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Brandenburg das heimliche Ölscheichtum?!

21.08.2007  |  Redaktion

Heute möchte ich Ihnen einen wirklich interessanten Gastbeitrag unseres geschätzten Kollegen Martin Stephan Chefredakteur des Börsendienstes Wahrer Wohlstand vorstellen. Er hat sich ausführlich mit der Emission von "Öl-Anleihen" durch das Bundesland Brandenburg beschäftigt.

Ja, Sie haben tatsächlich richtig gelesen: Öl und Brandenburg und nein, mir ist bislang nicht bekannt, dass in Brandenburg gewaltige Ölvorkommen lagern. Wenn Sie erfahren möchten, was tatsächlich dahinter steckt, lesen Sie den Gastbeitrag...

Ihre Miriam Kraus



Brandenburg das heimliche Ölscheichtum?!

Wer die Stadtgrenzen Berlins verlässt, kann ihre Existenz kaum leugnen. Überall in Brandenburg sind sie "daheim", die großen Windkraftanlagen der verschiedensten europäischen Produzenten. Die alte Vogelscheuche auf den Ackern der Uckermark hat schon lange ausgedient, stattdessen drehen sich Windmuhlen in allen erdenklichen Größen und verjagen das Vogelvieh und die dazugehorigen Ornitologen.

Genau so interpretierte ich bisher stets das Bild der rotierenden Landschaften beim Blick aus dem Auto-, Zug- oder Flugzeugfenster - doch was für ein fataler Irrtum. Denn offenbar handelt es sich bei diesen übergroßen Gebilden nur um gewaltige Attrappen, die den Blick vor dem eigentlichen Schatz der Brandenburger Streusandbuchse verbergen sollen: ich spreche von gewaltigen Ölquellen!

Es müssen riesige Mengen unter der Erde lagern, die Brandenburgs Politiker den angrenzenden Gebietsnachbarn und den Begehrlichkeiten der einheimischen Bevölkerung vorenthalten möchte. Man kann nur hoffen, dass Brandenburgs Öleliten wenigstens von unterirdischen Querbohrungen ins benachbarte Polen abgesehen haben, wurden die Kaczynski-Zwillinge doch nur zu gerne einen weiteren (Schein-)Grund zum Anlass nehmen um alle vier Hande zwecks weiterer deutscher Ablasszahlungen aufzuhalten.

Wahrscheinlich werden Sie sich jetzt fragen, wie ich auf diese Ölidee komme, oder gar welcher Wahnsinn mich wohl diesbezuglich “geritten“ haben mag? Nun, Sie liegen da gar nicht mal so falsch, nur der Adressat sollte ein anderer sein!

Das Land Brandenburg hat sich namlich in einer Zeit, in der alle Anleger und Banker strukturierte Produkte wie der Teufel das Weihwasser meiden mit einer “Öl-Anleihe“ auf den Kapitalmarkt begeben. Angestiftet wurde der Landeskammerer, der sich wahrscheinlich auch Finanzminister nennen darf, von der Schweizer UBS, bzw. ihrem Londoner Ableger.

Offenbar reichen den beratenden Investmentbankern die komfortablen Einnahmen aus unubersichtlichen Devisen- oder Zins-Swap-Geschaften, mit denen sie einige Kommunen jahrelang um unsere Steuergelder erleichtert haben, nicht mehr aus. Fairer Weise muss beim aktuellen Versuch, dem Kapitalmarkt eine erhohte Rendite abzuringen, allerdings darauf hingewiesen werden, dass der Kontrahent der Landeskasse eben keine Bank, sondern der interessierte Privatanleger ist.

Folgende Details der Öl-Anleihe lassen aufhorchen und bei Brandenburg ab sofort die Assoziation an ein "Kuwait Ostdeutschlands" aufkommen:

Der Kaufer der Ölanleihe bekommt vierteljahrlich 1,9375% Zinsen genau dann, wenn der Ölpreis (Spotpreis in US$, Nordseesorte Brent) im entsprechenden Quartalsvergleich gestiegen ist. Ob um 1 Cents oder 20 US$ ist dabei unerheblich, es kommt nur auf den grünen Pfeil nach oben an. Sollte der Ölpreis im Dreimonatsvergleich fallen oder unverändert notieren, fällt die Verzinsung des angelegten Betrages während dieser Periode komplett aus. Der Anleger kann folglich im Höchstfall 7,75% als Jahresrendite einstreichen - und das 5 Jahre lang, denn die Anleihe wird am 20.9.2012 zu pari (100%) zuruckgezahlt.

Aus Sicht des Brandenburger Emittenten entspricht die Ausgabe des Finanzvehikels einer Kombination aus normaler Anleihe und einer Reihe von periodenbezogener Öl-Puts (Verkaufsoptionen). Das Bundesland profitiert folglich, vereinfacht dargestellt, von fallenden Ölpreisen - oder anders ausgedrückt: Brandenburg sichert sich gegen fallende Ölpreise ab.




Die Frage ist allerdings: Wieso verhält sich Brandenburg wie ein Ölscheichtum?

Denn - jetzt wieder ganz realistisch betrachtet - die einzigen nennenswerten Ölvorkommen im markischen Boden stammen aus Zeiten der russischen Armee als diese ihre Altöl- und Kerosinprobleme auf “natürliche“ Weise beseitigte. So darf man wohl getrost davon ausgehen, dass es Brandenburg eben nicht um ein Absicherungsgeschaft sondern um eine nackte Spekulation geht - unter Einsatz von Steuergeldern!

Es fällt schwer zu glauben, dass die großen Strategen der dort werkelnden SPD/CDU-Regierungskoalition auf diese glorreiche Anleihe-Idee allein gekommen sind, das durften denn wohl eher die Banker gewesen sein, doch warum hat man sich von Seiten der Politik für diesen Weg der Kapitalbeschaffung entschieden?

Immerhin liegt das Emissionsvolumen der Anleihe bei 100 Mio. Euro. Als von Moody's mit "Aa1" eingestufter Emittent hatte Brandenburg problemlos eine 5-jahrige Anleihe zu etwa 4,5% an der Börse platzieren konnen. Die jährliche Zinslast hatte dann konstant bei 4,5 Mio. Euro gelegen. Jetzt können es auch 7,75 Mio. Euro pro Jahr werden. Ohne Not geht das Finanzministerium also ein Zusatzrisiko von 3,25 Mio. Euro pro Jahr ein.

Offenbar gehen die Kapitalmarkt-“Experten“ aus Potsdam - wahrscheinlich nach Schulung durch die Vertriebler der UBS, von einem Verfall der Ölpreise aus, denn schon bei zwei von vier Zinsaussetzungen pro Jahr rechnet sich für den Emittenten die Konstruktion.


Doch wie sieht es mit dem Chance/Risiko-Verhältnis aus Sicht des Käufers der Öl-Anleihe aus?

Aus meiner Sicht eher schlecht! Die Grunde für das von mir erwartete unerbauliche Abschneiden der Anleihe liegen zum einen im typischen Verhalten des Ölpreises und zum anderen in der quartalsweisen Abrechnung der Zinszahlungen begründet, denn anders als ein durchschnittlicher Aktienmarkt, der seine größten Kursausschläge zwar selten, aber dann nach unten reißt ("Crash") und in ruhigen Phasen eher steigt, legt Öl die Kurs-Spikes klar nach oben hin - um dann über längere Zeiträume zu konsolidieren.

So gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass trotz eines unterm Strich steigenden Ölpreises dennoch nur zwei Quartale pro Jahr mit einem positiven Periodenergebnis abschneiden. Auch aus rein mathematischen Gründen liegt die Wahrscheinlichkeit für die Entgegennahme der Quartalszinsen durch die Inhaber bei nur etwa 50%, so dass eine unterdurchschnittliche jährliche Rendite von 3,875% das unbefriedigende Ergebnis wäre.

Die durch die UBS in der jüngeren Vergangenheit vorgenommene Überprüfung der Zinszahlungen anhand historischer Datenreihen ergab laut Bank eine durchschnittliche Rendite von etwa 5,1%. Was die UBS in diesem Zusammenhang verschweigt, ist allerdings die außergewöhnlich gute Preisentwicklung des Ölpreises in den vergangenen Jahren, mit deren Kursen das so genannten “backtesting“ stattfand.


Zusammengefasst kann ich nur folgendes feststellen:

Diese Anleihe dürfte es aus zweierlei Gründen überhaupt nicht geben.

Zum einen riskiert ein deutsches Bundesland unbegründet Steuergelder, zum anderen wird dem Endkunden ein Produkt angeboten, dessen Performance angeblich mit der positiven Ölpreisentwicklung korreliert, wo die Rendite allerdings durch die digitalen Ergebnisse der periodenbezogenen Zinszahlungen zu einem reinen Glücksspiel mutiert.

Von einem Kauf zum Kurswert von 100% muss daher klar abgeraten werden!

Sollte der Kurs der Ölanleihe in Richtung 90% und damit auf ein realistisches Kursniveau, fallen, können Käufe zumindest in Erwägung gezogen werden - allerdings nur solange, wie die Renditen normaler Bundeslander-Anleihen weiterhin so niedrig ausfallen wie aktuell.


Martin Stephan ist Chefredakteur der deutschen Ausgabe des Börsendienstes Wahrer Wohlstand und arbeitet eng mit dem amerikanischen Finanzgenie Dr. Steve Sjuggerud zusammen.






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