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Edelmetalle Aktuell

21.10.2010  |  Wolfgang Wrzesniok-Roßbach (Heraeus)

Gold

Die Spirale dreht sich weiter: Auch in den letzten 14 Tagen gab es für den Goldpreis wieder eine Reihe von neuen Rekordständen und eine echte Trendwende ist trotz eines Rückschlags gestern Nachmittag (siehe unten) bisher nicht absehbar.

Treibende Kraft hinter dem anfänglichen Anstieg des Goldpreises war vor allem die Schwäche des US-Dollars. Dies kann man sehr deutlich auf dem rechts abgebildeten Chart sehen. Seit Anfang September verlaufen EUR/USD-Kurs und der Goldpreis in einer lange nicht beobachteten Übereinstimmung zueinander. Der Dollar fiel dabei in den letzten zwei Wochen gegenüber dem Euro in der Spitze auf über 1,4150 ab. Dies war der tiefste Dollarwert seit Ende Januar 2010.

Der Goldpreis ist parallel dazu in den letzten beiden Wochen von 1.315 $ je Unze auf in der Spitze 1.387 $ angestiegen, dies entsprach einem Plus von 5,5 Prozent. Aufgrund der gleichzeitigen Dollarschwäche ist bei den europäischen Anlegern davon aber gerade einmal weniger als die Hälfte hängen geblieben: Für sie betrug das maximale Plus deshalb nur 2,5 Prozent.

Der genannte Höchstkurs von 1.387 $ je Unze - erreicht am letzten Donnerstag - war natürlich wieder einmal ein neues Allzeithoch. Seit Jahresbeginn war das Gold damit ziemlich genau um 300 Dollars angestiegen. Eine Übersicht über die Meilensteine der letzten 40 Jahre auf dem Weg zu dem neuen Rekordhoch finden sich auf der Webseite des Edelmetallhandels von Heraeus.

Interessanterweise waren es in den letzten beiden Wochen per Saldo weder die überwiegend an der New Yorker COMEX aktiven Spekulanten, noch die Käufer von ETFs, die dem Goldpreisanstieg entscheidende Impulse gegeben haben. Während beide Gruppen in der letzten Woche nämlich rund 21 Tonnen Gold gekauft haben (auch das an sich schon ein relativ niedriger Betrag), entsprach die Menge fast auf die Tonne genau jener, die die beiden Gruppen in der Woche zuvor noch abgestoßen hatten.

Zum Teil kann nur darüber spekuliert werden, wer ansonsten hinter dem Anstieg der letzten Tage gestanden haben könnte. Zum Teil waren es wohl Käufer von physischem Metall, so konnten wir eine Belebung der Barrennachfrage beobachten. Was den Rest und damit sicher den großen Teil der Käufe angeht, tappt der Markt aktuell weitgehend im Dunkeln. So könnten es Zentralbanken gewesen sein, die Teile ihrer rapide an Wert verlierenden Dollar-Reserven in das gelbe Metall umgetauscht haben; es könnte aber auch noch Rückkäufe alter Termingeschäfte durch Goldminengesellschaften gegeben haben. So hat Anglogold erst am 7. Oktober bekannt gegeben, dass man die letzten "alten" Absicherungsgeschäfte geschlossen habe und bei diesem Rückkauf für das Gold im Durchschnitt 1.300 $ je Unze bezahlt habe.

Ob die Maßnahme umsonst war (weil der Marktpreis für Gold vielleicht auch mal wieder sinkt), wird erst die Zeit weisen; kostenlos war sie jedenfalls nicht: Anglogold musste noch einmal einen Verlust von 2,6 Mrd. Dollars für das Schließen dieser letzten Geschäfte verbuchen. Grund dafür ist, dass die ursprünglichen Verkäufe auf einem viel niedrigeren Preisniveau durchgeführt worden waren.

Anfang 2008 hatte das Unternehmen noch Vorabverkäufe in einem Umfang von 11,8 Mio. Unzen in den Büchern gehabt und der seither erfolgte Ausstieg aus den kompletten Sicherungsgeschäften hat insgesamt sogar 6 Mrd. Dollars gekostet. Bis jetzt ist die Rechnung immerhin aufgegangen: So konnte das Unternehmen weitere 4 Mrd. Dollars Verlust, bzw. entgangenen Gewinn durch das vorzeitige Schließen der Gesamtposition vermeiden.

Für AngloGold und nicht nur für diese Gesellschaft ist es nun schon fast überlebenswichtig, dass sich der Goldpreis zumindest auf hohem Niveau einpendelt bzw. idealerweise sogar noch weiter steigt.

Ob es so kommt, wird in den nächsten Wochen vor allem wieder von der weiteren Entwicklung des US-Dollars abhängen. Falls sich dessen Absturz fortsetzt, wird der Goldpreis, der gestern nach einer überraschenden Zinserhöhung in China erst einmal deutlich absackte und zeitweise unter 1.330 $ fiel, sicher auch wieder zulegen können.

Falls aber der Dollar erst einmal nicht weiter an Wert verliert, scheint angesichts der dramatischen Kursgewinne der letzten Wochen eine mehr oder weniger große Korrektur möglich zu sein. Die eingangs beschriebene per Saldo zuletzt eher neutrale Haltung verschiedener Investorengruppen könnte für ein solches Szenario ein erstes Indiz sein.

Für den Moment wäre jeder größere Rückschlag aber lediglich eine neue Chance für einen Einstieg. Mittelfristig wird das eher positive Umfeld nämlich weiter Bestand haben, zumindest bis es eines Tages zu einer grundlegenden Zinswende kommt.


Silber

Die Sorgen vor einer möglichen Überhitzung des Silbermarktes angesichts der jüngsten Kursgewinne hatten sich im Berichtszeitraum zunächst nicht bestätigt. Im Gegenteil, zu den fast 10% Kursgewinn der zweiten Septemberhälfte kam in den letzten beiden Wochen noch einmal ein fast gleich hoher Prozentsatz hinzu. In der Spitze stieg das Metall dabei auf 24,90 $ je Unze an, damit lag es zeitweise 3,70 $ über dem bisherigen Höchststand von März 2008. Die knapp 25 $ waren gleichzeitig der höchste Stand des Silberpreises seit Anfang 1980, jenem Jahr, in dem der Versuch der Brüder Hunt, den Silbermarkt unter ihre Kontrolle zu bringen, grandios scheiterte (Link: Die Geschichte der Hunt-Brüder).

Einen Absturzvon den Höchstkursen, wie er damals im 1. Quartal 1980 zu beobachten war, gab es bisher nicht. Dazu ist der Preisanstieg der letzten drei Jahre ganz sicher auch zu breit aufgestellt. Gefahren für temporäre Rückschläge gibt es aber trotzdem und der Preisrückgang gestern Nachmittag nach der Zinserhöhung in China auf zeitweise nur noch 23,62 $ war dafür ein erstes Warnsignal.

Im Gegensatz zur Situation beim Gold ist der charttechnische Aufwärtstrend beim Silber bis jetzt noch nicht gebrochen. Nur falls die Notierung auch noch rasch durch die Marke von 23 $ fallen würde, wäre dies der Fall und Preise im Bereich der 21-Dollar-Marke wären möglich.

Für strategische Einkäufe industrieller Endverbraucher wären aber Notierungen selbst in dieser Region unserer Ansicht nach immer noch zu hoch. Wir empfehlen hier, für den Abschluss von Termingeschäften auf Kurse zwischen 17,50 $ und 20 $ zu warten, auch wenn diese kurzfristig wohl nicht auf der Tagesordnung stehen dürften.





Platin

Getrieben weniger von industrieller Nachfrage, sondern vielmehr von dem deutlich steigenden Goldpreis konnte das Platin in den letzten beiden Wochen zunächst noch kräftig zulegen. Dabei stieg die Notierung von 1.672 $ je Unze zum Zeitpunkt der Abfassung unseres letzten Berichts relativ rasch auf 1.726 $ an. An diesen Höhenflug schloss sich aber eine Seitwärtsbewegung an, in der sich das Metall dann über einer Woche lang befand. Dabei notierte es unter relativ starken Schwankungen in einem Band zwischen 1.670 $ und 1.720 $ je Unze. Erst gestern fiel das Platin dann bis auf 1.652 $ zurück.

Für die kommenden Wochen wird erneut viel von der Entwicklung des Goldpreises abhängen. Und da dieser seit gestern Nachmittag eher etwas schwächelt, ist nicht ganz auszuschließen, dass das Platin jetzt erst einmal tiefere Gefilde testen wird. Die Marke von 1.650 $ ist dabei ein wichtiger Chart– und möglicher Wendepunkt.

Fast jede südafrikanische Minengesellschaft sorgte in den letzten beiden Wochen für Schlagzeilen: So endete am Montag nach sechs Wochen der Streik von 8.000 Bergarbeitern bei Northam Platinum. Am Ende einigten sich Gewerkschaften und Minenunternehmen auf eine Gehaltserhöhung von 10 - 13 Prozent.

Die Folgen für das Unternehmen sind nicht nur wegen der Höhe des Tarifabschlusses erheblich: Zusätzlich hatte die Gesellschaft in dieser Zeit Produktionseinbußen in Höhe von 1.000 Unzen täglich. Die Produktion wurde vorgestern mit Beginn der Nachtschicht wieder aufgenommen, aber es könnte Wochen dauern, bis wieder die normale Ausbringung erreicht wird.

Einen weiteren, wenn auch sehr viel kürzeren Ausstand gab es letzte Woche beim drittgrößten Platinproduzenten Lonmin. Hier traten 4.000 Kumpel für einen Tag in den Ausstand, um eines bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommenen Bergarbeiters zu gedenken.

In den ersten neun Monaten dieses Jahres ist übrigens die Zahl der bei Arbeitsunfällen gestorbenen Bergarbeiter in Südafrika trotz dieses neuen Zwischenfalls deutlich gesunken und zwar gegenüber dem Vorjahr um 26 Prozent auf 97. Davon kamen 46 Kumpel in den Goldminen des Landes ums Leben und 24 in Platinminen. Die Minenindustrie in Südafrika arbeitet zusammen mit den Gewerkschaften seit Jahren mit Nachdruck an einer Verringerung der Arbeitsunfälle und auch wenn jeder gestorbene Kumpel noch immer einer zu viel ist, ist es immerhin gelungen, die Zahl der tödlichen Zwischenfälle seit 2007 zu halbieren.

Außer durch die Streiks machte die südafrikanische Platinindustrie in den letzten beiden Wochen durch Übernahme-und Börsengangpläne von sich reden. So hatte Implats, die Nummer 2 am Kap, offensichtlich 2,9 Mrd. Dollars für die Übernahme der Rasimone-Mine geboten. Diese Mine ist aktuell noch ein Gemeinschaftsunternehmen von Anglo Platinum (Anteil 33%) und der bisher nicht börsennotierten Royal Bafokeng Holdings (RBH), einer Beteiligungsgesellschaft des lokalen Bafo-keng-Stammes. Die Übernahme der Mine durch Implats scheiterte allerdings rasch am Unwillen von Anglo Platinum, einem Verkauf an den Rivalen Implats zuzustimmen. Die Rasimone-Mine produzierte 2009 270.000 Unzen Platinmetalle.

RBH plant nun stattdessen noch in diesem Quartal einen Börsengang seiner Platintochter Royal Bafokeng Platinum. Mit den Erlösen soll vermutlich auch die Expansionsstrategie des Unternehmens unterstützt werden, das bis 2017 eine weitere große Mine erschließen will. Diese soll dann fast zu einer Verdoppelung der Produktion beitragen.

Eine ambitionierte Produktionsausweitung plant auch eine andere "Junior"-Minengesellschaft in Südafrika. Anooraq Resources will die Ausbringung der Bokoni-Mine bis 2014 auf 240.000 Unzen pro Jahr verdoppeln. Bis 2016 könnte die dortige Produktion dann noch einmal fast verdreifacht werden. Außerdem solle die derzeit nur projektierte Ga-Phasha-Mine eventuell weitere 400.000 Unzen fördern. Anooraq sitzt insgesamt auf geschätzten 200 Mio. Unzen Platinmetalle; es ist die drittgrößte bisher kaum erschlossene Platinerzreserve am Kap.


Palladium

Palladium bleibt zumindest im Moment das Lieblingsmetall von Anlegern und Industrie gleichermaßen. So haben die ETF-Bestände in den letzten beiden Wochen deutlich zugenommen und auch die industrielle Nachfrage nach Palladium-Schwamm ist bemerkenswert hoch.

Vor diesem Hintergrund und einer hohen Wahrscheinlichkeit weitgehend erschöpfter staatlicher russischer Vorräte (siehe unser letzter Bericht und unter dem Link auf Seite 4) ist es keine Überraschung, dass der Palladiumpreis zuletzt weiter stieg und in der Spitze in der letzten Woche 603 $ je Unze erreichte, den höchsten Stand seit Juni 2001. Damals war der Preis des Metalls auf dem Weg nach unten, nachdem zuvor ein Exportstopp Russlands ein Allzeithoch von 1.100 $ gebracht hatte.

Gewinnmitnahmen in den letzten 24 Stunden haben an diesem positiven Umfeld bisher nichts ändern können.


Rhodium, Ruthenium, Iridium

Von der Hausse bei den anderen Edelmetallen hat sich das Rhodium in den letzten beiden Wochen nicht anstecken lassen. Sein Preis liegt auf der Briefseite eine Spur tiefer bei 2.325 $ je Unze.

Bei Iridium gab es nach einer langen, ruhigen Phase eine überraschende Belebung der Nachfrage. Der Preis ist in den letzten beiden Wochen deutlich auf 705 $ - 765 $ gestiegen.

Ruthenium liegt unverändert bei 150 $ - 180 $.


© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH





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