Energiewende ade? - Ohrfeige für Solarworld, Q-Cells, Conergy & Co
02.03.2012 | DAF
Solarwerte standen in den letzten Tagen deutlich unter Druck. Allein die Aktie von Branchenprimus Solarworld hat seit Ankündigung der geplanten Maßnahmen am 23. 02. 2012 rund 25 Prozent an Wert verloren. "Da wird ganz bewusst Klientelpolitik für die konventionelle Energiewirtschaft gemacht", schimpft Solarworld-Chef frank Asbeck im Interview mit dem Deutschen Anleger Fernsehen. Doch das letzte Wort bei den Kürzungen scheint noch nicht gesprochen zu sein.
Der Aufschrei ist groß in der Solarbranche. Die EEG-Novelle von Umweltminister Nobert Röttgen und Wirtschaftsminister Philipp Rösler hat das Bundeskabinett abgesegnet. Jetzt muss der Entwurf noch durch Bundestag und Bundesrat. Große Anlagen ab 10 MW sollen nach dem Willen der Bundesregierung überhaupt nicht mehr gefördert werden. Auch für Solaranlagen auf Scheunendächer gibt es keine Einspeisevergütung mehr. "Die Einschnitte sind drastisch", so Photovoltaik-Analyst Dr. Henning Wicht vom Marktforschungsinstitut iSuppli im Interview mit dem DAF.
"Interessant ist auch, dass die Regierung mit diesem Entwurf einen Marktmechanismus einführen möchte, sprich es werden nicht mehr 100 Prozent der Stromgenerierung gefördert sondern nur noch 85 oder 90 Prozent. Das heißt jeder der nicht den Strom selbst verbraucht muss noch darauf schauen, dass er ihn auch noch verkaufen kann", so Wicht weiter.
Die Solarbranche ist entrüstet. Der Bundesverband Solarwirtschaft BSW-Solar warnt vor einer Insolvenzwelle: Hunderttausend Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Unterdessen würden zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland auch in Zukunft einen starken Solarstrom-Ausbau befürworten. Wie eine aktuelle, repräsentative Emnid-Umfrage im Auftrag des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. zeige, würden 65 Prozent der Befragten es falsch finden, den jährlichen Ausbau der Solarstrom-Erzeugung gegenüber den vergangenen beiden Jahren mehr als zu halbieren. Auch auf die Frage, ob es richtig sei, Betreibern von Solarstrom-Anlagen zukünftig zwischen 30 und 40 Prozent weniger Förderung für ihren Solarstrom zu zahlen, antworteten 65 Prozent: Das ist falsch.
Aus Protest ruft der Bundesverband Solarwirtschaft e.V. am Montag, den 5. März 2012, zusammen mit den Gewerkschaften DGB, IG Metall, IG BCE und anderen Verbänden und Initiativen zu einer Großkundgebung gegen die vom Kabinett beschlossene Solarförderkürzung in Berlin am Brandenburger Tor auf. Solarworld-Chef Frank Asbeck hat im Interview mit dem Deutschen Anleger Fernsehen der Bundesregierung "Klientelpolitik" vorgeworfen: "Es wird eine junge Industrie - nämlich die der Erneuerbaren - zu Gunsten einer alten Industrie der etablierten Energieversorger und Netzbetreiber zurechtgestutzt", so Asbeck.
"Da wird ganz bewusst Klientelpolitik für die konventionelle Energiewirtschaft gemacht." Das Solarstrom-Magazin PHOTON titelt in der Märzausgabe mit Bundesumweltminister Norbert Röttgen als "Solarfeind Nummer eins". In einem offenen Brief der PHOTON-Redaktion heißt es unter anderem, der in der vergangenen Woche vorgelegte Gesetzesvorschlag zur Solarförderung entlarve Röttgen als Wegbereiter der konventionellen Energiewirtschaft. Der Entwurf wolle den Zubau erneuerbarer Energien nicht ausweiten, sondern einschränken. Mit der Verantwortung als Bundesumweltminister sei dieses Verhalten unvereinbar, so PHOTON.
Es wird auch kritisiert, dass die Vergütung nachträglich per Verordnung jederzeit erneut verändert werden könne: Dies sei eine "Verordnungsermächtigung", mit der die Vergütung über Nacht auf null gesenkt werden könne, heißt es. Überdies wolle sich der Minister ermächtigen lassen, jederzeit und für alle erneuerbare Energien den Prozentsatz des Stroms, der im Rahmen des EEG mit einem Festpreis vergütet wird, abzusenken bis auf den Wert null. Das sei faktisch die Abschaffung des EEG, so PHOTON weiter.
Auch Solar-Analyst Dr. Wicht findet diesen Gesetzespunkt sehr kritisch: "Damit können Tarife sehr viel schneller gesenkt oder verändert werden und damit steigt die Unsicherheit. Und damit steigt das Risiko für Investoren", so Wicht.
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