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Angespannte Marktlage bei Platin und Palladium

04.06.2013  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)

Im letzten Jahr sind sowohl der globale Platin- als auch der globale Palladiummarkt in ein Angebotsdefizit gerutscht. Verantwortlich hierfür war ein geringeres Angebot aus Südafrika und Russland. Palladium profitierte darüber hinaus von einer starken Nachfrage aus der Automobilindustrie, bei Platin stach die Schmucknachfrage positiv hervor. Für 2013 sieht Johnson Matthey keine grundlegenden Änderungen, so dass die Preise mittelfristig betrachtet steigen dürften.

Johnson Matthey, der weltweit größte Verarbeiter vonPlatin und Palladium, hatte Mitte Mai seinen aktuellen Halbjahresbericht zur Lage an den globalen Platin- und Palladiummärkten veröffentlicht. Wir fassen im Folgenden die wesentlichen Aussagen von Johnson Matthey zusammen.


Platin:

Der globale Platinmarkt wies im letzten Jahr ein Angebotsdefizit von 375 Tsd. Unzen auf, nachdem das Angebot die Nachfrage im Vorjahr noch um 450 Tsd. Unzen überstieg. Das Defizit kam in erster Linie durch einen beispiellosen Rückgang der südafrikanischen Platinproduktion zustande. Durch lang andauernde Streiks, sicherheitsbedingten Produktionsausfällen und Minenschließungen haben diesüdafrikanischen Platinhersteller 2012 mindestens 750 Tsd. Unzen an Produktion "verloren". Im Vergleich zum Vorjahr ging die lokale Produktion um 15,7% auf 4,10 Mio. Unzen zurück. Dadurch fiel die globale Platinproduktion auf ein 12-Jahrestief von 5,64 Mio.Unzen (Grafik 1).

Trotz der hohen Verluste blieb der Marktanteil Südafrikas bei über 70%, was die Abhängigkeit der Verbraucher von Südafrika unterstreicht. Das Angebotan wiedergewonnenem Platin lag mit 2,03 Mio. Unzen fast exakt auf dem Niveau des Vorjahres. Ein Minus bei Autokatalysatoren wurde durch die vermehrte Verfügbarkeit von Altschmuck ausgeglichen.

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Die Platinnachfrage zeigte sich auf Bruttobasis (ohneRecycling) mit 8,05 Mio. Unzen im Vorjahresvergleich weitgehend unverändert. In den einzelnen Nachfragekomponenten waren allerdings große Unterschiede zu beobachten (Grafik 2).

Bei den Autokatalysatoren wurde ein deutlicher Rückgang der Nachfrage in Europa durch eine höhere Fahrzeugproduktion in Japan und anderen asiatischen Ländern sowie durch eine vermehrte Lkw-Herstellung in Nord-Amerika wettgemacht. Insgesamt stieg die Platinnachfrage aus der Automobilindustrie moderat um1,7% auf 3,24 Mio. Unzen. Mit einem Anteil von 40% stellte sie nach wie vor die wichtigste Determinante dar. Einen mit 12,3% besonders starken Zuwachs verzeichnete die Schmucknachfrage. Hauptsächlich getrieben durch China erreichte diese mit 2,78 Mio.Unzen den zweithöchsten Wert überhaupt.

Im Reich der Mitte wurden im vergangenen Jahr viele neue Schmuckläden eröffnet und die Schmuckhersteller haben die niedrigen Preise zum Lageraufbau genutzt. Der teilweise hohe Preisabschlag von Platin zu Gold, der fast das gesamte Jahr über zu beobachten war, trug ebenfalls zur höheren Schmucknachfrage bei. Dagegen gab die industrielle Nachfrage außerhalb des Automobilsektors deutlich um 20,5% auf1,57 Mio. Unzen nach. Dies war hauptsächlich der Schwäche in der Glas- und Elektronikindustrie geschuldet. Die Investmentnachfrage blieb mit 455 Tsd. Unzen nahezukonstant.

Für das laufende Jahr geht Johnson Matthey nicht davon aus, dass die südafrikanischen Platinproduzenten ihre Produktionsverluste aus dem Vorjahr aufholen können. Durch den gravierenden Kostendruck - vor allem stark steigendeLohn- und Energiekosten – könnte es in diesem Jahr zu umfangreichen Kapazitätsstilllegungenkommen (siehe auch Rohstoffe kompakt Edelmetalle vom 7.5.2013).

Aufgrund einer moderaten Ausweitung des Angebots in anderen Regionen dürfte das globale Platinangebot 2013 dennoch etwas über dem Niveau von 2012 liegen. Nachfrageseitig erwartet Johnson Matthey unter dem Strich keine Erholung seitens der Automobilindustrie und die Schmucknachfrage könnte nach dem starken letzten Jahr nun etwas schwächer ausfallen. Dagegen soll sich die industrielle Nachfrage außerhalb des Automobilsektors merklich erholen, so dass sich insgesamt betrachtet aus fundamentaler Sicht das Angebot und die sog. Fabrikationsnachfrage in etwa die Waage halten dürften.





Johnson Matthey erwartet dennoch ein moderates Angebotsdefizit am globalen Platinmarkt, falls die Investmentnachfrage auch in diesem Jahr zulegen sollte. Stark beeinflusst durch die Einführung des ersten physisch hinterlegten Platin-ETFs in Südafrika Ende April haben die von Bloomberg erfassten Platin-ETFs zusammengenommen seit Jahresbeginn Zuflüsse von knapp 570 Tsd. Unzen verzeichnet (Grafik 3). Sollte es hier im weiteren Jahresverlauf nicht zu merklichen Abflüssen kommen, dürfte das Angebotsdefizit unseres Erachtens sogar höher als im letzten Jahr ausfallen.


Palladium:

Angebots- und nachfrageseitig bedingt rutschte der globale Palladiummarkt 2012 in ein Angebotsdefizit von 1,07 Mio. Unzen, nachdem ein Jahr zuvor noch ein Überschuss von 1,19 Mio. Unzen registriert wurde (Grafik 4).

Das globale Palladiumangebot fiel im Vergleich zum Vorjahr um 11,1% auf 6,55 Mio. Unzen, den tiefsten Wert seit dem Jahr 2003. Hauptverantwortlich hierfür waren deutlich geringere Verkäufe russischer Staatsreserven, die auf nur noch 250 Tsd. Unzen beziffert wurden. Dies waren 525 Tsd. Unzen weniger als im Vorjahr. Johnson Matthey geht davon aus, dass die russischen Staatsreserven, welche in den letzten Jahren mehr als 10% des globalen Palladiumangebots stellten, nahezu erschöpft sind.

Auch die Minenproduktion in Russland, dem mit einem Marktanteil von 44% größten Palladiumanbieter, ging im letzten Jahr zurück. In Südafrika, dem weltweit zweitgrößten Palladiumproduzenten, wurde aufgrund der Streiks in der lokalen Minenindustrie 9,0% weniger Palladium produziert. Zusammen standen Russland und Südafrika 2012 für fast 80% des globalen Palladiumangebots. Mit 2,28 Mio. Unzen lagdas Angebot an wiedergewonnenem Palladium leicht unter dem Niveau des Vorjahres.

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Angetrieben durch die Automobilindustrie ist die gesamte Palladiumnachfrage auf Bruttobasis (ohne Recycling) im Vorjahresvergleich um 15,6% auf ein Rekordhoch von 9,90 Mio. Unzen gestiegen. Zur Produktion von Autokatalysatoren wurdeim letzten Jahr eine Rekordmenge von 6,62 Mio. Unzen Palladium nachgefragt, was einem Anstieg um 7,5% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dieser wurde gleich durch mehrere Aspekte getragen: 1) eine Ausweitung der Produktion in China, 2) eine Erholung der Produktion in Japan nach dem Tsunami im Jahr 2011, 3) das Ersetzen der alternden Fahrzeugflotte in den USA, 4) die verstärkte Nutzung von Palladium in Dieselkatalysatoren in Europa.

Mit einem Anteil von knapp 67% blieb der Automobilsektor damit die bestimmende Nachfragedeterminante (Grafik 5). Die industrielle Nachfrage außerhalb der Automobilindustrie ging um 4,1% auf 2,37 Mio. Unzen zurück, was in erster Linie der Elektronikindustrie geschuldet war.Die Schmucknachfrage war ebenfalls weiter rückläufig und lag mit 445 Tsd. Unzen nicht einmal mehr halb so hoch wie noch vor vier Jahren. Dagegen kehrte die Investmentnachfrage dank hoher ETF-Zuflüsse mit 470 Tsd. Unzen wieder klar in den positiven Bereich zurück. 2011 wurden durch die Anleger per Saldo noch 565 Tsd. Unzen dem Markt zugeführt. Der Großteil des Angebotsdefizits lässt sich somit durch den Swing bei der Investmentnachfrage erklären.

Für das laufende Jahr erwartet Johnson Matthey insbesondere aufgrund weiter abebbender Reserveverkäufe Russlands einen abermaligen Rückgang des globalen Palladiumangebots. 2013 sollen weniger als die Hälfte der letztjährigen Volumina aus russischen Staatsbeständen veräußert werden. Dieser Rückgang könne auch nicht durch die Minenproduktion z.B. in Russland, Südafrika oder Simbabwe aufgefangen werden,die stabil bleiben soll. Angeführt von der nach wie vor robusten Nachfrage aus der Automobilindustrie soll die Gesamtnachfrage auch in diesem Jahr weiter zulegen, allerdings nicht mehr in dem Maße wie 2012. Denn die industrielle Nachfrage außerhalb des Automobilsektors dürfte moderat und die Schmucknachfrage sogar weiter deutlich zurückgehen.





Aus fundamentaler Sicht erwartet Johnson Matthey für 2013 ein weiteres Jahr mit Angebotsdefizit. Dieses dürfte umso größer ausfallen, je höher die Investmentnachfrage ist. Die von Bloomberg erfassten Palladium-ETFs verzeichneten seit Jahresbeginn bislang Zuflüsse von knapp 280 Tsd. Unzen.

Wir sehen bei Platin und vor allem bei Palladium teilweise deutliches Aufwärtspotenzial für die Preise. Während bei Platin vieles von der Investmentnachfrage abhängt, scheint das Angebotsdefizit bei Palladium struktureller Natur zu sein. Die bislang in diesem Jahr zu beobachtende robuste Investmentnachfrage dürfte dieohnehin schon angespannte Marktlage noch verschärfen. Ende des Jahres erwarten wir einen Platinpreis von 1.700 USD je Feinunze. Palladium sollte dann bei 800 USD je Feinunze notieren.

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Auf einen Blick

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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