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Magerschwein: Bären vor Kapitulation?

21.08.2009  |  Marc Nitzsche (Rohstoff-Trader)

Dass die Fleischmärkte im Rohstoff-Bereich ein Eigenleben führen, ist weithin bekannt. Überdeutlich wurde diese These einmal mehr an der jüngsten Kurs-Entwicklung bei Magerschwein. Während die meisten anderen “Naturschätze“ in den zurückliegenden Wochen im “Schlepptau“ freundlicher Aktienmärkte und einem schwächeren US-Dollar Kurszuwächse erfuhren, gingen die Magerschwein-Notierungen förmlich in den “freien Fall“ über. Was sind die Gründe dafür und stehen die Bären möglicherweise vor einer baldigen Kapitulation?


Schweinegrippe verunsichert Verbraucher

Insbesondere der Ausbruch der Schweinegrippe in Mexiko und die weitere Verbreitung haben viele Verbraucher maßlos verunsichert. Obwohl eine Ansteckungsgefahr durch den Verzehr von gekochtem Schweinfleisch nahezu ausgeschlossen ist, erscheint den meisten Menschen die Sache einfach nicht geheuer und sie verzichten gegenwärtig lieber auf den Konsum von Schweinfleisch. Erfahrungsgemäß dauert es ein ganzes Weilchen, bis solche an und für sich unbegründeten Ängste wieder verschwinden. Insofern muss damit gerechnet werden, dass die Nachfrage schwach bleibt, obwohl insbesondere in den USA während der Sommermonate eigentlich eher Schwein als Rind verzehrt wird.


Exporte brechen massiv ein

Überdeutlich zeigen sich die Vorbehalte der Verbraucher gegenüber Schweinfleisch, wenn man sich die jüngsten US-Exportzahlen ansieht: Laut der US Meat Export Federation brachen die Ausfuhren in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres um satte 18 Prozent ein, nachdem sie im Vergleichszeitraum 2008 um 49 Prozent auf ein historisches Rekordniveau zugelegt hatten. Zugegeben: Der Vergleich hinkt etwas, weil im vergangenen Jahr insbesondere China auf Grund einer flächendeckenden Erkrankung inländischer Tiere die Einfuhren aus dem "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" massiv gesteigert hat. Dieses Problem ist mittlerweile weitgehend behoben, so dass kein so großer Bedarf mehr nach amerikanischem Schweinefleisch besteht. Nichtsdestotrotz zeigen die Exportzahlen, dass der Absatz von Schweinefleisch derzeit alles andere als einfach ist.


Hohe Lagerbestände belasten

Belastend für die Preise wirkten sich darüber hinaus die recht hohen Lagerbestände in Übersee aus: Zum 30. Juni befanden sich insgesamt 579 Millionen amerikanische Pfund Schweinefleisch in den amerikanischen Kühlhäusern - neun Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Wirklich verwunderlich sind diese Zahlen in Anbetracht der Nachfrage-Schwäche nicht. Aber bereits in absehbarer Zeit könnte die erhebliche Überversorgung des Markts ihr Ende finden.


Rückläufige US-Produktion erwartet

Denn das US-Landwirtschaftsministerium rechnet für das laufende Jahr mit einem Rückgang der Schweinefleisch-Produktion um zwei Prozent und für 2010 immer noch um ein Prozent. Verantwortlich hierfür ist die niedriger Zahl von Masttieren. Zum 1. Juni belief sich die Anzahl der Schweine auf 66,079 Millionen Stück und lag damit zwei Prozent unter dem 2008er-Wert. Bedenkt man den erheblichen Preisverfall der zurückliegenden Wochen und Monate, muss sogar damit gerechnet werden, dass sich die Menge der in der Mast befindlichen Tiere nochmals reduziert, weil viele Farmer es zu den aktuellen Marktpreisen schwer haben werden, rentabel zu arbeiten. Insgesamt sollte sich demnach die fundamentale Situation mittel- bis längerfristig zugunsten der Bullen aufhellen, wobei man diesbezüglich keine "Wunderdinge" erwarten sollte, solange das Thema Schweinegrippe noch nicht vollständig verdaut ist.


Charttechnik: Bodenbildung im Bereich von 44 US-Cents möglich

Charttechnisch liegt es nach den massiven Abverkäufen auf der Hand, dass sich die Lage alles andere als "bullisch" präsentiert: Der Oktober-Future befindet sich seit August letzten Jahres in einem intakten Abwärtstrend, der sich jüngst sogar noch einmal merklich beschleunigt hat. Von daher überrascht es nicht, dass die Notierungen unterhalb der wichtigen 18-Tage-Linie liegen und nahezu sämtliche Indikatoren wie der MACD, die Stochastik und der RSI Verkaufssignale generieren. Auf der anderen Seite deuten der RSI und insbesondere die Bollinger Bänder jedoch auf eine signifikant überverkaufte Situation hin.

Zudem scheint der Markt im Bereich von 44 US-Cents möglicherweise eine tragfähigen Boden ausbilden zu können. Zur Stunde ist es zwar noch etwas verfrüht, eine dahingehend definitive Aussage zu treffen. Letztlich kann es auch noch eine Etage tiefer gehen, auch wenn das nicht sonderlich wahrscheinlich ist. Investoren sollten den Markt vorerst nur beobachten und schauen, ob der angesprochene Boden und eine anschließende Trendwende nach oben kommen. Falls dem so sein sollte, könnte man das Eingehen von Long-Positionen ernsthaft in Betracht ziehen. Aktuell ist es aus technischer Sicht dafür aber noch zu früh.


© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader







Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de