Edelmetalle Aktuell
12.10.2009 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach (Heraeus)
Gold
Der Goldpreis legte in der vergangenen Woche überraschend deutlich an Fahrt zu und erreichte dabei am Ende sogar ein neues Allzeithoch. Die Bewegung gipfelte am Donnerstag bei einem Kurs von 1.061,20 $ je Unze, dies ist der höchste jemals verzeichnete Preis für das gelbe Metall. Er lag damit 30 Dollars über dem Allzeithoch vom letzten Jahr und etwas über 200 Dollars über dem 1980-Rekordhoch, das zuvor fast 30 Jahre lang Bestand hatte. Besonders dramatisch ist auch der Unterschied zum Tiefstkurs des vergangenen Herbstes. Zur Erinnerung: Mitte Oktober 2008 hatte das Metall nach dem dramatischen Rückgang vom letzten Allzeithoch kurzzeitig bei nur noch 682 $ notiert. Eine ähnliche Entwicklung kann diesmal aber weitgehend ausgeschlossen werden. Trotzdem gibt es in der momentanen Entwicklung Risiken:
So war die jüngste Hausse, zumindest was die öffentlich bekannten Gründe angeht, vor allem von Spekulanten getrieben. Das zeigte sich auch an den am Freitagabend veröffentlichten Bestandszahlen an der New Yorker Börse. Wie die Börsenaufsicht CFTC mitteilte, stiegen die “Netto-Long-Positionen“ der großen spekulativ orientierten Anleger in der vergangenen Woche auf den höchsten seit Beginn der Aufzeichnungen jemals verzeichneten Wert.
Hinzu kommen die Positionen in den verschiedenen ETFs, die beim Gold inzwischen dreiviertel einer Weltjahresproduktion betragen. Im 3. Quartal haben diese Positionen in den sechs bedeutendsten ETFs übrigens nur noch um 1 Prozent (oder 697.000 Unzen) zugenommen. Auch wenn wir davon ausgehen, dass ein Großteil dieser Anlagen langfristiger Natur sind, besteht doch die Gefahr von Gewinnmitnahmen.
Diese gibt es schon jetzt wieder einmal im Schmuckbereich. So beobachteten wir in dieser Woche einen deutlichen Anstieg der Altmetallverkäufe in Asien, für die es derzeit denn auch keine lokale Nachfrage gibt.
Von allen diesen Punkten dürfte aber besonders die Tatsache, dass sich die Spekulanten bereits so deutlich eingedeckt hatten, dafür gesorgt haben, dass es kurz vor dem Wochenende beim Goldpreis dann doch noch eine Abkühlung gab. Die Notierung fiel dabei am Freitagabend auf 1.049 $ je Unze zurück. Negativ ausgewirkt haben dürfte sich vor allem der Umstand, dass der Ölpreis in der vergangenen Woche die Höchstkurse vom September nicht übersteigen konnte, aber auch, dass der Dollar kurz vor dem Wochenende wieder leicht zulegen konnte.
Ob der Goldpreis vielleicht auch wieder nachgegeben hat, weil neben den Spekulanten sich am Ende auch noch ein weiterer bisher unbekannter Käufer zurückgehalten hat, kann nur spekuliert werden. Die Art und Weise, wie der Goldpreis davor nach oben stieg, könnte auch darauf hindeuten, dass zusätzlich eine Mine oder eine Zentralbank eine große Menge des Metalls aus dem Markt genommen hat.
Was die weitere Entwicklung angeht, fällt eine Prognose derzeit schwer. Es gäbe, wie oben beschrieben, gute Gründe für eine Atempause, auf der anderen Seite gibt es aber in Zeiten niedriger Geldmarktzinsen genügend Kapital auf der Suche nach einem Hafen. Möglichweise erwächst hieraus mittelfristig dann auch die größte Bedrohung für den Goldpreis. Der Tag an dem die internationalen Notenbanken ihre Zinsen wieder anheben werden und so das Halten von Goldpositionen verteuern, dürfte derjenige sein, an dem das gelbe Metall zu einer echten Gegenbewegung ansetzt.
Einen ersten leisen Vorgeschmack dazu gab es in der letzten Woche, aber noch verhallte er ungehört: Die australische Zentralbank hatte am Dienstag die Zinsen völlig unerwartet um 25 Basispunkte auf 3,25 Prozent erhöht. Damit ist erstmals seit Ausbruch der weltweiten Finanzmarktkrise in einer größeren Volkswirtschaft die Zinsschraube wieder angezogen worden. Zuvor lag der Zinssatz auf einem 49-Jahrestief von 3 Prozent. Zwischen September 2008 und April 2009 hatte die Bank den Leitzins insgesamt um 4,25 Prozentpunkte gesenkt.
Silber
Die Notierung des weißen Metalls stieg nach einer kurzen Verschnaufpause zu Beginn des Berichtszeitraumes seit dem vergangenen Montag steil an und erreichte in der Spitze 17,90 $ je Unze und damit den höchsten Kurs seit August letzten Jahres. Mit dem Höchstkurs erreichte das Metall fast das obere Ende des in unserem letzten Bericht genannten Aufwärtstrends, den es aber bis jetzt nicht nach oben verlassen konnte. Eine solche Bewegung hätte dem Metall sicher noch einmal zusätzlichen Auftrieb verschafft. Stattdessen ist es kurz vor dem Wochenende wieder leicht zurückgefallen, mit zuletzt 17,70 $ ist es von der ersten charttechnischen Unterstützungslinie aber noch meilenweit entfernt.
Platin
Das Platin konnte im Fahrwasser des Goldpreisanstiegs in den letzten Tagen ebenfalls deutlich zulegen und erreichte am Donnerstagabend 1.349 $ je Unze. Im Gegensatz zum Palladium und erst recht zum Gold konnte es damit aber keinen neuen Rekordpreis erreichen. Erst im September hatte das Metall schon einmal auf dem jetzigen Höchstkurs gelegen, der sich in nächster Zeit wahrscheinlich erst einmal als schwer zu nehmende Hürde darstellen wird.
In den vergangenen zehn Tagen sind außerdem auch wieder von einer Reihe von Automärkten die neuesten Zulassungszahlen veröffentlicht worden.
Das Ende der Abwrackprämie hat den deutschen Automarkt im September dabei wie erwartet noch nicht ausgebremst. Im Gegenteil: Die Zahl der Neuzulassungen stieg um 21 Prozent auf 316.000 Autos an, wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) am vorletzten Freitag in Frankfurt mitteilte. Seit Jahresbeginn wurden in Deutschland knapp 3 Mio. Autos neu zugelassen, 26 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Schwach entwickelte sich im September dagegen das Exportgeschäft, das um 11 Prozent nachgab. Dank eines hohen Auftragsbestands aus der Abwrackprämie rechnet der VDA aber noch bis Jahresende mit einem hohen Zulassungsniveau. Der Verband der internationalen Kraftfahrzeughersteller in Deutschland (VDIK) geht davon aus, dass im Gesamtjahr in Deutschland bis zu 3,7 Millionen Wagen neu registriert werden.
Allerdings berichten erste Autohändler von einem dramatischen Einbruch der Kundennachfrage seit Prämien-Ende Anfang September. Für 2010 rechnen Experten deshalb mit einem massiven Einbruch der Neuzulassungen in Deutschland, weil dann die staatliche Anreize fehlen werden.
In den USA befindet sich der Pkw-Markt im ersten Monat nach Ablauf der Abwrackprämie bereits wieder auf Talfahrt und könnte laut Schätzungen im Gesamtjahr unter die psychologisch wichtige Marke von zehn Millionen Verkäufen sinken. Konkret sind im September die Neuzulassungen im Vergleich zum Vormonat um 41 Prozent auf 746.000 Fahrzeuge zurückgegangen. Das “Cash for Clunkers“-Programm, das am 24. August zu Ende ging, hatte den US-Fahrzeugmarkt nur kurzzeitig beflügelt. Am härtesten traf der Rückgang General Motors und Chrysler, Ford hielt sich dagegen vergleichsweise gut und die deutschen Hersteller legten bei den Verkäufen sogar zu.
In nächster Zeit wird sich die Situation in den USA (und nicht nur dort) erst einmal zumindest optisch verbessern. Ab jetzt kommen nämlich im Jahresverlauf auf die Autobauer niedrigere prozentuale Verlustzahlen zu, weil der Absatz nach der Lehman-Pleite vor genau einem Jahr so deutlich eingebrochen war. Aber nicht nur optisch sollten die Autoverkaufszahlen in den USA in den nächsten Monaten besser ausfallen: Experten setzen zunehmend auf eine Belebung der US-Konjunktur und damit auch auf eine absolute Steigerung der Verkäufe, wenn auch von einem niedrigen Niveau.
Ein mögliches Anziehen der Autokonjunktur wird in Südafrika, dem weltgrößten Produzentenland für Platin, sicher gerne vernommen werden: Dort gab Northam Platinum Ltd., Tochtergesellschaft von Mvelaphanda Resources, in der letzten Woche bekannt, dass man das seit einigen Jahren diskutierte Booysendal-Projekt nun ab Anfang 2010 endgültig in Angriff nehmen werde. Die neue Platinmine wird die tiefste der Welt sein und soll die Produktion des Unternehmens mehr als verdoppeln. Somit könnte die derzeitige Nummer 5 auf Platz vier der weltweit größten Platinproduzenten aufrücken. Der Vorsitzende der Geschäftsführung Glyn Lewin sagte, man wolle das Projekt, das 403 Mio. Dollars kosten werde, durch Aktienemissionen, interne Finanzierungen und Kredite finanzieren.
Im per 30. Juni abgelaufenen Geschäftsjahr von Northam war die Produktion von Northam um 3 Prozent auf 302.474 Unzen gestiegen. Die erste Produktionsphase von Booysendal könnte laut Lewin zu den Verkäufen dann zusätzlich 130.000 Unzen Platin, Palladium und Rhodium pro Jahr beitragen. Später sei dann eine jährliche Steigerung um weitere 115.000 Unzen möglich. Für die erste Phase des Projektes plant Northam eine Lebensdauer von mehr als 20 Jahren, wobei in dieser Zeit durchaus auch noch weitere Produktionssteigerungen möglich wären.
Palladium
Am Ende konnte das Palladium von der guten Stimmung auf den Edelmetallmärkten überproportional profitieren und den im unserem letzten Bericht genannten wichtigen Widerstand bei 315 $ je Unze doch noch übersteigen. Die Notierung stieg in der Spitze auf über 320 $ je Unze am Freitag an und erreichte damit auf den höchsten Stand seit Mitte August 2008.
Das Metall profitierte dabei vor allem von Käufen durch Spekulanten, die auf eine Belebung der Autokonjunktur insbesondere in den USA hoffen. Aber auch die Industrie selbst stand in den letzten beiden Wochen nicht abseits, sie nutzte bei vergleichsweise niedrigen Terminaufschlägen das gegen Euro noch immer relativ günstige Preisniveau für Eindeckungen ihres zukünftigen Bedarfs.
Wir bleiben bei unserer insgesamt positiven Haltung zu dem Metall, wobei aber vorübergehende Rückschläge nicht auszuschließen sind. Diese sollten für industrielle Endverbraucher aber einfach nur günstige Gelegenheiten zum Einstieg sein.
Rhodium, Ruthenium, Iridium
Das Rhodium konnte in den letzten Tagen erstmals seit Wochen wieder eine größere Bewegung verzeichnen. Aufgrund von Kaufinteresse sowohl von Investoren, wie auch von industriellen Verbrauchern legte das Metall um fast 50 $ auf der Briefseite zu und liegt nun bei rund 1.700 $ je Unze. Mit dem jetzt erreichten Kurs ist das Ende der Fahnenstange vermutlich noch nicht erreicht. Auf längere Sicht erwarten wir weiterhin, wie schon in vergangenen Ausgaben an dieser Stelle erwähnt, massive Kursgewinne.
Die Nachfrage nach Ruthenium und Iridium ist angesichts des insgesamt festen Umfelds bei den anderen Edelmetallen ebenfalls etwas gestiegen. Die Preise haben dabei bisher aber noch nicht zulegen können. Ruthenium liegt weiter bei 70 $ - 110 $ je Unze, Iridium unverändert bei 380 $ - 430 $.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
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