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Ausblick 2018: Gold gibt den Takt an

09.12.2017 | 7:00 Uhr | Eugen Weinberg, Commerzbank AG

Der Goldpreis sollte begünstigt durch niedrige bzw. negative Realzinsen und anhaltende politische Unsicherheit in Europa und den USA das dritte Jahr in Folge steigen. Silber dürfte dank einer robusten Industrienachfrage und einer wieder etwas stärkeren Investmentnachfrage gegenüber Gold etwas aufholen und einen Teil seiner Unterbewertung abbauen. Da die Fundamentaldaten keine eigene Stärke des Platinpreises zulassen, dürfte Platin auch 2018 den Bewegungen des Goldpreises folgen. Palladium sollte nach dem Preisanstieg in diesem Jahr um 50% auf ein 17-Jahreshoch nicht mehr weiter steigen. Denn der Rückenwind aus der Automobilindustrie dürfte nachlassen.


Gold

Gold stieg in den ersten acht Monaten des Jahres merklich und erreichte Anfang September knapp 1.360 USD je Feinunze. Seither hat Gold aber 100 USD verloren. Während Gold in US-Dollar seit Jahresbeginn noch 8% im Plus liegt, hat sich Gold in Euro trotz deutlicher Gewinne in den ersten vier Monaten sogar um 3% verbilligt (Grafik 1). Der Goldpreis dürfte 2018 seinen vor zwei Jahren begonnenen Anstieg fortsetzen. Die bestimmenden Faktoren bleiben eine bei nahezu allen wichtigen Zentralbanken außerordentlich lockere Geldpolitik und in der Folge weiterhin sehr niedrige bis negative Realzinsen.

Auch politische Unsicherheit dürfte das ganze Jahr über ein ständiger Begleiter sein. Zu nennen ist hier u.a. die schwierige Regierungsbildung in Deutschland mit weiterhin offenem Ausgang. Wahrscheinlich im Frühjahr 2018 finden Parlamentswahlen in Italien statt, die für neue Unruhe in der Eurozone sorgen könnten. Auch bleibt abzuwarten, ob die Abspaltungstendenzen in Katalonien nur in den Hintergrund getreten sind oder wieder hochkochen werden.

Das Thema Brexit dürfte im Jahresverlauf an Brisanz gewinnen, falls sich bei den Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien weiterhin kein Entgegenkommen abzeichnet und ein ungeordneter EU-Austritt Großbritanniens im Frühjahr 2019 wahrscheinlicher wird. Zudem ist kaum davon auszugehen, dass das zweite Jahr der Präsidentschaft von Donald Trump in den USA sowohl innen- als auch außenpolitisch wesentlich ruhiger verlaufen wird als das erste. Die Umsetzung der Steuerreform und die möglichen Implikationen für die Geldpolitik dürften den Markt ebenso in Atem halten wie die fortlaufenden Ermittlungen wegen Kontakten von Trumps Wahlkampfteam zu Russland.

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Dazu wird Trump nach der bereits erfolgten Ernennung von Jerome Powell als neuen Fed-Vorsitzenden im nächsten Jahr auch mehrere Positionen des Fed-Direktoriums neu besetzen. Dies erschwert die Einschätzung des weiteren geldpolitischen Vorgehens der USNotenbank. Im Herbst 2018 finden zudem Zwischenwahlen zum US-Kongress statt, was den Druck auf Trump und die Republikaner erhöhen dürfte, die Steuerreform umzusetzen. Ansonsten könnte eine Korrektur der hochbewerteten US-Aktienmärkte drohen, wovon Gold profitieren würde. Die zahlreichen geopolitischen Krisenherde dürften ebenfalls für latente Unsicherheit sorgen. Z

u nennen sind hier insbesondere der Nordkorea-Konflikt, die zunehmenden Spannungen im Nahen Osten zwischen Saudi-Arabien und dem Iran, und der Konflikt zwischen dem Westen und Russland hinsichtlich der russischen Einflussnahme auf die US-Wahlen und in der Ostukraine. Mit der Entscheidung von US-Präsident Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die US-Botschaft dorthin verlegen zu wollen, ist noch ein weiterer potenzieller Konfliktherd im Nahen Osten hinzugekommen. Zudem droht eine weitere Zuspitzung der Krise in Venezuela.

Zwar hat die Fed die Zinsen in diesem Jahr bereits zweimal angehoben und dürfte dies Mitte Dezember ein drittes Mal tun. Für das nächste Jahr erwarten unsere Volkswirte drei weitere Zinsschritte. Wie das Jahr 2017 zeigt, muss das einem steigenden Goldpreis aber nicht entgegenstehen. Denn neben der Fed haben inzwischen auch andere Zentralbanken wie die Bank von England und die kanadische Notenbank die Zinsen erhöht, was den Vorteil des US-Dollar aus den Zinserhöhungen verringert. Auch die EZB beabsichtigt einen schrittweisen Ausstieg aus der ultra-lockeren Geldpolitik und wird die Anleihekäufe im nächsten Jahr zunächst reduzieren und später einstellen.

Da die EZB die Erlöse aus den auslaufenden Anleihen reinvestiert, wird die EZB-Bilanzsumme im nächsten Jahr aber weiter steigen. Eine erste Zinserhöhung der EZB wird es voraussichtlich ohnehin erst 2019 geben. Die Fed dürfte dann ihren Zinserhöhungszyklus bereits größtenteils hinter sich haben, was der Markt teilweise vorwegnehmen dürfte. Von der Geldpolitik ist somit kein nennenswerter Gegenwind auf Gold zu erwarten, zumal das Zinsniveau historisch niedrig bleibt.

In realer Betrachtung, d.h. bei Abzug der Inflationsrate, liegt der Zins in den USA nur knapp über Null (Grafik 2). In Deutschland ist er sogar deutlich negativ. So überrascht nicht, dass der World Gold Council hierzulande in einer Studie eine stärkere Pro-Kopf-Nachfrage nach Gold attestierte als in China und Indien.

Etwas mehr Rückenwind sollte im nächsten Jahr von der physischen Goldnachfrage kommen. Diese war 2017 nur verhalten. Die Goldnachfrage in Indien dürfte nach einem starken ersten Halbjahr laut Schätzung des World Gold Council (WGC) letztlich mit 650-750 Tonnen nur ein ähnlich niedriges Niveau erreichen wie im letzten Jahr. Nach der Einführung einer Mehrwertsteuer auf Goldkäufe zum 1. Juli brach die Nachfrage ein. Zudem führte die Regierung im August im Kampf gegen Geldwäsche strengere Dokumentationspflichten für den Kauf und Verkauf von Goldschmuck ein.

Bereits in den zurückliegenden Jahren war der private Erwerb von Gold durch regulatorische Beschränkungen seitens der Regierung erschwert worden. Auch ein Blick auf die indischen Goldimporte verdeutlicht die nachlassende Nachfragedynamik. Im ersten Halbjahr lagen sie im Monatsdurchschnitt bei 87 Tonnen, im dritten Quartal bei weniger als 50 Tonnen pro Monat (Grafik 3). Möglicherweise könnte die zum 1. Januar 2018 geplante Einführung einer Mehrwertsteuer auf Goldschmuck in Dubai dazu führen, dass indische Konsumenten etwas mehr Goldschmuck im Inland kaufen, anstatt zur Umgehung der Importsteuer ihre Käufe in Dubai zu tätigen.

Das Beratungsunternehmen Metals Focus schätzt, dass indische Touristen pro Jahr 9-10 Tonnen Goldschmuck im Ausland und hier vornehmlich Dubai kaufen. In die gleiche Richtung würde eine Absenkung der aktuell bei 10% liegenden Steuer auf Goldimporte nach Indien sorgen. Laut Metals Focus ist hier eine Reduktion um zwei Prozentpunkte vorstellbar, wodurch der Anreiz für indische Touristen zum Goldkauf in Dubai entfallen würde. Eine nennenswerte Erholung der Nachfrage dürfte es 2018 allerdings kaum geben, solange die indische Regierung die Regulierung nicht wieder lockert.

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Etwas optimistischer ist der WGC für die diesjährige Goldnachfrage in China mit 850-950 Tonnen. Vor drei Jahren lag sie aber noch bei 1.000 Tonnen, 2013 sogar bei 1.350 Tonnen. Die Nachfrage nach Goldschmuck ist seit 2014 rückläufig, während die Nachfrage nach Münzen und Barren seit 2015 steigt (Grafik 4). Hintergrund ist eine Änderung der Nachfragepräferenzen der chinesischen Haushalte. Statt purem Gold kaufen die Chinesen lieber Schmuck mit niedrigerem Goldgehalt. Um bessere Margen zu erzielen, bieten die Schmuckhersteller zudem verstärkt Produkte mit besserem Design an. Diese enthalten ebenfalls weniger pures Gold als herkömmlicher Goldschmuck.

Die Nachfrage nach Münzen und Barren profitiert hingegen von der Sorge der chinesischen Konsumenten vor Kaufkraftverlust durch Währungsabwertung und Inflation. Das behördliche Vorgehen gegen das Schattenbankensystem und gegen Überhitzungstendenzen am Immobilienmarkt dürfte außerdem für eine höhere Nachfrage der privaten Haushalte nach Gold als sichere Anlage sorgen. Auch der Höhenflug der Kryptowährung Bitcoin in diesem Jahr ist maßgeblich auf diese Personengruppe zurückzuführen.

Der Rückgang bei Goldschmuck scheint allerdings auszulaufen, was bei weiter steigender Nachfrage nach Münzen und Barren für einen Anstieg der gesamten Konsumentennachfrage spricht. Zwar liegen die chinesischen Netto-Goldimporte aus Hongkong nach 10 Monaten in diesem Jahr 16% unter dem Vorjahresniveau (Grafik 18). Dieser Rückgang dürfte die Stärke der Konsumentennachfrage aber nicht korrekt widerspiegeln, sondern ist auf die Kaufabstinenz der chinesischen Zentralbank in diesem Jahr zurückzuführen. Da das in China geförderte Gold nicht mehr von der Zentralbank aufgekauft wird, sinkt der Importbedarf.

Die physische Goldnachfrage im Westen ist in diesem Jahr ebenfalls rückläufig, wofür insbesondere eine sehr verhaltene Münzen- und Barrennachfrage in den USA verantwortlich zeichnet. Diese ist nicht mal halb so hoch wie im Vorjahr und so niedrig wie zuletzt 2007 (Grafik 5). Die Zinserhöhungen der US-Notenbank, der hohe Risikoappetit und der anhaltende Höhenflug der US-Aktienmärkte reduzierten das Kaufinteresse für Barren und Münzen in den USA spürbar.

Ob dies auch 2018 so sein wird, hängt maßgeblich von der US-Steuerreform ab. Kommt diese, bleiben Goldmünzen und -barren in den USA wahrscheinlich wenig gefragt. Denn dann dürften die US-Aktienmärkte weiter zulegen und die Fed die Zinsen möglicherweise stärker anheben. Kommt die Steuerreform hingegen nicht oder nur in stark abgeschwächter Form, könnte die dann zu erwartende Korrektur an den Aktienmärkten die Goldnachfrage anschieben. Zudem dürfte sich dann auch die US-Notenbank mit weiteren Zinserhöhungen mehr Zeit lassen.

Eine robuste Goldnachfrage in Deutschland konnte die Nachfrageschwäche in den USA in diesem Jahr nur teilweise wettmachen. Zumindest Deutschland dürfte auch 2018 aufgrund der weiterhin deutlich negativen Realzinsen und der damit einhergehenden Verluste der Sparer eine hohe Nachfrage nach Münzen und Barren sehen. Die zahlreichen politischen Risiken in Europa sprechen auch in anderen europäischen Ländern für eine solide Goldnachfrage.

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Die Gold-ETFs dürften 2017 zwar das zweite Jahr in Folge Netto-Zuflüsse verzeichnen. Bis Ende November belaufen sich diese auf knapp 230 Tonnen. Der Großteil davon erfolgte in der ersten Jahreshälfte. Seit Ende September haben die ETF-Anleger per Saldo kaum noch Gold gekauft (Grafik 6). Die Netto-Käufe von 470 Tonnen aus dem Vorjahr dürften somit kaum erreicht werden. Auch bei den Gold-ETFs lässt sich eine unterschiedliche regionale Entwicklung feststellen.

Die stärksten Netto-Zuflüsse verzeichneten die in Deutschland gelisteten ETFs. Der in den USA gelistete weltgrößte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, verzeichnete dagegen nur geringe Netto-Zuflüsse. Die zahlreichen Unsicherheitsfaktoren und die niedrigen Realzinsen sprechen auch 2018 für Netto-Zuflüsse in die Gold-ETFs. Wie stark diese ausfallen, hängt im hohen Maße von der Frage ab, ob der Höhenflug der Aktienmärkte anhält oder eine Korrektur erfolgt. Letztere könnte bei einem Scheitern der Steuerreformpläne in den USA, einer Eintrübung der globalen Konjunkturaussichten oder einer Zuspitzung der (geo-)politischen Risiken einsetzen.

Die Zentralbanken haben in diesem Jahr deutlich weniger Gold gekauft. Metals Focus schätzt, dass die Netto-Käufe 2017 auf ein 7-Jahrestief von 370 Tonnen fallen werden. 2013 waren es noch fast 650 Tonnen (Grafik 7). Auffällig ist, dass die chinesische Zentralbank seit einem Jahr keinen Goldkauf mehr gemeldet hat. Die russische Zentralbank ist nach zehn Monaten für mehr als die Hälfte der gesamten Zentralbankkäufe in diesem Jahr verantwortlich. Die Staatspleite Venezuelas könnte dazu führen, dass die von der Zentralbank als Sicherheit für Kredite zur Verfügung gestellten Goldreserven von den beteiligten Investmentbanken verkauft werden.

2015 und 2016 sind die offiziellen Goldbestände Venezuelas laut WGC um gut 170 Tonnen geschrumpft, was der für die Swapgeschäfte eingesetzten Menge Gold entsprechen dürfte. Abgesehen von diesem Sonderfall spricht allerdings Vieles dafür, dass die Zentralbanken auch im nächsten Jahr Netto-Käufer bleiben werden. Neben Russland sollte auch China wieder als Käufer an den Markt zurückkommen. Auch die Zentralbanken anderer Schwellenländer wie die Türkei und Kasachstan dürften ihre Goldreserven weiter aufstocken.

Das Umfeld für Gold bleibt auch 2018 konstruktiv. Die Zentralbanken steigen zwar allmählich aus ihrer ultra-lockeren Geldpolitik aus, sind aber noch immer weit davon entfernt, restriktiv zu werden. Eine weitere moderate Anhebung der Leitzinsen steht lediglich in den USA auf der Agenda. In Europa ist damit auch im nächsten Jahr nicht zu rechnen. Dies dürfte die Realzinsen auf einem niedrigen und teilweise negativen Niveau halten. Die Opportunitätskosten der Goldhaltung sind somit weiterhin nahe Null bis negativ, was für eine stärkere Investmentnachfrage im Westen spricht.

[pagebreak]Zahlreiche politische Unsicherheitsfaktoren in Europa und den USA sowie einige potenzielle geopolitische Krisenherde dürften die Nachfrage nach Gold zusätzlich begünstigen. Die Goldnachfrage in Asien sollte ihren Boden gefunden haben und 2018 moderat steigen. All dies spricht für einen steigenden Goldpreis im Jahresverlauf. Ende 2018 sollte Gold bei 1.350 USD je Feinunze notieren. Ein Risikofaktor für die Prognose stellt die Steuerreform in den USA dar. Sollte diese vollständig umgesetzt werden, könnte sich die Rally an den US-Aktienmärkten fortsetzen und Gold entsprechend weniger gefragt sein.

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Silber

Der Silberpreis folgte 2017 über weite Strecken den Bewegungen des Goldpreises. Die beste Entwicklung wies Silber im ersten Quartal auf, wo es Gold deutlich in den Schatten stellte. Mitte April verzeichnete Silber bei 18,7 USD je Feinunze sein bisheriges Jahreshoch (Grafik 8). Das Gold/Silber-Verhältnis erreichte dagegen schon Anfang März bei 67,5 sein Tief. Seit Mitte April entwickelte sich Silber dann deutlich schlechter als Gold. Mitte Juli stürzte der Preis bis auf ein 15-Monatstief von 15,3 USD ab. Anfang Dezember nähert sich Silber wieder diesem Niveau. Die Gewinne seit Jahresbeginn sind somit vollständig dahingeschmolzen.

Das Gold/Silber-Verhältnis stieg Anfang Dezember auf 79,4 und erreicht damit das höchste Niveau seit April 2016. Zu Jahresbeginn lag es noch bei 72. Silber weist damit im Vergleich zu Gold eine unterdurchschnittliche Preisentwicklung auf. Dank der positiven Konjunkturentwicklung und des gestiegenen Risikoappetits hätte Silber im zweiten Halbjahr Gold eigentlich davonlaufen müssen. Zudem liegen die chinesischen Silberimporte nach 10 Monaten bereits höher als im Gesamtjahr 2016, was für eine robuste industrielle Nachfrage spricht (Grafik 20).

Aktuelle Zahlen von Thomson Reuters GFMS und dem Silver Institute zur Silbernachfrage in diesem Jahr können das Rätsel lösen. Demnach legte die Industrienachfrage zwar um 3,4% auf 581,4 Mio. Unzen zu. Dagegen brach aber die Nachfrage nach Münzen und Barren um mehr als ein Drittel auf 130,1 Mio. Unzen ein. Das ist der niedrigste Wert seit dem Jahr 2009 und führte zu einem Rückgang der gesamten Silbernachfrage um 4,9% auf ein 5-Jahrestief von 976,1 Mio. Unzen (Grafik 9). Das weltweite Silberangebot soll dagegen bei 1.008,3 Mio. Unzen stagnieren.

Eine um 1,8% fallende Minenproduktion soll dabei durch ein höheres Angebot von Altsilber ausgeglichen werden. Der globale Silbermarkt weist daher erstmals seit fünf Jahren wieder einen physischen Angebotsüberschuss von 32,2 Mio. Unzen auf. Die ETF-Nachfrage reicht nicht aus, den physischen Angebotsüberschuss zu absorbieren. GFMS und Silver Institute rechnen lediglich mit Netto-Zuflüssen von 14,9 Mio. Unzen bzw. einem Rückgang um 70% gegenüber dem Vorjahr. Diese Schätzung könnte sogar noch zu optimistisch sein. Denn die von Bloomberg erfassten Silber-ETFs weisen nach 11 Monaten sogar Abflüsse von fast 8 Mio. Unzen aus.

Der Silberpreis ist mit einem Gold/Silber-Verhältnis von gut 78 im historischen Vergleich niedrig. Silber besitzt somit gegenüber Gold Nachholpotenzial. Die positive Konjunkturentwicklung ist ebenfalls ein Argument für Silber, weil dadurch die Industrienachfrage weiter an Dynamik gewinnen dürfte. Diese macht mehr als die Hälfte der gesamten Silbernachfrage aus. Dass die Nachfrage nach Münzen und Barren noch mal so stark fallen wird, ist kaum vorstellbar. Bei einer durchaus wahrscheinlichen wieder höheren Nachfrage nach Münzen und Barren und seitens der ETF-Anleger würde der Nachfrageanstieg noch stärker ausfallen.

Allerdings dürfte auch die Silberminenproduktion zulegen. Denn der Großteil der Silberproduktion fällt als Nebenprodukt von Kupfer, Zink und Blei an und die Minenproduktion dieser Industriemetalle dürfte wegen der deutlich gestiegenen Preise ausgeweitet werden (siehe Ausblick 2018 Industriemetalle). Wir sehen dennoch gute Aussichten für ein Marktdefizit, das den Silberpreis zusammen mit dem von uns erwarteten Goldpreisanstieg bis Ende 2018 auf 18 USD steigen lassen sollte. Das Gold/Silber-Verhältnis würde dann auf 75 fallen.

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Platin / Palladium

Des einen Freud, des anderen Leid. Während Palladium mit einem Plus von ca. 50% seit Jahresbeginn unter den von uns betrachteten Rohstoffen die beste Preisentwicklung in diesem Jahr aufweist, hat sich Platin gar nicht verteuert und liegt damit auf den hinteren Plätzen im Rohstoff-Ranking. Palladium erreichte Ende November in der Spitze über 1.030 USD je Feinunze und damit das höchste Niveau seit fast 17 Jahren. Davon ist Platin weit entfernt.

Platin schwankte das ganze Jahr über bis auf wenige Ausnahmen in einer Spanne zwischen 900 und 1.000 USD je Feinunze und nähert sich zuletzt wieder dem Mitte Juli bei 890 USD verzeichneten Jahrestief. Kostete Platin zu Jahresbeginn noch gut 200 USD je Feinunze mehr als Palladium, so kehrte sich die Preisdifferenz Ende September um (Grafik 10). Anfang Dezember erreichte sie 120 USD zugunsten von Palladium. Noch teurer war Palladium im Vergleich zu Platin letztmals im April 2001.

Während sich Platin das Jahr über weitgehend im Einklang mit den anderen Edelmetallen bewegte, koppelte sich Palladium im Jahresverlauf ab und ging seinen eigenen Weg. Seit Ende April geht die Schere immer weiter auseinander (Grafik 11). Palladium profitiert dabei von der robusten Nachfrage nach Autos mit Benzinmotoren. Die Automobilindustrie stellt ca. 80% der gesamten Palladiumnachfrage. Palladium kommt dabei vornehmlich in Katalysatoren für Benzinmotoren zum Einsatz.

Zwar zeigten die beiden wichtigsten Automärkte USA und China in den ersten acht Monaten deutliche Schwächetendenzen. In den beiden darauffolgenden Monaten erholten sich die Absatzzahlen in den USA aufgrund von Neuanschaffungen nach den Wirbelstürmen merklich. Auch in China stiegen die Verkaufszahlen im September und Oktober kräftig. Die PKW-Neuzulassungen in der EU dürften 2017 das vierte Jahr in Folge steigen und das höchste Niveau seit dem Rekordjahr 2007 verzeichnen.

Von diesem Anstieg profitieren Autos mit Benzinmotor überproportional. Denn in Europa hat sich im Zeichen vom Dieselabgasskandal und der Diskussion um Fahrverbote für alte Dieselfahrzeuge in Innenstädten eine Veränderung im Kaufverhalten vollzogen. Lag der Anteil von Dieselfahrzeugen an den Neuzulassungen in Westeuropa im letzten Jahr noch bei knapp 50%, so ist er in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres auf 45% gesunken. Im Oktober lag der Anteil nur noch bei 42%, was einem Rückgang um sieben Prozentpunkte innerhalb eines Jahres entspricht (Grafik 12).

[pagebreak]Im wichtigsten Absatzmarkt Deutschland liegt der Anteil von neu zugelassenen Diesel-PKW sogar nur noch bei 35% (Vorjahr 44%). Da PKWs mit alternativem Antrieb trotz erheblicher Steigerungsraten von der Verkaufsmenge her bislang noch kaum ins Gewicht fallen, dürfte der Anteil von Benzinern an den Neuzulassungen im Umkehrschluss entsprechend steigen. Die Bäume für Palladium dürften dennoch nicht in den Himmel wachsen.

So ist kaum davon auszugehen, dass sich die Verschiebungen zwischen Diesel- und Benzinautos in dem Maße fortsetzen werden wie in den letzten 12 Monaten, sofern die Politik den Steuervorteil für Dieselkraftstoff unangetastet lässt. Denn trotz aller negativen Berichterstattung ist Diesel noch immer der umweltfreundlichere Kraftstoff, was Verbrauch und CO2-Ausstoß angeht.

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Zudem dürfte die Verschiebung der Preisdifferenz bei den Auto- und Katalysatorenherstellern Überlegungen aufkommen lassen, Palladium durch Platin zu ersetzen. Als Palladium vor 17 Jahren letztmals so teuer war wie heute und deutlich teurer als Platin, gab es eine derartige Substitution, was den Palladiumpreis in den darauffolgenden Jahren erheblich belastete. 1:1 wiederholen dürfte sich die Geschichte allerdings nicht. Platin kostete damals beim aktuellen Palladiumpreis noch immer 300 USD weniger als heute. Entweder müsste also Palladium noch deutlich steigen oder Platin deutlich fallen. Zudem musste damals in einem Benzinkatalysator noch eine größere Menge Palladium als Platin eingesetzt werden. Heute ist es in etwa dieselbe Menge. Dies reduziert die Kostenersparnis und dürfte einer stärkeren Substitution entgegenstehen.

Dennoch ist Substitution sicherlich ein wichtiges Thema des kommenden Jahres, sofern sich die Preisrelation weiter zugunsten von Palladium verschieben sollte. Aufgrund der starken Nachfrage aus der Automobilindustrie dürfte der globale Palladiummarkt 2017 ein beträchtliches Angebotsdefizit aufweisen. Der weltgrößte Verarbeiter von Platinmetallen, Johnson Matthey, bezifferte dies in seiner Schätzung von Mai auf 792 Tsd. Unzen. Das wäre das sechste Defizitjahr in Folge. Auch für das nächste Jahr dürfte sich ein beträchtliches Angebotsdefizit abzeichnen, wenn Johnson Matthey im Februar 2018 neue Prognosen veröffentlicht.

Spiegelbildlich dazu ist die Marktlage bei Platin. Hier rechnete Johnson Matthey im Mai für 2017 mit einem Angebotsüberschuss von 302 Tsd. Unzen. Dieser dürfte im Februar wegen der Nachfrageschwäche bei Dieselfahrzeugen in Europa voraussichtlich nochmals nach oben revidiert werden. Damit wäre der Platinmarkt erstmals seit sechs Jahren überversorgt. Der World Platinum Investment Council (WPIC) erwartet dagegen für das nächste Jahr trotz der rückläufigen Verkaufszahlen bei Dieselfahrzeugen ein Angebotsdefizit von 275 Tsd. Unzen.

Der WPIC unterstellt dabei einen Rückgang der Platinnachfrage aus der Automobilindustrie um lediglich 1%, was eher eine optimistische Annahme ist. Aufgrund einer erstmals seit vier Jahren wieder steigenden Schmucknachfrage und einer höheren Nachfrage aus der übrigen Industrie soll die Platinnachfrage insgesamt sogar um 2% auf 8,03 Mio. Unzen steigen. Zudem erwartet der WPIC im nächsten Jahr ein um 1% fallendes Platinangebot. Denn die Minenproduktion in Südafrika soll um 2% fallen, nachdem es dort wegen der zu niedrigen Preise zu beträchtlichen Minenschließungen gekommen ist.

Das Land stellt ca. 70% der weltweiten Platinminenproduktion. Auch ein etwas höheres Recyclingangebot kann dies nicht vollständig ausgleichen.

Den Palladiumpreis erachten wir nach dem Anstieg um ca. 50% in diesem Jahr auf ein 17-Jahreshoch als weitgehend ausgereizt. Zwar kann kurzfristig ein weiterer Anstieg nicht ausgeschlossen werden. Die Substitutionsdebatte dürfte den Höhenflug allerdings ausbremsen. Zudem dürften die Autoabsätze in den USA und in China ihr hohes Niveau der letzten Monate kaum halten und in Europa die Dynamik nachlassen.

Wir sehen Palladium Ende 2018 bei 1.000 USD je Feinunze. Der Platinpreis dürfte weiter dem Goldpreis folgen. Da wir mit einem steigenden Goldpreis rechnen, dürfte folglich auch Platin zulegen. Eigene Stärke dürfte Platin aufgrund der Fundamentaldaten allerdings kaum entwickeln. Dafür müsste die Investmentnachfrage anspringen. Hier erwartet der WPIC lediglich eine Stagnation. Platin dürfte bis Ende 2018 auf 1.000 USD je Feinunze steigen.

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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