Edelmetalle Aktuell
15.05.2009 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Gold
Der Goldpreis entwickelte sich im Gegensatz zu den überwiegend industriell genutzten weißen Edelmetallen in den letzten Tagen durchweg positiv. Allerdings kam es dabei nicht mehr zu spektakulären Kursgewinnen: Von 914 $ am letzten Freitag stieg die Notierung bis gestern Abend langsam aber sicher auf 930 $ an, bevor sie am Ende dann wieder leicht nachgab. Verantwortlich für die Kursgewinne waren wohl vor allem Käufe von Händlern und spekulativ orientierten Adressen. Beim größten Gold-ETF gab es dagegen nur ein kleines Plus, immerhin aber das erste seit dem 9. April. Die Nachfrage nach Barren war dagegen erneut nicht besonders ausgeprägt.
Das Interesse der Händler geweckt haben dürfte vor allem auch die Kursentwicklung beim Dollar und beim Öl: Die Hoffnung auf eine Erholung der Weltwirtschaft setzt einem Bericht der Financial Times Deutschland zufolge derzeit dem Dollar zu und treibt den Ölpreis: Gegenüber dem Euro und dem Yen fiel der Dollar gestern Morgen auf den tiefsten Stand seit sieben Wochen. Inzwischen schließen einzelnen Banken sogar einen €/$-Kurs von 1,40 nicht mehr aus. Der Ölpreis wiederum kletterte am Dienstag zum ersten Mal seit sechs Monaten über die Schwelle von 60 $ und hielt sich auch am Mittwoch noch bei über 59 $ je Barrel.
Im Laufe des gestrigen Tages setzte dann aber angesichts enttäuschender Einzelhandelszahlen aus den USA eine Gegenbewegung ein: Der Dollar legte wieder zu, der Ölpreis blieb allerdings wegen eines Abbaus der Lagervorräte in den USA erst noch auf dem hohen Niveau stehen. Mit Blick auf den Dollar fiel der Goldpreis wie oben schon beschrieben trotzdem leicht.
Silber
Im Vergleich zum letzten Freitag präsentiert sich das Silber heute Morgen kaum verändert bei 13,89 $. Vorher war es dem Metall allerdings kurzzeitig gelungen die Marke von 14 $ hinter sich zu lassen und einen Kurs von 14,35 $ zu erreichen, den höchsten seit Mitte Februar. Damals hatte das Metall für wenige Tage Preise von bis zu 14,60 $ je Unze erreicht, bevor es innerhalb kurzer Zeit auf nur noch 12,50 $ einbrach.
Beflügelt wurde das weiße Metall in dieser Woche zunächst durch den Anstieg des Goldpreises, der seinerseits, wie links bereits beschrieben, auf den Verfall des Dollarkurses und den steigenden Ölpreis reagierte. Hinzu kamen schon am vergangenen Freitag Meldungen über eine nachlassende Dynamik beim Arbeitsplatzabbau in den USA. Hieraus schlossen einige Händler und Investoren auf eine mögliche Trendwende bei mehr industriell genutzten Metallen, zu denen das Silber zweifelsohne überwiegend gehört. Auch die ETF-Nachfrage war zuletzt wieder leicht positiv, entsprechende Meldungen kamen z.B. am Montag aus Zürich von der dortigen Kantonalbank, die für ihr Produkt für die letzte Woche über einen Neuabsatz in Höhe von 600.000 Unzen berichtete.
Dass die Kursgewinne am Ende nicht zu halten waren, lag unseres Erachtens vor allem an einigen fundamentalen Nachrichten, die in den letzten 48 Stunden veröffentlicht wurden:
Zunächst teilte der weltgrößte primäre Silberproduzent Fresnillo mit, dass man die jährliche Neuproduktion von derzeit 35 Mio. Unzen (ca. 1.100 Tonnen) bis zum Jahr 2018 verdoppeln wolle und damit die Wachstumsrate der letzten 10 Jahre auf einem jetzt höherem absoluten Niveau noch einmal wiederholen wolle. 2008 produzierten die Mexikaner bereits fast 6 Prozent des weltweit neu geförderten Silbers. Jene Minenprojekte, die zu dem geplanten Wachstum maßgeblich beitragen sollen, starten nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden Lomelin bereits in den Jahren 2010 und 2011 mit der Ausbringung.
Eine steigende Neuproduktion gibt es nicht nur bei Fresnillo, sondern auch beim etwas kleineren in den USA beheimateten Konkurrenten Cour d‘Alene. Die Gesellschaft verzeichnete im ersten Quartal bei der Silberproduktion einen Rekordstand in Höhe von 3,9 Mio. Unzen, dies war ein Plus von 65 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2008. Die Steigerung ging in erster Linie auf die neue San Bartolome-Mine in Bolivien zurück, die im letzten Jahr mit der Produktion begann. In diesem Jahr, dem ersten vollen Produktionsjahr für die Mine soll sie alleine 9 Mio. Unzen Silber ausbringen. Die Produktionskosten in San Bartolome lagen zuletzt bei immerhin 6,74 $ je Unze (für die gesamte Firma sogar bei 8,63 $). In Mexiko nahm Coeur im 1. Quartal außerdem noch eine weitere Mine in Betrieb, die schon in diesem Jahr zu einer weiteren deutlichen Steigerung der Produktion verhelfen soll. Die derzeitige Planung sieht vor, dass die Mine noch in diesem Jahr insgesamt 5,3 Mio. Unzen ausbringen wird.
Als letzten der drei Berichte zu den Edelmetallmärkten veröffentlichte die englische Beratungsfirma GFMS in dieser Woche ihre alljährliche Studie zum Silbermarkt.
Darin, passend zu den Nachrichten weiter oben, gibt GFMS für das vergangene Jahr eine Steigerung der weltweiten Neuproduktion um 2,5 Prozent auf 680,9 Mio. Unzen bekannt. 2008 war damit das sechste Jahr in Folge mit einer steigenden Ausbringung und diese war im vergangenen Jahr für 77 Prozent des weltweiten Silberangebots verantwortlich. Beim Recycling, der anderen großen Angebotsquelle, gab es 2008 einen kleineren Rückgang von 182 auf 176,6 Mio. Unzen.
Nur 28 Prozent der Neuproduktion stammen übrigens aus primären Minen (die ausschließlich oder zumindest überwiegend Silber produzieren), der große Rest fiel als Beiprodukt bei der Gold- und NE-Metall-Förderung an. Größtes Produzentenland war wieder Peru, dahinter folgen Mexiko, China, Australien und Chile.
Negativ für die globale Angebots- und Nachfragebilanz beim Silber fiel auch die Verbrauchsseite aus. Insgesamt sank die Nachfrage hier von 840 auf 833 Mio. Unzen. Dabei gab es bei den sonstigen industriellen Anwendungen ein Minus von 1,4 Prozent auf 447 Mio. Unzen, in der Fotoindustrie einen erneuten starken Rückgang um 5 auf 158 Mio. Unzen und im Schmuckbereich einen Einbruch um 3,2 Prozent auf ebenfalls 158 Mio. Unzen.
Auf der Habenseite stand dagegen das extreme Wachstum auf der Investmentseite. Barren und ETFs verzeichneten eine Verdoppelung der Nachfrage auf 50,2 Mio. Unzen; Münzen und Medaillen stiegen zwar um einen etwas geringen Prozentsatz, absolut aber auf sogar 65 Mio. Unzen.
Damit bügelten die Neuanlagen in Silber die höhere Produktion und die gleichzeitigen Verluste beim industriellen Verbrauch mehr als aus. Dies ist sicher ein Grund, warum die Silbernotierung im Durchschnitt der letzten Monate immer vergleichsweise hoch lag und nicht ähnliche Einbüßen wie z.B. zeitweise die Platinmetalle hinnehmen musste.
Was nun die weitere Kursentwicklung angeht, wird viel davon abhängen, ob einerseits die Dynamik im Investmentbereich aufrecht erhalten werden kann und andererseits, wann die Wirtschaft wieder zu wachsen beginnt und so dem Metall ggf. zusätzlichen Auftrieb verschaffen kann.
Platin
Im Gegensatz zum Palladium hatte das Platin den seit Dezember andauernden Aufwärtstrend ja schon Ende April durchbrochen und war danach auf 1.070 $ zurückgefallen. Die anschließende kräftige Erholung war dann aber nicht von langer Dauer. Seit dem Erreichen des jüngsten Hochs bei 1.168 $ am vergangenen Donnerstag ging es eigentlich fast kontinuierlich nach unten und mit 1.102 $ lag das Metall heute Morgen nur noch knapp über der psychologisch wichtigen Marke von 1.100 $. Sollte diese nachhaltig durchbrochen werden, ist ein Test der Tiefstkurse von vorletzter Woche bei 1.070 $ nicht auszuschließen. Wir sind auch nicht länger überzeugt, dass diese letztgenannte Marke dann unter allen Umständen halten wird. Die Kaufempfehlung für industrielle Nutzer von letzter Woche halten wir deshalb zwar grundsätzlich aufrecht, allerdings sollte für einen Teil des Bedarfs vielleicht ein niedrigerer Kaufkurs, z.B. bei 1.040 $ ins Auge gefasst werden.
Vom Markt offensichtlich negativ eingeschätzt wurden die heute morgen veröffentlichten jüngsten Zahlen zu den Autoverkäufen in Europa. Sie sind im April erneut eingebrochen und befinden sich nunmehr seit einem Jahr auf Talfahrt. Die Händler in Europa verkauften im vergangenen Monat laut Angaben des Verbandes der Europäischen Autohersteller (ACEA) gut 1,25 Mio. Neuwagen. Dies entspricht einem Minus von 12,3 Prozent im Vergleich zum April 2008. In den ersten vier Monaten des Jahres lag das Minus damit bei 15,9%. Der leicht unterdurchschnittliche Rückgang im April macht unserer Meinung nach etwas Hoffnung auf eine Trendwende und das trotz der jüngsten Anzeichen, dass in den nächsten Monaten die Verkaufszahlen auf dem bisher starken deutschen Markt etwas zurückgehen dürften.
Auf der Produzentenseite sind die Minengesellschaften noch immer auf der Suche nach dem optimalen Umgang mit der aktuellen Preis– und Absatzsituation. Ein Thema sind dabei weiter Zusammenschlüsse zwischen einzelnen Produzenten, wobei es da schon aus Wettbewerbsgründen innerhalb der Gruppe der großen Vier (Anglo Platinum, Impala, Lonmin und Norilsk) wenig Bewegung geben dürfte. Nicht auszuschließen ist aber, dass diese Adressen jeweils kleinere Minengesellschaften übernehmen könnten, oder aber, dass sie selbst von anderen Rohstoffproduzenten von außerhalb der Branche geschluckt werden könnten. Was z.B. erstere Variante angeht, wurde in dieser Woche in der Presse wieder einmal das Thema einer Übernahme von Northam (der Nr. 4 in Südafrika) durch Impala diskutiert.
Lonmin gab in dieser Woche außerdem die jüngsten Halbjahresergebnisse bekannt. Danach produzierte das Unternehmen von Oktober bis März 312.000 Unzen Platin, 8 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
Palladium
Der Palladiumpreis konnte den Höchstkurs vom letzten Freitag im Verlauf dieser Woche nicht noch einmal erreichen. Nach einem noch guten Start am Montag in Asien mit Kursen von 242 $ je Unze setzte bereits im europäischen Markt ein Abwärtstrend ein, der dann erst gestern Abend bei 218,50 $ einen vorläufigen Boden fand. Zu dieser negativen Entwicklung hat sicher auch der Preisverfall beim Platin beigetragen, aber auch die Tatsache, dass der steile Anstieg in der Vorwoche fundamental eher nicht zu rechtfertigen war. Industrielle Verbraucher dürften den jüngsten Preisverfall ja ohnehin begrüßen, aber auch Anleger müssen ihn bisher noch nicht kritisch betrachten. Der nun schon seit Dezember andauernde Aufwärtstrend gerät allerdings in Gefahr, wenn die Notierung in nächster Zeit unter die Marke von 210 $ fällt. In einem solchen Fall wären dann auch wieder Kurse unter 200 $ möglich, die aber gute Kaufgelegenheiten für industrielle Verbraucher darstellen dürften. Europäische Adressen würden dabei zusätzlich auch noch von der Stärke des Euros im Vergleich zum Dollar profitieren.
Rhodium, Ruthenium, Iridium
Das in unserem letzten Bericht beschriebene Kaufinteresse bei Rhodium brachte dem Metall am Montag kurzzeitig Kurse von über 1.500 $ je Unze. Vor dem Hintergrund fallender Platin- und Palladiumnotierungen ebbte dieses dann aber rasch ab und die Notierung fiel bis heute auf 1.250 $ - 1.350 $ zurück. Sollte der Preis unter die Marke von 1.200 $ auf der Briefseite sinken, wäre dies für industrielle Abnehmer sicher ein attraktives Einstiegsniveau. Iridium mit 400 $ - 430 $ und Ruthenium mit 70 $ - 100 $ haben sich in den letzten Tagen nicht verändert.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
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