Tiberius Rohstoff-Research: Kurzkommentar Februar 2013
12.03.2013
"Und täglich grüßt das Murmeltier"
"Ceterum censeo ut Carthaginem esse delendam - Im übrigen denke ich, dass Karthago zerstört werden muss". Das war das Schlusswort jeder Rede Cato des Älteren. Angesichts der zunehmenden Kursdivergenzen zwischen Rohstoffen und Aktien sind wir versucht ein "Im übrigen denken wir, dass Metalle und Rohöl im Vergleich zu Aktien- und Rentenmärkten unterbewertet sind“ jeder Kommentierung der Märkte voranzustellen. Wie Bill Murray in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier" durchleben wir seit Monaten ein und denselben Tag - Hausse an den Aktien- und gleichzeitig (!) bei den sicheren Häfen Bundesanleihen und US-Staatsanleihen begleitet von Desinteresse und negativer Performance an den Märkten für Metalle und Minenaktien.
Starke Konjunkturzahlen (wie z. B. die US-Einkaufsmanagerindizes) werden an den Aktienmärkten gefeiert und an den Metallmärkten schlichtweg ignoriert. Dabei liegen die Makrodaten weltweit überwiegend über den Erwartungen, wie ein steigender Citibank Surprise Index zeigt. Die positive Aktienperformance ist vor diesem Hintergrund teilweise nachvollziehbar. Der Rückstand der Rohstoffe und im speziellen der Metalle hat in einzelnen Marktsegmenten bereits paradoxe Züge angenommen. Der Performancevorsprung des japanischen Nikkei 225 gegenüber Kupfer beträgt rund 30% in den letzten vier Monaten.
Nun mögen manche einwenden, dass bei den Metallen der Blick nach China maßgeblich sei, da das Reich der Mitte im letzten Jahrzehnt bei einigen Metallen zum größten Nachfrager (und Produzenten) avanciert ist. Unabhängig von der Fragwürdigkeit dieser einseitigen China-Fokussierung bleibt festzuhalten, dass die offiziellen Konjunkturdaten aus dem Reich der Mitte keine Änderung der Großwetterlage anzeigen. Das chinesische Wachstum dürfte unverändert zwischen 7,5% und 8% liegen, die Aufregung, die um kurzfristig über den Erwartungen liegenden Kreditwachstumszahlen, unter den Erwartungen liegenden Einkaufsmanagerzahlen oder möglichen Beschränkungen beim Immobilienerwerb gemacht wird, trägt in einem nahezu ereignislosen Markt Züge einer zwanghaften Selbstbeschäftigung.
Zum Antritt einer neuen Regierung sind unabhängig von der unterliegenden Konjunktur kaum großartig "andere" Zahlen zu erwarten. Wir sind ohnehin der Meinung, dass eine Zufallszahlengenerierung in den Grenzen zwischen 48 und 54 Punkten den Verlauf des chinesischen Einkaufsmanagerindex in den nächsten Jahren am besten widergibt.
Einen anderen Einblick in die chinesische Konjunktur vermittelt die Kursentwicklung an den Kapitalmärkten deren Unternehmen in China oder mit China Handel treiben. In Asien zählen Japan und Australien zu den wichtigsten Handelspartnern. In beiden Ländern eilen die Aktienmärkte von Hoch- zu Hochpunkt. Im krassen Gegensatz zu der verhaltenen Metallpreisentwicklung steht der Investitionsboom im australischen Minensektor, der die Wirtschaft in Down Under jetzt seit geraumer Zeit antreibt. Auch die chinesischen Aktien zeigen sich von Befürchtungen über einen Wachstumseinbruch unbeeindruckt. Lediglich die Metallpreise stehen isoliert als Bedenkenträger da.
Unter den Metallen halten wir nach wie vor Palladium, Platin, Zinn, Kupfer und mit Abstrichen Silber für Kaufkandidaten, während Angebotsüberschüsse bei Aluminium, Nickel und Zink das Preispotenzial nach oben begrenzen. Im Energiebereich favorisieren wir bei einem Benzin Crack Spread von über 40 USD je Barrel gegenüber WTI und mehr als 20 USD je Barrel gegenüber Brent klar Rohöl. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass WTI den Preisabschlag gegenüber Brent im weiteren Jahresverlauf von aktuell über 20 USD auf 5-10 USD zum Jahresende verringern kann.
Im Agrarbereich sehen wir wie schon mehrfach betont eine lange Baisse bei den Getreiden ab dem zweiten Quartal 2013. Kurzfristig genießen Mais und Sojabohnen in unseren Modellen noch ein Übergewicht, sodass wir der von uns vermuteten Entwicklung nicht zu stark vorgreifen wollen. Die Preise der Soft Commodities Kaffee, Zucker und Kakao bemühen sich um eine Bodenbildung, was ihnen aufgrund der Überschüsse (Kaffee, Zucker) bzw. des saisonalen Angebotsdrucks (Kakao) noch nicht gelungen ist. Auf der anderen Seite verlangsamt sich das Tempo des Abwärtstrends merklich.
Kein starker Verkauf mehr und noch kein Kauf. Baumwolle halten wir kurzfristig für überbewertet. Wir sehen eine Auflösung der hohen spekulativen Netto-Long-Position und einen Preisrückgang von 87 US-Cent auf 75 US-Cent je Pfund.
© Tiberius Rohstoff-Research
Stuttgart, den 06.03.2013