Tiberius Rohstoff-Research: Marktkommentar Juni 2010
15.07.2010
Performancerückblick: Hin- und hergerissen
Die Rohstoffmärkte waren im Juni 2010 im Spannungsfeld guter Fundamentaldaten und negativer technischer Marktsignale gefangen. Die großen Rohstoffindizes von Dow Jones UBS (DJUBS), S&P Goldman Sachs (GSCI), Commodity Research Bureau (CRB) und Rogers International Commodity Index (RICI) starteten im Juni 2010 mit einem Minus von knapp -5% sehr schwach, bevor zur Monatsmitte eine starke Zwischenrally die Indizes ins Plus bis knapp +4% hievte.
Am Monatsende schlossen dann die Rohstoffindizes mit 0% bis +0,5% praktisch unverändert. Auf längere Sicht zeigen der Deutsche Bank Liquid Commodity Index (DBLCI) und der RICI die beste Performanceentwicklung. Beide Indizes leiden jedoch darunter, dass die Gewichtung der Indexkomponenten anhand von fundamentalen Daten nur schwer nachvollziehbar ist. Der DJUBS-Index hat sich in den letzten Jahren aufgrund des geringeren Energiegewichts und des höheren Industriemetallanteils deutlich besser geschlagen als der GSCI.
Hinsichtlich der Einzelkomponenten standen im Juni 2010 die Soft Commodities Kaffee und Zucker im Mittelpunkt, die beide zweistellig hinzugewinnen konnten. Bei Zucker (+11,8%) stufen wir dies nach dem brutalen Abverkauf in den ersten Monaten diesen Jahres als eine technische Reaktion ein. Seit Beginn diesen Jahres liegt die Future-Rendite bei Zucker immer noch bei rund -40%. Bemerkenswert war jedoch die relative Stärke des ausgelaufenen Juli-2010-Kontrakts gegenüber dem nachfolgenden Oktober-2010-Kontrakt. Von einem Contango von mehr als 10% drehte das Verhältnis dieser beiden Terminpreise auf eine Backwardation, die zum Kontraktende mehr als 10% betrug. Dies deutet auf einen physisch gut unterstützten Markt hin.
Viele physische Käufer, die von der Preisexplosion auf 30 US-Cent je Pfund am Jahresbeginn abgeschreckt wurden und Käufe zurückgestellt hatten, schienen Kurse um 15 US-Cent je Pfund zum Einstieg zu nutzen. Dennoch spricht die fundamentale Situation bei Zucker langfristig für einen leichten Preisrückgang und eine Wiederausbildung des Contango. Bei Kaffee (+22,2%) rührte die positive Monatsperformance weniger von einem wiederauflebenden physischen Interesse, sondern vielmehr von einem heftigen Short-Covering einiger Hedge-Fonds her, ausgelöst durch eine stetige Verknappung physischer Lagerbestände. Kurzfristig sollte die Ernte in Brasilien Entlastung beim Kaffeeangebot bringen. Auf mittlere Sicht sehen wir aber weiterhin einen unterversorgten Markt, der die Terminkurve in Richtung Backwardation drücken sollte.
Endlich einmal mit einem Plus (+4,8%) konnte auch US-Erdgas aufwarten. Triebfeder dieser Entwicklung war vor allem das außergewöhnlich warme Wetter in den USA, das für eine Mehrnachfrage aus dem Bereich Klimaanlagen sorgte. Auch die Vorhersagen für den Juli deuten auf eine Hitzewelle hin, so dass bei den US-Erdgas-Lagerbeständen die Vorjahreswerte bis Ende Juli 2010 unterschritten werden dürften.
Bei den Metallen ging die Schere zwischen Edel- und Industriemetallen noch weiter auseinander. Die Edelmetalle konnten leicht hinzugewinnen (Gold +2,5%, Silber +1,3%), während der DJUBS-Industriemetallindex ein Minus von -5,7% hinnehmen musste. Gold profitierte noch einmal von einer auf sehr hohem Niveau verharrenden Risikoaversion, die auch die Performance der anderen sicheren Häfen (10-jährige US Treasuries und Bunds, Euro-Yen, Euro-Schweizer Franken) stützte. Mittlerweile scheint die Kursentwicklung bei den sicherheitsorientierten Anlageinstrumenten jedoch zu erlahmen, so dass wir kurzfristig einen technischen Korrekturbedarf bei Gold sehen. Auf der anderen Seite wurde das Sentiment bei den Basismetallen durch Ängste über eine Konjunkturwende in China belastet. In der Tat zeigen einige Indikatoren (Kreditwachstum, Hauspreise, Importe) im Zuge einer etwas restriktiveren Wirtschaftspolitik leichte Abkühlungstendenzen, nachdem sie zuvor gefährlich
nahe an Überhitzungsniveaus gekommen sind.
Es gibt jedoch noch keinen ernstzunehmenden Hinweis darauf, dass die unzweifelhaft vorhandene Kredit- und Immobilienblase im Reich der Mitte tatsächlich in diesen Wochen platzt. Wäre dies so, dann sähen die Aktien- und Rohstoffmärkte und die Frühindikatoren in den westlichen Industrieländern noch wesentlich negativer aus. Vielmehr scheint es sich bei den Basismetallen um die saisonal übliche Sommerkorrektur zu handeln, die aufgrund des momentanen Destocking-Prozess in China noch einige Wochen andauern könnte. Auch bei Gold fällt die Performance in den Sommermonaten aufgrund einer saisonal schwächeren Schmucknachfrage traditionell geringer aus.
Den kompletten Marktkommentar Juni 2010 können Sie hier downloaden.
© Tiberius Rohstoff-Research
Stuttgart, den 13.07.2010