Rohstoff-Welt.de - Die ganze Welt der Rohstoffe

China, Streiks und Spekulanten pushen Nickelpreis

15.09.2009  |  Sven Streitmayer (LBBW)

Markt: Nickelpreise weiter auf Erholungskurs

Der Nickelpreis hat in den vergangenen drei Monaten weiter deutlich zugelegt und ist von gut 14.000 USD/t per Anfang Juni auf derzeit knapp 19.000 USD/t gestiegen. Gegenüber dem Ende März markierten Jahrestief (9.403 USD/t) entspricht dies einem Preiszuwachs von annähernd 100 %. Den im bisherigen Jahresverlauf höchsten Stand erreichten die LME-Nickelnotierungen Mitte August, als diese erstmals seit 14 Monaten die Marke von 21.000 USD/t kurzzeitig überstiegen.

Open in new window

Streiks legen kanadische Minenproduktion lahm

Zusätzliche Nahrung erhielt die Nickelpreisrallye von den Arbeitskämpfen in den kanadischen Minen des brasilianischen Vale-Konzerns. In den Betrieben Sudbury und Voisey´s Bay befinden sich aktuell mehr als 3.000 Minen- und Raffineriearbeiter im Streik um Pensionszahlungen, Arbeitszeiten und Prämien. Mit einer Jahreskapazität von zusammen rund 190.000 t (14 % der Weltproduktion) gehören die beiden Minen zu den vier größten Nickelförderern weltweit

Open in new window

Erneuter Lageranstieg auf 14-Jahreshoch

Entgegen dem steilen Preisanstieg stellt sich die Ange-botslage am Nickelmarkt nach wie vor alles andere als knapp dar. Im Gegenteil: Nachdem sich die LME-registrierten Nickellagerbestände zwischen April und Juli kontinuierlich verringert haben und bereits eine Trendwende vermuten ließen, sind die Nickellager zuletzt wieder deutlich angewachsen. So registrierten die weltweiten LME-Lagerhallen seit Anfang August einen Zufluss von knapp 12.000 t Nickel auf nunmehr rund 118.000 t. Dies ist der höchste Stand seit dem Sommer 1995 und entspricht etwa 10% der für 2009 erwarteten Weltnachfrage nach raffiniertem Nickel. Im Vergleich zu den anderen Industriemetallen wird der Angebotsüberhang am Nickelmarkt derzeit nur noch durch Aluminium übertroffen.

Open in new window

Nickel-Terminkurve dreht in Backwardation

Um so erstaunlicher ist es daher, dass die Terminkurve von Nickel ab Mitte August (im Dreimonatsbereich) in Backwardation notierte – üblicherweise ein Zeichen für eine Knappheitssituation am physischen Markt. Wir sehen dies jedoch eher als kurzlebiges Phänomen infolge der Minenstreiks (Risikoprämie).






China dominiert globale Nickelnachfrage

Von der Nachfrageseite gibt es indes wenig grundlegend Neues zu vermelden. In der westlichen Welt vollzieht sich die Erholung der Edelstahlproduktion (als zentraler Nickelverbraucher) langsam aber beständig. Dies zeigt sich u.a. an dem steigenden Auslastungsgrad der Produktionskapazitäten sowohl in Japan und Europa, als auch in den USA (Auslastung ca. 50-60% nach etwa 40% zuvor). Im Jahresvergleich liegt die Edelstahlproduktion gleichwohl in allen großen Regionen außerhalb Chinas noch tief im Minus. Die Edelstahlhersteller im Reich der Mitte produzieren dagegen teilweise bereits wieder unter Vollauslastung der Kapazitäten, was sich auch in der Nickelnachfrage der Volksrepublik niederschlägt. So summieren sich die chinesischen Nickelimporte von Januar bis Juli auf bislang unerreichte 168.000 t. Zum Vergleich: In den kompletten Jahren 2007 und 2008 wurden insgesamt gerade einmal 223.000 t eingeführt.

Open in new window

Spekulatives Interesse stark zugenommen

Die außergewöhnlich hohen Importe Chinas sind u.E. jedoch nur zu einem Teil auf den erhöhten Verbrauch der Edelstahlindustrie zurückzuführen. Ein nicht unwesentlicher Anteil dürfte dem Aufbau von staatlichen und privaten Lagerbeständen gedient haben, welche sich nach Angaben des staatlichen Researchhauses Antaike landesweit auf etwa 100.000 t belaufen. Chinesischen Medienberichten zufolge sollen zahlreiche private Investoren das Metall mit dem Motiv der Kapitalanlage horten. Auch an der LME in London hat das spekulative Interesse seit Anfang Juli stark zugenommen. Ein Indiz hierfür liefert der steile Anstieg des Open Interest am Nickelmarkt, welches in den vergangenen zwei Monaten um knapp ein Viertel auf einen neuen Rekordwert von fast 110.000 Kontrakten zugelegt hat. Dies entspricht mehr als der Hälfte der jährlichen Weltnachfrage.

Open in new window

Fazit

Der steile Anstieg des Nickelpreises seit Jahresbeginn ist u.E. überwiegend auf die rekordhohen Importe Chinas, die massiven Kapitalzuflüsse seitens der Investoren sowie jüngst der Streik in zwei der weltgrößten Nickelminen zurückzuführen. In Anbetracht der fundamentalen Rahmendaten (v.a. Lagerbestände, globale Nachfrage) erscheint die Preiserholung aber inzwischen zu weit gelaufen zu sein. Auf Sicht der kommenden 3-4 Monate rechnen wir daher weiterhin mit einer Korrektur der Nickelnotierungen. Unser 12-Monatsziel belassen wir bei 22.500 USD/t.

Open in new window





Übersicht: Lagerbestände Energie & Metalle

Open in new window

Open in new window

Open in new window

© Sven Streitmayer
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart





Diese Publikation beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir jedoch keine Gewähr übernehmen können. Sie gibt unsere unverbindliche Auffassung über den Markt und die Produkte zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wieder, ungeachtet etwaiger Eigenbestände in diesen Produkten. Diese Publikation ersetzt nicht die persönliche Beratung. Sie dient nur zu Informationszwecken und gilt nicht als Angebot oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf. Für weitere zeitnähere Informationen über konkrete Anlagemöglichkeiten und zum Zwecke einer individuellen Anlageberatung wenden Sie sich bitte an Ihren Anlageberater.