine ausreichende Nährstoffaufnahme, so dass die Früchte verkümmern und vorzeitig abfallen.
Die Verlustrate durch vorzeitiges Abfallen (droppage) dürfte in dieser Saison in Florida die höchste seit 50 Jahren sein. Die Neuanlage von Plantagen ist teuer; viele Jungbäume müssen im Treibhaus aufgezogen werden, um eine Ansteckung zu vermeiden. Daher ist die mit Orangenplantagen belegte Fläche in Florida inzwischen auf den niedrigsten Stand seit Aufzeichnungsbeginn 1978 gesunken. In Florida wird traditionell die Orangenernte fast vollständig der Verarbeitung zu Saft zugeführt.
In Kalifornien ist der Anteil der Orangen zum Direktkonsum höher, doch dürfte dieses Jahr das citrus greeningauch dort viele Früchte zum Verzehr unbrauchbar machen. Der Anteil zur Saftverarbeitung dürfte daher in dieser Saison höher als sonst sein (Grafik 2).
Laut Einschätzung des USDA setzt sich in den USA also der Trend einer sinkenden Produktion fort: Das USDA erwartet in seiner letzten Prognose vom Januar jeweils ein Minus von 11% bei der US-Orangen- und Orangensaftproduktion.
Neben dem citrus greeningspielt dabei auch die Trockenheit eine Rolle: Zwarhaben sich in Florida, wo während der Wintermonate laut US DroughtMonitor 28% der Fläche unnormal trocken waren, die Feuchtigkeitsverhältnisse wiedernormalisiert. Nicht so aber in Kalifornien, wo derzeit etwa die Hälfte der Fläche von extremer Trockenheit und ein weiteres Viertel von außerordentlicher Dürre betroffen ist.
Für die weltweite Produktion zeigt sich das USDA im Januar deutlich optimistischer als für die USA. Der Hauptgrund dafür ist Brasilien: Das USDA schätzt, dass in Brasilien bei der nächsten Ernte die Orangenproduktion aufgrund größerer Früchte um 8,5% ansteigen soll. Richtig anlaufen soll die Ernte ab Mai 2014. Nach Lesart desUSDA zählt sie zur Saison 2013/14, während sie in Brasilien bereits als 2014/15 geführtwird. Deutlich stärker soll noch die Produktion von Orangensaft steigen (18%), da die Erträge aus dem Pressen verbessert werden. Bei diesen imposanten Zuwächsen sollte aber nicht vergessen werden, dass in der Saison zuvor sowohl die Orangenproduktion als auch die Orangensaftproduktion mit 20% bzw. 23% merklich zurückgegangen waren.
Auch in 2011/12 war die Produktion bereits rückläufig. Denn den letzten Jahren war auch in Brasilien, dem bei einem Produktionsanteil von einem Drittel mit Abstand größten Orangenproduzenten der Welt und weltgrößtenExporteur von Orangensaft (Grafik 3), die Plantagenfläche reduziert worden. Viele Produzenten stiegen auf Produkte wie Sojabohnen, Mais oder Zuckerrohr um. Noch ist unklar, ob die Dürre in Brasilien die USDA-Prognosen durchkreuzt.
Gute Witterungsbedingungen sollen laut USDA in der EU ein kräftiges Plus von 12% bei der Orangenproduktion ermöglichen. Damit soll die EU nach Jahren des Rückgangs in etwa wieder den Stand von 2008/09 erreichen. Die Saftproduktion soll ebenso stark steigen. Die EU ist der größte Importeur von Orangensaft, wobei ein Großteil der Importe aus Brasilien und den USA stammen. Bei frischen Früchten sind Südafrika und Ägypten die wichtigsten Lieferanten.
Auch in China soll die Produktion von Orangensaft weiter steigen. Gegenüber 2010/11 soll sich für 2013/14 eine Vervierfachung ergeben. Da aber auch die Nachfrage weiter wächst, bleibt das Land auf Importe angewiesen. Etwa die Hälfte der verbrauchten Menge muss importiert werden. Allerdings sind das nur 0,5% der weltweit gehandelten Menge an Orangensaft. Gegenüber der EU, die die Hälfte der gesamten Importe auf sich vereint und das Elffache Chinas importiert, ist China als Kunde derzeit noch zu vernachlässigen.
Insgesamt soll laut USDA sowohl bei den Orangen selbst als auch bei Orangensaft der Anstieg in Brasilien und einigen anderen Ländern das deutliche Minus bei den USA mehr als wettmachen, so dass die Orangenproduktion nach Einschätzung des USDA weltweit um 5% und die Orangensaftproduktion um 6% steigen sollen.
In den letzten Jahren ist der Pro-Kopf-Konsum von Orangensaft in den USA deutlich zurückgegangen, da viele Verbraucher Getränke mit niedrigerem Zuckergehalt vorziehen. Auch in der EU, dem größten Verbraucher von Orangensaft, ist der Konsum inzwischen deutlich niedriger als noch vor wenigen Jahren. Da diese beiden Regionen für zwei Drittel des weltweiten Orangensaftkonsums stehen, sind die Perspektiven aufder Nachfrageseite getrübt. Dennoch: Bis auf weiteres dürften die ungelösten Probleme mit dem citrus greeningund die Sorgen über die Folgen der brasilianischen Dürre dieOrangensaftpreise unterstützen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG
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