Edelmetalle Aktuell
22.04.2010 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach (Heraeus)
Gold
Die Notierung des gelben Metalls konnte zu Beginn unseres Berichtszeitraumes erst einmal weiter zulegen und erreichte am 11. April einen Höchstkurs von 1.168,70 $. Dies war der höchste Stand seit Anfang Dezember.
Im weiteren Verlauf kam der Goldpreis aber ins Rutschen, vor allem, als am vergangenen Freitag bekannt wurde, dass die amerikanische Börsenaufsicht SEC die US-Investmentbank Goldman Sachs wegen Wertpapierbetrugs verklagt habe. Die Behörde wirft der Bank vor, ihren Investoren wichtige Informationen über ein komplexes Produkt in Zusammenhang mit zweitklassigen, sogenannten Subprime-Hypotheken vorenthalten zu haben, als der amerikanische Häusermarkt zu wanken begann. Goldman, so die SEC, habe Anlegern vor allem verschwiegen, dass der einflussreiche Hedge-Fonds Paulson & Co. an der Konstruktion des Investmentprodukts beteiligt war, während er gleichzeitig massiv auf einen Zusammenbruch des US-Immobilien-marktes spekulierte.
Nach der Nachricht von der Anklage gaben vor allem die Kurse von Aktien und Rohstoffen nach. In den Kursrückgängen spiegelte sich dabei die Furcht der Börse vor weiteren derartigen Maßnahmen durch die SEC wieder. Außerdem vermutet man an den Märkten, dass die Anklage gegen Goldman Sachs die Bestrebungen der Politik nach einer stärkeren Regulierung der Finanzbranche unterstützen könnte.
Der Goldpreis fiel nach Bekanntwerden der Klage in New York innerhalb weniger Stunden um über 25 $. Neben den im letzten Absatz genannten, mehr allgemeinen Gründen kam als belastender Faktor speziell für Gold noch hinzu, dass Paulson & Co. über erhebliche Engagements auch im Goldmarkt verfügt und Marktteilnehmer nicht ausschlossen, dass der Fonds gezwungen sein könnte, Teile davon auf den Markt zu werfen. Paulson ist z.B. mit einem Anteil von 8,4% der größte Einzelinvestor im weltweit wichtigsten und in New York an der Börse notierten SPDR Gold-ETF. Daneben hält der Fonds erhebliche Anteile an einer Reihe von Minengesellschaften.
Die Unsicherheit drückte den Goldpreis am Ende bis auf 1.123 $ je Unze, wobei es in den letzten drei Tagen dann aber nicht zuletzt durch einen steigenden Ölpreis wieder zu einer Erholung kam. Aktuell liegt das Metall bei 1.142,50 $ und damit in etwa in der Mitte der in den letzten beiden Wochen verzeichneten Handelsspanne.
Die Tatsache, dass der Hedge-Fonds Paulson & Co. der größte Einzelinvestor in dem SPDR Gold-ETF ist, hat dessen Popularität zunächst nicht geschadet. Die in diesem Produkt gebundenen Goldmengen sind in den letzten beiden Wochen vielmehr weiter gestiegen und liegen jetzt mit etwas über 1.141 Tonnen auf einem neuen Höchststand. Auch die deutschen Investoren haben sich von dem jüngsten Allzeithoch des Goldpreises auf Euro-Basis nicht abschrecken lassen. Es war wohl vor allem die Griechenland-Krise, die Anleger hierzulande noch immer in die Arme des zeitweise bei fast 865 € je Unze notierenden Metalls treibt. Die Industrie hat dagegen zuletzt etwas weniger nachgefragt, ihr sind die aktuellen Notierungen wohl doch zu hoch. Was die Verkäufe von Altgold angeht, haben diese in den letzten Tagen auch wieder etwas nachgelassen.
Das in London beheimatete Beratungsunternehmen GFMS stellte in der letzten Woche seine alljährliche Studie zum Goldmarkt vor. In der "Gold Survey 2010" gehen die Analysten von GFMS davon aus, dass sich der Goldpreis in den nächsten Monaten in einer Handelsspanne zwischen 1.050 $ und 1.150 $ je Unze bewegen werde. Mittelfristig könnte das Gold auch noch auf ein neues Allzeithoch von 1.300 $ gehen, so die Londoner Experten. Spätestens dann sollte sich der nun schon seit 10 Jahren andauernde Bullenmarkt aber seinem Ende nähern. Hauptgrund für die steigende Skepsis bei GFMS ist der Umstand, dass die sich die Nachfrage der Schmuckindustrie und damit die zentrale fundamentale Stütze für den Goldmarkt in den letzten Jahren mehr als halbiert habe. Gleichzeitig könne die Investmentnachfrage nicht auf dem aktuellen, extrem hohen Niveau verbleiben.
In der Studie stellt GFMS im Detail dar, dass sich die Käufe von Münzen und Barren im vergangenen Jahr auf 1.901 Tonnen fast verdoppelt hätten und dass damit die Nachfrage aus diesem Bereich erstmals seit dreißig Jahren sogar über dem Bedarf der Schmuckindustrie lag.
Was die Produktion angeht, hat der hohe Goldpreis ebenfalls seine Spuren hinterlassen: Die Minen haben 2.572 Tonnen und damit 7% mehr Gold ausgebracht und GFMS erwartet in diesem Jahr eine weitere Steigerung. Allerdings liegt die Ausbringung noch immer unter dem 2001er Höchststand von 2.646 Tonnen. Einen dramatischen Anstieg, nicht zuletzt aufgrund der noch einmal deutlich gestiegenen Preise, gab es 2009 im Altgoldbereich. Hier stieg die in den Markt zurückfließende Menge um sage und schreibe 27% auf 1.674 Tonnen an und erreichte damit rund 2/3 der Neuproduktion.
Was die Zentralbanken angeht, haben diese laut GFMS im vergangenen Jahr nur noch 41 Tonnen Gold verkauft und damit einen Bruchteil der langjährigen Durchschnittsmenge.
Silber
Der Silberpreis hat sich in den vergangenen beiden Wochen im Großen und Ganzen seitwärts bewegt. Wie das Gold auch, erreichte das weiße Metall seinen Höchststand innerhalb des Berichtszeitraumes eher zu dessen Beginn und musste dann dank Goldman und SEC kurz vor dem vergangenen Wochenende ebenfalls einen deutlichen Rückschlag hinnehmen. Dieser wurde in dieser Woche dann zwar zum Teil wieder ausgeglichen, oberhalb der Marke von 18 $ tut sich das Metall im Moment aber schwer.
Fundamental betrachtet befindet sich das Metall aber weiter in einem eher positiven Fahrwasser, denn neben der andauernden Investmentnachfrage gibt es auch einen unverändert hohen Bedarf aus der Industrie.
Platin
Der Platinpreis zeigte in den vergangenen 14 Tagen leichte Ermüdungserscheinungen und konnte sich gegenüber der Ausgangssituation von vor zwei Wochen nur wenig verbessern. Aktuell notiert er bei 1.736 $ und damit gerade einmal 13 $ höher als am 7. April, dem Zeitpunkt der Abfassung unseres letzten Berichts.
Andererseits konnte das Metall aber einen deutlichen Rückschlag, den es zwischenzeitlich erlitten hatte, relativ rasch wieder ausgleichen. Verursacht wurde dieser Einbruch durch einen ebenfalls sinkenden Goldpreis, der wiederum eine Folge des Konflikts zwischen der US-Börsenaufsicht SEC und der Investmentbank Goldman Sachs war (Details siehe rechts im Bericht zum Gold). Der Platinpreis fiel angesichts der Nachrichten aus den USA auf 1.666 $ zurück, dies war gleichzeitg auch der tiefste Stand seit dem 4. April.
Darüber, ob bei dem sich anschließenden Wiederanstieg des Platinpreises auch Befürchtungen vor einer physischen Knappheit bei den Platinmetallen angesichts des Transportstopps in weiten Teilen Europas eine Rolle gespielt haben, kann nur spekuliert werden. Unserer Meinung nach wären jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt Kursgewinne wegen ausgefallener Transporte von Platin nach Europa in keinster Weise gerechtfertigt. Aktuell gibt es weder bei Barren, noch bei Schwamm eine Knappheit und einzelne durch die Vulkanasche in der Luft verursachte Verspätungen bei Lieferungen ändern an dieser Einschätzung nichts.
Hinzu kommt, dass der tagelange Stillstand im Luftraum über Europa in der Autoindustrie tatsächlich sogar zu einem vorübergehenden Minderbedarf bei den Katalysatormetallen führt: Weil wichtige normalerweise per Luftfracht zugelieferte (Elektronikbau-)Teile fehlen, mussten nämlich Autohersteller wie Daimler, BMW und selbst Nissan in Japan ihre Produktion bereits teilweise unterbrechen.
Das Platin ist nun seit dem Börsenstart des neuen, um die Jahreswende herum in den USA zugelassenen ETFs um über 350 $ je Unze angestiegen. Ein Teil des Anstiegs geht zwar auf einen erholten industriellen Bedarf zurück, ein ordentlicher Teil aber auch auf Käufe von Investoren und Spekulanten.
Aus diesem Grund sehen wir die Chancen für weitere Preissteigerungen jetzt erst einmal als begrenzt an. Charttechnisch gibt es zwar wie schon vor zwei Wochen nach oben noch viel Luft, auf der anderen Seite muss aber immer mehr mit Gewinnmitnahmen gerechnet werden. Diese können dann auch mal deutliche Rückschläge bringen.
Wir wären jedenfalls nicht überrascht, wenn das Platin - vielleicht nach einem letzten Aufbäumen - über kurz oder lang wieder in den Bereich von 1.650 $ zurückfällt. Dann wird man sehen, ob die Inhaber von mehr oder weniger spekulativen Pluspositionen weiter zu ihrer Kaufentscheidung stehen, oder ob sie sich entscheiden, in andere besser verzinste Anlagen zu wechseln. In einem solchen Fall könnten dann auch noch weitere Verluste drohen.
Palladium
Das Palladium hat sich bisher von den verkündeten Produktionseinschränkungen in der Autoindustrie durch vulkanbedingt fehlende Zulieferteile nicht von seinem nach oben gerichteten Kurs abbringen lassen. So stieg die Notierung auch in den letzten beiden Wochen wieder steil an und erreichte heute morgen in der Spitze 562 $ je Unze. Dies war der höchste Preis seit Anfang März 2008. Damals war die Notierung ja durch spekulative Käufe im Zusammenhang mit Stromsperren für die südafrikanischen Produzenten auf 590 $ gestiegen, bevor es dann in den Folgemonaten durch die Finanz- und Wirtschaftskrise zu einem dramatischen Absturz kam.
Auf Basis des Euros hat das Palladium, verursacht durch den Verfall der Gemeinschaftwährung in den letzten Monaten, das 2008er Hoch übrigens schon jetzt deutlich überschritten. Heute morgen lag der Preis bei knapp 420 € je Unze (13,50 € je Gramm) und damit fast 10 Prozent über dem Stand von März 2008. Für die europäischen Endverbraucher sind dies sicher keine guten Nachrichten, aber für jene, die den Trend bisher verpasst haben, lohnt es sich jetzt auch nicht mehr, dem Trend hinterher zu rennen und auf dem aktuellen Niveau noch Preissicherungsgeschäfte abzuschließen.
Die derzeitige Hausse wurde vor allem von drei Faktoren ausgelöst, nämlich der Nachfrage von Investoren insbesondere nach ETFs, einem steigenden industriellen Bedarf in westlichen Ländern und nicht zuletzt auch von chinesischen Käufen, hinter denen zum Teil ein höherer industrieller Bedarf gesteckt hat, bei denen zum Teil aber auch ein spekulatives Element vorhanden war. Letzteres zeigt sich aktuell an der Tatsache, dass in China Palladiumschwamm mit einem so deutlichen Abschlag gehandelt wird, dass sich trotz verschiedener finanzieller Hürden sogar Exporte aus dem Reich der Mitte rechnen würden. Offensichtlich kommt es hier also angesichts des hohen Palladiumpreises zu Gewinnmitnahmen und hinter solchen können industrielle Endabnehmer naturgemäß kaum stecken.
Das Realisieren von bis jetzt erst auf dem Papier erzielten Gewinnen könnte nun aber auch auf den westlichen Finanzmärkten drohen; bei den Futurespositionen an den Terminbörsen und eingeschränkt auch bei den ETFs. Zusammengenommen binden beide Anlagearten derzeit eine Menge von über 105 Tonnen des weißen Metalls und damit über die Hälfte einer Weltjahresproduktion. Hinzu kommen zusätzlich noch Positionen im freien (over-the-counter)-Markt, über deren Ausmaß keine Statistiken erhältlich sind.
Nachdem wir seit vielen Monaten einen steigenden Palladiumpreis vorhergesagt haben, ist es deshalb nun an der Zeit, eine immer wahrscheinlicher werdende Trendwende ins Auge zu fassen: Mit dem 2009 zweifelsohne verzeichneten Anstieg des industriellen Bedarfs lässt sich die Preissteigerung um über 60% in den letzten vier Monaten jedenfalls nicht mehr erklären und das Vorhandensein derart großer Bestände in den Händen von Spekulanten und Anlegern macht das Metall unserer Meinung nach für einen deutlicheren Rückschlag mehr als anfällig.
Vielleicht erreicht der Preis vorher noch den 2008er Gipfel, vielleicht steigt er auch noch kurz über 600 $; es sollte aber nicht mehr lange dauern, bis dann auch wieder Notierungen im 400er Bereich erreicht wird. Unter die Marke von 400 $ wird der Preis dabei allerdings kaum fallen, jedenfalls nicht, solange nicht eine Neuauflage der Finanz– und Wirtschaftskrise droht (siehe auch Bericht von letzter Woche).
Rhodium, Ruthenium, Iridium
Die "kleinen" Platinmetalle konnten in den letzten beiden Wochen ebenfalls noch einmal zulegen, auf dem jetzt erreichten hohen Preisniveau ist aber zumindest das kurzfristige Kaufinteresse erst einmal erlahmt.
Rhodium, das teuerste aller Edelmetalle, notiert aktuell knapp unter der Marke von 3.000 $ und damit noch einmal fast 200 $ höher als Anfang April. Das Metall hängt kurzfristig sicher weiter am Auf und Ab der anderen Edelmetalle, langfristig bleiben wird aber überproportional positiv gestimmt.
Ruthenium liegt derzeit bei $215 $ - 230 $. Es war vor allem Nachfrage aus der asiatischen (Elektronik-)Industrie, die das Metall im Wert um fast 10% steigen ließ.
Iridium erreichte mit 530 - 550 $ den höchsten Stand der letzten 12 Jahre. Es liegt nun nur noch 50 $ von seinem Allzeithoch entfernt, das es im April 1998 erreicht hatte.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
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