Edelmetalle Aktuell
09.03.2010 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach (Heraeus)
Gold
Zu Beginn des Berichtszeitraumes setzte der Goldpreis zunächst die Abwärtsbewegung fort, die das Metall nach der letzten Trendwende am 21. Februar begonnen hatte. Den Tiefstkurs erreichte das gelbe Metall dabei mit 1.088 $ je Unze, damit unterschritt es das untere Ende der von uns prognostizierten Handelsspanne um 7 $ je Unze. Ähnlich weit schoss das Metall dann knapp eine Woche später über das obere Ende des Kursbandes hinaus und mit 1.144,50 $ erreichte das Metall am vergangenen Mittwoch den höchsten Kurs seit Mitte Januar.
Auffällig war, dass sich das Gold mit seinen Kursgewinnen in den letzten beiden Wochen - was die grobe Richtung angeht - deutlich von der Seitwärtsbewegung des Euro/Dollar-Kurses abkoppelte. Stattdessen ist von den Händlern der in letzter Zeit als Indikator eher etwas vernachlässigte Ölpreis wieder stärker beachtet worden. Dieser legte von 78 $ auf über 82 $ zu und schürte so möglicherweise Ängste vor inflationären Tendenzen in der Weltwirtschaft.
Was den physischen Markt angeht, gibt es beim Gold derzeit eher gemischte Nachrichten. Das hohe Preisniveau führte dazu, dass es in Hongkong wieder ein erhöhtes Aufkommen an Altgold gibt; gleichzeitig ist der physische Absatz z.B. in der Schmuckindustrie nach dem Ende des chinesischen Neujahrsfestes noch nicht wieder richtig in Gang gekommen. Die zunehmenden Diskussionen bezüglich einer Aufwertung der chinesischen Währung Yuan dürften dabei aber erst einmal nur eine untergeordneten Rolle gespielt haben. Sollte es jedoch zu einer solchen Aufwertung kommen, würde das international in Dollars gehandelte Gold lokal erst einmal weniger wert werden. Im Vorfeld könnte eine solche Entwicklung Verkäufe fördern und später - nach erfolgter Verbilligung des Goldes im Reich der Mitte - die Nachfrage zusätzlich anheizen.
Während man sich in China Gedanken um eine mögliche Aufwertung der eigenen Währung macht, erleben viele Europäer aktuell genau das Gegenteil. Infolge des immer weiter fallenden Kurses des britischen Pfunds und des sich trotz derzeitiger Atempause aktuell auch nicht gerade mit Ruhm bekleckernden Euros ist das Gold in den letzten beiden Wochen auf beiden Seiten des Ärmelkanals wieder auf ein neues Allzeithoch gestiegen. Gegen Euro notierte das gelbe Metall in der Spitze bei 840 € je Unze (27,01 € je Gramm), auf der Basis des britischen Pfunds lag die Notierung zeitweise bei 755,50 £ je Unze (24,29 £ je Gramm).
Der physischen Nachfrage durch Investoren in Deutschland haben die hohen Notierungen keinen Abbruch getan. Sie kauften wieder Investmentbarren in größeren Stückzahlen, wobei besonders die gegossenen Barren mit einem Gewicht von 100g bis hin zu 1kg gefragt waren. Hier zeigt sich wohl noch immer die Unsicherheit hinsichtlich der finanziellen Lage Europas nach dem allerdings kurzfristig nun erst einmal abgewendeten Kollaps der griechischen Staatsfinanzen.
Angesichts dessen, dass sich heute morgen die Kreditaufschläge für griechische Anleihen trotz der Hilfsmaßnahmen für das Land schon wieder ausweiteten, während der Euro/USD-Kurs gleichzeitig etwas erholt bei über 1,3650 notierte, gibt es wenig Gründe, die für einen raschen Einbruch des Goldpreises sprechen. Dies auch deshalb, weil das physische Angebot an Altmaterial zuletzt zwar gestiegen war, allerdings inzwischen bei weitem nicht mehr jene Niveaus erreicht, die es 2008 und 2009 in vergleichbaren Situationen inne hatte. Wir erwarten kurzfristig erst einmal einen Verbleib des Goldpreises in einer Spanne zwischen 1.125 $ und 1.145 $. Selbst wenn es mal unter die erstgenannte Marke fällt, dürfte es kaum unter den Tiefstkurs der letzten beiden Wochen rutschen
Silber
Der Silberpreis durchbrach gleich nach der Abfassung unseres letzten Berichts die wichtige Chartmarke von 15,90 $ und nahm in den beiden Folgetagen auf 15,58 $ je Unze ab. Angesichts des charttechnischen Umfelds fiel der Rückgang mit 32 Cents aber unerwartet moderat aus und noch am vorletzten Freitag konnte das Metall zu einer neuen Aufholjagd starten, die es am vergangenen Freitag und dann noch einmal heute morgen auf fast 17,50 $ katapultierten.
Der steile Anstieg der letzten Tage birgt natürlich die Gefahr eines Rückschlags; anders als noch vor zwei Wochen scheint die Gefahr eines Preisverfalls in Regionen unterhalb der Marke von 15 $ aber vorerst gebannt zu sein. Dabei hilft dem weißen Metall nicht nur die Charttechnik, sondern auch die fundamentale Lage: Während z.B. unsere Kollegen in Hongkong beim Gold derzeit ein leicht erhöhtes Aufkommen an Altgold sehen, berichten sie mit Bezug auf das Silber trotz des inzwischen wieder sehr hohen Preisniveaus von einer weiter sehr guten Nachfrage. Diese komme sowohl aus der verarbeitenden Industrie, wie auch aus dem Schmuckbereich.
Auch hier in Europa hält die industrielle Nachfrage nach Silber weiter an. Relativ betrachtet scheint diese sogar besser als bei den Platinmetallen zu sein. Ein Grund hierfür ist möglicherweise, dass im vergangenen Jahr beim Silber weniger Terminkäufe vorgenommen wurden als bei jenen Metallen. Dies führt jetzt dazu, dass die Vorräte der Unternehmen einen geringeren Umfang als bei Platin & Co. haben und ein prozentual größerer Anteil des laufenden Bedarfs deshalb auf dem Spotmarkt zugekauft werden muss.
Anders als in der Industrie gehen die Meinungen zum Silber bei den Investoren derzeit offensichtlich auseinander. Während es bei ETFs teilweise Rückgaben gab - so sank das Volumen des größten Silber-ETFs zwischen dem 26. Februar und dem 4. März um fast 70 Tonnen ab - war die Nachfrage nach den Investmentbarren mit einem Gewicht von bis 5 Kilogramm auf hohem Niveau stabil.
Kurzfristig erwarten wir beim Silber eine Handelsspanne zwischen 16,40 $ und 18 $ je Unze. Je nachdem, auf welcher Seite das Metall aus dieser Spanne ausbrechen kann und welche Vorgaben außerdem auch noch vom Gold kommen, dürfte sich dann ein neuer, mittelfristiger Trend herausbilden.
Platin
Nicht ganz unerwartet konnte das Platin in den letzten Tagen zulegen und stieg dabei heute Morgen in Asien sogar über die bisherige Widerstandslinie bei 1.590 $ je Unze hinaus an. Am Ende bedeutete dies ein Kursplus von fast 100 $ oder 6 Prozent innerhalb von knapp zwei Wochen.
Verantwortlich für die Gewinne waren vor allem Käufe von Investoren, so flossen in alle wichtigen ETFs zuletzt neue Anlagegelder. Um 10.000 Unzen nahm dabei alleine der neue in New York an der Börse notierte ETF zu.
Aber nicht nur die Investoren hatten einen erhöhten Appetit auf das weiße Metall. Auch die Autoindustrie benötigt nach der einsetzenden Erholung in den letzten Monaten wieder steigende Mengen physischen Metalls. Allerdings ist zumindest in den westlichen Ländern davon ein ordentlicher Teil bereits kursgesichert und hat deshalb keinen unmittelbaren Einfluss auf den Kassapreis.
Ein Automarkt, auf dem es zuletzt wieder aufwärts ging, war derjenige in den USA, wo sich im Februar die Erholung aus den Vormonaten fortsetzte. Nach Angaben von Marktbeobachtern stiegen die Gesamtverkäufe im Vergleich zum allerdings sehr schwachen Vorjahresniveau um 13,4 Prozent auf 779.000 Fahrzeuge an. Analysten erklärten, dass ohne die Schneestürme in vielen Landesteilen die Verkäufe branchenweit vermutlich noch um fünf Prozent höher ausgefallen wären. Zudem habe die laufende Rückrufaktion von Toyota die gesamte Branche belastet. Trotz dieser Hürden sehen Marktbeobachter für das Gesamtjahr in den USA weiter einen moderaten Anstieg der Autoverkäufe auf 11,5 bis 12 Mio. Fahrzeugen voraus. Im vergangenen Jahr war der Absatz ja bekanntlich auf rund 10,7 Mio. Autos eingebrochen.
Nicht so gut wie in den USA sah es im Februar in Deutschland aus. Der Absatz der Autobranche ist hierzulande gegenüber dem vergleichbaren Vorjahresmonat um fast ein Drittel eingebrochen. Insgesamt wurden nach Angaben des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) 194.800 Autos neu zugelassen. Laut VDA war im Februar 2009 aufgrund des damaligen Anlaufens der Abwrackprämie ein Zehn-Jahres-Hoch bei den Neuzulassungen erreicht worden, der Vergleich zwischen dem letzten und diesem Jahr sei deshalb nicht besonders aussagekräftig. Nachdem am Ende im Jahr 2009 in Deutschland über 3,8 Mio. Fahrzeuge verkauft wurden, sei im laufenden Jahr mit einer Normalisierung und einem Volumen zwischen 2,75 Mio. und drei Mio. Pkw-Neuzulassungen zu rechnen, so der VDA weiter.
Auch aus China kommen erstmals seit langem nicht ganz so gute Nachrichten vom Automarkt (wobei dies alles relativ ist). Vor allem durch das im Februar gefeierte chinesische Neujahrsfest seit der Absatz im letzten Monat "nur" um 45% im Vergleich zum Februar 2009 gestiegen. Insgesamt wurde letzte Monat in China 881.100 Autos verkauft. Im Januar hatte die Zahl noch bei 1,22 Mio. Autos und damit bei einem Plus von 84% gelegen.
Für die nächsten Tage erwarten wir beim Platin eine Beruhigung, wobei sich der Preis in einem höheren Preisband als in den letzten beiden Wochen wiederfinden dürfte. Ein Überschreiten des Höchstkurses von heute Morgen bei 1.606 $ dürfte in den nächsten Handelstagen eher nicht auf der Agenda stehen. Nach unten bildet das Niveau von 1.560 $ nun eine erste Unterstützung, sollte der Preis darunter fallen, gibt es alle 30 Dollars wieder ein Niveau, auf dem industrielle Endverbraucher kurzfristige Bedarfe z.B. mit Hilfe von Kauforders einzudecken versuchen könnten.
Palladium
Das Palladium erreichte wie die anderen Edelmetalle auch am 25. Februar seinen Tiefstkurs für den Berichtszeitraum. Seit diesem Zeitpunkt stieg das Metall kontinuierlich an und erreichte am Freitagabend kurzzeitig einen Kurs von $482 je Unze, bevor es leicht zurückfiel.
Diese Notierung markierte nicht nur ein neues Jahreshoch, es war auch der höchste Kurs der letzten beiden Jahre. Verantwortlich für den positiven Unterton ist sicher die Kombination aus neuen Investments und den gleichzeitig positiven Entwicklungen auf den Automärkten in China und den USA. Beide bevorzugen eher Benzinmotoren und machen damit in den Katalysatoren den Weg für eine bevorzugte Nutzung des billigeren Palladiums frei. Dem Platin bleibt auf diesen Märkten mit Abstand nur der zweite Platz auf dem Treppchen.
Wir erwarten nun erst einmal eine Beruhigung, Kurse von über $500 für längere Zeit wären unserer Meinung nach zumindest kurzfristig nicht nachhaltiger Natur.
Rhodium, Ruthenium, Iridium
Rhodium und Ruthenium konnten in den letzten zehn Tagen nicht mehr an die jüngsten Kursgewinne anknüpfen und notieren im Großen und Ganzen unverändert, Rhodium bei 2.500 $ - 2.600 $ und Ruthenium bei 180 $ - 190 $ je Unze. Bei beiden Metalle beobachteten wir am Freitag und auch heute wieder gestiegenes Interesse auf beiden Seiten, allerdings hielten sich diese bis jetzt noch die Waage.
Auf der Abgeberseite standen dabei zuletzt vor allem Händler und Aufarbeiter, deren Verkäufe dürften auch eine Folge der relativ hohen Preise in Euro bzw. Pfund sein.
Das Iridium, mit rund vier Tonnen Weltjahresproduktion das seltenste der auf Finanzmärkten gehandelten Edelmetalle (nur Osmium ist noch rarer) gewann im Berichtszeitraum nicht nur durch Wechselkursveränderungen hinzu, sondern auch ganz real: Seine Notierung stieg in den letzten zehn Tagen auf der Briefseite um weitere 30 $ auf jetzt 500 $ an. Eine kurzfristige Änderung der Situation ist nicht in Sicht.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
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