Ölpreise vor Korrektur im vierten Quartal?
02.10.2007 | Frank Schallenberger
Ölpreise haussieren
Rohöl der Sorte Brent hat Mitte September die Rekordmarke vom August 2006 eliminiert und mit knapp 80 USD ein neues Allzeithoch erreicht. Das “Schwarze Gold“ profitierte dabei von der weiterhin überdurchschnittlich aktiven Hurrikan-Saison im Atlantik sowie der anhaltend robusten weltweiten Nachfrage. Zudem wird am Markt die avisierte Quotenerhöhung der OPEC von 500.000 barrel pro Tag (bpd) zum 1. November als unzureichend betrachtet. Und schließlich sorgte der zuletzt rapide Abbau der US-Öllager dafür, dass die Marktteilnehmer Knappheiten für die nächsten Wochen nicht ausschließen.
Hurrikans treiben den Preis
Die Hurrikan-Saison in den USA war dabei in den letzten Wochen einer der Preistreiber am Ölmarkt. Mit dem Sturm “Humberto“ erreichte Mitte September der erste Hurrikan seit zwei Jahren die texanische Küste und sorgte für Ausfälle bei den Raffinerien und der Ölförderung. In der letzten Septemberwoche wurde mit dem Tropensturm “Jerry“ bereits der zehnte Sturm der laufenden Saison gezählt – im Durchschnitt der letzten 50 Jahre brachte eine Hurrikan-Saison nur 9,6 benannte Stürme mit sich. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, das bis zum Ende der laufenden Saison Ende November noch einige Stürme auftreten - die Hurrikan-Gefahr ist jedoch in den nächsten Wochen nicht mehr so akut wie im September - durchschnittlich trifft im Oktober und November nur alle drei Jahre ein Hurrikan die US-Küste.
Lagerabbau in den USA bereitet Sorgen
Auch der rapide Abbau der Öllager in den USA hat in den letzten Wochen die Sorgen bezüglich absehbarer Knappheiten verstärkt und die Preise nach oben getrieben. Die letzten zwölf Wochen brachten zehn Mal ein Minus bei den Lagerbeständen. Insgesamt ermäßigten sich die US-Öllager in diesem Zeitraum immerhin um 33,4 Mio. Barrel oder 9,4%.
OPEC dreht Ölhahn nur leicht auf
Der Beschluss der OPEC, die Förderquoten ab Anfang November um 500.000 bpd zu erhöhen, brachte ebenfalls keine Entlastung am Markt. Selbst mit der jüngsten Quotenerhöhung dürfte das Produktionsdefizit bei Rohöl im laufenden Jahr durchschnittlich bei etwa 0,8 Mio. bpd liegen. Ohne weitere Maßnahmen der OPEC würde sich dieses Defizit im kommenden Jahr auf ca. 0,9 Mio. bpd ausweiten. Vor diesem Hintergrund ist es wahrscheinlich, dass das Ölkartell bereits auf der nächsten Konferenz am 5. Dezember in Abu Dhabi eine erneute Ausweitung der Förderquoten beschließt.
Statistische Entlastung im vierten Quartal
Mit einer weiteren Quotenerhöhung der OPEC könnte der Ölpreis im vierten Quartal wieder etwas nachgeben. Zum einen läuft die Hurrikan-Saison in den nächsten Wochen langsam aus. Zum anderen deutet das saisonale Muster für das vierte Quartal eher auf fallende Preise hin. In den letzten 20 Jahren war der Oktober mit einem durchschnittlichen Preisrückgang von 2,8% eindeutig der Monat mit den stärksten Abschlägen beim Ölpreis. Auch November und Dezember bringen laut Statistik fallende Ölpreise, so dass sich das Minus im vierten Quartal auf durchschnittlich 4,7% summiert.
Chinesische Importe bestimmen weiter den Preis
Mittelfristig dürften das weiterhin robuste Weltwirtschaftswachstum und insbesondere die chinesische Nachfrage ein anhaltend hohes Niveau beim Ölpreis garantieren. Alleine in den letzten zehn Jahren hat der Ölverbrauch im Reich der Mitte um 7,2% p.a. zugelegt. Im gleichen Zeitraum ist die chinesische Ölförderung nur mit einer Rate von 1,5% p.a. gewachsen. Solange der chinesische Ölhunger sich auch nur annähernd so dynamisch weiterentwickelt, dürfte dies auch in den kommenden Monaten der maßgebliche Faktor für anhaltend hohe Preise beim “Schwarzen Gold“ sein. Wir bestätigen vor diesem Hintergrund unsere Prognosen für ein Barrel Brent mit einem Preis von 75 USD auf Sicht von drei Monaten und einem Preis von 78 USD auf Sicht von zwölf Monaten.
© Dr. Frank Schallenberger
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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