Flash-Crash an den Ölmärkten
24.09.2012 | Frank Klumpp (LBBW)
Ölpreis bricht innerhalb weniger Minuten ein
Die Marktteilnehmer an den Ölmärkten blicken auf eine turbulente Woche zurück. Bereits am Montagabend sorgte ein "Flash-Crash" für Aufsehen, der nächst fällige Future der Sorte Brent an der ICE mit Laufzeit November brach innerhalb weniger Minuten von 115,20 USD auf 111,60 USD ein. Dieser Verlust von über 3% erfolgte unter hohem Volumen; in diesen Minuten wurden 18.704 Kontrakte umgesetzt.
Ein Kontrakt entspricht 1.000 Barrel - die gehandelten 18,7 Mio. Barrel entsprechen rund 20% der täglichen Welt-Ölproduktion. Die Aufregung legte sich schnell wieder; der Tagesverlust von 2,4% hielt sich in Grenzen. Interessant ist, dass es offenbar keinen typischen Auslöser wie z.B. Lager- oder Konjunkturdaten für die erratischen Kursbewegungen gab. Die Vermutungen reichen von negativen Einflüssen durch Hochfrequenzhandel über Stop-Loss-Verkäufe unter der Marke von 115 USD bis hin zu einem Eingabefehler im Rahmen einer Verkaufsorder ("Fat Finger").
Lagerbestandsdaten setzen Ölpreis weiter zu
Am Mittwoch lieferten die Lagerbestandsdaten aus den USA dagegen einen handfesten Grund für Kursverluste: Laut EIA legten die gesamten Rohöllagerbestände um 8,5 Mio. Barrel auf 367,6 Mio. Barrel zu, der höchste wöchentliche Anstieg seit März diesen Jahres. Die Lagerbestände befinden sich weiterhin auf vergleichsweise hohem Niveau, auch in Cushing, Oklahoma.
Saudi-Arabien will Ölhahn weiter aufdrehen
In den fallenden Trend hinein verfehlte die Stimme Saudi Arabiens nicht ihre Wirkung. Der Quasi-Swing-Produzent wiederholte am Rande eines Branchentreffens noch einmal die aktuelle Sprachregelung aus Rijadh, der Ölmarkt sei gut versorgt und man peile einen Ölpreis um 100 USD an. Der größte Ölproduzent der Welt förderte zuletzt mit rund 10 Mio. Barrel pro Tag bereits auf Rekordniveau.
Es erscheint daher fraglich, ob die Fördermenge ausgehend von dem bereits hohen Niveau noch stark ausgeweitet werden kann. Wir gehen davon aus, dass der Ölmarkt - trotz Sanktionen gegen den Iran - ohnehin bereits gut versorgt ist und sich derzeit die fundamentalen Marktkräfte (hohes Angebot, schwächelnde Nachfrage, hohe Lagerbestände) wieder durchsetzen.
Nach den heftigen Verlusten in den letzten Tagen dürfte sich die Lage zwar zunächst einmal entspannen. Mit Blick auf das Jahresende rechnen wir jedoch mit weiter fallenden Preisen für Rohöl - sowohl für die US-Sorte WTI als auch für Nordseeöl Brent.
© Frank Klumpp, CFA
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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