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US-Rinder: Schweinezyklus am Rindermarkt?

05.08.2015 | 7:00 Uhr | Eugen Weinberg, Commerzbank AG

Die US-Verbraucherpreise für Rindfleisch sind rekordhoch, doch im Großhandel macht sich die Konkurrenz günstigeren Schweine- und Geflügelfleisches bereits stark bemerkbar. Dies drückt auf die Preise für Lebendrind. Die Preise für Mastrind halten sich besser. Sie profitieren (noch) vom weiteren Aufbau der Herden, der allerdings bei den sinkenden Lebendrindpreisen und bereits negativen Margen immer weniger attraktiv wird.

Im Juni erklommen die US-Verbraucherpreise für Rindfleisch einen neuen Rekord (Grafik 2). Allerdings geben die Großhandelspreise bereits nach, denn inzwischen hat sich Rindfleisch relativ zu Schweine- und Geflügelfleisch so stark verteuert, dass dies Spuren bei der Nachfrage hinterlässt - insbesondere nachdem das wichtige Feiertagsgrillen zum Nationalfeiertag am 4. Juli vorbei ist.

Zudem belastet der starke US-Dollar die Exporte von Rindfleisch. Die niedrigeren Großhandelspreise für Rindfleisch belasten die Lebendrindpreise, d.h. die Preise für schlachtreife Tiere. Sie sind im Juli auf das niedrigste Niveau seit Juni 2014 gesunken, bevor sie sich in den letzten Tagen leicht erholten. Dagegen halten sich die Mastrindpreise besser. Sie werden durch den Wunsch zur Aufstockung der in den letzten Jahren massiv eingebrochenen Herden - zumindest noch - hochgehalten.

In den Vorjahren waren unter den extrem trockenen Bedingungen vermehrt Tiere geschlachtet worden, da sich bei hohen Futterkosten eine Aufzucht und Fütterung bis zum Schlachtgewicht im Verhältnis zu den Fleischpreisen kaum lohnte. Tatsächlich sank der Bestand an Rindern in den USA über die letzten Jahre stark und erreichte mit 87,7 Mio. Tieren zu Beginn 2014 den niedrigsten Stand seit 1951. Dies ließ das Angebot an Rindfleisch sinken, nachdem der erste Effekt der Notschlachtungen ausgelaufen war.

Die Rindfleischpreise stiegen stark. Dies gab einen kräftigen Anreiz zum Aufbau neuer Herden, und zu Beginn 2015 war die Zahl der Rinder denn auch wieder leicht höher als im Vorjahr (Grafik 3). Dies wurde jüngst auch für den Bestand zur Jahresmitte bestätigt.

Denn aus historischer Sicht sehr hohe Rindfleischpreise ließen eine Aufstockung der Herden genauso sinnvoll erscheinen wie gegenüber den Vorjahren günstigere Futtermittel. Denn die gesunkenen Futterpreise, die bei der Mast der Tiere bis zur Schlachtreife eine Schlüsselrolle spielen, verbilligen die Mast. Die Nachfrage der Maststationen nach mastreifen Tieren ist noch hoch, auch wenn bei vielen Mastbetrieben die Margen bereits wieder ins Negative drehen.

Gleichzeitig haben sich aber auch die Weidebedingungen gegenüber den Vorjahren durch starke Regenfälle verbessert, die dafür gesorgt haben, dass inzwischen nur noch in einigen Regionen westlich der Rocky Mountains Dürre herrscht. Die längere Weidehaltung der Jungtiere führt aber zu einem geringeren Angebot an Mastrindern, die zur weiteren Mast in den Maststationen aufgenommen werden können. Dies hält deren Preis hoch.



Dass der Herdenaufbau noch voll im Gange ist, zeigen die jüngsten Daten, die für Jahresmitte eine um 7% höhere Zahl der zur weiteren Herdenaufbau dienenden Jungkühe ausweisen. Ein Blick auf andere wichtige Märkte wie Brasilien und Argentinien zeigt, dass auch dort die Viehbestände wegen hoher Rindfleischpreise steigen.

Bald dürfte also international mehr Fleisch zur Verfügung stehen, mit entsprechend negativen Folgen für die Preise entlang der Produktionskette. Geben die Rindfleischpreise dann auch längerfristig nach, verringert sich der Anreiz zum Ausbau der Herden und auch die Mastrindpreise dürften mittelfristig leiden.

Kurzfristig hat das USDA in seiner Juli-Prognose das erwartete Rindfleischangebot 2015 zunächst einmal reduziert, da weniger Schlachtungen vorgenommen werden, weil wegen besserer Weidebedingungen und günstiger Getreidepreise die Tiere bis zur Schlachtung länger gehalten und zum Aufbau der Herden mehr (weibliche) Tiere zurückgehalten werden (Grafiken 4 und 5).

Andererseits führen die günstigen Weidebedingungen für junge Tiere und in höherem Alter die günstigen Futterkosten in den Maststationen dazu, dass die Tiere mit höherem Gewicht zur Schlachtung gehen. Da es die weiblichen Tiere sind, die zum Aufbau bzw. der Vergrößerung der Herden zurückgehalten werden, steigt auch der Anteil der (schwereren) männlichen Tiere an den Schlachttieren. Für das dritte und vierte Quartal rechnet das USDA mit einem rekordhohen Schlachtgewicht von über 820 Pfund.

[pagebreak]Insgesamt haben die niedrigeren Schlachtungen das heimische Rindfleischangebot reduziert und Importe angeregt, die noch durch den starken US-Dollar unterstützt wurden. Allerdings ist das Angebot aus Kanada, das ein Drittel seiner Rinder und seines Rindfleisches in die USA exportiert, auch recht knapp, nachdem die Rinderzahl zu Jahresbeginn die niedrigste seit 1993 war. Anders als in den USA haben sich die Weidebedingungen in Kanada stark verschlechtert, weil der dringend benötigte Niederschlag viel zu gering ist.

Das USDA schätzt, dass der US-Maisverbrauch zu Futterzwecken 2015/16 ähnlich hoch sein wird wie 2014/15. Mais ist das mit Abstand wichtigste Futtergetreide mit 2014/15 134,6 Mio. Tonnen Verbrauch, während die anderen Futtergetreide zusammen nur 5 Mio. Tonnen verfüttert wird und Weizen mit ebenfalls 5 Mio. Tonnen auch nur eine geringe Rolle spielt.

Insgesamt soll 2015/16 an 95 Mio. Tiere Getreide verfüttert werden, fast 2 Mio. Tiere mehr als 2014/15 und gut 4 Mio. Tiere mehr als 2013/14. Dass dennoch der Verbrauch zur Verfütterung nicht steigt, liegt an der verbesserten Weidesituation, die weniger Getreideverfütterung notwendig macht. Es ist also nicht damit zu rechnen, dass von dieser Seite nennenswerte Impulse auf den Maispreis ausgehen werden.

Für Lebendrind erwarten wir im vierten Quartal einen Preis von 150 US-Cents je Pfund, für Mastrind von 210 US-Cents je Pfund.

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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