Energie: Neuer Ölfund in Brasilien
17.11.2007 | Eugen Weinberg
Rohöl
Die Begeisterung Brasiliens über die Entdeckung eines riesigen Ölfeldes war groß. Schätzungen zufolge umfasst das Feld namens "Tupi" 5 bis 8 Milliarden Barrel Rohöl. Damit wären die Öl- und Gasreserven Brasiliens rund 50% höher als bislang geschätzt. Brasilien würde von Platz 17 mindestens auf Platz 12 der Rangliste der wichtigsten Reserveländer aufsteigen.
Obwohl man eigentlich davon ausgehen sollte, dass die Erdkruste aus geologischer Sicht weitgehend erforscht ist, gibt es immer wieder Nachrichten über große Ölfunde. So hatte erst im Herbst letzten Jahres eine Meldung aus dem Golf von Mexiko überrascht: Hier war mit "Jack 2" ebenfalls ein mögliches riesiges Ölfeld entdeckt worden. Schätzungen zufolge könnten hier bis zu 15 Milliarden Barrel Öl liegen.
Solche Funde stellen die These mancher Peak-Oil Theoretiker in Frage, der zufolge der Förderhöhepunkt bei Rohöl bald erreicht sei. Die Peak-Oil Theorie, die auf den Geologen und Geophysiker Hubbert zurückgeht, besagt, dass die Produktion einer endlichen Ressource - wie konventionelles Rohöl sie darstellt - dem Verlauf einer Gaußschen Glockenkurve folgt. Der sogenannte peak point bzw. das Fördermaximum wird ungefähr dann erreicht, wenn die Hälfte einer Ölquelle ausgeschöft ist ("depletion point"). Anschließend fällt die Förderung stark ab. Bestätigt wird diese Theorie durch den Produktionsverlauf einzelner Ölfelder. Einige Vertreter dieser Theorie gehen aber davon aus, dass auch die Weltproduktion diesem Muster folgt und angesichts bereits versiegender Ölfelder der Hochpunkt bald erreicht sei.
Dem sind aber nicht nur die überraschende Entdeckungen entgegenzuhalten. Vielmehr ist darauf hinzuweisen, dass manche Länder noch über sogenannte "terra incognita" verfügen und externe Forschungen gar nicht zulassen. Darüber hinaus ist die technologische Innovationskraft zu berücksichtigen bzw. die zuehmende Intensität der Suche bei höheren Preisen. So hat sich die Anzahl der Bohrversuche seit dem Tiefpunkt im Jahr 2002 verdoppelt. Und nicht zuletzt ist auf die seit Jahren kaum schrumpfende statistische Reichweite der Reserven zu verweisen. Diese Kennzahl setzt die sogenannten nachgewiesenen Reserven mit 90% Förderwahrscheinlichkeit ins Verhältnis zur laufenden Produktion. Es zeigt sich, dass trotz steigender Produktion die Reichweite in den letzten Jahren kaum abgenommen hat bzw. heute mit gut 40 Jahren höher ist als vor 25 Jahren als sie nur knapp 30 Jahren betrug.
Unumstritten ist dennoch, dass Rohöl eine endliche Ressource ist. Und zweitens die Förderung aus den jüngst entdeckten Ölfeldern merklich kostenintensiver ist. So liegt "Tupi" beispielsweise 7 km unter der Meeresoberfläche und "Jack 2" sogar mehr als 8 km. Damit wird ein langfristig hohes bzw. auch steigendes Preisniveau unterstützt. Wir sehen den derzeit fundamental gerechtfertigten Preis bei 70 Dollar je Fass.
Gas
Während bei Rohöl heute mit knapp 150 Gigatonnen immerhin schon mehr als ein Drittel des derzeit geschätzten Gesamtpotenzials (Reserven und Ressourcen ) ausgeschöpft sind, sieht die bisherige Bilanz bei Gas deutlich komfortabler aus: nicht mal 16% des Potenzials sind bislang verbraucht. Der Förderhöhepunkt wird frühestens in mehreren Jahrzehnten erreicht. Allerdings wie auch schon letzte Woche ausgeführt ist die Nachragedynamik hier höher als bei Rohöl. Aber auch angesichts der Tatsache, dass Gas verglichen mit dem stark verteuerten Rohöl deutlich unterbewertet ist, sehen wir bei Gas großes Preissteigerungspotenzial.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: ´´Rohstoffe kompakt´´, Commerzbank AG
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