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Edelmetalle: Ausblick 2017 - Bald wieder bessere Zeiten

05.12.2016 | 6:00 Uhr | Eugen Weinberg, Commerzbank AG

Der Goldpreis ist nach starken Gewinnen im ersten Halbjahr im vierten Quartal unter Druck geraten. Für 2017 erwarten wir eine Wiederaufnahme des Aufwärtstrends. Der Gegenwind durch die Aufwertung des US-Dollar und den Anstieg der Anleiherenditen sollte abflauen und die Investmentnachfrage auch aufgrund zahlreicher Risikofaktoren wieder steigen. Die in diesem Jahr nur verhaltene Goldnachfrage in Asien dürfte sich zudem spürbar beleben. Davon sollte auch der Silberpreis trotz sich verschlechternder Fundamentaldaten profitieren. Platin besitzt nach der in diesem Jahr schwachen Preisentwicklung Erholungspotenzial. Bei Palladium erachten wir nach dem zuletzt starken Anstieg das Preispotenzial dagegen als ausgereizt.


Gold

Der Goldpreis erlebte ein dreigeteiltes Jahr 2016. Im ersten Halbjahr verzeichnete er einen Anstieg um 25%. Das Plus im ersten Quartal von knapp 20% markierte sogar den besten Jahresstart seit 30 Jahren. Anfang Juli erreichte Gold bei 1.375 USD je Feinunze sein Jahreshoch und gleichzeitig das höchste Niveau seit März 2014. Einer drei Monate währenden Seitwärtsbewegung während der Sommermonate folgte im vierten Quartal ein scharfer Rückgang, welcher den Goldpreis bis Anfang Dezember um 12% auf ein 10- Monatstief von gut 1.160 USD je Feinunze fallen ließ.

Die Preisbewegungen bei Gold in diesem Jahr lassen sich sehr gut mit der Investmentnachfrage erklären. Diese war im ersten Halbjahr sehr robust und übertraf dabei sogar die Schmucknachfrage, welche normalerweise etwa die Hälfte der gesamten Goldnachfrage stellt. Wesentlicher Treiber der Investmentnachfrage waren die Gold-ETFs, welche laut World Gold Council (WGC) in den ersten sechs Monaten des Jahres Zuflüsse von 580 Tonnen verzeichneten. Dies entsprach den stärksten Netto-Käufen in einem Halbjahr seit Einführung der Gold-ETFs vor mehr als 10 Jahren.

Allein im Februar flossen den von Bloomberg erfassten Gold-ETFs fast 200 Tonnen Gold zu, im Juni mehr als 100 Tonnen. Ab Mitte Juli brach das Interesse an den Gold-ETFs jedoch schlagartig ab. Im August, September und Oktober gab es zusammengenommen nicht mal halb so viele Zuflüsse wie in den ersten sieben Monaten im Monatsdurchschnitt. Im November gab es mit 108 Tonnen sogar den stärksten Monatsabfluss seit Juni 2013.

Gebremst wurde die Goldnachfrage fast das ganze Jahr über durch die verhaltene Nachfrage der privaten Konsumenten nach Schmuck, Münzen und Barren. Gemäß Daten des WGC ging die Konsumentennachfrage in den ersten neun Monaten des Jahres um 16% gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum zurück. Maßgeblich belastet wurde die private Konsumentennachfrage von einem deutlichen Rückgang in Indien und China. Die weltweite Goldnachfrage dürfte laut WGC in diesem Jahr zwischen 4.200 und 4.300 Tonnen liegen und damit das Vorjahresniveau von gut 4.200 Tonnen zumindest erreichen.

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Die gesamte Goldnachfrage für China und Indien wird 2016 wohl hinter dem Ergebnis von 982 beziehungsweise 858 Tonnen im Vorjahr zurückbleiben. Die Konsumenten in Indien fragten in den ersten neun Monaten 29% weniger Gold in Form von Schmuck, Münzen und Barren nach als noch im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Damit markiert die Nachfrage der privaten Verbraucher ein 7-Jahrestief. Die Schmucknachfrage fiel dabei um 30%, die Nachfrage nach Münzen und Barren ging um 25% zurück.

Wichtigste Treiber neben den hohen lokalen Preisen war eine Kombination aus neuen Bestimmungen der Regierung für höhere Transparenz und gegen Korruption beim Golderwerb sowie einer anhaltend schwachen Nachfrage der ländlichen Bevölkerung, die für das Gros der Goldnachfrage in Indien verantwortlich ist. Die Nachfrage aus dieser wichtigen Bevölkerungsgruppe litt unter unzureichenden Monsunregenfällen in den letzten zwei Jahren, die den Ernteertrag und somit die Einkommensentwicklung schmälerten. Ebenfalls negativ wirkte sich die Anfang April eingeführte Verkaufssteuer auf Goldschmuckwaren aus, die im Frühjahr zu Streiks der Schmuckhändler in Indien führte.

Die Erholung der indischen Goldnachfrage im vierten Quartal droht durch die Bargeldreform der indischen Regierung im Keim erstickt zu werden. Anfang November wurden die alten 500- und 1.000-Rupien-Banknoten von Ministerpräsident Modi für ungültig erklärt. Betroffen sind 86% des Bargeldes, was bereits zu Bargeldengpässen geführt hat. Insbesondere der für die Goldnachfrage wichtigen Landbevölkerung dürfte es schwer fallen, die finanziellen Mittel für die geplanten Goldkäufe aufzubringen, da diese häufig über kein eigenes Konto verfügt und die Käufe in der Regel in bar tätigt. Nach starken Goldimporten im Oktober und November droht daher in den darauffolgenden Monaten ein Einbruch (Grafik 2).

Die chinesischen Haushalte fragten in den ersten drei Quartalen dieses Jahr 14% weniger Gold nach als in der entsprechenden Vorjahresperiode. Die Nachfrageschwäche im aktuellen Jahresverlauf entfällt dabei mit einem Minus von 18% ausschließlich auf das Schmucksegment, während die Nachfrage nach Münzen und Barren im genannten Zeitraum stabil blieb. Ein wichtiger Treiber für diese Entwicklung ist laut einer Studie des WGC ein Wandel des chinesischen Verbrauchergeschmacks von 24-karätigem Gold mit einem Feingehalt von 99,9% hin zu 18-karätigem Gold mit einem Feingehalt von 75%.

Nachgefragt wird 18-Karat-Gold vermehrt von den jüngeren Generationen, die es vorrangig in Form von Hochzeitsringen nutzen. Dieser Wandel wird laut WGC durch entsprechende Anreize seitens der Schmuckverkäufer unterstützt, für die sich beim Verkauf von Schmuck mit geringerem Goldanteil höhere Gewinnspannen erzielen lassen. Der geringere Goldanteil im Goldschmuck senkt entsprechend die verkaufte Goldmenge. Dies könnte die Goldschmucknachfrage in China auch im nächsten Jahr bremsen.

Die Goldimporte via Hongkong wiesen in den letzten Monaten eine im Vorjahresvergleich nachlassende Dynamik auf (Grafik 3). Aufgrund der wachsenden Einkommen der Mittelschicht, der Angst vor einer weiteren Abwertung der lokalen Währung und des Mangels an Anlagealternativen gehen wir dennoch davon aus, dass die Nachfrage nach Münzen und Barren in China im nächsten Jahr wieder steigen wird. So erschweren die Behörden in China mittlerweile den Kauf von Immobilien, nachdem die Immobilienpreise insbesondere in einigen Ballungszentren zu stark gestiegen waren.

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[pagebreak]Deutlich schwächer entwickelte sich in diesem Jahr auch die Nachfrage der Zentralbanken, welche laut WGC in den ersten drei Quartalen um 33% gegenüber dem Vorjahr auf 271 Tonnen zurückging. Es dürfte daher nahezu unmöglich sein, die Käufe aus dem Vorjahr von 567 Tonnen auch nur annähernd zu erreichen (Grafik 4). Angesichts der gestiegenen Goldpreise, fallender Währungsreserven und des Abwertungsdrucks auf der heimischen Währung hielt sich insbesondere die chinesische Zentralbank mit Käufen merklich zurück.

Auch die russische Zentralbank kaufte in den ersten neun Monaten des Jahres erheblich weniger Gold. Wir erachten diese Schwäche nur als vorübergehend. Russland hat bereits im Oktober wieder deutlich mehr Gold gekauft. Aufgrund des weiterhin niedrigen Goldanteils in den Währungsreserven der Schwellenländer ist der Kauf von Gold aus Diversifikationsaspekten weiterhin naheliegend. Dazu passt auch das Ergebnis einer durch den WGC durchgeführten Befragung von 19 Zentralbanken. Diese gaben in 90% der Fälle an, ihre Goldreserven innerhalb der kommenden drei Jahre entweder auszuweiten oder stabil zu halten.

Die in diesem Jahr nur verhaltene Goldnachfrage in Asien dürfte sich dank der niedrigen Preise und einer verbesserten Einkommenslage der indischen Landbevölkerung nach der besseren Monsunsaison beleben. Ein Fragezeichen besteht allerdings wegen der bereits erwähnten Bargeldknappheit, welche sich nicht so schnell auflösen und die Goldnachfrage auch noch im ersten Quartal 2017 belasten dürfte.

Die physische Goldnachfrage in Indien und China ist zudem stark preiselastisch, wie dieses Jahr gezeigt hat. Eine vom WGC nach dem Preisrückgang im Oktober durchgeführte Befragung von 1.000 chinesischen und indischen Verbrauchern ergab, dass rund ein Fünftel in China und ein Drittel in Indien mit ihren Goldkäufen warten, bis die Preise sinken. Sie stellt deswegen in erster Linie eine Absicherung gegen fallende Preise dar.

Für höhere Goldpreise ist daher eine stärkere Investmentnachfrage notwendig. Diese hängt wiederum stark von den Erwartungen an die Geldpolitik, der Entwicklung des US-Dollar, der Anleiherenditen, der Aktienmärkte und vom Risikoappetit der Marktteilnehmer ab. Dies war insbesondere in den Wochen nach dem überraschenden Wahlsieg von Donald Trump zu sehen. Der Markt erwartet wegen stark gestiegener Inflationserwartungen ("Trumpflation") mittlerweile nicht nur eine Fed-Zinserhöhung im Dezember, sondern mit zunehmender Wahrscheinlichkeit zwei weitere Zinsschritte im nächsten Jahr.

Der US-Dollar wertete daraufhin auf handelsgewichteter Basis auf ein 13½-Jahreshoch auf und die US-Anleiherenditen kletterten auf ein 16-Monatshoch, was zu massiven ETF-Abflüssen führte und den Goldpreis unter Druck setzte (Grafik 5). Unsere Währungs- und Zinsstrategen gehen für 2017 von einer weiteren, allerdings nur noch moderaten Aufwertung des US-Dollar und einem ebenfalls moderaten Anstieg der Anleiherenditen aus.

Der Gegenwind für Gold von dieser Seite sollte daher allmählich nachlassen. Eine anziehende Inflation dürfte außerdem dafür sorgen, dass die für Gold wichtigen Realzinsen niedrig bleiben werden (Grafik 17, Seite 9). Die weiterhin sehr niedrigen und teilweise negativen Realzinsen, die ultra-lockere Geldpolitik der meisten westlichen Zentralbanken und die steigende Inflation sprechen für eine wieder robustere Investmentnachfrage, auch wenn diese kaum wieder das Niveau des ersten Halbjahres 2016 erreichen dürfte. Mit der Stabilisierung an den Devisenmärkten im Jahresverlauf dürfte der Goldpreis zulegen und bis Ende 2017 auf 1.300 USD je Feinunze steigen.

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Aufgrund zahlreicher Unsicherheitsfaktoren könnte es jederzeit zu einem erneuten Anstieg der Risikoaversion an den Märkten kommen. Auslöser könnten die im nächsten Jahr anstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in einigen wichtigen EU-Ländern sein (Frankreich, Deutschland, Niederlande und möglicherweise Italien), falls dort EU-kritische bzw. Anti- Establishment-Kräfte deutlichen Zulauf erhalten.

Auch der für März vorgesehene Beginn des EU-Austrittsprozesses von Großbritannien könnte für neue Unsicherheit sorgen. Nicht zu vernachlässigende Risiken für die Finanzmarktstabilität stellen das italienische Bankensystem und der chinesische Immobiliensektor dar. Ein weiteres Risiko liegt im unvorhersehbaren Handeln des neuen US-Präsidenten Trump, welcher im Januar in das Amt eingeführt wird.

Zunehmender Protektionismus und ein nicht auszuschließender Handelskrieg mit China könnte zu neuen Verwerfungen an den Finanzmärkten und einem Auspreisen von Fed-Zinserhöhungen führen. Was in diesem Falle geschieht, ließ sich in diesem Jahr nach den Marktturbulenzen in China zu Jahresbeginn und nach dem Brexit-Referendum zur Jahresmitte beobachten. Gold legte in diesen Perioden massiv zu.

Treten eines oder gar mehrere der genannten Risikoereignisse ein, wird der Goldpreis voraussichtlich deutlich stärker steigen und unsere Jahresendprognose für 2017 wesentlich früher erreichen und möglicherweise sogar überschreiten. Im Gegensatz zur Fed wird die EZB nach Ansicht unserer Volkswirte an ihrer ultra-lockeren Geldpolitik festhalten. Stärkeres Aufwärtspotenzial sehen wir daher für den Goldpreis in Euro.


Silber

Der Silberpreis hat ebenfalls ein bewegtes Jahr 2016 hinter sich. In den ersten sechs Monaten legte der Preis um mehr als 50% zu und erreichte Anfang Juli bei 21 USD je Feinunze ein 2- Jahreshoch. Seither hat sich Silber um mehr als 20% verbilligt. Ende November war Silber mit 16,2 USD je Feinunze wieder so preiswert wie Anfang Juni (Grafik 6). Das Gold/Silber-Verhältnis erreichte im Zuge dessen mit 73 das höchste Niveau seit fünf Monaten und liegt damit deutlich über dem langjährigen Durchschnitt. Silber ist damit gegenüber Gold relativ preiswert.

Einer Gemeinschaftsstudie von Thomson Reuters GFMS und dem Silver Institute zufolge wird der globale Silbermarkt in diesem Jahr das fünfte Jahr in Folge ein Angebotsdefizit aufweisen. Dieses fällt mit 52,2 Mio. Unzen (1.623 Tonnen) allerdings weniger als halb so hoch aus wie im Vorjahr (Grafik 7). Verantwortlich hierfür ist ein Rückgang der Silbernachfrage um 9% auf ein 4-Jahrestief von 1.064,6 Mio. Unzen (33.109 Tonnen), während das Silberangebot "nur" um gut 3% auf 1.012,4 Mio. Unzen (31.486 Tonnen) sinken soll.

Größter Bremsklotz auf der Nachfrageseite ist ein 24%-iges Minus bei Münzen und Barren. Auch die Schmucknachfrage ist um knapp 8% rückläufig. Die Industrienachfrage, welche gut die Hälfte der gesamten Silbernachfrage stellt, verzeichnet ebenfalls einen wenn auch nur geringfügigen Rückgang. Ein stärkeres Minus wird durch den Anstieg bei Photovoltaik um 11% auf ein Rekordniveau verhindert.

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Auf der Angebotsseite soll es 2016 zum ersten, wenn auch nur leichten Rückgang der globalen Minenproduktion seit 13 Jahren kommen, weil nach der Schließung zahlreicher Zink- und Bleiminen weniger Silber als Nebenprodukt produziert wird (Grafik 8). Durch die Auflösung von Absicherungsgeschäften seitens der Minenproduzenten (De-hedging) wurde dem Markt zusätzlich Angebot entzogen.

Das Angebot an Altsilber blieb dagegen nahezu unverändert. Aufgrund einer deutlich gestiegenen Nachfrage nach Silber-ETFs - GFMS unterstellt hier für 2016 Netto-Zuflüsse von 71,4 Mio. Unzen (2.220,5 Tonnen) - und eines fast ebenso hohen Anstiegs der börsenregistrierten Lagerbestände erhöht sich das breiter gefasste Marktdefizit auf 185,5 Mio. Unzen (5.769 Tonnen). Größer war dies zuletzt im Jahr 2008. Aufgrund der zuletzt starken ETF-Abflüsse dürfte dieser Betrag voraussichtlich etwas geringer ausfallen.

Für 2017 gehen Thomson Reuters GFMS und Silver Institute von einem weiteren Rückgang der Silbernachfrage um knapp 3% auf 1.035,0 Mio. Unzen aus. Das Silberangebot soll dagegen um gut 1% auf 1.024,8 Mio. Unzen steigen. Bis auf den Bereich Schmuck sollen alle Nachfragekomponenten Rückgänge aufweisen, am stärksten erneut Münzen und Barren mit minus 9%. Die Industrienachfrage soll um 2% fallen, da die Nachfrage im Photovoltaiksektor im Gegensatz zum Vorjahr ebenfalls rückläufig sein soll und somit die anhaltende Schwäche in den anderen Sektoren nicht mehr ausgleichen kann.

Die Industrienachfrage würde damit das siebte Jahr in Folge schrumpfen (Grafik 9). Der Anstieg des Silberangebots erklärt sich nahezu ausschließlich mit einem höheren Angebot an Altsilber, welches als Reaktion auf die höheren Preise um 11% steigen soll. Der im Vergleich zum Vorjahr beschleunigte Rückgang der Minenproduktion um gut 2% wird dadurch weitgehend kompensiert.

Gleichzeitig soll von den Silberproduzenten 2017 deutlich weniger Angebot durch die Rückabwicklung von Absicherungsgeschäften entzogen werden. Das Defizit am physischen Silbermarkt würde somit auf nur noch 10,2 Mio. Unzen schrumpfen. Dies wäre das geringste Defizit seit dem bislang letzten Überschussjahr 2012. Die ETFs sollen Zuflüsse von 40 Mio. Unzen verzeichnen. Das weitergefasste Marktdefizit beläuft sich somit auf 50,2 Mio. Unzen, was einer Verringerung gegenüber dem Jahr 2016 um mehr als 70% entspricht.

Wir sehen angesichts dieser Fundamentaldaten nur begrenztes Aufwärtspotenzial für den Silberpreis. Silber dürfte sich in steigenden Märkten zwar etwas besser als Gold entwickeln und einen Teil der Unterbewertung wettmachen. Eine deutlich bessere Entwicklung als Gold trauen wir Silber allerdings nicht zu. Dagegen spricht vor allem die weiterhin nur verhaltene Industrienachfrage, welche auf das niedrigste Niveau seit der Weltwirtschaftskrise im Jahr 2009 fallen soll.

Die Reduktion des Silbergehalts in elektrischen und elektronischen Anwendungen scheint noch immer nicht abgeschlossen, während gleichzeitig der Trend hin zu kleineren, weniger materialintensiven Verbraucherendgeräten (Smartphones, Tablets) für einen längerfristig geringeren Silberbedarf spricht. Nur eine deutlich stärkere Nachfrage nach Münzen und Barren sowie ETFs würde den Markt hinreichend einengen, damit der Preis dauerhaft über 20 USD je Feinunze steigt. Wir prognostizieren für Ende 2017 einen Silberpreis von 19 USD je Feinunze und einen Jahresdurchschnittspreis von 18 USD je Feinunze.

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Platin

Das weltweite Platinangebot soll in diesem Jahr laut Johnson Matthey, dem weltgrößten Verarbeiter von Platin, um knapp 1% auf 7,9 Mio. Unzen steigen (Grafik 10). Aufgrund einer fallenden Minenproduktion in Südafrika, welches mit einem Anteil von mehr als 70% an der globalen Produktion der dominante Anbieter ist, soll die weltweite Minenproduktion um 1,9% auf 6 Mio. Unzen zurückgehen. Gegenläufig zum Minenangebot dürfte sich das Recyclingangebot entwickelt haben. Dieses soll um fast 10% auf 1,9 Mio. Unzen steigen und damit den Rückgang der Minenproduktion mehr als ausgleichen.

Vor allem im Schmucksegment soll viel Platin wiedergewonnen werden. Aber auch der Automobilsektor stellt in diesem Jahr nach dem kräftigen Rückgang im Vorjahr wieder etwas mehr Platinschrott zur Verfügung. Der World Platinum Investment Council (WPIC) kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Allerdings reicht laut WPIC der Anstieg bei Platinschrott nicht aus, den Rückgang bei der Minenproduktion auszugleichen, so dass das Gesamtangebot rückläufig ist.

Die globale Platinnachfrage soll Johnson Matthey zufolge nur geringfügig auf 8,3 Mio. Unzen zulegen (Grafik 10). Die Automobilindustrie als wichtigster Sektor auf der Nachfrageseite soll 1,6% mehr Platin benötigen (3,3 Mio. Unzen), die übrigen industriellen Anwendungen gut 14% mehr (1,5 Mio. Unzen).

Einen positiven Beitrag leistet auch die Investmentnachfrage, welche dank einer erneut robusten Nachfrage nach Münzen und Barren in Japan um 8% auf 487 Tsd. Unzen steigen soll. Einen stark bremsenden Einfluss auf die Gesamtnachfrage übt dagegen die Schmucknachfrage aus. Diese soll um 9% auf 2,6 Mio. Unzen sinken. Der WPIC erwartet im Gegensatz zu Johnson Matthey einen Rückgang der Nachfrage aus der Automobilindustrie. Die übrigen Nachfragekomponenten schätzt er von der Tendenz her ähnlich ein. Entsprechend fällt die Gesamtnachfrage beim WPIC etwas schwächer aus.

Johnson Matthey prognostiziert für 2016 ein erneutes Angebotsdefizit von 422 Tsd. Unzen (Grafik 11). 2017 soll es dagegen zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder zu einem Angebotsüberschuss kommen. Dies begründet Johnson Matthey vor allem mit einer schwächeren Nachfrage aus der Automobil- und Schmuckindustrie. Der Platinbedarf für Dieselfahrzeuge in Europa soll mit der vollständigen Umsetzung der Euro 6b-Norm 2016 die Spitze erreicht haben. Bedingt durch die testweise Einführung von Real Driving Emission (RDE) im September 2017 soll der Platineinsatz im nächsten Jahr um 5% sinken.

Die Schmucknachfrage leidet unter einer veränderten Verbraucherwahrnehmung gegenüber Platinschmuck. Dies kann auch erklären, warum der niedrige Platinpreis bislang keinen positiven Einfluss auf die Schmucknachfrage hatte. Die Investmentnachfrage soll aufgrund einer niedrigeren Barren- und Münznachfrage in Japan schwächer ausfallen. Ein höheres Recyclingangebot aus dem Segment der Altfahrzeuge nach zwei schwächeren Jahren ist wohl nur bei höheren Preisen realistisch.

Der WPIC erwartet für 2017 einen Rückgang des Recyclingangebots und in der Folge ein erneutes Angebotsdefizit. Der Platinpreis ist Anfang Dezember auf ein 10-Monatstief von 900 USD je Feinunze gefallen. Platin ist damit 260 USD je Feinunze billiger als Gold und nur 140 USD je Feinunze teurer als Palladium. Gemessen an den Fundamentaldaten sowie gegenüber Gold und Palladium ist Platin damit zu niedrig bewertet. Wir erwarten, dass sich Platin bis Ende 2017 auf 1.100 USD je Feinunze verteuert.

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Palladium

Der Palladiumpreis stieg Anfang Dezember auf ein 18-Monatshoch von 775 USD je Feinunze und trotze damit der Schwäche bei den anderen Edelmetallen. Der Preisabschlag zu Platin ist auf 140 USD zusammengeschrumpft, das niedrigste Niveau seit 14½ Jahren (Grafik 29). Der globale Palladiummarkt wird Johnson Matthey zufolge im Jahr 2016 ein Angebotsdefizit von 651 Tsd. Unzen aufweisen. Das wäre das fünfte Defizitjahr in Folge (Grafik 12).

Dafür ist in
erster Linie eine stärkere Nachfrage verantwortlich. Diese soll um 4,6% auf 9,7 Mio. Unzen steigen, das Angebot dagegen nur um 1,5% auf 9,0 Mio. Unzen. Wichtigster Nachfragetreiber ist die Nachfrage aus der Automobilindustrie, welche um 2,3% auf ein Rekordniveau von 7,8 Mio. Unzen steigen soll. Diese stellt inzwischen 80% der Gesamtnachfrage bei Palladium und ist damit der alles dominierende Faktor auf der Nachfrageseite (Grafik 13).

Die Investmentnachfrage ist wegen anhaltender ETF-Abflüsse erneut negativ. Johnson Matthey unterstellt hier für dieses Jahr ein Minus von 357 Tsd. Unzen, was aber wohl eine zu optimistische Schätzung ist. Schließlich verzeichneten die ETFs seit der Bekanntgabe der Zahlen Mitte November weitere nennenswerte Abflüsse.

Auf der Angebotsseite soll die Minenproduktion nur geringfügig steigen. In Südafrika, welches in den letzten Jahren Russland als größter Produzent abgelöst hat, soll die Produktion um 4,2% sinken. Dem stehen Anstiege der Minenproduktion in Russland, Nordamerika und Simbabwe gegenüber. Das Recyclingangebot, welches in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen hat und die inzwischen versiegten Verkäufe aus den russischen Staatsreserven kompensiert, soll um 3,6% auf 2,55 Mio. Unzen steigen. Der Großteil entfällt dabei auf verschrottete Autokatalysatoren.

Für 2017 prognostiziert Johnson Matthey abermals ein signifikantes Angebotsdefizit bei Palladium. Aufgrund einer steigenden Produktion von Benzinfahrzeugen und verschärften Emissionsbestimmungen in Nordamerika und China soll die Nachfrage aus der Autoindustrie weiter zunehmen. Auch in der chemischen Industrie soll der Palladiumbedarf steigen. Die Investmentnachfrage soll dagegen erneut negativ ausfallen.

Auf der Angebotsseite sieht Johnson Matthey wenig Veränderung bei der Minenproduktion, dafür aber einen stärkeren Anstieg beim Recycling. Ein Risikofaktor ist für uns, dass die Palladiumnachfrage inzwischen fast nur noch von der Autoindustrie abhängt. Sollte es dort zu Problemen kommen, hätte dies gravierende Auswirkungen auf die Palladiumnachfrage und die Marktbilanz. Die Annahme einer weiterhin steigenden Nachfrage aus dem Automobilsektor ist alles andere als gesichert. In China laufen Ende des Jahres Kaufanreize aus, welche die Fahrzeugverkäufe in diesem Jahr mit zweistelligen Wachstumsraten nach oben getrieben haben.

Ohne diese Anreize könnte die chinesische Automobilnachfrage im nächsten Jahr erheblich gebremst werden. Sieben Städte in China haben außerdem Beschränkungen beim Fahrzeugverkauf eingeführt. Laut Internationaler Energieagentur könnten die Fahrzeugabsätze in China pro Jahr deshalb um 2 Mio. Stück niedriger ausfallen. Ob dies durch andere Märkte kompensiert werden kann, bleibt abzuwarten.

In den USA könnten steigende Zinsen den Autoabsatz bremsen. Die zusammengeschrumpfte Preisdifferenz zu Platin könnte auch den Einsatz von Palladium in Dieselmotoren bremsen. Das Angebotsdefizit könnte daher deutlich geringer ausfallen. Wir erwarten zunächst eine Preiskorrektur bei Palladium und einen Preis von 750 USD je Feinunze Ende 2017.

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Auf einen Blick

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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