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Seltene Erden - ein Update

06.03.2013

Klare Ansage: Das Jahr 2012 war kein gutes für Investoren in Seltenen Erden (physisch) und noch viel schlimmer: Für Investitionen in Aktien der Seltene-Erden-Exploration. Auch mich hat diese extreme Schwäche beider Märkte stark getroffen und verunsichert.

Die ruhigere Zeit vom Jahresbeginn bis heute habe ich genutzt, um Ruhe und Klarheit in meine Gedanken zu bringen. Das Ergebnis des Nachdenkens möchte ich Ihnen heute vermitteln. Vorab eine Momentaufnahme der Einflüsse (auch der Informationen), die unsere Entscheidungen beeinflussen.

Als Erstes will ich anmerken, dass ich mich von den Informationen, die mir in der Mainstream-Presse gereicht werden, in keinster Weise beeinflussen lasse, und das Gleiche möchte ich Ihnen empfehlen, wenn Sie erfolgreich investieren wollen. Mainstream heißt fast nie "investigatives Analysieren", denn das kostet ja Zeit und Geld. Und das wird von den Machern und Mogulen der schreibenden Zunft angesichts des Druckes der anderen Medien kaum zugelassen. Erwarten Sie also nicht zu viel. Ich kann dies hin und wieder ermessen, wenn klare statistische Informationen aus dem Markt dann von der Presse verarbeitet und analysiert werden. Ein Beispiel für die Schelte? China als der Macher und Lieferant von fast 98% der Seltene Erden veröffentlicht regelmäßig die Exportkontingente für die begonnenen Halbjahre. Wenn dann den "Analysten" nicht auffällt, dass das Jahr zwei Halbjahre hat und sie berichten, dass China seine Exportkontingente um nahezu 50% gekürzt hat, dann sollte das zu denken geben.

Apropos China: Die Mentalität im Reich der Mitte ist mit unserer mitteleuropäischen nicht zu vergleichen; also sind Veröffentlichungen mit der gebotenen Vorsicht zu genießen. Ich schätze, dass das Meiste davon in das Umfeld "smoke and mirror" gehört, also der Wahrheit kaum nahekommt. Das nenne ich asiatische Strategie.

Was aber die Fakten in China angeht, so sind folgende als Faktum zu betrachten. China wird sich sein Marktmonopol nicht nehmen lassen. Also sind Bedenken, dass die vielen Standorte, die als künftige Lieferanten für Seltene Erden genannt werden, den Markt bald überschwemmen werden, ein Teil der westlichen Pressequalität und ohne jedweden sachlichen Hintergrund. Natürlich gibt es viele interessante Standorte (ich verfolge derzeit mehr als 40 davon und habe leider Aktien von 10 Explorationsunternehmen), aber die immer wieder vorgebrachten Warnungen über deren baldige Produktion lassen mich schmunzeln. Selbst die Besten unter den startbereiten Unternehmen kommen einfach nicht weiter in ihren Bestrebungen. Warum das so ist? Ganz einfach: Um Seltene Erden produzieren zu können, braucht man vor allem drei Dinge: Eine gute Lagerstätte mit hohem Anteil von schweren Seltenen Erden, eine erprobte Separationstechnik und viel, viel Geld.

Schon der letzte Punkt lässt fast alles an Explorationspotential scheitern. Wer bekommt in dieser Finanzkrise (und die ist - auch wenn dies von Politik und Banken immer wieder gern betont wird, noch lange nicht vorbei) die Chance, Eigenkapital (=Aktien) und Darlehen von 500 Mio bis weit über eine Milliarde Dollar zu generieren?

Und schon sind wir beim Thema "Rentabilität". Welcher Standort der derzeit als Favoriten gehandelten Explorationen ist eigentlich erfolgversprechend? Von den derzeit bekannten Standorten sehe ich vielleicht zwei, die es schaffen können. Das Martyrium, das Lynas seit nunmehr zehn Jahren erleidet (und Lynas hatte sein Kapital von mehr als eine Milliarde australische. Dollars schon gesammelt, als Seltene Erden noch "en voque" waren) zeigt die Risiken. Und dazu muss man sagen, dass der Lynas Standort Mt. Weld Weltklasse ist. Ich kenne nur drei andere, die besser scheinen, aber bei denen die dahinter stehenden Firmen kein ausreichendes Kapital haben.

Die Krux bei den Seltenen Erden ist: Sie kommen in der Regel immer fast alle gemeinsam vor, die Bearbeitung der Separierung ist komplex und von Standort zu Standort unterschiedlich und das Trennungsverfahren extrem aufwändig. Aber wichtiger ist, dass man weiß, dass die unterschiedlichen Seltenen Erden (also die 17 verschiedenen Minerale) extreme Preisunterschiede haben, und man muss sich aus ökonomischen Gründen auf die teureren und profitableren konzentrieren. Und die sind nun wirklich sehr selten. Wenn Sie zum Beispiel in einer Lagerstätte 98% der häufiger anzutreffenden Seltenen Erden, aber nur 2% der selteneren Seltenen Erden vorfinden, dann erreichen Sie bei den nicht so seltenen nie eine Kostendeckung. Diese kann nur von den hohen Erlösen der teureren Erden erfolgen. Und nun erklären Sie mir bitte, wie 2% der möglichen Produktion die Verluste und vor allem die Investitionen für 98% sagen wir einmal "fusskranke" Minerale abdecken können?

Verlassen wir also das Investitionsgebiet "Aktien der Selten-Erd-Explorateure". Der Weg durch ein Minenfeld bietet mehr Überlebenschancen. Leider muss ich sagen und meine Hoffnung ruht hier auf wenigen Aktien, die es schaffen könnten. Aktien von Produktionsunternehmen oder "Fast-Produktionsunternehmen" wie Lynas mögen davon ausgeklammert bleiben, wenngleich ein Blick auf deren Zusammensetzung der Seltenen Erden und auf die Preise der weniger gesuchten Erden einem einen Schauer nach dem anderen über den Rücken sendet. Molycorp ist da ein klassisches Beispiel …

Also Investitionen in Seltenen Erden vollständig aufgeben? Nein, denn dazu ist diese Rohstoffgruppe einfach zu wichtig und zu interessant.

Die derzeit wichtigste Frage ist wohl die, ob die Finanzkrise eine Rezession extremsten Ausmaßes einleitet oder nicht. Ich meine, am dunkelsten ist es immer kurz vor dem kommenden Tag und wenn man keinen Optimismus hat, sollte man am Morgen überhaupt nicht mehr aufstehen. Die Verschiebung der wirtschaftlichen und politischen Schwerpunkte von West nach Ost (und teilweise nach Süd) sollte man schon zur Kenntnis nehmen. Wachstum kommt nämlich nicht von sterbenden (aus Demographievorgaben und aus den Folgen der Überschuldung) Gesellschaften, sondern von den künftigen Verbrauchern und Produzenten, und die finden wir nicht in Europa, Japan und in Nordamerika. Also noch einmal: Dieses Wachstum kommt nun einmal nicht von den Industrieländern westlicher Prägung. Die Hoffnung, dass die aufstrebenden Länder der BRICS-Gruppe, aus der Türkei, aus Südkorea und Mexiko u.v.m kommt und dass in diesen Ländern der Anspruch auf eine höhere Lebensqualität die Wirtschaftsleistung treibt, sollten wir behalten.

Höhere Lebensqualität heißt aber auch "Nachfrage nach den Gewürzmetallen" d.h. insbesondere nach Seltene Erden. Der Fortschritt in der Technologieentwicklung wird nicht von Krisen gestoppt, nur verzögert. Bessere, neue und innovative Funktionen werden sich immer durchsetzen.

In diesem Bewusstsein sollte man sich die Frage stellen, wie investiere ich einen Teil meines Risikokapitals in Seltenen Erden? Dass es kaum die Explorationsaktien sind, habe ich oben bereits abgearbeitet, Investments sind hier nur für Hartgesottene. Es bleibt das Investment in die physischen Rohstoffe.





Da gibt es natürlich einiges zu bedenken. Da ist vor allem die Entscheidung, welche der Seltenen Erden im Mittelpunkt des Interesses stehen sollten. Und da kommt ein neues Arbeitspotential auf uns zu. Denn wir müssen nicht nur den derzeitigen Stand der Nachfrage eruieren, sondern auch einen Blick in die Zukunft werfen. Das ist viel Arbeit, denn man sollte sich bemühen, die Ansätze zu neuen Anwendungen zu ermitteln und diese genauestens zu verfolgen. Denn wir kaufen ja nie die Vergangenheit und kaum die Gegenwart, sondern fast immer nur die Zukunft. Welche Seltenen Erden haben denn eine interessante technologieorientierte Zukunft, das wird die wichtigste Entscheidung sein, die wir zu fällen haben.

Aus meiner Sicht sind dies Terbium, Europium, Dysprosium, Yttrium und mit gewissen Einschränkungen auch Neodym. Wenn eine neue Kältetechnologie sich irgendwann einmal durchsetzen sollte, dann zähle ich auch Gadolinium zu meinen Favoriten (das muss man aber sehr genau verfolgen).

Die nächste Frage ist, welche Qualitäten kauft man und wo? Meine Antwort darauf ist - und da kommen mir meine schlechten Erfahrungen aus der Vergangenheit zugute: Nur die höchste Qualität zählt. Der Fachmann nennt dies "maximale Neuner" und meint, dass in den Reinheitsprozenten so viele Neuner wie möglich stehen sollten. Also ist eine Reinheit bei Yttrium von 99,99% wesentlich besser als eine solche von 99%. Warum dies so ist? Die Unreinheiten können die Wirkungsweisen der Seltenen Erden erheblich belasten, also wird immer das reinere Mineral gesucht, denn die Seltenen Erden sind ja immer die Leistungsverstärker und wenn diese unrein sind, verstärken sie die Wirkungen nicht, sondern belasten das Produkt.

Und wo kaufen? Wenn das Meiste aus China kommt, dann wird es angesichts der doch sehr undurchsichtigen Handlungsweisen im Reich der Mitte problematisch. Wir müssen immer daran denken, dass - so wird uns dies offiziell von der Politik in China mitgeteilt - dass es neben einem genehmigten Exportkontingent von ca. 30.000 Tonnen p.a. auch noch "schwarze" Exporte von geschätzt fast 40.000 (!!!) geben soll, die derzeit den Markt belasten und dies von vielen kleineren Unternehmen, die sich derzeit noch den staatlichen Kontrollen entziehen. Beachten Sie die Relation von offiziellen und inoffiziellen Exporten: 30.000 Tonnen gegen 40.000 Tonnen. Das Risiko, dass Sie von den 40.000-Tonnen-Exporteuren bedient werden (dies vielleicht morgen gar nicht mehr geben wird, weil sie der starke Arm aus Peking "geholt" hat) und dann vielleicht minderwertige Minerale gekauft haben, ist nicht niedrig: Also nur beste Lieferanten, auf deren Qualitätsbestätigungen man sich verlassen kann.

Zurück zu den Exportkontingenten: Ich rechne damit, dass die Zentralregierung angesichts drakonischer Strafen es schaffen wird, die 40.000 Tonnen pro Jahr extrem zu reduzieren. Dann wird sich die Nachfrage am Markt langfristig und dynamisch durchsetzen.

Sie werden mich fragen, wo lagert man seine Seltenen Erden? Da ich davon ausgehe, dass Besitzeinschränkungen, die durchaus bei den Edelmetallen bei fortschreitender Finanzkrise denkbar sind, für Industriemetalle und -Minerale nicht zu erwarten sind (das ist für die Zukunft ein gutes und wichtiges Argument für den Erwerb von Seltenen Erden), ist die professionelle Lagerung bei Fachunternehmen sinnvoll. Kommt der physische Besitz irgendwann einmal in Probleme, wenn der überschuldete Staat auf seine Bürger zugeht (nette Formulierung, nicht wahr?) und dort um milde Gaben bittet oder diese fordert, dann ist immer noch Zeit, sich über eine Alternative zu unterhalten und die erworbenen Minerale sich ausliefern zu lassen.

Oder - wenn Sie Ihr Engagement doch in größeren Beträgen niederschlägt - wäre es eine bedenkenswerte Alternative, für sich eine kleine GmbH zu gründen, deren Geschäftszweck der Handel mit Metallen und Mineralen ist. Die Umsatzsteuer bekäme man zurück, den Handel und den Besitz wird man aus industriestrategischen Gründen nicht einschränken können und im schlimmsten Falle können Sie ja Ihre Metalle auch ins Ausland verkaufen. Zugegeben, das mag schon um drei Ecken gedacht sein, aber genau so müssen Sie vorgehen, denn die Krise ist noch lange nicht vorbei und Vorausschauen ist gerade jetzt in der Krise die wichtigste Tugend.

Lassen Sie mich meine Gedanken zusammenfassen:

• 1. Der Markt für Seltene Erden ist nicht überschaubar, die Nachfrage wird nicht extrem zusammenbrechen und die Versorgung außerhalb Chinas ist nicht gesichert.

• 2. Verlassen Sie sich nicht auf die Versorgung mit den schweren Seltenen Erden aus nichtchinesischer Produktion.

• 3. Verlassen Sie sich nicht auf Informationen aus China direkt und auf Interpretationen aus solchen Informationen: China wird sich das Monopol, das sie derzeit halten, nicht nehmen lassen und daher die industrielle Welt zwingen, ihre Produktion möglichst in China aufzunehmen. Alle anderen Industriebetriebe, die Seltene Erden benötigen, werden sich arg nach dem Rohstoff strecken müssen. Wenn Sie von China nicht im Rahmen des Kontingents beliefert werden, müssen sie jeden Preis akzeptieren. Und das wirkt sich extrem auf die Preise aus.

• 4. Kaufen Sie physisches Material von bester Qualität und aus zuverlässigen Quellen.

• 5. Verfolgen Sie wissenschaftliche Ausarbeitungen, die wegweisend für neue Anwendungen für Seltene Erden sind. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse von Heute sind die Nachfrage von Morgen.

• 6. Kaufen Sie die Seltenen Erden in Portionen, die handelsüblich von der Industrie nachgesucht werden. Es hilft Ihnen nichts, z.B. Dysprosium für € 10.000 und dann 11,356 Kilogramm DYS zu haben, wenn die Industrie Gebinde von 25 Kilogramm handelt. Im schlimmsten Falle haben Sie dann einen fiktiven Anteil an einem Gebinde mit 25 Kilogramm von z.B. 45,4% und müssten dann Ihren Miteigentümer um Genehmigung für eventuelle Dispositionen fragen … Wer kauft schon gern einen 45,3%-igen Anteil an einem gut erhaltenen MB 300 SL?

• 7. Lagern Sie die Rohstoffe nicht zu Hause (einige sind bei bestimmten Temperaturen problematisch) sondern nutzen Sie die umsatzsteuer- und zollfreie Lagerung bei erfahrenen und professionell geführten Unternehmen in Deutschland. Wenn man jemals einen staatlichen Zugriff in Deutschland befürchtet (ich meine für mich: Das wird nicht geschehen), dann könnten auch Lagerstätten im Nicht-EU-Ausland sinnvoll sein

Ganz zum Schluss der Hinweis eines in Jahrzehnten gebrannten und daher gereiften Kindes namens Dietmar S.: Kaufen Sie dann, wenn alle anderen Sie für verrückt halten. Mein früherer Börsenchef (Makler an der Düsseldorfer, Frankfurter und Berliner Börse) riet mir zu Beginn meiner Börsenkarriere vor fast 50 Jahren „Dietmar, Du musst rennen, wenn alle langsam tun und verschnaufen, wenn alles rennt“ Und das im schönsten Schwäbisch. Oder wie sagte wohl der legendäre Herr Rothschild "Kaufe, wenn die Kanonen donnern ...". Und die donnern nun schon in diesem Spezial-Markt seit mehr als 12 Monaten.

Meine aktuelle Meinung: "Schwäbisch Handeln und denken".


© Dr. Dietmar Siebholz
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