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Aktueller Kurzkommentar. Rohstoffe: Phoenix aus der Asche?

13.05.2013

April war erneut ein negativer Monat für Rohstoffe. In den ersten zwei Aprilwochen verlor der Dow Jones UBS Rohstoffindex annähernd -5,5%. Die anschließende Erholung führte zu einer Monatsperformance von -2,8%. Besonders getroffen wurden die Edelmetalle (-9,6%), aber auch die Industriemetalle (-5,1%) und Energierohstoffe (-1,5%) verzeichneten eine negative Wertentwicklung. Gerade in dieser Zeit schaffte der amerikanische Aktienleitindex S&P500 ein neues Allzeithoch, der Dax30 stand Ende April 2013 unmittelbar davor. Die freundliche Börsentendenz setzte sich auch bei japanischen Aktien fort. Der Nikkei 225 erreichte Werte wie zuletzt im September 2008.

Wie in unserem April Spezialkommentar ausgeführt, scheint der Spaghetti-Western "The good (equities), the bad (bonds), and the ugly (commodities)" in einer Endlosaufführung an den Kapitalmärkten gezeigt zu werden. Die Kommentare zu Rohstoffen reichen von dem "Ende des Superzyklus" bis hin zu Studien, die einen massiven Angebotsüberschuss für viele Rohstoffe zeichnen. Das extrem negative Marktsentiment zu Rohstoffen lässt sich an der globalen Fondsmanagerumfrage von Merill Lynch ablesen, die die Rohstoffallokationsquote auf dem niedrigsten Niveau seit 2009 ausweist. Ist dieses extrem negative Sentiment fundamental untermauert?

Wie in unserem Spezialkommentar Mitte April 2013 ausgearbeitet, ist die ökonomische Wirklichkeit nicht so trüb, wie viele Marktbeobachter sie zeichnen. Es gibt keine Anzeichen für einen drastischen Konjunktureinbruch in China. In den USA deuten die makroökonomischen Indikatoren auf ein stabiles Wachstum von 1,5% bis 2% hin. Die Konjunkturumfragen in Europa haben sich zuletzt auf niedrigem Niveau stabilisiert. In Japan scheint der Richtungswechsel zu einer aggressiveren monetären Lockerung einen moderaten Aufschwung hervorzurufen. Für China gilt, dass ein Wachstum zwischen 7% und 8% gute Nachrichten für die Rohstoffmärkte bedeuten.

Aufgrund der Größe der Volkswirtschaft impliziert dies einen massiven Anstieg des Rohstoffverbrauchs, insbesondere bei Metallen und Rohöl. China ist im Übergang von einem schnell wachsenden Schwellenland zu einer entwickelten Volkswirtschaft begriffen. Bisher hat die Wirtschaftspolitik diesen Übergang mit einer Politik des Augenmaßes begleitet, das den typischen Boom Bust Zyklus vieler Schwellenländer vermieden hat. Eine Leistung, die wir der chinesischen Führung vor zwei bis drei Jahren nicht zugetraut haben.

Wird es konjunkturelle Rückschläge auf diesem Weg geben? Sicherlich. Wird es einen Zusammenbruch geben? Unwahrscheinlich. Wie im Vorjahr sind viele Fondsmanager short Industriemetalle, da sie auf einen imminenten Konjunkturabschwung in China setzen, der sich jedoch im Vorjahr nicht materialisiert hat. Die Erwartung über eine harte Landung der chinesischen Wirtschaft in 2012 hat sich am Ende als falsch herausgestellt. Wir glauben, dass 2013 ein Déjà-vu folgen wird.

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Weltwirtschaft im Jahr 2013 auf einem stabileren Pfad. Ein Aufbrechen der Eurozone steht im Gegensatz zum Frühjahr 2012 nicht mehr unmittelbar auf der Agenda. Die Wirtschaftspolitik hat über den Sommer 2012 klar den Willen zur Fortführung des Euro-Projekts gegeben. Die Zinsaufschläge von Staatsanleihen der Peripherieländer haben sich beruhigt, die Einkaufsmanagerumfragen in den Krisenstaaten scheinen einen Boden gefunden zu haben und die Aktienmärkte in Europa zeigen in den letzten Wochen einen ersten Anflug relativer Stärke gegenüber dem Weltaktienindex.

Das kräftigste Argument der Rohstoffbären ist das eines Angebotsüberschusses bei vielen Industrierohstoffen, namentlich bei den Industriemetallen. In der Tat dürften einige der Metallmärkte im Jahr 2013 einen Marktüberschuss aufweisen. Dabei wird aber häufig übersehen, dass es kurzfristig auch Knappheitstendenzen gibt, was sich an der steigenden Prämie der Metallnotierungen in Shanghai im Vergleich zu den Börsenpreisen an der London Metal Exchange (LME) widerspiegelt. Dies macht sich bereits in ersten Vormerkungen zur Auslieferung von LME Lagerbeständen (cancelled warrants) bemerkbar. Zudem dürfte sich ein Teil des vermuteten Angebotsüberschusses nicht materialisieren, da Aluminium, Zink, Blei und Nickel an oder unter den durchschnittlichen Produktionskosten notieren.

Die große Ausnahme ist Kupfer, das noch deutlich über den Produktionskosten handelt. Zumeist wird für Kupfer ein Übergangsjahr von Marktdefiziten (Jahre 2010-2012) zu Marktüberschüssen (2014ff) modelliert. Diese Erwartung hat seit Februar 2013 zu massiven Preisabschlägen geführt. Das Sentiment ist unserer Ansicht nach aber einseitig auf die Short-Seite verzerrt. Wir haben in den letzten Wochen nicht eine Studie mit einer bullishen Marktmeinung für Kupfer bemerkt. Wir erwarten kurzfristig Short-Eindeckungen, die den Preis auf über 8.000 USD je Tonne treiben könnten.

Auch bei den anderen Metallen neigen wir zu Long-Positionen und sind dagegen vor allem Gold und Silber untergewichtet. Wie in unserem April Spezialkommentar ausgeführt, gibt es kurzfristig wenig fundamentale Unterstützung, die den Bärenmarkt bei Gold aufhalten könnte. Die technische Marke von 1.480 USD je Feinunze dürfte im zweiten Quartal 2013 nicht nachhaltig übertroffen werden. Das Kursziel liegt zwischen 1.100 und 1.200 USD je Feinunze, bevor im zweiten Halbjahr eine Erholung einsetzt.

Bei Rohöl zieht die Preisvorstellung Saudi-Arabiens, das einen Preis von 100 USD je Barrel benötigt, um den Staatshaushalt in 2013 zu finanzieren, mittelfristig eine Preisuntergrenze in den Markt ein. Saudi-Arabien hat auf eine schwächere Rohölnachfrage bereits mit Produktionskürzungen von 900 kb/d reagiert. Wir sehen keine nachhaltige Unterschreitung der 100 USD-Marke. Die
Überraschung könnte im zweiten Halbjahr 2013 eine stärker als erwartete Rohölnachfrage sein.

Die Signale von den Terminkurven im Energiesektor deuten in diese Richtung. Die Backwardation in der Brent-Terminkurve hat sich in den letzten Wochen trotz absoluter Preisschwäche gehalten. Mit Lagerrückgängen in Cushing hat sich die WTI-Terminkurve zuletzt ebenfalls verbessert. WTI hat den Preisabschlag zu Brent und den Rohölprodukten im April 2013 deutlich verringern können. Wir sind der Meinung, dass die Spread-Einengung zu schnell und auch etwas zu weit verlaufen ist, da die physische Arbitrage per Lastwagen bei den gegenwärtigen Preisrelationen nicht mehr gegeben ist. Kurzfristig platzieren wir Übergewichte im Energiesektor deswegen bei Brent, Benzin und Heizöl.

Nach wie vor düster ist der Ausblick für die Agrarrohstoffe. Kaltes und nasses Wetter im Maisgürtel der USA sorgte Ende April für eine Verzögerung der Mais-Aussaat, was zu einem kurzen Preissprung führte. Die Erfahrungen früherer Jahre zeigen jedoch, dass die Mais-Aussaat binnen weniger Tage komplett nachgeholt werden kann. Es bedarf schon eines über mehrere Wochen anhaltend schlechten Wetters, um unsere Erwartung eines hohen Marktüberschusses zu ändern.

Im Jahr 2009 folgte auf eine verzögerte Mais-Aussaat eine Rekordernte. Wir erhöhen unser Untergewicht bei jeder kurzfristigen Preisstärke. Bei Kaffee und Zucker gehen wir nach wie vor von einem Überangebot aus, was sich in stark negativen Roll-Renditen bei beiden Rohstoffen widerspiegelt. Wir halten unser Untergewicht, das teilweise durch eine Übergewichtung von Kakao ausgeglichen wird.

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