Edelmetalle Aktuell
08.05.2009 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Gold
Die Veröffentlichung des von der US-Notenbank durchgeführten Stresstests bei amerikanischen Banken, der bei einigen Instituten neue (angeblich überbrückbare) Finanzierungslücken offenbart hat, führte zusammen mit anderen Gründen in den letzten Tagen zu einer neuen Kaufwelle beim Gold. Das gelbe Metall legte dabei von 880 $ am kurz vor dem letzten Wochenende auf bis zu 925 $ je Unze eine Woche später zu.
Am Ende konnte das Gold dieses hohe Niveau, es war das höchste seit Anfang April, aber nicht halten und rutschte wieder unter die Marke von 915 $ je Unze ab.
Beim Gold half weniger als bei den drei mehr industriell genutzten Metallen die Charttechnik nach, obwohl auch hier der seit März andauernde Abwärtstrend verlassen werden konnte.
Für die kommenden Tage erwarten wir für den Goldpreis einen Rückgang der Volatilität und Kurse zwischen dem gestrigen Höchstkurs auf der oberen Seite und 895 $ unten. Im Durchschnitt dürfte das Metall damit höher als in den letzten sechs Wochen liegen.
Das physische Interesse der Investoren hat in den letzten Tagen weiter nachgelassen. Bei den ETF-Beständen kam es sogar zu leichten Rückgaben, während der Nachfragerückgang bei den Investmentbarren immerhin dafür gesorgt hat, dass praktisch alle Stückelungen wieder unmittelbar verfügbar sind.
Silber
Der Silberpreis konnte in dieser Woche deutlich zulegen und erreichte gestern Nachmittag mit zeitweise 14,14 $ je Unze den höchsten Stand der letzten zweieinhalb Monate. Allerdings konnte er sich am Ende nicht auf dem hohen Niveau halten und fiel erst einmal wieder auf 13,80 $ ab. Für den massiven Kursanstieg um zeitweise über 1,50 $ war zum einen die Stärke des Goldpreises verantwortlich, zum anderen hat aber beim Silber, wie schon bei den anderen weißen Metallen auch, ein sehr positives charttechnisches Bild geholfen. Konkret war hier der Auslöser, dass das Metall die abwärts gerichtete Trendlinie, die zuletzt bei 12,70 $ lag, mit wehenden Fahnen durchbrach.
Von der fundamentalen Seite her dürften zusätzlich sowohl Meldungen über eine niedrigere Produktion in Mexiko geholfen haben (siehe unten), wie auch aufkeimende Hoffnung bezüglich einer Verbesserung des industriellen Absatzes.
Wir rechnen nicht damit, dass das Silber in nächster Zeit auch noch das Februar-Hoch von 14,60 $ wird nehmen können. Stattdessen könnte es erst einmal zu einer Konsolidierung kommen, die dann vorerst in einem Band zwischen 12,70 $ und dem oben genannten Jahreshoch stattfinden dürfte.
Am vergangenen Donnerstag veröffentlichte das nationale Statistikbüro Mexikos Zahlen zu den Silberexporten für Februar. Danach gab es in jenem Monat im Vergleich zum Vorjahr ein Minus in Höhe von 59,1 Prozent auf 81,1 Tonnen. Verantwortlich für den Einbruch war der 66 Tage andauernde Streik in der Scheideanstalt von Penoles. Auch Penoles selbst litt unter dem Streik: Die Mutter des größten Silberproduzenten der Welt, Fresnillo, verlor im ersten Quartal 18 Mio. $, im ersten Quartal 2008 hatten die Mexikaner noch die vierfache Summe als Gewinn verbucht. Die Silberproduktion in Peru ist dagegen in jüngerer Zeit gestiegen. Im März produzierten die Südamerikaner im Vergleich zum Vorjahr 9,8% mehr und brachten insgesamt 318 Tonnen des Metalls aus. Die Goldproduktion in dem Andenstaat hatte in jenem Monat bei 15,64 Tonnen gelegen, 1,3 Tonnen höher als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.
Platin
Der Platinpreis konnte in den letzten Tagen wieder deutlich zulegen. Nach einem nur kurzen Zwischentief am 1. Mai mit Kursen von 1.070 $ stieg er die ganze Woche über kontinuierlich an und erreichte gestern Mittag zeitweise 1.171 $ je Unze. Dies war der höchste Preis der letzten beiden Wochen. Neben den fundamental begründeten Käufen, auf die wir weiter unten eingehen, dürfte der letzte Schub bei den Kursgewinnen auch durch die Tatsache verursacht worden sein, dass das Metall bei 1.125 $ einen wichtigen Chartpunkt durchbrach, der auch spekulativ orientierte Marktteilnehmer zu Käufen verleitete. Mit diesem Durchbruch beendete das Metall endgültig den Abwärtstrend, in dem es seit Anfang April gefangen war.
Alleine mit spekulativer Nachfrage lässt sich der (unter erheblichen Tagesschwankungen) erreichte Preisanstieg von 100 $ in den letzten Tagen und per saldo immerhin fast 300 $ seit Januar aber nicht erklären. Vielmehr sieht es so aus, als würde es im Hintergrund zusätzlich auch Unterstützung von der fundamentalen Seite geben, wobei sich viele Marktbeobachter (und wir gehören dazu) derzeit schwer tun, die genaue Ursache zu identifizieren.
Die außer in Deutschland und in China weltweit miserablen Autoverkaufszahlen scheinen z.B. kaum geeignet zu sein, den aktuell so hohen Platinpreis zu erklären. Und auch die im Vergleich zu 2008 in diesem Jahr bisher (nur) um einen mittleren einstelligen Prozentsatz gesunkene Neuproduktion in den Minen dürfte kaum als Erklärung standhalten.
Was also ist dann der Grund für die Preissteigerungen? Sicher fließt im Zusammenhang mit der Flucht vieler langfristig orientierter Anleger in die Edelmetalle auch ein gewisser Anteil an Platin in die weltweiten Investmentpostfolios. So hatte sich z.B. seit Oktober die in ETFs gebundene Platinmenge auf mehr als 15 Tonnen verdoppelt. Allerdings haben gerade in der letzten Woche mit ihren Preissteigerungen die Bestände in diesem Bereich wieder leicht abgenommen.
Auch die z.B. in Deutschland und auch in benachbarten Ländern immer wieder aufflackernde Nachfrage nach Investmentbarren aus Platin und Palladium dürfte für sich genommen ebenfalls kein hinreichender Grund für die aktuelle Hausse sein, dazu sind die Mengen am Ende dann doch zu gering.
Am Ende hilft deshalb wahrscheinlich nur ein genauerer Blick nach China, um den Platinpreisanstieg zu erklären. Alleine im April lagen die Importe über die Shanghai Gold Exchange in das Reich der Mitte bei 3,5 Tonnen. Höhere Autoverkaufszahlen, verschärfte Abgasvorschriften für Kleinmotoren und eine wieder steigende Schmucknachfrage helfen da, aber sie reichen aber wohl eher nicht aus, um solche Importmengen zu erklären. Möglicherweise beantwortet China die in unserem letzten Bericht im Zusammenhang mit den chinesischen Goldkäufen gestellte Frage, ob sich das Land evt. auch eine staa(t)tliche Reserve in anderen Rohstoffen zulegen könnte, bereits jetzt durch entsprechende Aktionen am Markt. Bisher ist dies aber reine Spekulation, weder gibt es für ein solches Vorgehen belastbare Beweise, und erst recht keine offiziellen Verlautbarungen.
Was das weiter oben erwähnte Thema Neuproduktion angeht, gab AngloPlatinum in dieser Woche bekannt, dass man im ersten Quartal 404.000 Unzen Platin und damit 5,8 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres produziert habe. Verantwortlich für den Rückgang seien u. a. geplante Wartungsarbeiten an verschiedenen Schmelzöfen des Unternehmens gewesen, was die Weiterverarbeitung des Erzes behindert habe. Für das Gesamtjahr erwartet Anglo aber noch immer eine im Vergleich zu 2008 unveränderte Ausbringung in Höhe von 2,4 Mio. Unzen.
Was die weitere Entwicklung angeht, gibt es noch immer zahlreiche Unwägbarkeiten. Zu allererst sind hier die globalen Autoverkäufe zu nennen. Es ist nicht auszuschließen, dass in den beiden Leuchtturm-Absatzmärkten China und Deutschland die Nachfrage schon wieder nachlässt, bevor sie in anderen Ländern wirklich zunimmt. Zumindest aus Deutschland wurde berichtet, dass die Anzahl der täglich eingehenden Anträge auf Zahlung der Abwrackprämie gegenüber dem Höchststand vor einigen Wochen um bis zu 80% gefallen sei.
Möglicherweise wird der Platinpreis jetzt noch einmal die 1.200er $-Marke testen, dass er groß darüber hinaus steigt, halten wir angesichts der Ausgangslage aber für unwahrscheinlich. Nach unten gibt es jetzt Unterstützung bei 1.120 $ und dann vor allem bei 1.080 $ je Unze. Industrielle Marktteilnehmer sollten einen eventuellen Rückschlag auf dieses Niveau für Eindeckungen von Teilen ihres zukünftigen Verbrauchs nutzen.
Palladium
Ein Eigenleben konnte das Palladium in dieser Woche zwar nicht entwickeln, aber im Windschatten des großen Bruders Platin fuhr es sich in den vergangenen Tagen ebenfalls ganz gut.
Das Palladium stieg in diesem Zeitraum von einem Tiefstkurs von 208 $, der am Montagmorgen in Asien erreicht worden war, auf gestern 243 $ an. Damit liegt das Metall wieder sehr nahe an der im April erreichten Kursspitze. Diese wird das Metall nun möglicherweise erneut testen; dass die Notierung schon kurzfristig deutlich darüber hinaus klettern kann, erscheint uns in der aktuellen Lage auf den Automärkten eher unwahrscheinlich zu sein. Zumindest wäre dies dann eine ziemliche Abkoppelung vom realen Marktgeschehen und böte damit auch ein erhebliches Rückschlagspotenzial.
Der weltgrößte Palladiumproduzent Norilsk Nickel berichtete Ende letzter Woche, dass er im ersten Quartal 590.000 Unzen des Metalls und damit 7.000 weniger als im Vorjahreszeitraum produziert habe. Beim Platin habe es im besagten Zeitraum dagegen sogar ein leichtes Plus in Höhe von 3.000 Unzen gegeben, hier wurden 141.000 Unzen ausgebracht.
Rhodium, Ruthenium, Iridium
Die "kleinen" Platinmetalle sahen in dieser Woche wieder einmal einen völlig unterschiedlichen Handelsverlauf.
Das Rhodium litt zunächst weiter unter dem Überangebot, das schon Ende letzter Woche zu beobachten war. Händler wollten in dieser Situation Bestände, die sie noch besaßen, verkaufen; industriellen Endverbrauchern war das Preisniveau nach dem starken Anstieg der vergangenen Wochen aber noch immer zu hoch.
Der Preis gab deshalb anfangs weiter deutlich nach und fiel am Ende auf knapp 1.250 $ je Unze zurück. Dies war noch einmal ein Minus in Höhe von über 100 $ gegenüber dem Zeitpunkt der Abfassung unseres letzten Berichts. Auf diesem niedrigen Niveau kam dann aber rasch wieder Kaufinteresse auf, zum Teil sogar aus Japan, wo die Märkte aufgrund einer Reihe von Feiertagen eigentlich geschlossen waren. Im Moment notiert das Metall knapp unter der Marke von 1.400 $ und - es war kaum anders zu erwarten - das mit steigenden Kursen wieder anziehende Kaufinteresse kann zu vernünftigen Preisen kaum bedient werden.
Rhodium macht damit seinem Ruf alle Ehre, ein ziemlich unberechenbares Metall zu sein, das - mit entsprechenden Folgen für die Preisentwicklung - entweder ‚alle‘ gleichzeitig haben wollen oder alternativ dann wieder überhaupt niemand.
Für die nächsten Tage schließen wir nun nicht aus, dass das Metall noch einmal leicht zulegen kann, am Ende, so unsere Händler, wachsen die Bäume angesichts des gesamtwirtschaftlichen Umfeld aber wohl auch diesmal nicht in den Himmel.
Ruthenium und Iridium haben sich von der positiven Stimmung bei den anderen Edelmetallen einmal mehr nicht anstecken lassen. Sie notieren im Vergleich zur Vorwoche unverändert bei 70 $ - 100 $ (Ruthenium) und 400 $ - 430 $ je Unze (Iridium).
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
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