Rohstoff-Welt.de - Die ganze Welt der Rohstoffe

Die Rohstoff-Woche - KW 25/2009: Die Rohstoff-Abhängigkeit Europas

20.06.2009  |  Tim Roedel

Eines der großen Themen in dieser Woche lautete: “Solarstrom aus der Sahara für Europa“. So wollen etwa 20 deutsche Konzerne ein Konsortium gründen, welches Umsetzungspläne für ein etwa 400 Milliarden Euro teures Solarprojekt inmitten der Sahara ausarbeiten soll. Neben deutschen Unternehmen wie EON, RWE und Siemens sollen weitere Konzerne aus anderen europäischen Ländern mit einbezogen werden.

Ziel ist es, noch vor dem Jahr 2020 bis zu 15% des europäischen Strombedarfs aus dem Solarprojekt im nördlichen Teil der Sahara zu generieren. Würde man das Projekt sukzessive erweitern, so könnte man bis 2050 alle euopäischen Atomkraftwerke durch umweltfreundlichen Strom von der Sonne ersetzen.

Soweit die Theorie, die sich auf den ersten Blick gut anhört: umweltfreundlich, billig, keine Flächennutzung in Europa, sicher! Sicher? Energie, die aus einigen der ärmsten Länder der Welt kommen soll? So wie etwa Erdöl aus dem Irak, Nigeria und Venezuela? Oder Erdgas aus Russland? Naja gut, die nordafrikanischen Staaten werden ganz bestimmt nicht den Saft abdrehen um etwa Entwicklungshilfe oder andere Zugeständnisse zu erzwingen.

Europa und vor allem Deutschland scheinen ein unbändiges Bedürfnis zu haben, sich von außen abhängig zu machen. Klassische Beispiele sind hier natürlich Öl und Gas, aber auch Metalle, wie Nickel, Silber oder Kupfer wären in Europa eigentlich reichlich vorhanden. Staaten, die diese Haltung versuchen zu durchbrechen, werden in ihrem Streben nach Erschließung ihrer Ressourcen häufig massiv behindert. Übertriebene Bürokratie und teils unsinnige Richtlinien seitens der Europäischen Union machen es vielen Mitgliedsstaaten schwer, dringend notwendige Ressourcen zu erschließen oder gar zu fördern.

Dabei besitzt der Bergbau in Europa eine lange Tradition, so wurden bereits seit der Antike vor allem die Metalle Kupfer, Gold und Silber ausgebeutet.

Jedoch wird heutzutage die Möglichkeit der Rohstoff-Förderung innerhalb Europas - vor allem in Deutschland - massiv unterschätzt. Wurde einem doch von Kindesbeinen an eingebleut, dass deutsche Kohle zu teuer und deutsches Uran zu gefährlich sei.

Nur sehr wenige Staaten haben die Notwendigkeit für ein Umdenken erkannt und öffnen sich mehrheitlich außereuropäischen Firmen. Erkannt wurde das zunehmende Risiko der Abhängigkeit von außereuropäischem Gas beispielsweise von der französichen Regierung, die mit allen Mitteln versucht, eigene Reserven zu erschließen und sich damit von Importen weitestgehend unabhängig zu machen.

So ist etwa das französische Interesse an der Entwicklung und Ausbeutung lokaler Gasreserven sehr hoch, da man sehr stark von Importen abhängt und noch dazu von recht unzuverlässigen Quellen. Europa ist sich drohender, zukünftiger Probleme mit Gaslieferanten wie Russland, Algerien oder Nigeria durchaus bewusst, da es eine starke Abhängigkeit von Importgas besitzt und diese Abhängigkeit selbst nicht steuern und kontrollieren kann. Die französische Regierung ist daher gegenüber allen Initiativen und Vorhaben sehr aufgeschlossen eingestellt und unterstützt Firmen bei dem Ziel, mehr Gas in Frankreich zu produzieren.

Auch in anderen Ländern wird versucht dem Trend weg von der häufig zitierten “umweltschädlichen Rohstoffindustrie“ entgegenzuwirken.

So versucht beispielsweise die Firma Northern Lion Gold in Portugal und Schweden Zink-, Blei- und Silbervorkommen zu erschließen. Ebenfalls in Schweden sucht Dragon Mining nach Gold. Boliden AB, eine schwedische Bergbaufirma besitzt sogar bereits vier laufende Minen, drei davon in Skandinavien, die Gold-, Silber-, Zink-, Blei- und Kupfervorkommen ausbeuten und eine in Irland, die Tara Mine, Europas größte Zinkmine. Darüberhinaus betreibt die Boliden Group fünf Schmelzen in Skandinavien.

Die Firma Scandinavian Minerals besaß in Finnland eines der weltweit ergiebigsten Nickel-Kupfer-PGE (Metalle der Platingruppe) -Vorkommen. Besaß? Ja, besaß, denn Scandinavian Minerals wurde eben wegen ihres Kevitsa-Projekts vom aufstrebenden Rohstoffproduzenten First Quantum Minerals übernommen, und das aus gutem Grund, bietet Finnland doch neben reichen Basismetallvorkommen auch niedrige Abbaukosten. Finnland hat neben der Hightech-Branche und der Holzwirtschaft die Minenindustrie als dritten großen Förderbereich ausgewiesen.







Einen völlig anderen Weg geht EMED Mining, eine australisch-zypriotische Explorationsgesellschaft, die nach dem Motto “Back To The Roots“ agiert, und das gleich in doppelter Hinsicht.

Zum einen plant man eine der Ur-Minen des heutigen Giganten Rio Tinto wieder zum Laufen zu bringen.

EMED Minings zweites historisches Abbaugebiet befindet sich im Bereich um das Biely Vrch Gold-Projekt in der Slowakei. In den umliegenden Minen wurden zur Zeit der Habsburger-Dynastie 120 Mio. Unzen Silber und dazu noch einiges an Gold und Basismetallen gefördert.

Auch European Goldfields engagiert sich in der Entwicklung von Bergbau-Projekten. So besitzt European Goldfields Mehrheitsanteile an Gold- und Basismetallprojekten in Griechenland und Rumänien, für die teilweise schon positive Machbarkeitsstudien erstellt wurden.

Die meisten der aufgezählten Aktivitäten stecken jedoch noch in der Entwicklungsphase oder es handelt sich dabei um stillgelegte Minen, deren Wiedereröffnung bewußt hohen Restriktionen ausgesetzt ist.

Es bleibt abzuwarten, ob Firmen wie European Gas Limited, die auch in Deutschland in die Entwicklung von Rohstoffprojekten investieren wollen, auch tatsächlich Einlass finden werden und innerhalb eines vernünftigen Zeithorizonts am Abbau von Abhängigkeiten mitwirken können. Immerhin wird neuerdings sogar im Allgäu nach Öl gesucht, im Freistaat Sachsen wurden bereits einige neue Minenlizenzen erteilt und nördlich von Wien wird sogar schon Öl in kleinerem Maßstab gefördert, während auf der anderen Seite ergiebige Kohlevorkommen in der Lausitz einfach geflutet und damit für zukünftige Förder-Vorhaben unbrauchbar gemacht werden.

Fortschritte zeigen sich in jüngster Zeit aber auch rund um die Querfurter Mulde / Bad Bibra nahe Roßleben in Thüringen, wo aktuell eine Ausschreibung zur Wiederaufnahme der Produktion in der einst sehr ergiebeigen Kalisalz-Zeche Roßleben läuft, an der sich unter anderem auch die K+S Gruppe beteiligt. K+S gehört weltweit zur Spitzengruppe der Anbieter von Spezial- und Standarddüngemitteln, von Pflanzenpflege- sowie Salzprodukten und ist dementsprechend auch weltweit aktiv.

Möglichkeiten zu verstärkten Bergbau-Aktivitäten böten sich also genügend, es fehlt meist nur am Willen und einer gewissen Courage, diese umzusetzen. Europa und vor allem Deutschland muß sich entscheiden: entweder eigene Ressourcen freigeben und abbauen lassen oder dauerhaft von der Lieferung außereuropäischer Energieressourcen abhängig bleiben und irgendwann das Risiko eingehen, bei Kerzenschein dick vermummt der verpassten Chance, Europa dauerhaft von wichtigen Rohstoffimporten unabhängig zu machen, nachzutrauern.


Hätten Sie’s gewusst?:

Der Primärenergieverbauch in Deutschland setzte sich 2008 zu 34,7% aus Mineralöl, zu 22,1% aus Erdgas, zu 13,1% aus Steinkohle, zu 11,1% aus Braunkohle und zu 11,6% aus Kernenergie zusammen. Die erneuerbaren Energien steuerten weitere 7,4% hinzu, davon waren 5,9% Solarenergie.


Der Spruch der Woche:

“Nirgendwo hat sich die Sonnenenergie bisher so überzeugend durchgesetzt wie beim Schneeräumen.“ - Henry Alfred Kissinger (* 27. Mai 1923 in Fürth als Heinz Alfred Kissinger) ist ein US-amerikanischer Historiker und Politiker deutscher Herkunft. Von 1969 bis 1973 war er Nationaler Sicherheitsberater der Vereinigten Staaten, von 1973 bis 1977 US-Außenminister.

In diesem Sinne eine erfolgreiche Rohstoff-Woche!

Die nächste Ausgabe der Rohstoff-Woche erhalten Abonnenten am 27. Juni 2009.

Abonnieren Sie die Rohstoff-Woche noch heute kostenlos unter www.rohstoff-woche.de!


© Tim Roedel
Die Rohstoff-Woche





Wenn Sie die Rohstoff-Woche kostenlos per E-Mail erhalten möchten, können Sie sich hierzu auf unserer Website www.rohstoff-woche.de registrieren. Melden Sie sich noch heute kostenlos und unverbindlich an!

Hinweis gemäß § 34 WpHG (Deutschland): Mitarbeiter und Redakteure der Rohstoff-Woche halten folgende in dieser Ausgabe besprochenen Wertpapiere: KEINE.

Hinweis (Österreich): Die Autoren und Mitarbeiter der Rohstoff-Woche legen gemäß § 48f Abs. 5 BörseG offen, dass sie selbst an einzelnen Finanzinstrumenten, die Gegenstand der Analysen sind, ein finanzielles Interesse haben könnten.