Baumwolle vor kräftiger Abwärtsbewegung?
28.08.2009 | Marc Nitzsche (Rohstoff-Trader)
Baumwolle gehört traditionell zu den Rohstoffmärkten mit einer erhöhten Volatilität und eignet sich deshalb recht gut für aktive Trader. Ausgehend vom März-Tief konnten die Notierungen im “Schlepptau“ eines tendenziell sehr bullischen Gesamtmarkt-Umfeldes bei den “Naturschätzen“ deutlich anziehen. Viele Anleger stellen sich daher die Frage, ob diese “Rallye“ sich fortsetzt und ob demnächst eine kräftige Abwärtsbewegung anstehen könnte.
Versorgungssituation nach wie vor üppig
Unter fundamentalen Gesichtpunkten ist zunächst einmal anzumerken, dass sich die signifikante Überversorgung bei US-Baumwolle der vergangenen Jahre zwar leicht zurückgebildet hat. Dennoch besteht an amerikanischer Baumwolle alles andere als ein Mangel. Auf Grund rückläufiger Anbauflächen kam es in der Saison 2008/09 zu einem Primär-Defizit von etwa vier Millionen Ballen, welches durch die sehr hohen Lagerbestände allerdings problemlos kompensiert werden konnte.
Für das laufende Wirtschaftsjahr 2009/10 hat das US-Landwirtschaftsministerium seine Schätzungen hinsichtlich der Übertragsbestände kürzlich bestätigt. Demnach sollen die Ending Stocks zum 31. Mai 2010 5,6 Millionen Ballen betragen, was gegenüber dem Niveau des Vorjahres ein leichtes Minus von 500.000 Ballen bedeutet. Auf Grund des unverändert schwachen inländischen Verbrauchs (die amerikanische Textil-Industrie kommt gegen die asiatische Konkurrenz schlichtweg nicht mehr an) wird jedoch mit einem signifikanten Nachfrage-Rückgang von 16,8 auf 13,7 Millionen Ballen gerechnet.
Das hat zur Folge, dass das Verhältnis zwischen Endbeständen und Verbrauch von 36 auf 41 Prozent steigt. Damit liegt das Ending Stock to Use Ratio zwar erkennbar unter seinem Höchstständen über 50 Prozent der Jahre 2007 und 2008. Im historischen Vergleich ist es jedoch nach wie vor recht hoch.
Auch auf globaler Ebene ist der Markt ungeachtet eines erwarteten Rückgangs der Endbestände von 62 auf 57 Millionen Ballen mit einem Ending Stock to Use Ratio mehr als ausreichend versorgt. Angesichts solcher Zahlen wird Baumwolle es schwer haben, sich erkennbar zu verteuern.
Exporte bleiben Sorgenkind
Ein weiteres Sorgenkind auf der Verbrauchsseite bleibt neben dem schwachen amerikanischen Konsum die schleppenden Exporte. Für die aktuelle Saison rechnen die US-Behörden mit einem Minus bei den Ausfuhren von 23 Prozent. Diese Annahme könnte sich allerdings als zu optimistisch entpuppen. Denn bis dato liegen die Exporte 49 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres. Die Chinesen als einer der größten Baumwoll-Importeure weltweit können sich nach wie vor nicht für amerikanische Baumwolle begeistern und kaufen die Naturfaser lieber aus Indien oder Pakistan, selbst wenn der Rohstoff dort etwas teurer ist. Wir sehen damit eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass die US-Ausfuhren letztlich unter den Erwartungen liegen werden. Dadurch würden die Endbestände weiter zunehmen, was zu einem entsprechenden Preisdruck führen sollte.
CoT-Daten sprechen für fallende Kurse
Wenig Positives im Hinblick auf steigende Notierungen gibt es auch seitens der CoT-Daten zu berichten. Gegenwärtig halten die kommerziellen Marktteilnehmern eine Netto-Short-Position von 26.000 Kontrakten. Diese ist somit nicht allzu weit von den Höchststände im Bereich von 30.000 Kontrakten entfernt. Daraus lässt sich schließen, dass die für gewöhnlich sehr gut informierten Hedger die Kursanstiege seit März genutzt haben, um Baumwolle verstärkt auf Termin zu verkaufen. Ganz offensichtlich erachten die Commercials die gegenwärtigen Preise für hoch genug, um sich auf der “kurzen Seite“ zu positionieren. Anleger sollten dies als Warnsignal bezüglich eines möglichen Preisrückgangs in jedem Fall sehr ernst nehmen.
Bärische Saisonalität
Gegen kurz- bis mittelfristig anziehende Notierungen spricht darüber hinaus auch die Saisonalität. Für gewöhnlich bewegt Baumwolle sich von Ende August bis Anfang Oktober seitwärts, bevor es dann zu einem “Abverkauf“ kommt, der bis Ende November dauert. Im Anschluss ziehen die Kurse zwar wieder kräftig an. Das jedoch ändert nichts an der Einschätzung, dass es aus saisonaler Sicht für Long-Engagements definitiv zu früh ist und es eher ratsam ist, auf fallende Notierungen zu setzen.
Charttechnik: Trendwende nach unten deutet sich an
Schließlich deutet auch die technische Betrachtung eine Trendwende nach unten bei Baumwolle an. Der maßgebliche Oktober-Future hat seinen Aufwärtstrend seit März nach unten durchbrochen und bewegt sich aktuell deutlich unter der wichtigen 18-Tage-Linie. Sowohl der MACD als auch die Stochastik generieren Verkaufssignale und auch der RSI ist mit 35 unverkennbar im bärischen Bereich. Derzeit kämpft der Markt mit der zentralen Unterstützung bei 55 US-Cents. Fällt diese, ist nicht auszuschließen, dass die März-Tiefs bei etwa 45 US-Cents noch einmal getestet werden. Unterhalb von 55 US-Cents können damit Short-Spekulationen sicherlich ernsthaft in Betracht gezogen werden.
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de