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Ernten dürften Getreidepreise nicht mehr belasten

05.10.2009  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)

Mais

Die Erwartung einer Beinahe-Rekordernte in den USA hat den US-Maispreis Anfang September auf ein 9-Monatstief von 3 USD je Scheffel fallen lassen. Seither lässt sich eine Stabilisierung zwischen 3 und 3,5 USD beobachten (Grafik 1). Es ist keineswegs sicher, ob die hochgesteckten Ernteerwartungen erfüllt werden. Die Maisernte hinkt in ihrer Entwicklung dem langjährigen Durchschnitt um etwa 2-3 Wochen hinterher.

Diese Verzögerung kann sich negativ auf den zu erwartenden Ernteertrag auswirken. Zum einen, weil die Maispflanzen zur optimalen Ausbildung der Maiskörner trockene und warme Witterungsbedingungen und genügend Licht bevorzugen, was im Oktober nur noch eingeschränkt gewährleistet ist. Zum anderen besteht zu dieser Jahreszeit ein höheres Risiko von frühzeitigen Frostperioden. Entsprechend sensibel reagiert der Maispreis seit einigen Wochen auf die Wetterprognosen in den Hauptanbaugebieten in den USA, was sich in einer höheren Volatilität widerspiegelt.

Die Prognosen für die Maisernte in den USA, welche knapp die Hälfte der weltweiten Produktion und mehr als 60% der weltweiten Exporte stellen, wurden in den vergangenen Monaten sukzessive nach oben revidiert. Das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) rechnet in seiner aktuellen Schätzung damit, dass in den USA in diesem Jahr 329 Mio. Tonnen Mais geerntet werden. Das sind 7% mehr als bei der Schätzung im Mai.

Die bisherige Rekordernte aus dem Jahr 2007 würde damit nur um 2 Mio. Tonnen unterschritten. Entsprechend wurden vom USDA auch die Schätzungen für die weltweite Maisproduktion um 9 Mio. auf 794 Mio. Tonnen nach oben revidiert. Trotz der deutlichen Ausweitung des Angebots wird in diesem Erntejahr weiterhin ein Marktdefizit von 5 Mio. Tonnen erwartet (Grafik 3). Denn auch die weltweite Maisnachfrage soll auf einen Rekordwert von 799 Mio. Tonnen steigen.

Das niedrige Preisniveau dürfte die Nachfrage ebenso beflügeln wie die zu erwartende Erholung der Weltkonjunktur, was mit einem höheren Bedarf an Futtermitteln einhergehen dürfte. Zudem ist bei den derzeit niedrigen Preisen mit einer höheren Maisnachfrage für die Ethanolproduktion zu rechnen (Grafik 4). Das USDA schätzt, dass im Erntejahr 2009/10 13,5% mehr Mais als im vergangenen Jahr für die Ethanolherstellung verwendet werden sollen. Entsprechend weniger Mais stünde für den Export zur Verfügung.

Die Abwärtsrisiken für die US-Maisproduktion und damit auch für das weltweite Maisangebot und der Umstand, dass die Nachfrage das Angebot in diesem Erntejahr übertrifft, sprechen für steigende Maispreise. Wir prognostizieren einen Maispreis von 3,70 USD je Scheffel im Durchschnitt des vierten Quartals und einen Anstieg auf 4,70 USD je Scheffel bis Ende 2010.

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Weizen

Der US-Weizenpreis ist Anfang September auf ein 2 ½ Jahrestief von 4,30 USD je Scheffel gefallen. Seither lässt sich eine Stabilisierung zwischen 4,30 und 4,50 USD beobachten (Grafik 1). Aufgrund bestehender Ernterisiken auf der Südhalbkugel, einer zu erwartenden Rückführung der Anbauflächen im kommenden Jahr und einer anziehenden Nachfrage rechnen wir bis Ende des Jahres und im kommenden Jahr mit moderat steigenden Weizenpreisen. Die reichlich gefüllten weltweiten Lagerbestände dürften das Anstiegspotenzial allerdings begrenzen, so dass sich Weizen im Vergleich zu Mais nur unterdurchschnittlich entwickeln dürfte. Wir prognostizieren einen durchschnittlichen Weizenpreis von 5 USD je Scheffel im vierten Quartal und einen Anstieg auf 6 USD je Scheffel bis Ende 2010.

Die Weizenpreise sind in den Sommermonaten stark unter Druck geraten. Denn die Weizenernte auf der Nordhalbkugel dürfte in diesem Jahr besser ausgefallen sein als zunächst erwartet. Grund hierfür ist das günstige Wetter in den letzten Wochen der Wachstumsphase und während der Ernte. Dies hat zu höheren durchschnittlichen Ernterträgen geführt.

Der Rückgang der Anbauflächen sowie die witterungsbedingten Verzögerungen im Frühjahr konnten so teilweise wettgemacht werden. Besonders augenfällig ist dies bei der Weizenernte in den USA, dem weltgrößten Weizenexportland. Die US-Ernteschätzung wurde vom USLandwirtschaftsministerium (USDA) in den vergangenen vier Monaten um insgesamt 10% nach oben revidiert. Das USDA geht in seiner aktuellen Schätzung davon aus, dass die weltweite Weizenproduktion im laufenden Erntejahr 6 Mio. Tonnen höher ausfallen wird als bei der ersten Schätzung im Mai.

Der International Grains Council (IGC) hat seine Ernteschätzung im selben Zeitraum sogar um 14 Mio. Tonnen nach oben revidiert. Da gleichzeitig die Prognose für den weltweiten Weizenverbrauch nur geringfügig angehoben wurde, steigt der erwartete Angebotsüberschuss auf dem Weizenmarkt. Dieser dürfte sich laut USDA auf 17 Mio. Tonnen und laut IGC sogar auf 22 Mio. Tonnen belaufen, nachdem im Vorjahr der Angebotsüberschuss 45 Mio. betrug. In der Folge sollen die weltweiten Weizenlagerbestände zum Ende des laufenden Erntejahres auf 186,6 Mio. Tonnen steigen (Grafik 2). Das ist der höchste Stand seit acht Jahren und liegt 64 Mio. Tonnen über dem vor zwei Jahren verzeichneten 28-Jahrestief. Eine Knappheit besteht bei Weizen im Gegensatz zu vielen anderen Agrarrohstoffen somit nicht.

Der Weizenpreis hat zuletzt aber nicht mehr auf die anhaltenden Aufwärtsrevisionen der Ernteprognosen reagiert. Dies kann ein Indiz dafür sein, dass die negativen Nachrichten mittlerweile größtenteils eingepreist sind und dass das weitere Abwärtspotenzial für die Weizenpreise somit begrenzt ist. Dazu passt auch, dass die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer derzeit so negativ für Weizen gestimmt sind wie zuletzt vor knapp vier Jahren (Grafik 8, Seite 5). Dies spricht kurzfristig für eine Bodenbildung und unterstützt mittelfristig steigende Preise.

Wir erachten die Ernterisiken in Australien weiterhin nicht ausreichend berücksichtigt. Der staatliche australische Analysedienst ABARE hat seine Prognose für die australische Weizenernte trotz der Regenarmut in weiten Teilen des Landes unlängst sogar um 3,4% auf 22,7 Mio. Tonnen nach oben revidiert. Sollte es aufgrund von El Nino zu größeren Ernteausfällen in Australien kommen, ist mit einem stärkeren Preisanstieg zu rechnen als oben dargestellt.

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Baumwolle

Baumwolle hat sich seit Jahresbeginn um 26% verteuert und wird in New York aktuell bei 60 US-Cents je Pfund gehandelt. Es mehren sich die Anzeichen für eine Verknappung am Markt. In China, dem weltgrößten Baumwollproduzenten, ist in diesem Jahr mit einer um 10% geringeren Ernte zu rechnen, nachdem die Anbaufläche für Baumwolle aufgrund der niedrigen Preise gegenüber dem Vorjahr deutlich reduziert wurde. Die China Cotton Association korrigierte daraufhin ihre Produktionsprognose auf 7,02 Mio Tonnen nach unten. Dies sollte zu einem erhöhten Importbedarf bei dem weltgrößten Baumwollimporteur führen, nachdem die Importe zwischen 2007/08 und 2008/09 um 40% auf 1,5 Mio Tonnen eingebrochen waren.

Der geringere Importbedarf Chinas hat auf die US-Baumwollpreise gedrückt, da die US-Exporte zu einem erheblichen Teil von China abgenommen werden. Für die Produzenten in den USA, von denen knapp die Hälfte der weltweiten Exporte stammt, ist der Anbau von Baumwolle aufgrund des Preisrückgangs zu einem Verlustgeschäft geworden. Dies hat dazu geführt, dass die US-Bauern weniger Baumwolle anbauen und stattdessen auf Getreide wie Mais umgestellt haben. Die Anbaufläche für Baumwolle in den USA sank zwischen 2007/08 und 2008/09 um 1,2 Mio Hektar auf 3,06 Mio Hektar. Die US-Produktion ging daraufhin von 4,2 Mio Tonnen auf 2,8 Mio Tonnen zurück, den niedrigsten Stand seit 19 Jahren. Für das zum 1. August gestartete Jahr 2009/10 erwartet das US-Landwirtschaftsministerium auch nur einen leichten Produktionsanstieg auf 2,9 Mio Tonnen.

Insgesamt ist für das laufende Jahr 2009/10 mit einer weiteren weltweiten Produktionsverringerung bei Baumwolle zu rechnen, nachdem diese bereits in 2008/09 gegenüber dem Vorjahr um 3 Millionen Tonnen zurückgegangen war. Das USLandwirtschaftsministerium schätzt das weltweite Angebot in diesem Jahr auf 22,8 Millionen Tonnen nach 23,2 Millionen in 2008/09. Das reduzierte Angebot sollte auf eine wieder anziehende Nachfrage treffen, die allerdings auch aus den Lagerbeständen bedient werden kann. Dies dürfte insbesondere für China gelten. Das US-Landwirtschaftsministerium rechnet mit einem Rückgang der chinesischen Lagerbestände um etwa 500.000 auf 3,8 Millionen Tonnen, den niedrigsten Stand seit sieben Jahren. In der Folge könnte auch eine Anpassung der chinesischen Importquote, zu der eine zollreduzierte Einfuhr möglich ist, stattfinden.

Für das kommende Jahr kündigte China bereits die Ausdehnung der Anbaufläche an, um die anziehende heimische Nachfrage besser befriedigen zu können. Indien, der zweitgrößte Produzent an Baumwolle, hat im letzten Jahr seine internen Stützpreise über das Weltmarktpreisniveau hinaus erhöht. Daraufhin waren die Exporte in 2008/09 um zwei Drittel eingebrochen. Indiens Marktanteil im wichtigsten Abnehmerland China fiel von 30% auf 10%.

In diesem Jahr rufen allerdings die bereits hohen Lagerbestände und eine höhere Produktion nach vermehrten Exporten, so dass der Markt von dieser Seite entlastet werden sollte. Da Baumwolle in ihrer Verwendung in Konkurrenz zu dem aus Rohöl produzierten Kunstfasern steht, dürfte der von uns erwartete Ölpreisrückgang den Anstieg bei Baumwolle ebenfalls bremsen (Grafik 5). Wir erwarten einen durchschnittlichen Baumwollpreis von 63 US-Cents im vierten Quartal und rechnen mit einem Preisanstieg auf 75 US-Cents pro Pfund bis Ende 2010.

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Auf einen Blick

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: ´´Rohstoffe kompakt´´, Commerzbank AG




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