Uran - Kernschmelze oder kerngesunde Korrektur?
15.08.2007 | Eugen Weinberg
Uran ist sicherlich einer der am kontroversesten diskutierten Rohstoffe überhaupt: Kein anderer Energieträger verursacht so viele Emotionen. Die wirtschaftliche Bedeutung ist immens und im Bereich der Analyse hinkt der Sektor angesichts eines Preisanstieges von knapp 2.000% anderen Rohstoffen bei weitem hinterher. Wir werden im Folgenden versuchen einen knappen Überblick über den Uranmarkt zu sowie im Anschluss einen Ausblick für die nächsten Monate zu geben.
Uran hat in den vergangenen Monaten bei Investoren große Bekanntheit erlangt, der radioaktive Rohstoff konnte von seinem Tief innerhalb von sechs Jahren fast 2.000% an Wert gewinnen. Grund dafür ist vor allem die gestiegene Nachfrage durch den Energiehunger der aufstrebenden Staaten Asiens sowie die Suche nach klimafreundlichen Energiequellen. Auch von der Angebotsseite kommt Druck auf den Preis, so wurde der Markt nach dem Fall des Eisernen Vorgangs mit abgereichertem Uran aus Waffenbeständen überschwemmt. Diese Lager können jedoch nicht endlos Uran liefert. Darüber Hinaus ist fraglich, ob Russland und die USA weiterhin an ihren Abrüstungsplänen festhalten.
Die wichtigste friedliche Verwendung von Uran, das in Form des stabilen Uranoxides U3O8 gehandelt wird, ist die Kernkraft. Darüber hinaus gibt es auch in der Medizin zahlreiche Anwendungen. Im vergangenen Jahr deckte die Kernenergie 16% des Weltstrombedarfs, dies entspricht ca. 2.400 Mrd. Kilowattstunden pro Jahr, also ungefähr soviel wie alle Energiequellen der Welt im Jahr 1960. Zurzeit sind 442 Reaktoren mit einer Gesamtkapazität von etwas 370 Tsd. MegaWatt in über 31 Ländern der Welt am Netz. Für die Zukunft sind bereits über 30 in Bau und 55 weitere befinden sich in Planung.
Klimawandel: Kernenergie als Übergangslösung
Nicht nur das globale Wirtschaftswachstum ist eine bedeutende Triebkraft für die Urannachfrage. Spätestens seit Al Gores Kinofilm und dem Live-Earth-Spektakel dürfte der Klimawandel bei den Menschen angekommen sein. Betrachtet man die Lösungsalternativen für dieses Problem, so bietet sich kurzfristig nur eine Alternative: Der verstärkte Einsatz von Kernkraft. Langfristig kann selbstverständlich nur die Fokussierung auf regenerativen Energieträger (Sonne, Wind...) zur nachhaltigen Lösung der Klimakrise führen. Für den Zeitraum bis 2050 stellt die Kernenergie jedoch den einzigen praktikablen Lösungsweg dar.
Uranmarkt ist stark konzentriert
Der Uranmarkt ist nicht zuletzt aufgrund des starken Interesses vieler Regierungen stark konzentriert. Die größten sechs Uranproduzenten verfügen zusammen über einen Marktanteil von knapp 76%. Auch geographisch gesehen ist die Konzentration der Branche sehr hoch, alleine Kanada und Australien stehen für mehr als die Hälfte der Welturanproduktion.
Langfristige Aussichten gut, kurzfristig Korrekturpotential
Uran sieht als Energieträger einer sehr positiven Zukunft entgegen. Laut Ux Consulting ist bis mindestens 2009 mit einem Defizit am Uranmarkt zu rechnen. Der wichtigste Einflussfaktor danach ist das Großprojekt Cigar-Lake von Cameco und Areva. Sollte dies nicht wie angekündigt nach 2010 in Produktion gehen oder sich gar die Befürchtung vieler Experten bewahrheiten und niemals in Betrieb kommen, so könnte das Defizit auch noch einige weitere Jahre in der Zukunft erhalten bleiben. Daher rechnen wir mindestens bis 2010 mit einem Uranpreis von über 100 USD je Pfund. Sollten sich die Probleme beim Cigar-Lake-Projekt länger als erwartet hinziehen, ist auch darüber hinaus ein solches Preisniveau zu erwarten.
Zwischenzeitlich gehen wir von einer gesunden (ersten) Korrektur in diesem Uranbullenmarkt aus, der jedoch nur bis knapp 100 USD führen sollte. Nach einer abgeschlossenen Korrektur, in der die aufgesprungenen Spekulanten aus dem Markt geschüttelt werden, kann der Preis auch leicht wieder Richtung 150-200 USD klettern.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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