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Industriemetalle: Metallpreise steigen auf Fünfmonatshoch

04.10.2010  |  Sven Streitmayer (LBBW)

Q3/2010 überrascht mit kräftigen Preissteigerungen

Ungeachtet der schwachen Entwicklung im August ging das dritte Quartal an den internationalen Metallmärkten mit kräftigen Preisaufschlägen zu Ende. Gemessen am LMEX legten die Notierungen von Kupfer und Co. im September um durchschnittlich 10% zu und erreichten damit den höchsten Stand seit über fünf Monaten. Auf das gesamte Quartal gerechnet, verzeichneten die an der LME gehandelten NE-Metalle gar einen Preiszuwachs von rund 23%. Wenngleich wir nach der heftigen Korrektur bis Anfang Juni und im Hinblick auf die soliden Fundamentaldaten mit einer erneuten Trendwende nach oben gerechnet hatten (vgl. Weekly 26/2010), verlief die anschließende V-förmige Preiserholung doch deutlich zügiger als erwartet. Neben der günstigen Entwicklung in anderen Marktsegmenten (Aktien, EUR-USD) dürfte dies v.a. auf die erstaunlich dynamische Metallnachfrage während der sonst häufig ruhigen Sommermonate zurückzuführen sein.

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Kupfer und Zinn markieren Höchststände

Mit Preissteigerungen von knapp 10% und mehr als 40% (YTD) zählen Kupfer und Zinn zu den stärksten NE-Metallen im bisherigen Jahresverlauf. Während letztgenanntes bei aktuell rund 25.000 USD/t bereits annähernd das Rekordniveau aus dem Frühjahr 2008 erreicht hat, verzeichnete Kupfer mit dem Überwinden der 8.000 USD-Marke zuletzt immerhin ein neues Zweijahreshoch. Auch die Notierungen von Zink (+23%) und Blei (+31%) präsentierten sich in den vergangenen drei Monaten überdurchschnittlich stark, liegen aber ggü. dem Stand zu Jahresbeginn weiterhin im Minus. Insgesamt vollzieht sich die Preisentwicklung im laufenden Jahr wesentlich heterogener als 2009, was die unterschiedliche fundamentale Verfassung an den einzelnen Metallmärkten u.E. nach sehr gut widerspiegelt. Mit Kupfer, Nickel und Zinn weisen momentan die Metalle hohe Preiszuwächse auf, welche sich in einem Angebotsdefizit befinden. Die Nachzügler Aluminium, Zink und Blei sind dagegen allesamt Überschussmärkte.

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Konjunkturerwartungen geben den Trend vor

Während die individuelle Angebots-Nachfrage-Situation gut die relative Preisentwicklung der einzelnen Metallmärkte zu erklären vermag, wurde der übergeordnete Trend von Kupfer und Co. zuletzt weitgehend durch den Konjunkturverlauf bzw. die Erwartungen an denselbigen bestimmt. So führte der in Verbindung mit der Griechenlandkrise einsetzende Konjunkturpessimismus im April/Mai zunächst zu einer tiefgreifenden Korrektur, bevor die verschiedenen Rettungspakete und solide Wachstumskennzahlen einen erneuten Metallpreisaufschwung herbeiführten.

Im August herrschten dann wiederum umgekehrte Vorzeichen, nachdem eine Serie enttäuschender US-Makrodaten die Furcht vor einem erneuten Rückfall in die Rezession geschürt hatten. Zuletzt überwogen schließlich wieder die positiven Töne, wie etwa der überraschende Anstieg der chinesischen Einkaufsmanagerindizes oder des deutschen Ifo-Geschäftsklimas. Aus unserer Sicht ist der globale Wirtschaftsaufschwung ungeachtet der rapiden Stimmungsschwankungen durchaus tragfähig und anhaltend. Für 2011 erwarten wir demnach ein robustes Weltwirtschaftswachstum von 4,4%, womit der primäre Preistrend an den Metallmärkten auch im kommenden Jahr nach oben zeigen sollte.

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Lagerbestände der Metallbörsen rückläufig

Die physische Marktlage wird aktuell bei den meisten NE-Metallen durch eine hohe Nachfragedynamik, fallende Lagerbestände und eine Verflachung der Terminkurven beschrieben. Mit der Ausnahme von Zink und Blei verzeichnen inzwischen alle NE-Metalle einen mehr oder weniger stark ausgeprägten Lagerabbau, was auf das Vorliegen eines Marktdefizits hindeutet. Am deutlichsten sichtbar wird dies bei Zinn, dessen LME-Bestände sich im Jahresverlauf auf nunmehr rund 13.000 t bzw. 14 Tage des Weltverbrauchs halbiert haben.

Der Lagerrückgang korrespondiert mit einem erwarteten Angebotsdefizit für 2010 von etwa 17.000 t (lt. ITRI) bzw. 5% der Jahresnachfrage. Aber auch der weitaus größere Kupfermarkt weist inzwischen spürbare Verknappungsanzeichen auf, weshalb das Contango am vorderen Ende der Terminkurve inzwischen fast gänzlich verschwunden ist. Bereits im ersten Halbjahr 2010 wies Kupfer nach ICSG-Angaben ein Marktdefizit von knapp 300.000 t auf. Und nachdem die Kupferlager entgegen dem saisontypischen Muster auch in den Sommermonaten weiter rückläufig waren, deutet einiges auf ein noch höheres Defizit für das Gesamtjahr hin.

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Ausblick: Erste Engpässe für 2011 erwartet

Mit dem u.E. robusten Makroumfeld, der weiterhin überdurchschnittlich hohen Importnachfrage Chinas, den sinkenden Lagerbeständen und der Verknappung an den physischen Märkten sprechen momentan nahezu alle Faktoren für eine Fortsetzung des Metallpreisaufschwungs. Die derzeit heiß diskutierte und für das Jahresende erwartete Einführung physisch hinterlegter Basismetall-ETFs/ETCs könnte für zusätzlichen Zündstoff sorgen, da die Investoren hierüber erstmals Einfluss auf die reale Angebots-Nachfrage-Situation an den Metallmärkten bekommen.

Angesichts der raschen Preissteigerungen in den vergangenen Wochen und der damit eingetretenen Überhitzung halten wir einen zwischenzeitlichen Rücksetzer zwar nach wie vor für wahrscheinlich. Mittelfristig werden die Basismetallnotierungen unserer Meinung nach und in unterschiedlichem Ausmaß aber weiter anziehen. In Relation zur Nachfrage verfügen derzeit insbesondere Blei (2% der globalen Jahresnachfrage), Kupfer (3%) und Zinn (4%) nur über niedrige Lagerbestände. Im Falle der beiden letztgenannten rechnen wir auch für das kommende Jahr mit einem Marktdefizit, so dass sich die Verfügbarkeit hier weiter verschlechtern dürfte und die Weltmarktpreise durchaus neue Rekordstände markieren könnten.

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© Sven Streitmayer
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart





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