Industriemetalle: Exzessiver Pessimismus?
26.11.2007 | Sven Streitmayer
Ausverkaufsstimmung an der LME
Offenbar scheinen die Akteure an der London Metal Exchange den Winterschlussverkauf in diesem Jahr bereits im November einzuläuten. So verlief auch die vergangene Handelswoche in hektischem Treiben und getreu dem Motto "Alles muss raus". Mit einem Abschlag von beinahe 7% verzeichnete der Basismetallindex LMEX den höchsten Wochenverlust seit Juli 2006. Einen regelrechten Preisrutsch vollzogen die Metalle Blei, Zink und Nickel, die sich im Wochenvergleich um 12%, 10% und 7% verbilligten. Kupfer erhielt nach dem überraschend starken Rückgang der Lagerbestände in Shanghai (-20% W/W) kurzzeitig etwas Auftrieb, gab per Saldo aber dennoch knapp 5% nach.
Die nun bereits sechs Wochen währende Baisse der Basismetalle hat die Preise der LME-gehandelten Metalle (außer Blei und Zinn) inzwischen nahe oder unter die Notierungen zu Jahresbeginn gedrückt. Während die Metallmärkte bis in den Oktober hinein noch von übertrieben euphorischer Grundstimmung gekennzeichnet waren, ist nun das Gegenteil der Fall. So ist die jüngste Korrektur aus unserer Sicht deutlich über das Ziel hinausgeschossen. Im Fokus der Marktakteure ist derzeit einzig die Abschwächung der US-Konjunktur, deren Einfluss auf die globale Metallnachfrage u.E. aber weithin überschätzt wird. Dagegen zeigt die Wachstumsdynamik in Schwellenländern wie China und Indien, welche die zentralen Treiber auf den Metallmärkten sind, kaum Schwächeanzeichen. Nichtsdestotrotz dürfte das negative Sentiment an den Märkten noch einige Zeit anhalten. Nicht zuletzt deshalb, weil der Faktor "Investmentnachfrage" aktuell unter hohem Liquidationsdruck steht.
Marktmanipulationen und Hedge Fonds-Schieflage?
Die Gerüchteküche brodelt zurzeit wieder unüberhörbar und tut ihr Übriges, um die ohnehin nervösen Metallmarktakteure weiter zu verunsichern. Für Aufsehen sorgte ein Bericht, den der Branchendienst Metall Bulletin auf seiner Website veröffentlichte. Demnach soll die US-Terminmarktaufsicht CFTC im transatlantischen Schulterschluss mit der britischen Finanzmarktaufsicht FSA eine Untersuchung zum Aufbau marktdominierender Positionen am Kupfermarkt eingeleitet haben. Während FSA und LME bislang jeglichen Kommentar hierzu ablehnen, berichtet die US-Behörde von einer 20.000 Seiten starken Dokumentensammlung mit Hinweisen auf mögliche Irregularitäten am Kupfermarkt. Tatsächlich wiesen die physischen Basismetallmärkte im gesamten Jahresverlauf einen bedenklich hohen Konzentrationsgrad auf. Auch aktuell verfügen einige wenige Marktteilnehmer über einen großen Teil der Lagerbestände. Des Weiteren kursieren Gerüchte über einen großen Hedge Fonds, der in Schieflage geraten sei und sämtliche Basismetall-Positionen liquidieren musste.
© Sven Streitmayer
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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