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Blutbad im Ölsektor - Crash an den Aktienmärkten!

28.08.2015 | 8:10 Uhr | Uli Pfauntsch, CompanyMaker

Mit einem Absturz um 1.089 Zähler, erlebte der Dow Jones am Montag den schlimmsten Punkteverlust seiner Geschichte. Nachdem der Dow Jones am gestrigen Tag zeitweise mit 440 Punkten im Plus lag, beendete der Index den Handelstag mit einem Minus von mehr als 200 Punkten. Es war das stärkste Intraday-Reversal seit Ausbruch der Finanzkrise in 2008. Diese chaotischen Marktbewegungen einzig und allein auf China zu schieben - so wie es sämtliche Finanzmedien tun - ist nur die halbe Wahrheit.


China als Auslöser, nicht als Ursache!

Richtig ist, dass China mit etwa 16 Prozent Anteil an der globalen Weltwirtschaft von großer Bedeutung ist. Lange Zeit galt China als globaler Wachstumsmotor. Wenn die chinesische Wirtschaft nun nicht mehr, wie angenommen, mit 7 Prozent wächst, sondern vielleicht nur noch mit 2 Prozent, erhält das globale Wachstum einen ordentlichen Dämpfer. Sollte die chinesische Wirtschaft tatsächlich so schwach sein, ist jedes Land dieser Welt gezwungen, seine Prognosen zurückzunehmen.

Diese Bedenken sind allerdings alles andere als neu und sie kursieren im Grunde schon seit Jahren. Die Sorgen verschlimmerten sich erst dann, nachdem China eine starke Zunahme von Kreditausfällen erlebte, die vor einigen Monaten begann. Als anfällig gilt insbesondere das chinesische Schattenbankensystem, das der Internationale Währungsfonds auf ein Volumen von 3,2 Billionen Dollar schätzt, was 35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von 2014 entspricht.

Dennoch gibt es viele Indikatoren, die ziemlich positiv aussehen: Anders als in den USA und hierzulande, wachsen die Löhne in China um 10 Prozent und der Service-Sektor zeigt ein Wachstum von mehr als 8 Prozent. Zahlreiche chinesische Unternehmen meldeten positive Ergebnisse zum zweiten Quartal und lieferten ermutigende Ausblicke. Das Platzen der Spekulationsblase am chinesischen Aktienmarkt sagt uns bislang so gut wie nichts über den tatsächlichen Zustand der global zweitgrößten Volkswirtschaft.

Der China-Chef von Daimler, Hubert Troska, sagte am Montag, dass sein Unternehmen in China weiter wächst und bis Jahresende "300.000 Autos oder mehr" verkaufen wird. Zur gleichen Zeit machte CNBC-Börsenmoderator Jim Cramer eine E-Mail von Apple-CEO Cook öffentlich, in der dieser mitteilte, dass sein Unternehmen über Juli und August starkes Wachstum gesehen hat und im chinesischen App-Store in den vergangenen zwei Wochen sogar das beste Geschäft im ganzen Jahr erzielt wurde.

Insofern ist die Story der Medien, wonach einzig und allein China der Wallstreet diesen Schlamassel eingebrockt hat, stark zu bezweifeln. Tatsache ist, dass die großen US-Unternehmen nur in einem sehr geringen Ausmaß unmittelbar mit der chinesischen Wirtschaft verbunden sind. Die Schätzungen belaufen sich auf 1 Prozent der wirtschaftlichen Ausfuhren, wenn überhaupt.


Wallstreet - es braut sich was zusammen!

Sowohl der Flash-Crash von Montag, als auch das heftige Intraday-Reversal von Dienstag, waren zum Großteil auf Zwangsverkäufe von Hedge Fonds und anderen Spekulanten (Margin Calls) zurückzuführen. Der Grund: Seit Beginn des Jahres ist das "Margin Dept", die Summe der kreditfinanzierten Aktienkäufe an Wallstreet, um 11 Prozent auf einen Rekordwert von 505 Milliarden Dollar gestiegen.

Mit etwas über 2 Prozent Anteil der gesamten Börsenkapitalisierung, lag das US-Margin Dept vor dem Einbruch in etwa auf Augenhöhe mit 2007. In China beläuft sich das Margin Dept auf schätzungsweise 9,6 Prozent. In 1929 hatte das Margin Dept an der Wallstreet einen Rekordanteil von 12 Prozent vom gesamten Börsenwert.


Kreditfinanzierte Aktienrückkäufe

Unglücklicherweise erscheinen die kreditfinanzierten Aktienkäufe noch als geringstes Problem. Denn das billige Geld der US-Notenbank hat die US-Unternehmen zu noch nie da gewesenen Aktienrückkäufen ermutigt. Allein in diesem Jahr toppten die Aktienrückkäufe bereits die Gesamtsummen aus 2008, 2009, 2010 und 2012 und sind auf dem Weg zu einem neuen Jahresrekord von 993 Milliarden Dollar. Seit 2009 investierten US-Unternehmen insgesamt satte 2,4 Billionen Dollar in den Rückkauf eigener Aktien.

Durch die Reduzierung der Aktien-Anzahl, erhöht sich zwangsläufig der Gewinn pro Aktie. Allein im letzten Jahr sorgten Rückkäufe über 550 Milliarden Dollar für ein durchschnittliches EPS-Wachstum von 2,3 Prozent. Jetzt, nachdem die Kurse fallen, wird es nicht lange dauern, ehe die Anleger realisieren, dass die Unternehmen ihre eigenen Aktien zu Höchstkursen zurückgekauft haben.

Abgesehen davon, dass generell zu wenig in Forschung & Entwicklung und fähige Mitarbeiter investiert wird, gibt es zahlreiche Unternehmen, die ihre Aktienrückkäufe auf Pump finanziert haben. Das ist nichts anderes als pure Marktmanipulation, von der vor allem die Manager über Aktienoptionen profitieren.

Aktienrückkäufe sind eine super Sache, wenn die Märkte steigen, rächen sich aber in fallenden Märkten. Inzwischen sind 80 Prozent aller Unternehmen, die über das letzte Jahr Aktien zurückgekauft haben, mit ihren Positionen im Minus.


Blutbad im Ölsektor + Junk-Bond-Markt

Die Systemkrise 2008/2009, die ihren Höhepunkt mit der Pleite von Lehman Brothers erreichte, wurde durch einen einfrierenden Kreditmarkt (Credit Squeeze) ausgelöst. Droht uns in diesen Tagen eine ähnliche Katastrophe? Seit Wochen steigen die Finanzierungskosten für Unternehmen, dennoch zeigt sich der Markt für Unternehmensanleihen noch erstaunlich ruhig. Am Montag sanken die Junk Bond Preise von 95,3 auf 94,4 Cents - ein Rückgang um weniger als 1 Prozent.

Zum Vergleich: Am 15. September 2008, dem Tag nach der Pleite von Lehman und dem Notverkauf von Merill Lynch an die Bank of America, sanken die Junk Bonds um 5 Prozent. Im Oktober 2008, als der Dow Jones um mehr als 7 Prozent einbrach, fielen Junk Bonds erneut um mehr als 5 Prozent auf 65,6 Cents. Der wichtigste Unterschied zu 2008: Während damals der gesamte Markt von der Panik erfasst wurde, konzentriert sich der aktuelle Rückgang im Junk Bond Markt bislang auf wenige Sektoren.

Was wir derzeit im Ölsektor erleben, ist ein echtes Blutbad. Allein im August stürzten die Junk-Bonds auf Energieunternehmen um fast 10 Prozent ab. Der Crash im globalen Ölsektor, hat bislang schätzungsweise 1,5 Billionen Dollar Börsenwert vernichtet. Der Großteil der Aktien der US-Shale-Produzenten, notiert etwa zwischen 80% bis 95% unter ihren Jahreshochs.

[pagebreak]Während die Besitzer der Aktien bereits nahezu alles verloren haben, beginnt erst der Albtraum für die Anleihe-Gläubiger. Zum Ende des ersten Quartals, belief sich der Schuldenberg der US-Shale-Produzenten auf 235 Milliarden Dollar. Seitdem hat sich die Verschuldung dieser Unternehmen durch die Platzierung zusätzlicher Junk-Bonds noch weiter aufgebläht. Im August schossen die Renditen für Energie-Junk-Bonds auf über 11 Prozent.

Doch das Schlimmste steht dem Markt erst noch bevor: Bereits in einer Umfrage im Mai kündigten 80 Prozent aller US-Banken an, bei der nächsten Bewertung der Kreditlinien im Oktober den Gürtel enger zu ziehen. Bei einem Ölpreis von aktuell unter 40 Dollar, lässt sich leicht erahnen, dass die nächsten Monate nichts Gutes verheißen. Abgesehen von den immens hohen Burn-Raten der Shale-Produzenten, haben sich durch den Ölpreisverfall auch Sicherheiten in Form von Millionen Barrel Öl in Luft aufgelöst.

Durchschnittlich wird im Oktober eine Kürzung der Kreditlinien um 10 Prozent bis 15 Prozent erwartet. Allein dadurch werden 15 Milliarden Dollar an Krediten ausgelöscht. Im Ölsektor dürfte eine Pleitewelle auf uns zukommen, die ihren Höhepunkt möglicherweise im ersten Quartal 2016 erreicht, nachdem der Großteil der Hedging-Programme ausgelaufen ist.


Ansteckungsgefahr nimmt zu!

Das drohende Ungemach im Ölsektor bedeutet keineswegs, dass sich Besitzer von Junk Bonds, die anderen Sektoren investiert sind, in Sicherheit wiegen können. Denn auch viele andere Unternehmen sind von den Job-Verlusten und Kapitalkürzungen der Energiebranche betroffen. Die Marktliquidität im Bond-Markt geht generell zurück - und längst sind die Banken nicht mehr dazu bereit, Sell-Offs durch Stützungskäufe aufzufangen.


Anpassungsprozess beginnt - klare Strategie!

Die extremen Marktbewegungen der letzten Tage sollten als "Wake-Up-Call" verstanden werden. Es ist das Ende einer Illusion, dass die Notenbanken noch länger in der Lage sind, unvermeidbare, aber notwendige Anpassungsprozesse bis in alle Ewigkeit zu verhindern. Die Korrektur am US-Aktienmarkt hat technisch erheblichen Schaden verursacht, der auf Sicht der nächsten Wochen eine Fortsetzung der Korrektur erwarten lässt. Eine erhebliche Bedeutung wird der weiteren Ölpreis-Entwicklung zukommen.

Ich gehe zwar davon aus, dass die Angebotsseite in den kommenden Monaten wesentlich stärker reagieren wird, als allgemein angenommen, für zahlreiche US-Shale-Unternehmen wird die Ölpreis-Erholung aber zu spät kommen. Eine Beschleunigung der Kreditausfälle im Ölsektor, könnte sich auf dem gesamten Markt für Unternehmensanleihen auswirken und die Finanzierungskosten allgemein verteuern. Betroffen sind insbesondere Unternehmen, deren Geschäftsmodelle auf fremdfinanziertem Wachstum aufgebaut sind. Grundsätzlich gilt: Je höher die Verschuldung im Verhältnis zum Eigenkapital, desto höher das Risiko.

Erfahrungsgemäß dauert es seine Zeit, ehe die notwendigen Anpassungsprozesse abgeschlossen sind und ein klareres Bild auf die Zukunft zulassen. Ich gehe davon aus, dass wir nicht am Ende dieses Prozesses stehen, sondern erst am Anfang. Insofern erscheinen kurzfristige Erholungen an den Aktienmärkten wenig nachhaltig. Nach 6 ½ Jahren Bullenmarkt wäre eine Bereinigung der US-Indizes um 30 Prozent von den Hochs nichts Ungewöhnliches. Das würde für den Dow Jones einem Ziel von circa 10.760 Punkten und für den S&P 500 einem Ziel von circa 1.500 Punkten entsprechen.

In der aktuellen Phase dürften die Aktienmärkte weiterhin höchst volatil bleiben. Kurzfristige steile Erholungen, die etwa durch Notenbank-Kommentare und Short-Eindeckungen ausgelöst werden, sind mit Vorsicht zu genießen. Wichtigster Faktor bis Oktober/November bleibt die Entwicklung des Ölpreises, der wiederum erheblichen Einfluss auf den Junk-Bond-Markt und möglicherweise den gesamten Markt für Unternehmensanleihen haben wird.


Öl - Investmentchance des Lebens!

Was den Ölsektor betrifft, befinden wir uns bereits mitten in der vermutlich brutalsten Marktbereinigung seit dem Beginn des Ölzeitalters. Es ist ein „Race To The Bottom“, ein Wettlauf, bei dem es nur eine Zeitfrage ist, wer als erster am Boden liegt.

Der erbarmungslose Preiskampf der Saudis wird dazu führen, dass im Ölmarkt nicht so sein wird, wie es vorher war. Ich hatte Ihnen bereits im Mai berichtet, dass laut Rystad Energy, einem norwegischen Beratungsunternehmen, neue Ölprojekte im Umfang von 118 Milliarden Dollar auf Eis gelegt wurden. Wie Wood Mackenzie nun in einer neuen Studie herausfand, hat sich dieses Volumen bereits auf mehr als 200 Milliarden Dollar erhöht.

Betroffen sind 46 große Öl- und Gasprojekte mit einem Äquivalent von 20 Milliarden Barrel Öl in Reserven - mehr als die gesamten nachgewiesenen Reserven Mexikos. Unter den Unternehmen, die ihre großen Produktionspläne auf Eis gelegt haben, sind BP, Royal Dutch Shell, Chevron, Statoil und Woodside Petroleum.

Mehr als die Hälfte der betroffenen Reserven liegen tausende Meter unter dem Meeresspiegel, etwa im Golf von Mexiko und vor der Küste Westafrikas. Kanada ist Region, die am meisten betroffen ist. Projekte mit circa 5,6 Milliarden Barrel Reserven, fast alles Ölsand, wurden gecancelt oder verschoben.

Die radikalen Kostenkürzungen der Ölindustrie in Verbindung mit der Verschiebung oder Streichung von Großprojekten, werden sich in der Zukunft rächen. Goldman Sachs hat bereits 61 neue Projekte identifiziert, davon sind mehr als die Hälfte, die noch auf ihre finale Genehmigung warten, zu Preisen von 60 Dollar pro Barrel unwirtschaftlich. Damit sind mehr als 750 Milliarden Dollar an Kapitalausgaben und 10,5 Millionen Barrel Öl pro Tag an Spitzenproduktion gefährdet. Noch befindet sich der Ölmarkt inmitten des „Bust-Zyklus“. Doch je länger und heftiger dieser Zyklus andauert, desto drastischer werden die Folgen für die Angebotsseite sein.

Für die Ölunternehmen ist es entscheidend, die derzeitige Crashphase zu überstehen, um im kommenden Boom-Zyklus durchstarten zu können. Beste Voraussetzungen für das zukünftige Ölpreis-Umfeld bieten die konventionellen Low Cost Onshore-Projekte der CompanyMaker-Favoriten Africa Oil, Condor Petroleum, Parex Resources, Petroamerica und MNP Petroleum. Es ist ein großer Vorteil, dass es bei diesen Unternehmen keine Anleihe-Gläubiger gibt, die an die Türe klopfen.

Dennoch wird für die kommenden Monate und Quartale existenziell entscheidend sein, dass es den Unternehmen gelingt, trotz des schwachen Umfelds die weitere Finanzierung sicherzustellen. Auch wenn von Aufbruch-Stimmung derzeit noch nichts zu sehen ist, sollte das Potenzial von Ölwerten nicht unterschätzt werden. Dreht die Stimmung, sind ähnliche Gewinne wie von 2008 bis 2011 möglich, wo Anstiege um mehrere tausend Prozent keine Seltenheit waren.


© Uli Pfauntsch
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