Furchterregende Geschichten
18.11.2007 | Redaktion
Halloween hat in diesem Jahr einige sehr furchterregende Anblicke geliefert. Rohöl bei 95 Dollar pro Barrel und Gold bei 800 Dollar die Unze. Diese besorgniserregenden Anblicke der ausreißenden Rohstoffpreise müssen für jeden erschreckend gewesen sein, der darauf vertraut, dass die Zentralbank den Wert des Dollars wahrt. Andererseits zieht jeder einzelne, der in Öl, Gold oder andere Rohstoffe investiert, eine diebische Freude aus dem langsamen Untergang des Dollars. Diese Individuen verdienen Geld... und sie werden wahrscheinlich sogar noch mehr Geld verdienen, wenn die Welt versucht, mit der echten Knappheit an Rohöl klarzukommen.
Vor zwei Wochen besuchte ich eine Versammlung des amerikanischen Zweigs der Association for the Study of Peak Oil & Gas (ASPO), die in Houston stattgefunden hat. Die Nachrichten waren, wie sie sich denken können, ziemlich düster. Dia um Dia, Tabelle um Tabelle, Sprecher um Sprecher erzählten die Geschichte über die Ölfelder der Welt, deren Produktion den Höhepunkt überschritten hat und die unvermeidlich, auf den unumkehrbaren Rückgang zusteuerten.
Von den Nordhängen bis hin zur Nordsee, von Saudi Arabien bis Sibirien, von Kanada bis China, vom Iran bis Indonesien, übersteigt die Ölförderung bei Weitem die neuen Erschließungen. Viele der größten Ölfelder der Welt und der größten Ölprovinzen, wie z.B. Ghawar in Saudi Arabien, Burgan in Kuwait, Romashkino in Russland, Cantarell in Mexiko und andere, sind schon Jahrzehnte als, ohne dass wirklicher Ersatz irgendwo am Horizont in Sicht wäre.
Doch trotz der zurückgehenden Produktion in den wichtigsten Provinzen der Welt, steigt die Nachfrage weltweit auch weiterhin an. So treffen zum Beispiel jedes Jahr ungefähr 50 Millionen neue Motorfahrzeuge auf die Straßen der Welt. Und jeder Satz Reifen hat auch einen Benzintank. Sie können sich das gerne selbst ausrechnen.
Bei der ASPO-Konferenz war einer der Sprecher der legendäre Ölmann aus Texas, T. Boone Pickens. Mr. Pickens ist schon seit 1951 im Ölgeschäft und hat so ziemlich alles gesehen. Einer der Fragesteller fragte Mr. Pickens, wann er mit dem Erreichen des Produktionsgipfels weltweit rechnen würde. Die Antwort kam schnell und sicher: “Der Produktionsgipfel wurde im vergangenen Jahr erreicht“, sagte Mr. Pickens.
“Wir ziehen täglich ungefähr 85 Millionen Barrel aus der Erde, und das ist ungefähr die Menge, die wir je erreichen werden. Von hieraus wird es nur noch bergab gehen“. Während der Konferenz hat Öl den Preis von 90 Dollar pro Barrel überschritten.
Und Mr. Pickens hatte zu diesem Thema etwas zu sagen: “Wir befinden uns im Moment in einer Phase des Rückgangs. Von hier aus lautet die Frage nur noch, wie wird die Phase des Rückgang aussehen? Das ist die einzig wahre Frage, die uns hier weiterbringt, oder? Wenn es eine flache Rückgangsphase ist, dann sind wir im Großen und Ganzen vielleicht in der Lage, einzusparen und die Energie zu ersetzen, um weiterhin die Nase vorn zu haben. Aber wenn es schneller geht, als wir einsparen und ersetzen können, dann werden wir es mit einigen sehr ernsten Problemen zu tun bekommen.“
Irgendjemand hat Mr. Pickens gefragt, ob es eine Möglichkeit gäbe, die Nachfrage nach Öl zu kontrollieren. “Die einzige Möglichkeit, die Nachfrage zu töten, besteht in den Preisen. Mit sehr viel höheren Preisen. Blickt man in die Zukunft, dann werden sich die höheren Preise dem verfügbaren Angebot anpassen.“
“Sehr viel höhere Preise?“ An Bord meines Schiffes stehen Kollegen im Mastkorb und halten Ausschau. Von der Brücke bis zum Krähennest halten wir Ausschau nach Signalen, die darauf hinweisen, dass der Ölpreis das Niveau von 100 Dollar durchbricht und Gold auf die 800 Dollar zugeht. Wenn die Preise sich diesen Werten nähern, dann werden damit natürlich automatisch die Verkaufsreaktion rund um den Erdball ausgelöst werden.
Öl erreicht vielleicht 99,99 Dollar und Gold 799,99 Dollar, und dann werden die Herren des Universums an der Wall Street vermutlich ihre Futures verkaufen und die Preise eine Zeitlang wieder nach unten drücken und etwas Zeit kaufen. Das ist doch kein Grund, die Massen zu beunruhigen, oder?
Aber die Gezeiten haben in der Weltwirtschaft gewechselt. In der Welt nach Überschreiten des Ölfördergipfels fängt das Material-Energie-System der Wirtschaft an, über das neoklassische monetäre System zu dominieren. Die Idee von “Kapital“ ist nicht länger auf die Zahl der US-Dollar, die man auf der Bank hat, beschränkt. Schließlich können diese Dollar nach Lust und Laune der Zentralbank im Übermaß gedruckt werden (und wurden es auch). Heute heißt die Frage: “Wo steht der Ölpreis? Wo der Goldpreis?“
Und während wir noch darauf warten, dass die schicksalsschweren Preise erscheinen, der Moment, in dem wir die Modernen Zeugnisse für Öl und Gold sehen, werden wir die Implikationen abwägen. Was wird denn nur die wahre Bedeutung dieses Signals sein, wenn die Preise für die schwarze Flüssigkeit und das gelbe Metall in noch nicht auf Tabellen verzeichnetes Areal durchbrechen? Wird es dann für die Trader der Welt und die Experten, die ihre Heldentaten verfolgen, einfach nur ein weiterer Tag m Büro sein? Oder werden wir eine Art wirtschaftlicher Detonation und eine aufsteigende Pilzwolke erleben, kann dann die Erschütterungswelle noch weit entfernt sein?
Ich gehe davon aus, dass wir einen Goldpreis von 850 Dollar in nicht allzu ferner Zukunft zu sehen bekommen, und dann auch die 900 Dollar und die 1000 innerhalb der nächsten 18 Monate, wenn nicht schon früher. Es tut mir sogar leid, dass ich das sagen muss, denn es bedeutet, dass der amerikanische Dollar im Laufe des Jahres 2008 mit einem jähen Abfall an Wert verlieren wird. Das wird kein hübscher Anblick sein. Stellen Sie sich nur den Verlust an Kaufkraft vor, und die damit verbundenen Zerstörung von Kapital, die unsere Gesellschaft geschlossen erleben wird, wenn es dazu kommt. Stellen Sie sich ein Szenarium mit einer Deflation der Anlagewerte und einer Preisinflation vor.
Selbst wenn Sie alle ihre Investitionen auf ausländische Devisen verlagern, ungefähr so, wie mein alter Freund Jim Rogers vorgeschlagen hat, dann wird man immer noch unter den Auswirkungen des einbrechenden Dollars zu leiden haben. Wenn die amerikanische Wirtschaft, wie von der Analogie nahegelegt, die wirtschaftliche Lokomotive der Welt ist, dann steht dieser Zug kurz vor dem Entgleisen. Berücksichtigt man die langfristigen monetären Fehlentscheidungen im Management, und dazu die fiskalische Verschwendung in der amerikanischen Heimat und einen nicht bezahlbaren Krieg im Ausland, und schon hat man all die Zutaten für eine wirtschaftliche Katastrophe.
Machen Sie sich auf eine Rezession in der Heimat gefasst, wenn der Wert des Dollars weiter nach unten abdriftet. Es wird in Bereichen, die in Verbindung mit dem Export stehen, Nischen des Wohlstands geben. Z.B im Bereich der Hochtechnologie und der großen Kapitalgüter wie Flugzeuge (Danke, Boeing). Aber wenn man sein Geld nicht damit verdient, Dreamliner zu bauen, dann wäre mein Vorschlag, aus den Schulden zu kommen, und das schnell... und Gold zu kaufen.
© Byron King
Quelle: Auszug aus dem Newsletters “Trader's Daily“