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Gold und Silber springen überraschend nach oben

20.06.2014 | 11:07 Uhr | Eugen Weinberg, Commerzbank AG

Energie

Die Irak-Krise steht weiter im Fokus des Ölmarktes. Der im August nächstfällige Brentöl-Terminkontrakt notiert inzwischen bei 115 USD je Barrel, der noch für Juli fällige WTI-Kontrakt bei 106,6 USD. Mit dem hier heute anstehenden Kontraktwechsel dürfte sich die Preisdifferenz zwischen beiden Ölsorten auf knapp 9 USD je Barrel ausweiten. Der seit einer Woche bereits um 2 USD gestiegene Preisabstand zeigt, dass die Risiken der Irak-Krise für die Vorsorgungslage des europäischen Marktes deutlich unmittelbarer gesehen werden.

Die Schließung der größten Raffinerie der Landes, der Baiji-Raffinerie 200 km nördlich von Bagdad, in der täglich 300 Tsd. Barrel verarbeitet werden, lässt schnell Engpässe in der Hauptstadt Bagdad entstehen und macht den Irak abhängig von Produktimporten. Die Geschehnisse im Land werden die Richtung am Markt weiter vorgeben und den Ölpreis vorerst auf hohem Niveau unterstützen.

Für eine höhere Preisdifferenz zwischen den beiden Ölsorten sprachen auch die jüngsten US-Lagerdaten, die nicht eben unterstützend für den WTI-Preis waren.

Die Rohöllagerbestände fielen in der Woche zum 13. Juni nur leicht um 580 Tsd. Barrel gegenüber der Vorwoche und liegen damit weiterhin gut 3,5% über dem 5-Jahresdurchschnitt. Auch wenn die US-Benzinnachfrage kräftig anzog, fiel die Kapazitätsauslastung dennoch gegenüber der Vorwoche überraschend deutlich zurück. Sie liegt mit 87,1% sogar 2,5 Prozentpunkte niedriger als üblich zu dieser Jahreszeit.


Edelmetalle

Auf den Edelmetallmärkten gab es gestern reichlich Bewegung. Der Goldpreis verzeichnete mit +3,3% seinen größten prozentualen Tagesgewinn seit Mitte Oktober und stieg zwischenzeitlich auf ein 2-Monatshoch von rund 1.320 USD je Feinunze. Das Überschreiten der psychologisch wichtigen Marke von 1.300 USD dürfte zu technischen Anschlusskäufen geführt haben, die den Preisanstieg noch verstärkten.

Im Fahrwasser von Gold legte Silber überproportional um 4,5% zu. Mit knapp 21 USD je Feinunze wurde hier der höchste Stand seit knapp drei Monaten erzielt. Zudem war dies der größte Tagesanstieg seit neun Monaten. Auslöser für die Preisrallye war offenbar die Sitzung der US-Notenbank Fed am Mittwochabend. Hier gab es jedoch keine Überraschungen. Wie erwartet hat die Fed ihr monatliches Anleihekaufprogramm (QE) um weitere 10 Mrd. USD reduziert und ihre Projektionen nur marginal angepasst.

Die Fed-Vorsitzende Janet Yellen wiederholte lediglich, dass die Zinsen auch nach dem Ende von QE über einen längerfristigen Zeitraum niedrig bleiben werden. Dies wurde aber anscheinend von den Marktteilnehmern zum Anlass genommen, im großen Umfang Gold und auch Silber zu kaufen. Dabei handelte es sich aber nicht um physische Goldkäufe, sondern diese erfolgten vielmehr am Futures-Markt. Mit über 245 Tsd. bzw. gut 117 Tsd. Kontrakten wurden gestern bei Gold und Silber deutlich überdurchschnittlich viele Kontrakte gehandelt.



Industriemetalle

Die Metallpreise zeigen sich derzeit von ihrer freundlichen Seite. Der chinesische Premierminister Li Keqiang hat überraschend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Regierung ein Wirtschaftswachstum von unter 7,5% nicht akzeptiert. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen z.B. die Investitionen in Sachanlagen erhöht werden, wodurch die Nachfrage nach Metallen und deren Preise steigen sollten.

Während die globalen Blei- und Zinkmärkte im April beide ein Angebotsdefizit aufwiesen (siehe TagesInfo Rohstoffe vom 17.06.), übertraf am weltweiten Nickelmarkt das Angebot weiter die Nachfrage. Gemäß Daten der International Nickel Study Group (INSG) betrug der Angebotsüberschuss allerdings weitgehend unbedeutende 2 Tsd. Tonnen. In den ersten vier Monaten des Jahres lag der Überschuss bei 12,6 Tsd. Tonnen und damit deutlich unter dem Wert des vergleichbaren Vorjahreszeitraums (51 Tsd. Tonnen). Hier dürfte sich mittlerweile das Exportverbot von unbehandelten Erzen in Indonesien bemerkbar machen, wodurch weniger Rohmaterial zur Verarbeitung von Nickelraffinade zur Verfügung steht.

Ein Blick auf die LME-Lagerstatistik zeigt jedoch, dass am Nickelmarkt bei weitem keine Knappheit besteht. Im Gegenteil, die Nickelvorräte in den Lagerhäusern der LME haben mit gut 305 Tsd. Tonnen ein Rekordhoch erreicht. Wir sehen daher für den Nickelpreis nach dem u.E. übertriebenen Anstieg bis Mitte Mai kurzfristig weiteres Abwärtspotenzial. Mittel- bis langfristig dürfte der Preis aber durch das Exportverbot in Indonesien unterstützt sein.


Agrarrohstoffe

Der Preis für US-Lebendrind hat Mitte Juni einen neuen Rekordstand erklommen. Der Terminkontrakt mit Fälligkeit August, welcher derzeit auch der meistgehandelte ist, überflügelte mit 148 US-Cents je Pfund knapp das bisherige Rekordniveau von Anfang März. Auch der Ende des Monats auslaufende Juni-Terminkontrakt notiert auf vergleichbarem Niveau.

In beiden Kontrakten verteuerte sich Lebendrind seit Jahresbeginn um 15%, etwa die Hälte davon alleine im Juni. Denn inzwischen läuft die Hauptsaison für Barbecue in den USA an, und das Angebot an Rindern ist knapp. Zu Jahresbeginn lag die Rinderzahl in den USA nach siebenjährigem Rückgang auf einem 63-Jahrestief. Daher stehen auch deutlich weniger Tiere zur Schlachtung bereit. Bis zum 7. Juni betrug das Minus gegenüber dem Vorjahr 6,3%.

Gerade hat auch das US-Landwirtschaftsministerium seine Schätzung für die US-Rindfleischproduktion 2014 nochmals leicht zurückgenommen. Die Preise für Mastrinder liegen ebenfalls auf Rekordniveau. Nur unweit seines Rekordhochs von Mitte März notiert auch der meistgehandelte Terminkontrakt für Magerschwein. Hier spielt neben der beginnenden Grillsaison auch eine seit 2013 in den USA grassierende Schweinekrankheit eine Rolle, die die Zahl der schlachtreifen Schweine reduziert. Schätzungen belaufen sich auf bisher 8 Millionen Tiere.



[pagebreak]DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl und Ölprodukte

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets



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